[Debatte-Grundeinkommen] Ulmer Modell

Ernst Ullrich Schultz webmaster at eusidee.de
Sa Aug 19 22:54:36 CEST 2006


Liebe MitstreiterInnen,

Nachtrag zum letzten Diskussionsbeitrag:
Lieber Lothar Walczak
Ich kann aufgrund der heutigen inhumanen HartzIV Gesetze das Mistrauen 
gegenüber Politikern und die Angst vor Verarmung gut verstehen. Aber es 
wird keiner kleinen Minderheit gelingen, einen so großen neuen Schritt 
wie das BGE zu schaffen, also dürfen wir nicht gleich ausgrenzen, 
sondern müssen unsere Position darlegen, völlig klar.
Um noch mehr Klarheit zu schaffen, ich setze mich seit langem für ein 
existenzsicherndes Grundeinkommen im Sinne der vier Kriterien unseres 
Netzwerkes ein. Nur denke ich ist die Einführung des BGE etwas so 
Revolutionierendes, dass wir uns auch über die ökonomischen und 
soziokulturellen Folgen viele Gedanken machen müssen. Das geht nicht so 
einfach mit HartzIV zu vergleichen. Man sollte sich gedanklich einmal 
aus dieser Zwangsjacke befreien und sich fragen, was der 
Freiheitsgewinn eines BGE bewirken kann, wie sich eine höhere Kaufkraft 
breiterer Bevölkerungsschichten ökonomisch auswirkt, u.s.w.

Nun zum Ulmer Modell, das bei aller Hochachtung für die kluge und 
perfekte Ausarbeitung meiner Meinung nach an zwei grundsätzlichen 
Mankos leidet.
1. Ökonomisch.
Um ein drastisches Beispiel zu nehmen. Die eine Betriebsstätte läuft 
fast vollautomatisch, die Produktion produziert Waren und es wird 
ordentlich Geld verdient. Sicherlich fallen Gewerbe-, Kapital- und 
andere Unternehmensteuern an, aber kaum Einkommensteuer. Die ist 
dagegen in einem personalintensiven  Betrieb um so höher zu leisten.
Jetzt kommt noch der Solibeitrag zum Grundeinkommen hinzu, denn 
Personalkosten sind nun mal betriebswirtschaftliche Kosten. Eine 
ungerechtfertigte Sache finde ich und es ist dabei noch zu bedenken, 
dass die Zahl der Erwerbsarbeitsplätze laufend zurückgeht und wir 
diesen Umstand ja bei bei den Sozialkosten drastisch zu spüren 
bekommen. Warum soll dann Grundeinkommen ausgerechnet über 
Einkommensteuer finanziert werden? Die außenwirtschaftlichen 
Auswirkungen sind auch nicht gerade erfreulich.
2. Sozialpsychologisch
Solidarität abzuverlangen ist eine schwierige Sache und wenn es dann um 
die eigene Geldbörse geht , sprich Gehaltsverzicht,  wird es noch 
schwieriger. "Also, da sollten doch ganz andere Leute verzichten", so 
der gängige Kommentar (Wobei natürlich klar ist, dass die 
Gewerkschaften über kurz oder lang einen Ausgleich schaffen werden, 
also steigen die betriebswirtschaftlichen Kosten). Wer fühlt sich heute 
noch in einer Solidargemeinschaft, wenn von Rente und 
Krankenversicherung die Rede ist? AIso, ich kann auch nicht verstehen, 
warum ausgerechnet nur die Einkommensbezieher, die fast alle in einem 
Arbeitsprozess stehen, für Grundeinkommen aufkommen sollen.

Herzliche Grüße,
Ernst Ullrich Schultz
-------------- nächster Teil --------------
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