[Debatte-Grundeinkommen] AW an Herrn Ernst Ulrich Schultz das Ulmer Modell betreffend von Erhard Gross (Steuerberater und Mitarbeiter am Ulmer BGE-Modell)

Gisela Glück-Gross glueck-gross at t-online.de
So Aug 20 12:31:30 CEST 2006


Lieber E.U. Schultz,
es tut uns leid, dass die beispielhaften Gehaltsabrechnungen zu dem
Missverständnis führen, das Grundeinkommen würde ausschließlich aus der
Besteuerung des Einkommens aus Erwerbsarbeit finanziert. Das wäre
wirklich völlig absurd.
In unseren Berechnungen wurden alle Einkünfte einbezogen – also auch die
Gewinne der Kapitalgesellschaften, die Gewinne der sonstigen
Unternehmen, Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und
Verpachtung – eben alle Einkünfte.
Mit freundlichen Grüßen
Erhard Gross (Steuerberater)
Mitarbeiter am Ulmer BGE-Modell
 
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de
[mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de] Im
Auftrag von Ernst Ullrich Schultz
Gesendet: Samstag, 19. August 2006 22:55
An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Betreff: [Debatte-Grundeinkommen] Ulmer Modell
 
Liebe MitstreiterInnen, 

Nachtrag zum letzten Diskussionsbeitrag:
Lieber Lothar Walczak
Ich kann aufgrund der heutigen inhumanen HartzIV Gesetze das Mistrauen
gegenüber Politikern und die Angst vor Verarmung gut verstehen. Aber es
wird keiner kleinen Minderheit gelingen, einen so großen neuen Schritt
wie das BGE zu schaffen, also dürfen wir nicht gleich ausgrenzen,
sondern müssen unsere Position darlegen, völlig klar. 
Um noch mehr Klarheit zu schaffen, ich setze mich seit langem für ein
existenzsicherndes Grundeinkommen im Sinne der vier Kriterien unseres
Netzwerkes ein. Nur denke ich ist die Einführung des BGE etwas so
Revolutionierendes, dass wir uns auch über die ökonomischen und
soziokulturellen Folgen viele Gedanken machen müssen. Das geht nicht so
einfach mit HartzIV zu vergleichen. Man sollte sich gedanklich einmal
aus dieser Zwangsjacke befreien und sich fragen, was der Freiheitsgewinn
eines BGE bewirken kann, wie sich eine höhere Kaufkraft breiterer
Bevölkerungsschichten ökonomisch auswirkt, u.s.w.

Nun zum Ulmer Modell, das bei aller Hochachtung für die kluge und
perfekte Ausarbeitung meiner Meinung nach an zwei grundsätzlichen Mankos
leidet. 
1. Ökonomisch.
Um ein drastisches Beispiel zu nehmen. Die eine Betriebsstätte läuft
fast vollautomatisch, die Produktion produziert Waren und es wird
ordentlich Geld verdient. Sicherlich fallen Gewerbe-, Kapital- und
andere Unternehmensteuern an, aber kaum Einkommensteuer. Die ist dagegen
in einem personalintensiven Betrieb um so höher zu leisten. 
Jetzt kommt noch der Solibeitrag zum Grundeinkommen hinzu, denn
Personalkosten sind nun mal betriebswirtschaftliche Kosten. Eine
ungerechtfertigte Sache finde ich und es ist dabei noch zu bedenken,
dass die Zahl der Erwerbsarbeitsplätze laufend zurückgeht und wir diesen
Umstand ja bei bei den Sozialkosten drastisch zu spüren bekommen. Warum
soll dann Grundeinkommen ausgerechnet über Einkommensteuer finanziert
werden? Die außenwirtschaftlichen Auswirkungen sind auch nicht gerade
erfreulich.
2. Sozialpsychologisch
Solidarität abzuverlangen ist eine schwierige Sache und wenn es dann um
die eigene Geldbörse geht , sprich Gehaltsverzicht, wird es noch
schwieriger. "Also, da sollten doch ganz andere Leute verzichten", so
der gängige Kommentar (Wobei natürlich klar ist, dass die Gewerkschaften
über kurz oder lang einen Ausgleich schaffen werden, also steigen die
betriebswirtschaftlichen Kosten). Wer fühlt sich heute noch in einer
Solidargemeinschaft, wenn von Rente und Krankenversicherung die Rede
ist? AIso, ich kann auch nicht verstehen, warum ausgerechnet nur die
Einkommensbezieher, die fast alle in einem Arbeitsprozess stehen, für
Grundeinkommen aufkommen sollen. 

Herzliche Grüße,
Ernst Ullrich Schultz
-------------- nächster Teil --------------
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