[Debatte-Grundeinkommen] Brötchen, Mehrwertsteuer und Unternehmer

j.behncke j.behncke at bln.de
So Apr 23 21:31:38 CEST 2006


Lieber Georg,

ein schönes Beispiel hast Du da vorgerechnet: Selbst unter der Annahme, daß
bei deutlich erhöhter Mehrwertsteuer ( in unserem Beispiel 50% ) die
Brötchen zum gleichen  (Brutto) Preis verkauft werden, ergibt sich mehr oder
weniger ein Nullsummenspiel. In der Regel wird der Endkundenpreis (
Brutto-Preis ) aber bei erhöhter Mehrwertsteuer nicht stabil bleiben, weil
eben die Mehrwertsteuer dazukommt ( das ist keine "umgelegte" Steuer sondern
eine Verbrauchssteuer, die unmittelbar in die Preise eingeht ). Ein
Unternehmer zahlt keine Mehrwert ( Umsatz )steuer.

Er hat den Status "vorsteuerabzugsfähig" zu sein: das heißt nichts anderes,
als daß er die eingenommene Mehrwertsteuer direkt an das Finanzamt
weiterleitet. Insofern bleiben in der Regel bei erhöhter Mehrwertsteuer die
Endpreise für Brötchen nicht gleich, sondern erhöhen sich ( anders als in
Deinem Beispiel!!!) und damit sinken in der Regel auch die Erlöse, weil
weniger verkauft wird. Dieses Scenario droht uns schon im kommenden Jahr mit
der Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent.

Die Rechnung ist also immer: Verkaufserlös ( ohne MwSt. ) - Kosten = Gewinn.

Dein Beispiel zeigt also im Klartext, daß selbst, wenn der Unternehmer die
Nettopreise aufgrund der erhöhten Mehrwertsteuer senkt, um die
Verkaufspreise konstant zu halten ( was er in der Regel nicht tut und auch
nicht tuen kann aufgrund der Kostensituation ) bleibt unter dem Strich nicht
ein Mehr an Steuern übrig. Und dann sieht es schlecht aus mit der
Finanzierung des Grundeinkommens.

Grüße

Joachim Behncke, Berlin

P.S.: Es sind immer 1000 Brötchen zu 20 cent, und zwar ohne Mehrwertsteuer.
Was sagst Du dazu, daß der Unternehmer 360 Brötchen essen muß, um seine
bisherige Unternehmens ( Ertrags ) Steuer wieder einzubringen in den
Kreislauf? Wird er das schaffen?

----- Original Message -----
From: "Georg Jaehnig" <georg at jaehnig.org>
To: <Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Sent: Sunday, April 23, 2006 2:16 PM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Soziale Arbeit und Steuerdiskussion


> Hallo,
>
> On 4/23/06, j.behncke <j.behncke at bln.de> wrote:
> > Den Trick mußt Du mir mal vorführen, wie man Steuern auf die
Produktpreise
> > wie zum Beispiel Brötchen umlegen kann.
>
> Die Aussage, das Steuern auf die Preise umgelegt werden, soll kein
> "Steuerspar-Trick" für Unternehmer sein. Es meint, das sie das bereits
> heute faktisch tun. Für Unternehmer gilt grob gesagt:
>
>     Bruttopreis - Kosten = Gewinn
>
> Entscheidend für die Verkaufszahlen ist der Bruttopreis. Zwischen ihm
> und dem Gewinn liegen die Kosten. Dem Unternehmer ist egal, ob sie nun
> Produktionskosten, Mehrwert- oder Einkommensteuer heißen. Es bleibt
> Geld, was bei seinem Gewinn fehlt.
>
> Ich verstehe den Götz Werner so:
>
> 200 Brötchen    heute        Werners Vorschlag
> Brutto           232 EUR         232 EUR
> MwSt-Satz         16 %            50 %
> MwSt              32 EUR          77 EUR
> Netto            200 EUR         155 EUR
> Produktion       100 EUR         100 EUR
> Gewinn           100 EUR          55 EUR
> EinkSt            36 EUR           - EUR
> verbleib. Gewinn  64 EUR          55 EUR
>
>
> Bis jetzt ist das ein Nullsummenspiel, die Bruttopreise bleiben stabil
> und die Summe der eingenommenen Steuern ist in etwa gleich hoch. Aber
> es gibt keine Zusatzeinnahmen für ein Grundeinkommen. Insofern
> verstehe ich seinen Vorschlag nicht bis zum Ende.
>
> Evtl. glaub er, dass die Produktionskosten sinken, da ja auch die
> Löhne in Höhe des Grundeinkommens sinken könnten. Somit könnte man die
> MwSt noch mehr erhöhen, bei stabilen Bruttopreisen. Weiß da jemand
> mehr?
>
> --
> amike, Georg
>
> http://serchilo.net - a wiki-based command line for the web
> http://del.icio.us/tag/grundeinkommen - Bedingungsloses Grundeinkommen
> _______________________________________________
> Debatte-grundeinkommen Mailingliste
> JPBerlin - Politischer Provider
> Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen
>
>




Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen