[Debatte-Grundeinkommen] Wollen die Menschen arbeiten?

Robert Ulmer robert.ulmer at gmx.de
Di Jun 6 20:35:40 CEST 2006


Liebe Freundinnen und Freunde des bedingungslosen Grundeinkommens!

Bemerkungen zur Frage, ob es denn empirisch „erwiesen“ ist, dass die Menschen arbeiten wollen.

Viele Grüße

Robert Ulmer
(Mitglied SprecherInnenrat Netzwerk Grundeinkommen)


Wollen die Menschen wirklich arbeiten, auch wenn sie nicht müssen?

Welchen Sinn hat diese Frage? Welchen Sinn hat diese Frage in einer ökonomischen Entwicklung, in der Arbeit immer produktiver wird, mithin immer überflüssiger werden könnte und auch wird? Wäre es nicht gut, wenn die Menschen in Wirklichkeit gar nicht so viel arbeiten wollen wie sie heute wollen müssen, wenn sie sich – andere sozialstaatliche Rahmenbedingungen (z.B. ein bedingungsloses Grundeinkommen) vorausgesetzt – nicht mehr so verzweifelt um die Arbeit drängeln würden, wenn sie sich nicht mehr gegenseitig in die Unterbietungskonkurrenz treiben würden?

Welche Entwicklung die Arbeitsbereitschaft mit der Rahmenbedingung eines bedingungslosen Grundeinkommens nehmen würde, lässt sich nicht allgemein prognostizieren. Plausibel ist: das, was ich und andere sowieso gern tun, wird durch ein sicheres und an keine Voraussetzungen geknüpftes Einkommen eher gefördert – das bedingungslose Grundeinkommen führt zu einer Dynamisierung selbstbestimmten Tätigseins. Anders sieht es bei den unattraktiven Jobs, den mühseligen, deklassierenden unbeliebten Arbeiten aus. Hier wird ein bedingungsloses Grundeinkommen einen Rückgang der Arbeitsbereitschaft verursachen. Aber wäre das schlimm? Wäre es verkehrt, wenn in diesen Bereichen immer höhere Löhne ausgehandelt würden – dem gegenwärtigen Trend diametral entgegengerichtet? Die unstrittig sinnvollen Arbeiten müssten dann besser bezahlt werden, wie z.B. in der Altenpflege. Viele andere Arbeiten, die a) keinen Spaß machen und b) unter der Bedingung des bedingungslosen Grundeinkomm
 ens immer teurer bezahlt werden müssten, würden dann immer weniger nachgefragt werden (z.B. Werbung in Hausbriefkästen einwerfen). Auf diese Weise würde das bedingungslose Grundeinkommen als ökonomischer Anreiz zur Abschaffung unangenehmer Arbeit wirken. 

Eine Grundeinkommensgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der Alle selber entscheiden können, für welche Arbeit sie sich zu schade sind – undenkbar in unserem heutigen gesellschaftlichen Klima! Denn heute vorherrschend ist das Motto „Keine Leistung ohne Gegenleistung“, eine autoritäre Anspruchshaltung, die von allen Gesellschaftsmitgliedern einen Beitrag, ja ein Opfer für die Gemeinschaft fordert. Nicht einmal die nackte Existenz soll es mehr unverdient geben. Diese kleinliche Erbarmungslosigkeit ließe sich auch durch ein positives Forschungsergebnis („die Wissenschaft hat festgestellt: die Menschen wollen arbeiten.“) nicht besänftigen, nicht umstimmen, etwa zugunsten einer freundlicheren „Leben-und-leben-lassen“-Haltung, verbunden mit der Befürwortung des bedingungslosen Grundeinkommens. Einen empirischen „Beweis“, dass Menschen arbeiten wollen, hielte ich deshalb für am Thema vorbeigeforscht. Interessanter wäre die Umfrage: was würden die Mensch
 en tun, welche Pläne würden sie sich ausdenken, welche Vorhaben, Projekte würden sie entwerfen, wenn sie durch ein bedingungsloses Grundeinkommen langfristig (nicht nur für die wenigen Jahre eines Stipendiums z.B.) vom Arbeitszwang befreit würden? Also die sogenannte „Lotto-Frage“: wie würden Sie Ihr Leben gestalten, wenn Sie im Lotto einen Millionenbetrag gewinnen würden, einen Betrag, der hoch genug ist, damit Sie in alle Zukunft ohne Arbeit leben könnten.

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