[Debatte-Grundeinkommen] FW: BGE contra aktueller Sozialpolitik / Gefahr für den inneren Frieden

lothar walczak lwalczak at gmx.de
Mo Aug 28 15:13:52 CEST 2006


Hallo Herr Schmidt.

ich nehme an, Ihr Beitrag war ironisch gemeint. Allerdings kann man das 
nicht unbedingt erkennen, weil - er könnte auch ernst gemeint sein, in 
dieser Zeit der Ablösung von Werten, hier besagter Wert "Arbeit".
Die Griechen des Altertums waren übrigens auch schon gleicher Meinung 
wie die in der von Ihnen angeführten Schrift.

Das besagte Büchlein ist von Paul Lafargue. Es ist eine 
leidenschaftliche, scharfe Satire sowohl auf Kapital(isten) als auch - 
in der Tat - auf die Arbeit(er).

hier eine Kostprobe:

"Eine seltsame Sucht beherrscht die  Arbeiterklasse aller Länder, in 
denen die kapitalistische Zivilisation herrscht. Diese Sucht, die 
Einzel- und Massenelend  zur Folge hat, quält die traurige Menschheit 
seit zwei  Jahrhunderten. Diese Sucht ist die Liebe zur Arbeit, die  
rasende, bis zur Erschöpfung der Individuen und ihrer  Nachkommenschaft 
gehende Arbeitssucht. Statt gegen  diese geistige Verirrung 
anzukämpfen, haben die Priester,  die Ökonomen und die Moralisten die 
Arbeit heiliggesprochen. Blinde und beschränkte Menschen, haben  so 
weiser sein wollen als ihr Gott; schwache und  unwürdige Geschöpfe, 
haben sie das, was ihr Gott  verflucht hat, wiederum zu Ehren zu 
bringen gesucht. Ich, der  ich weder Christ noch Ökonom, noch Moralist 
zu sein  behaupte, ich appelliere von ihrem Spruch an den ihres Gottes, 
  von den Vorschriften ihrer religiösen, ökonomischen oder 
freidenkerischen Moral an die schauerlichen Konsequenzen  der Arbeit in 
der kapitalistischen Gesellschaft."


Der komplette Text findet sich hier: 
http://www.sopos.org/aufsaetze/3b0bf233eb8e3/1.phtml


Lafargue musste im Mai 1872 aus Paris fliehen (nach England), als die  
zuvor vertriebene Staatsarmee Paris überfiel (dort war eine 
DEMOKRATISCH gewählte LinksRegierung konstituiert) und binnen einer 
Woche 30000 Kinder, Frauen und Männer aus den Arbeitervierteln 
hinschlachtete...
Das ist man gerade Gestern gewesen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Pariser_Kommune
http://www.glasnost.de/hist/fr/

Die Verhältnisse damals (nicht nur in Paris) waren unvorstellbar elend.

Peter Watkins hat versucht, die Ereignisse in einen Film zu bannen:

http://www.film.at/la_commune_paris_1871/detail.html?cc_detailpage=full


Das protestantische Arbeitsethos sitzt uns in den Knochen und wir 
halten es für "natürlich".
Andere sehen das eher so:

"Wenn ich beschäftigt bin, schaut mich der Berg an
  Wenn ich müßig bin, schaue ich den Berg an
  Beide Dinge mögen gleich erscheinen
  Doch gleich sind sie nicht
  Da Beschäftigung der Muße unterlegen ist"
  Tsai Wen

kopiert von:  
http://www.diegluecklichenarbeitslosen.de/dieseite/seite/start.htm

Grüße
Lothar Walczak

Nachtrag: hier noch eine Seite, die sich mit dem Thema beschäftigt
http://www.see-blick.de/faul.html

Am 28. Aug 2006 um 11:31 schrieb wss.privat at web.de:

>
> Hallo Herr Walczak,
>
> ich bin begeistert!  Als zusätzliche Lektüre habe ich von einem alten
> Sozialdemokraten das Büchlein (1910) DAS RECHT AUF FAULHEIT!
> Er sagt (zugespitzt), daß die Arbeiter blöd sein müßten, wenn Sie ein
> Recht auf Arbeit postulierten, wo sie doch in Wahrheit ein Recht auf
> Faulheit haben sollten!
>
> MfG Wolfgang Schmied
>
>
>
> lothar walczak <lwalczak at gmx.de> schrieb am 27.08.2006 19:14:16:
>>
>> 1.  JEDER bekäme das bedingungslose Grundeinkommen (in ausreichender
>> Höhe). Wieso sollte dann jemand eine Neidkampagne lostreten wollen?
>> ...und Neid auf
>>       was denn?
>> 2. Es gibt kein Menschenrecht auf LOHNarbeit, weil es keine
>> Verpflichtung für irgendjemand geben kann, solche Arbeitsplätze zu
>> schaffen. Es gibt jedoch ein
>>       menschliches  Bedürfniss nach GENUG-TUUNG und nach Teilnahme an
>> menschlicher Gemeinschaft (am Konsens). Aber das hat nicht 
>> zwangsläufig
>> mit
>>       LOHNarbeit zu tun.
>>      Das "Bedürfniss" nach Lohnarbeit ist ein entfremdetet Bedürfniss.
>> (leider nicht das einzige) Man muss es ent-entfremden, um wieder auf
>> den Sinn von "Arbeit"
>>      zukommen. Diese Ent-Entfremdung ist gewissermassen die erste 
>> "neue
>> Arbeit" die man leisten muss. Da kommt Freude auf.
>>
>> Grüße
>> Lothar Walczak
>
  
  
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