[Debatte-Grundeinkommen] Brötchen, Bäcker und Ackermann

j.behncke j.behncke at bln.de
Mo Apr 24 17:41:51 CEST 2006


Lieber Georg, liebe Liste, lieber Ernst Ulrich!

In allen Einzelpunkten Deiner Rechnung stimme ich Dir zu ( immer da, wo Du
richtig? fragst ).

Nun zur Psychologie des Bäckers:

Die abgewählte rot-grüne Regierung hat den Einkommensteuerspitzensatz von
53% auf 42% herabgesetzt ( nur unterbrochen durch die Elbeflut ). Die
Senkung des Spitzensteuersatzes hat sich naturgemäß auch bei der Steuerlast
der mittleren Einkommensklasse bemerkbar gemacht ( ich habe hier einmal 
das Facharbeitergehalt von 2.500,- € pro Monat im Auge ).

Mir ist kein Facharbeiter bekannt, der aufgrund seiner geringeren
Steuerbelastung zu seinem Arbeitgeber gegangen ist und gesagt hat: ich habe
jetzt mehr Geld in meiner Lohntüte, verabreden wir doch einmal ein
geringeres Gehalt. Genauso verhält es sich mit dem Bäcker und seinen
Gewinnen. Warum soll er die Bötchen billiger machen, weil er mehr Gewinn
hat?

Um es noch etwas deutlicher zu machen, gehen wir mal vom Beispiel des
Bäckers weg und kommen zu Herrn Ackermann: Bekanntlich hat er ein
Jahressalär von 12 Mio €. Davon wird ihm, wenn er keine großartigen
Steuertricks benutzt, die knappe Hälfte weggesteuert, also round about 5
Mio. ( diejenigen, die behaupten, die wirklich Superreichen zahlen gar keine
Steuern, verdienen meistens selbst kein Geld, sonst würden sie es besser
wissen ).

In dem Wernerschen Modell sinkt sein Einkommensteueraufkommen auf  Null.
Was, glaubt wohl der geneigte Leser, gibt Herr Ackermann für den jährlichen
Konsum aus? Selbst wenn er sich jedes Jahr eine neue Yacht im Werte von 1
Mio kauft, und seine Frau extensiv in den Londoner und Mailänder malls
einkaufen geht, wird er, sage ich mal im Jahr nicht mehr als 2 Mio €  (
netto ) konsumieren. Darauf zahlt er dann Steuern von 1 Mio ( bei 50%
Mehrwertsteuer. ) Den Rest legt er gewinnbringend an, manchmal sind diese
Gewinne auch nicht mehr zu versteuern. Also ist die Nettorechnung für Herrn
Ackermann: 12 Mio weniger 1 Mio, macht 11 Mio verfügbares Einkommen. Nach
unserem jetzigen System verblieben ihm zunächst nur 7 Mio, auf die er dann
anteilsmäßig die (jetzt geringere) Mehrwertsteuer zahlen muß.

Zu Ernst Ulrich:
Es ist etwas ärgerlich, wenn man mit sowenig steuerrechtlichem Sachverstand
die Diskussion führt. Der Satz: Alle Steuern zahlen die Konsumenten ist
schlicht falsch und Demagogie.

Grüße
Joachim

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