[Debatte-Grundeinkommen] Brötchendiskussion
Ernst Ullrich Schultz
webmaster at eusidee.de
Mo Apr 24 23:29:40 CEST 2006
Liebe MitstreiterInnen,
lieber Joachim,
ich möchte hier nicht eine endloe Sonderdiskussion anzetteln, aber wenn
Joachim Behnke meinen Sachverstand anzweifelt, finde ich das einen
schlechten Stil.
Meine Kompetenz, magst Du anzweifeln, Joachim, Benediktus Hardorp, der
diese Thesen vertritt, ist anerkannter Steuerfachmann mit einer großen
Kanzlei in Karlsruhe.
Über das Beispiel Ackermann habe ich mich allerdings gefreut, der ist
auch immer mein Lieblingsbeispielmensch. Klar, der verramscht sicher 2
Millionen ganz privat. Die Frage, ob er die Zeit dazu hat, lasse ich
mal weg. Also 2 Mio verbraucht er jedes Jahr bis bis an sein Lebensende.
Von den 12 Millionen zahlt er, sagen wir mal (ich bin kein
Steuerfachmann) 6 Millionen Einkommensteuer und (vielleicht bald
Reichensteuer). Die restlichen 4 Millionen legt er gewinnbringend an.
Würde er keine Einkommensteuer zahlen, dann kann er 10 Millionen
gewinnbringend anlegen.
Was lehrt uns das, außer der Empörung, dass jemand über das doppelte
gewinnbringend anlegen kann?
1. Die Lebensverhältnisse von Herrn Ackermann ändern sich gar nicht, er
verprasst 2 Mio.
2. Sein investiertes Geld arbeitet auf dem Markt produktiv oder
unproduktiv, wie immer man das sehen will. Es taucht zumindestens als
Kreditkosten in den Unternehmen auf, geht in die Preiskalkulation ein
und erhöht die Mehrwertsteuereinnahmen.
3. Er kann sich aber auch einen tollen Geldspeicher zulegen und in
Goldtaler baden. Das wäre wahrscheinlich volkswirtschaftlich nützlicher,
weil er dadurch überschüssiges Geldkapital vom Markt nimmt.
Bleiben wir in der heutigen Realität: Herr Ackermann wäre nicht Herr
Ackermann, wenn er sich über die geplante Reichensteuer nicht empören
würde. Dem traue ich zu, seinem Aufsichtsrat vorsorglich klarzumachen,
dass falls diese böse Steuer käme, müsse sein bescheidenes Salär so
erhöht werden, dass er wieder das gleiche "verdient"! Diese Macht hat er
(leider).
Deshalb bin ich der Meinung, dass man mit Steuerpolitik keine
Sozialpolitik betreiben kann mit Erfolg. Erst mit der Staatsquote, also
der Gesamtheit der Steuereinnahmen, lässt sich Sozialpolitik machen. Da
gibt es zwei Möglichkeiten: "Fordern und Fördern" im HartzIV-Gulag,
unnötige Investionsruinen und unnsinnige Tretmühlen errichten usw. oder,
was ich für besser halte, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen
und damit Freiheitsräume für den Einzelnen schaffen. Wir als mündige
Bürger können doch klar über die Höhe des BGEs bestimmen, der
Sozialstaat sind doch wir! Sicher ist das für eingefleischte
Gewerkschafter gewöhnungsbedürftig, aber auch machtbewusste Unternehmer
werden sich umstellen müssen bei einem ausreichenden BGE. Das sagt
übrigens Götz Werner auch, dass wenn plötzlich sich Menschen nicht mehr
"ausbeuten" lassen wollen, ein ganz anderes Klima in den Betrieben
herrschen wird.
Herzliche Grüße,
Ernst Ullrich Schultz
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