[Debatte-Grundeinkommen] Frage zur Abwesenheit eines Arbeitszwangs

lwalczak at gmx.de lwalczak at gmx.de
Di Nov 29 22:05:32 CET 2005


-- Vielen Dank für diesen Beitrag,
Ich halte ihn für einen der wichtigsten.

Lothar Walczak

p.s.; für alle, die gern das "Schlaraffenland" bemühen:
vielleicht lohnt es, einmal über den Unterschied von Schlaraffenland und
Paradies zu meditieren...



> Von: Werner Schumacher <schumacher.marburg at freenet.de>
> Datum: Tue, 29 Nov 2005 18:58:47 +0100
> An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Frage zur Abwesenheit eines
> Arbeitszwangs
> 
> Lieber Herr Westphal,
> 
>> Diese Form von "eingebunden sein" empfinde ich als sehr verständlich und
>> natürlich. Jedes Kind wird mit vielerlei solcher "Verträge" konfrontiert und
>> begreift sie anstandslos. Es besteht keine Notwendigkeit, Bürger in ein
>> Schlaraffenland zu versetzen, das sie ohne Gegenleistung mit allem
>> Lebensnotwendigen versorgt.
>> 
>> 
> Damit sprechen Sie eines der grundlegendsten Probleme an, die in der
> Diskussion um das GE immer wieder reflektiert werden. Wer sich aber die
> Mühe macht, die Konsequenzen eines GE durchzurechnen, wird festellen,
> dass Ihre Meinung eher eine Art Vormeinung ist, das ist eine Meinung
> über einen empirisch nicht verifizierten Sachverhalt. Früher nannte man
> so etwas Vorurteile, aber auch Vorurteile sind Urteile, die wie jedes
> andere Urteil vor einem anderen Urteil kommen müssen, denn zu welchem
> Urteil wäre man fähig, gäbe es keine Urteile vor einem Urteil...?
> Aber darauf kommt es nicht an!
> Zunächst gilt tatsächlich, dass nirgendwo in der Gesellschaft
> Erfahrungen über ein GE vorliegen, entsprechend sind alle Überlegungen
> hinsichtlich des Nutzens, Schadens, aber auch alle Überlegungen die
> Finanzierung betreffend, die Konsequenzen und Auswirkungen, erwünschte
> und nicht erwünschte Nebeneffekte, all das sind Spekulationen, nichts
> von alledem ist tatsächlich empirisch gesichtert, alles beruht auf
> Annahmen, Vormeinungen, Behauptungen, Glaubensgrundsätzen; die
> Funktionsweise eines GE ist empirisch nicht nachvollziehbar, was ja
> nicht bedeutet, dass ein GE deshalb zu verwerfen wäre; und insofern es
> sich so verhält sind alle Argumente berechtigt, also auch Ihre Meinung,
> die besagt, ein GE führe gleichsam zu unnatürlichen sozialen
> Erfahrungen. Sie haben völlig recht: "Es besteht keine Notwendigkeit,
> Bürger in ein Schlaraffenland zu versetzen" und niemand will das oder
> wäre überhaupt dazu in der Lage. Ich vermute, es wird eher das
> passieren, was Stanislaw Lem in seinem satirischen Zukunftsroman "Der
> Futurologen-Kongreß" erzählt, wo der Weltraum-Münchhausen Ion Tichy in
> der Zukunft erwacht und sich zunächst in paradiesischen Zuständen
> wiederfindet, aber mit der Zeit bemerkt, dass alles auf einem großen
> Schwindel beruht; die schöne neue Welt der Zukunft demaskiert sich für
> ihn und zeigt eine häßliche, traurige und unmenschliche Fratze.
> Solange wir glauben, das GE sei eine Lösung sozialer Probleme, wird
> genau das geschehen, was Ion Tichy vorfindet - eine bunte Gesellschaft,
> die über sich selbst unvollständig informiert ist.
> Erst wenn wir verstehen, dass mit einem GE die wirklichen Probleme des
> Menschseins und der Gesellschaft in Erfahrung gebracht werden können,
> wenn also erst die entscheidenden Problemerfahrungsprozesse angestoßen
> werden, dann ahnen wir, welche Arbeit, welche Mühe, welche Entsagungen
> und Einschränkungen wir hinzunehmen haben werden. Ich behaupte: Das GE
> wird uns helfen zu erkennen, wie schlecht es um unsere Kentnisse das
> wirkliche Leben betreffend bestellt ist.
> Das GE wird uns in den Vorhof der Hölle führen; und wenn ich die AKWs
> sehe, die Müllberge vor unseren Städten, die Verseuchung und Vergiftung
> von Mensch und Natur, dann wird es Zeit zu begreifen, dass wir dort auch
> hingehören.
> 
> Mit besten Grüßen
> Werner Schumacher
> _______________________________________________
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