[Debatte-Grundeinkommen] Replik auf Rüdiger Heerscher wg. Nachrichtensammlung, Band 20, Eintrag 2

Florian Hoffmann florian at hoffmannlaw.de
So Nov 5 13:48:48 CET 2006


Lieber Rüdiger,

ich rede von einem (einzigen) Grundsatz, der jedem Menschen verständlich
ist, also von einem richtigen Gedanken, und Du setzt Dich mit der gesamten
Juristerei auseinander. Ich habe nicht juristisch argumentiert, d. h.
differenziert. Ich habe zurückgewiesen, dass man Authoritäten als Argument
verwenden kann, weil sie keines sind! Was also sollen Seine Ausführungen?

Auch was eine Ideologie ist, kann ich Dir erklären:
Eine Ideologie ist eine rationale Idee, deren Ansatz beabsichtigt, die
Wirklichkeit umzugestalten, ohne Rücksicht auf oder im Irrtum über die
wahren Faktoren der Wirklichkeit. Ihr Ergebnis in der Umsetzung: Die
humanitären und organisatorischen Katastrophen des real existierenden
Sozialismus. Deshalb mag ich keine Ideologen.

Ich will ideologiefrei sozial sein, nicht sozialistisch. Ich denke, das
erspart uns weitere Katastrophen!

Schöne Grüße
Florian Hoffmann



> > -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: Rüdiger Heescher [mailto:ruediger.heescher at attac.de]
> Gesendet: Sonntag, 5. November 2006 11:51
> An: Florian Hoffmann
> Cc: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Betreff: Re: AW:Replik auf Rüdiger Heerscher wg. Nachrichtensammlung,
> Band 20, Eintrag 2
>
>
> Lieber Florian
>
> welche Authorität hat Dir denn dieses Märchen von linken
> Ideologen erzählt?
>
> Mein Herz schlägt links! Das ist klar. Was aber ist eine linke
> Ideologie? Wir verstehen uns als emanzipatorische Linke, welche einen
> grossen libertären Ansatz hat, welches mit Anarchismus und nicht mit
> "real existierendem Sozialismus" zu verstehen ist. Das erkennt man auch
> schon aus den Strukturen innerhalb von attac.
>
> Vielleicht weniger den Medien glauben und weniger Fernsehn schauen. Das
> hilft um eine eigene Meinung zu bilden ;-)
>
> Jetzt zum Thema Juristerei selbst.
>
> Das was Du glaubst, wie juristerei funktioniert, ist Formaljuristerei.
> Das glauben Juristen noch, wenn sie von der Uni kommen.
>
> Aber auch Richter sindnur Menschen und entsprechend wird man enttäuscht
> werden, wenn man sich an Formaljuristerei hält, weswegen nach 5 Jahren
> der Praxis sich dann auch schonein anderes Verständnis entwickelt.
>
>
> Wir haben zur Zeit gerade in den Rehctswissenschaften sowieso eine ganz
> üble Entwicklung hin zu einem Verständnis des Utilitarismus welches dem
> angelsächsischen Rechtssystem gleicht. "Dank" Cypris bekommen wir immer
> mehr ein Rechtsverständnis welches mehr auf John Stuart Mill als auf den
> alten Kant basiert. unsere alten Juristen, knochenkonservativ aber aus
> der Kantianischen Schule sterben dann langsam aus und unser Rechtssystem
>   wird stück für stück in ein angelsächsisches System umgewandelt.
>
> Juristen agieren nur in ihrem System und können nur innerhalb dieser
> Systemprämissen argumentieren. Was wir hier aber machen ist eine aufgabe
> die sich in der Rechtsphilosophie der Rechtswissenschaften bewegt,
> welches der Legislative gereicht wird zur umsetzung. Da muss man
> schonanders argumentieren als in der "Formaljuristerei" Das ist halt
> auch Politik für ein gesellschaftssystem, welches erst mit Bewusstsein
> in der Gesellschaft gefüllt werden muss.
>
> Dazu sind für alle politischen Ausrichtungen alle Authoritäten Recht,
> die dieses Bewusstsein stützen können in der Argumentation.
>
> Überlege mal auf was sich Rechtswissenschaftler berufen, wenn sie sich
> auf das Alte Rechtsstaatsprinzip berufen? Es ist Kant!
>
> Die neuen Juppies in den Rechtswissenschaften berufen sich in ihrer
> Auffassung um ein angelsächsisches Rechtsverständnis zu vermitteln und
> damit auch denRechtsstaat umzumodeln, auf den Utilitarismus.
>
> Und genauso muss man es sich vorstellen, was wir hier machen.
>
> Meine Auffassung ist es in allen gesellschaftlichen kreisen, genauso wie
> poltischen Spektren ein Bewusstsein mit ihren entsprechenden
> "Authoritäten" zu schaffen. Und das ist nunmal in gewerkschaftlichen
> Kreisen im Ursprung Karl Marx. Als Argumentationshilfe ist es nützlich.
> Denken muss deshalb schonjeder Mensch für sich selbst. Aber welchen
> Einflüssenunterliegt jeder?
>
> Du dem Fernsehn und Gewerkschafter Karl Marx ;-)
>
> Ein bisschen Platt ;-) ich gebe es zu.
>
> Aber die Meinungsbildung entsteht nicht aus sich selbst heraus alleine,
> sondern unterliegt den Grundlegenden Glaubenssätzen, die jeder Mensch
> hat und entsprechenden Einflüssen von aussen. Und da sind ganz bestimmt
> Authoriäten auch solche.
>
> Denn eine Frage zum Abschluss:
>
> Wie konnte sich die Aufklärung in unserer westlichen Welt überhaupt
> durchsetzen? Wohl kaum dadurch, dass sich jeder Mensch für sich selbst
> Gedanken gemacht hat und erkannt hat, dass es doch so im Sinne der
> Aufklärung besser wäre. Es musste sogar eine französische Revolution
> kommen und der deutsche Idealismus hat es formal bei uns festgeklopft.
> Kant war für uns sozusagen in unserem Rechtsstaatsverständnis die
> Authorität.
>
> Und dann meinst du, dass wir juristisch argmentieren sollen?
>
> Wir machen hier Politik! Das ist was anderes.
>
> gruss
>
> Rüdiger





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