[Debatte-Grundeinkommen] ND 22.4.: "Leben und lieben lassen"

Wolfgang Strengmann-Kuhn strengmann at t-online.de
Sa Apr 22 13:53:27 CEST 2006


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22.04.06
Leben und lieben lassen
Debatte um Eckpunkte: Kreis um PDS-Vorstand Kipping legt Diskussionspapier vor 
 
Von Tom Strohschneider 
 
In der Debatte um die programmatischen Vorstellungen einer neuen Partei aus Wahlalternative WASG und PDS 
meldet sich nun eine »emanzipatorische Linke« zu Wort.
Auf »die heilsame Wirkung eines produktiven Streits« hatte Linkspartei-Chef Lothar Bisky gehofft, als eine 
Autorengruppe von Sozialisten und der WASG im Februar Eckpunkte zur Programmdebatte vorlegte. Gestritten 
worden ist seither viel. Manches Thema führte aber eher zu heillosem Streit, als die Diskutanten zueinander.
An heißen Eisen wie der Kuba-Debatte und der Diskussion um Demokratie-Mängel im Fusionsprozess kommt 
auch der Kreis um PDS-Vorstand Katja Kipping nicht vorbei. Auch Dauerbrenner wie die Frage nach linken 
Regierungsbeteiligungen haben die Entstehung des Papiers beeinflusst. Als Beitrag zum Konflikt zwischen 
»vermeintlichen« Fundis und Realos sehen Kipping und die sächsischen Landtagsabgeordneten Julia Bonk und 
Caren Lay ihren Beitrag aber nicht.
»Freiheit und Sozialismus«, lautet der Titel, wobei die Betonung durchaus auf dem Wörtchen »und« liegt. 
»Ansatz und Ziel unseres emanzipatorischen Denkens ist Freiheit von sozialer Repression und die Freiheit, 
einen Lebensentwurf selbst wählen und gestalten zu können.« Die Autorinnen treten für Umverteilung ein, 
warnen aber zugleich »vor ökonomistischen Verkürzungen«. Ein handlungsfähiger Staat mit funktionierender 
Daseinsvorsorge allein ist für Kipping denn auch kein Garant für Selbstbestimmung. »Freiheit für jede und jeden 
Einzelnen wird nur durch gesamtgesellschaftliche Umverteilung ermöglicht werden. Ein Politikansatz, nach dem 
der Staat die Lebensweisen paternalistisch >für< die Menschen regelt, ist jedoch kein Weg.«
Ihre »Kritik des unfreien Lebens« führt Kipping, Bonk und Lay zu Positionen, die bei PDS und WASG nicht 
unumstritten sind. So taucht einmal mehr auch die Forderung nach einer »Grundsicherung ohne erniedrigende 
Bedarfsprüfung und ohne Zwang zur Arbeit« auf, die nach dem Willen der Autorinnen »zu einem 
bedingungslosen Grundeinkommen weiterentwickelt werden sollte«. Mit dieser Idee ist Kipping in ihrer Partei 
und in der Bundestagsfraktion bereits öfter angeeckt, vor allem im Gewerkschafterflügel um WASG-Chef Klaus 
Ernst. Mit Parolen für ein »Recht auf Faulheit«, hieß es oft, werde das Linksbündnis nicht gut ankommen. Es sei 
»nicht Aufgabe einer modernen Linken«, hält das Papier entgegen, »unkritisch in den Chor >Arbeit muss her!< 
einzustimmen«. Der Krise der fordistischen Arbeitsgesellschaft sei nicht durch deren Wiederherstellung 
beizukommen.
Mit ihrem Papier nehmen Kipping, Bonk und Lay eine Reihe von Ideen auf, die auch in der unabhängigen Linken 
eine größere Rolle spielen als es manch andere Forderung aus dem Umkreis von PDS und WASG tut. Etwa mit 
dem Plädoyer für eine völlige Gleichberechtigung aller »Lebens- und Liebensweisen« sowie der Kritik an 
gesellschaftlichen Vorstellungen dessen, was »normal« zu sein hat.
Kipping verbindet mit dem Papier Hoffnungen, Strömungen für das Fusions-Projekt zu interessieren, die bisher 
die Entwicklung distanziert verfolgten. Zunächst aber will man dafür sorgen, eigene Ansätze in die 
Fusionsdebatte einzubringen. Eine Website soll helfen und ein wenig Struktur, auch wenn es sich ausdrücklich 
»nicht um eine Gruppe« handelt, »der man per Unterschrift beitritt«. Am Freitag, vor den Bundesparteitagen von 
Linkspartei und WASG ist ein Treffen in Halle geplant.

www.emanzipatorische-linke.de






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