[Debatte-Grundeinkommen] [Debatte.bag.wirtschaft] Diskussionsentwurf"Grüne Grundsicherung"

Michael Opielka michael.opielka at isoe.org
Mo Jun 19 20:55:12 CEST 2006


Lieber Manuel, liebe Freunde,

euer Vorschlag ist interessant und gegenüber dem Vorentwurf eleganter, der
mit einem Einkommenssteuersatz von 50% plus (!) Arbeitgebersteuer von 22%
plus erhöhte Verbrauchssteuern einen überskandinavischen Eingriff
beinhaltete – und daher wenig realistisch schien. 

Interessant ist auch das darin enthaltene Teil-Grundeinkommen (partial basic
income), das ihr als bedingungslosen "Sockel" bezeichnet.

Grundproblem eures Ansatzes ist aus meiner Sicht, dass ihr sowohl
Geldtransfers wie Sachtransfers (Krankenversicherung) aus Steuermitteln
aufbringen wollt, was angesichts einer Steuerquote von ca. 18-19% im
obersten Quintil der Einkommenssteuerzahler (Stand 2004, Angaben BMF) zu
einem Aufschrei und zu "von oben" gesteuerten Steuerprotesten führen würde.
Wir sind hier nicht in Skandinavien - und auch dort gab es
Steuerprotestparteien.

Theoretisch steht hinter diesem "Grundproblem", dass ihr die Sozialpolitik
unter die allgemeine Steuerpolitik, also die - historisch betrachtet -
Polizeifunktion des Staates subsumiert. Das ist (wenig reflektierter)
Mainstream der Ökonomie, aber politisch-historisch fragwürdig. 

Wenn dieses Prinzip in der Krankenversicherung durchschlagen würde, dann
droht bei den anstehenden "Rationierungen" im Gesundheitswesen, dass die
Verteilungskampflogik die Solidarlogik überlagert. 

Mir erscheint es in der deutschen und kontinentaleuropäischen Tradition
ratsamer, die Idee der Grundsicherung in einer "Grundeinkommensversicherung"
zu realisieren (dazu u.a. mein Buch "Sozialpolitik", rowohlt enzyklopädie,
2004) und die Krankenversicherung - daran anschließend - nach
österreichischem Vorbild als Bürgerversicherung zu gestalten.

Das wäre eine Synthese von Sozialversicherung und Steuer, mit
"Sozialsteuern" als Abgaben, eigenständigen, vom Bundeshaushalt
abgekoppelten Körperschaften (wie bisher) und dem "Gefühl", dass wer mehr
einzahlt auch mehr bekommt - aber keine "Beitragsäquivalenz" wie bisher mit
Eigentumsfiktion, sondern eine Teilhabeäquivalenz wie in der Schweizer
Rentenversicherung: die höchste Leistung ist das Doppelte des
Grundeinkommens.

Schöne Grüße
Michael Opielka 

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prof. dr. michael opielka
fachhochschule jena - fachbereich sozialwesen 
http://www.sw.fh-jena.de/people/michael.opielka/download  


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: debatte.bag.wirtschaft-bounces at gruene.de
[mailto:debatte.bag.wirtschaft-bounces at gruene.de] Im Auftrag von Manuel
Emmler
Gesendet: Mittwoch, 7. Juni 2006 18:22
An: Verborgene_Empfaenger:
Betreff: [Debatte.bag.wirtschaft] Diskussionsentwurf"Grüne Grundsicherung"

Liebe Befürworter/innen einer Grundsicherung,
Liebe Gegner/innen,

der unten stehende Link führt zu einer aktualisierten Version eines 
Diskussionsentwurfs zur Grünen Grundsicherung. Wenn ihr wollt, könnt ihr 
euch auf der Seite als Unterstützer/innen eintragen. Siehe:

http://www.grundsicherung.org 

Viele Grüße
Thomas Porski und Manuel Emmler
-- 

Manuel Emmler
Brüsseler Str. 16

13353 Berlin

Tel.: 030-45310435
Mobil: 0177-3237445

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