[Debatte-Grundeinkommen] was auch passieren könnte

Reiner Schmidt rs at reinerskunstwerkstatt.de
Sa Mai 27 14:40:17 CEST 2006


Hallo,

was auch passieren könnte:  Ausgang offen

Viele BGE Befürworter kommen (glaube ich) aus dem linken Spektrum und denken 
deshalb auch, dass das BGE ein eher linkes Projekt wäre. 
Das ist es aber mitnichten, wie die Kampagne von Götz Werner und auch das 
Hamburger Wirtschaftsinstitut zeigen. 
Erst einmal ist es nur ein radikales "auf den Punkt bringen" unserer Realität 
mit einem rationalisierten sozialen Modell einer modernen Gesellschaft, das 
einer kapitalistischen Wirtschaft ungeahnte Möglichkeiten verschafft. 
Ganz entscheidend ist dabei die Höhe des BGE.  
Man stelle sich die Auswirkungen eines sehr niedrigen BGE und sonst nix vor 
(bei stetigem Wachstum der Basis-Lebenskosten). 
Wer bestimmt also die Höhe des BGE? 
Demokratisch ? Wie, konkret ?
Da alle es bekommen, dürften die Mehrheiten schon von vornherein klar sein. 
Oder glaubt jemand eine Mehrheit aller würde weniger Geld haben wollen ? (wenn 
sie abstimmen dürfte) 
Darüber hinaus kann über die Höhe des BGE ein erheblicher Einfluss auf die 
wirtschaftliche Entwicklung (Wachstum + - ) genommen werden (wenn es 
eingeführt ist). 
Sollte ein festes Wachstum des BGE, gekoppelt an die Inflationsrate plus x* 
% , vorgesehen werden (können)?   
 
* wobei "x" was mit dem Wirtschaftswachstum zu tun haben könnte.

Wenn ich mir das heutige Kräfteverhältnis anschaue, könnte ich mir gut 
vorstellen das ein BGE auf sehr niedrigem Niveau über alle demokratischen 
Bedenken hinweg, schneller eingeführt wird (und alles andere wegfällt) als 
wir heute noch träumen, einfach aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus, 
weil es ein enorme Rationalisierung ermöglicht und damit international 
zumindest solange Vorteile bietet bis andere Länder nachziehen. 

Schon jetzt würde ein niedriges BGE von vielleicht 800 €, was etwas mehr wie 
der Alg II Durchschnitt ist, bei Wegfall von Kündigungsschutz, Tarifverträgen 
usw. einen enormen sozialen  Risikozuwachs bedeuten und als noch-Job-Inhaber 
wäre ich dagegen. (Mindestlöhne helfen da nicht, im Gegenteil ! ) 

Der gerade (Nachrichten vom 24.5.06) von Merkel ins Leben gerufene 
Zukunftsausschuß (oder wie der heißt) ist vielleicht genau dafür vorgesehen, 
oder wird zu dieser Einsicht kommen,  notgedrungen :-). 
Spätestens wenn die große Koalition gescheitert und am Ende ist (was abzusehen 
ist) wird zur Vorbereitung eine gigantische Medienmaschine aktiviert (im Stil 
der Vogelgrippe) und dann das minimalst mögliche Grundeinkommen eingeführt. 
(400 € und basta)

wäre denkbar, oder ?

Deshalb wird es auch Zeit das die "Linke" aufwacht, das sie Abschied nimmt von 
schon lange verlorenen Klassenkämpfen und in Details zersplitterten 
Verteilungsverhandlungen, -- nur noch den geordneten Rückzug als Selbstzweck 
planend. 
Aufwacht und mit allen Kräften für ein hohes bedingungsloses Grundeinkommen 
eintritt das auf keinen Fall unter Alg II liegen darf, sondern höher als 
möglich sein muss. 
Nach dem Motto:
Gebt uns ein bedingungsloses Grundeinkommen von dem man gut leben kann und wir  
werden über all die sozialen Errungenschaften, die ihr uns klauen wollt,  mit 
uns reden lassen, ob wir die dann überhaupt noch brauchen. Vielleicht 
brauchts dann z. B. gar keinen Kündigungsschutz oder Flächentarifvertrag 
mehr, aber das müssen wir erst mal sehen wie gut dieses  
Grundeinkommen dann sein wird.

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So bin ich denn auch mit dem Werner'schen Modell überhaupt nicht einverstanden 
und schwanke dazwischen, ob dieses für das Projekt BGE nicht eher schädlich 
sein könnte, oder ob es erstmal viel wichtiger ist den Paradigmenwechsel zu 
begreifen. (tendiere zu letztem)
Denn nur durch die MWSt allein wird man ein gutes BGE nicht finanzieren können 
und das dann Einnahmen aus z. B. Aktien, Gewinnen,  Renditen, Zinsen oder 
Miete keiner Steuer unterliegen sollen, also Geld noch wilder gescheffelt 
werden kann, wird niemals eine Mehrheit in unserem Land finden. 
Es wird also weiterhin eine Steuer auf Einkommen und damit auch 
Arbeitseinkommen geben müssen, nur die untersten Bereiche sollte/könnte man 
da ausnehmen. 

Nicht das ich mit meinem Beitrag hier Teufel an Wände malen will, nur, warnen 
möcht' ich schon!

Im Übrigen könnten die echten BGE-Befürworter im Falle der Einführung eines 
sehr niedrigen BGE schnell (mit unsren Medien) diskreditiert werden weil sie 
eben doch nur mehr Geld wollten. (und nix arbeiten  :-) )
Für diese Medienpotenz ist Vogelgrippe  ein Lehrstück.

es grüßt

Reiner Schmidt







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