[Debatte-Grundeinkommen] Erwiderung auf Erwiderung von Jaeger

Florian Hoffmann florian.hoffmann at intereasy.de
Mi Aug 30 15:59:55 CEST 2006


Lieber Herr Jaeger,

ein Haushalt ist ein Haushalt, deshalb heißt er so.

Haushalten heißt, Einnahmen und Ausgaben zur Deckung bringen. Immer
periodisch, also im Monat oder in Jahr. Die Ausgaben fließen und die
Einnahmen nicht immer. Mein Dilemma mit den 120 Prozent hat auch die
Bundesregierung, nur daß ich nicht unbegrenzt kreditwüdig bin.

Nicht Volkswirte, sondern Finanzwissenschaftler sollten sich eventuell mit
der Höhe befassen. Aber sie würden verzweifeln! Ich würde das Thema
weglassen! Es geht nicht.

Aus Erfahrung klug betrifft die Haushaltserfahrung. Der Mensch wird aus
Erfahrung klug, weil er sich täglich, monatlich, jährlich mit
wiederkehrenden Problemen beschäftigt und er daraus Erfahrungen gewinnt.

Beim Staat ist das etwas schwieriger. Es gibt bei den allgemeinen Problemen
kaum Wiederholungen, also keine eigenen Erfahrungen. Aber bei den
Haushaltsproblemen wohl, weil sie alljährlich wiederkehren. Deshalb war der
Düsseldorfer Oberbürgermeister jetzt so schlau, die Verschuldung der Stadt
auf Null herunterzufahren!

Schöne Grüße
Florian Hoffmann

  -----Ursprüngliche Nachricht-----
  Von: Klaus Jaeger [mailto:jaeger.moers at t-online.de]
  Gesendet: Mittwoch, 30. August 2006 13:08
  An: Florian Hoffmann; debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
  Cc: Andreas Franzmann; Axel Jansen; Claus Offe; Helmut. Pelzer; Ines Eck;
Matthias Dilthey; Michael Opielka; Peter Scharl; Peter Voss; Reimund Acker;
Sascha Liebermann (Freiheit statt Vollbeschäftigung); Stefan Heckel; Thomas
Loer; Ute Fischer; Werner Noske; Werner Schumacher; Wolfgang Strengmann-Kuhn
  Betreff: Erwiderung auf Thesen F. Hoffmanns; Anregung an Volkswirte und
Sozialwissenschaftler


  Lieber Florian Hoffmann,

  zu 1.

  die Gleichsetzung eines privaten Haushaltes mit einem Staatshaushalt ist
unzulässig. Eine Volkswirtschaft , und das ist ja ein Staatshaushalt , ist
kein privater Haushalt, der einen Startermin hat und ein Ende (mit dem
Tode).Auch Unternehmenshaushalte können deshalb nicht mit einer
Volkswirtschaft glöeich gesetzt werden.

  Eine Vokswirtschaft hat kein Ende und auch keinen Anfang; es gab sie schon
bevor die Bundesrepublik Deutschland entstand; die Völker

  wirtschaften bereits seit undenklichen Zeiten.



  Sie argumentieren:

  "Ist es nicht vielmehr so, dass ich erst Geld einnehme und dann anfange zu
rechnen, was ich mir davon leisten kann?"

  Der Staat als Volkswirt hat jedoch immer schon Einnahmen, bevor ein
Privathaushalt oder ein Unternehmen Einnnahmen hat. Dies verdeutlicht den
Unterschied von Privathaushalt  und Volkswirtschaft.

  Auch hat ein Staat Aufgaben, die ein Privathaushalt nicht hat, - gar nicht
haben kann; eine Aufzählung erspare ich uns jetzt.



  zu 2. Die Berechnung der Höhe des Bedarfs in Währung ist - zugegeben -
schwierig. Aber das geschieht ja bereits; das ALG 2, die Sozialhilfe usw.
sind der Höhe nach berechnet worden, staatliche Institutionen berechneten
den Bedarf / die Kosten zur Lebenshaltung von Singles, Familien, Rentnern,
usw.  - auch wenn man diese Berechnungen kritisieren mag. (Was ich tue, denn
sie gehen von viel zu niedrigem Bedarf aus.)



  Vielleicht gibt es ja hier in der Debatte einen oder mehrere
Volkswirtschaftler, die bereit wären, den Versuch zu wagen, den
BGE-Einkommensbedarf,  ermittelt aus prognostizierten Kosten für die
Realisierung der Menschenrechte, unter Mitarbeit von Sozialwissenschaftler
zu errechnen?

  Klar, es müssen die Kosten in dem jeweiligen Land zur Anrechnung kommen,
da wird es international sicher Unterschiede geben, aber wir könnten ja in
Deutschland mal damit anfangen. Könnten wir nicht ein Team bilden, das sich
dieser Aufgabe annimmt?

  Als Arbeitsgrundlage schlage ich hierfür den Text der Allg. Erklärung der
Menschenrechte von 1948 vor. Den kann man auf den Seiten von amnesty
international, wikipedia o. a. lesen.



  Ich stimme zu: Steuereinnahmen sollten zu einer Finanzierung des BGE
herangezogen werden. Es handelt sich hier um eine Pflicht des Staates zum
Schutz seiner Bevölkerung vor Auflösung der sozialen Ordnung.



  Einer wissenschaftlichen, unabhängigen Begleitung bei Einführung des BGE
stimme ich ebenfalls zu.



  Zur Frage der Klugheit aus Erfahrung: die Erfahrung des Krieges hat bis
heute noch die wenigsten Regierungen davon abgehalten, wieder Krieg zu
führen. Die Niederlage in Vietnam hindert die USA nicht, es im Irak und
anderswo wieder zu versuchen mit der Weltherrschaft.



  Die Erfahrung zeigt auch, dass das Argument, es müsse den Unternehmen gut
gehen, damit es den Menschen gut gehe, nicht stimmt. Seit 30 Jahren wird
diese Litanei herunter gebetet, ja, beschworen.

  Und Regierungen handelten danach. Das  Ergebnis? Steigende
Massenarbeitslosigkeit mit verheerenden sozialen Folgen, die die Einführung
eines BGE unausweichlich machen.

  Richtig ist: Wenn es den Menschen gut geht, geht es auch den Unternehmen
gut. Denn was sind sie anderes als abstrakte, juristische Gebilde?



  Mit einem freundlichen Tschüss! Klaus Jäger






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