[Debatte-Grundeinkommen] Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 18

Florian Hoffmann florian.hoffmann at intereasy.de
Fr Nov 25 10:14:53 CET 2005


Lieber Herr Schumacher,

die heute in der Presse gemeldete Tatsache, dass 8,7 Prozent der Bevölkerung
in NRW einen Eintrag in der Schufa haben - mit steigender Tendenz - spricht
doch eher für eine steigende Not, als für Ihre These.

Und außerdem klingt Ihre These angesichts horrende wachsender Slums im
Umkreis der Großstädte der dritten Welt (und nicht nur dort) vielleicht
sogar zynisch.

Da ist doch etwas aus dem Gleichgewicht! Das dieses Problem mit Geld,
nämlich Grundeinkommen, nicht zu lösen ist, oder zumindest wesentlich zu
verbessern ist, wage ich zu bezweifeln. Wenn dem nicht so wäre, könnte man
das Thema Grundeinkommen gleich vergessen!

Beste Grüße
Florian Hoffmann

> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de
> [mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de]Im
> Auftrag von debatte-grundeinkommen-request at listen.grundeinkommen.de
> Gesendet: Donnerstag, 24. November 2005 18:48
> An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Betreff: Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 18
>
>
> Um e-Mails an die Liste Debatte-grundeinkommen zu schicken, nutzen Sie
> bitte die Adresse
>
> 	debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
>
> Um sich via Web von der Liste zu entfernen oder draufzusetzen:
>
> 	http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen
>
> oder, via Email, schicken Sie eine Email mit dem Wort 'help' in
> Subject/Betreff oder im Text an
>
> 	debatte-grundeinkommen-request at listen.grundeinkommen.de
>
> Sie koennen den Listenverwalter dieser Liste unter der Adresse
>
> 	debatte-grundeinkommen-owner at listen.grundeinkommen.de
>
> erreichen
>
> Wenn Sie antworten, bitte editieren Sie die Subject/Betreff auf einen
> sinnvollen Inhalt der spezifischer ist als "Re: Contents of
> Debatte-grundeinkommen digest..."
>
>
> Meldungen des Tages:
>
>    1. Antwort auf Helmut Pelzer (ingmar.kumpmann at gmx.de)
>    2. Re: [Debatte-Grundeinkommen]	Debatte-grundeinkommen
>       Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 16;	wie recht Herr
>       Schumacher hat!! (Werner Schumacher)
>    3. Re: [Debatte-Grundeinkommen]	Debatte-grundeinkommen
>       Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 16;	wie recht Herr
>       Schumacher hat!! (Werner Schumacher)
>    4. Re: Verminderung des Arbeitsvolumens (Bernd Kowarsch)
>    5. Re: Antwort auf Helmut Pelzer (j.behncke)
>
>
> ----------------------------------------------------------------------
>
> Message: 1
> Date: Thu, 24 Nov 2005 10:22:37 +0100 (MET)
> From: ingmar.kumpmann at gmx.de
> Subject: [Debatte-Grundeinkommen] Antwort auf Helmut Pelzer
> To: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Cc: helmut.pelzer at uni-ulm.de
> Message-ID: <3148.1132824157 at www45.gmx.net>
> Content-Type: text/plain; charset="iso-8859-1"
>
> Lieber Herr Pelzer,
>
> über Ihren Kommentar zu meinem Text über das Grundeinkommen habe ich mich
> sehr gefreut.
>
> Ein Grundeinkommen sollte existenzsichernd sein, auch wenn der Begriff der
> Existenzsicherung nur mit Willkür definierbar ist. Ich würde jedoch immer
> auch ein noch höheres Grundeinkommen befürworten, sofern es denn
> finanzierbar ist. Die Frage der Finanzierbarkeit ist deshalb auch für
> Bestimmung der Höhe des GE wichtig.
>
> Vielleicht gibt es am ehesten zwischen uns einen
> Meinungsunterschied in der
> Einschätzung, wie ein GE die Leistungsbereitschaft der Menschen im
> Erwerbsprozess beeinflusst und dadurch auf seine eigene
> Finanzierungsgrundlage wirkt. Wir können zwar prinzipiell
> mögliche negative
> und positive Wirkungen benennen. Aber wie groß diese bei
> Einführung eines GE
> tatsächlich ausfallen würden, wissen wir einfach nicht. Erst eine
> schrittweise experimentelle Einführung eines Grundeinkommens würde dazu
> führen, dass wir zu dessen Finanzierbarkeit Erfahrungen sammeln können.
>
> Die Finanzierung des GE beruht darauf, dass Menschen zur Produktion
> beitragen - mit Arbeit, aber auch mit Kapital, unternehmerischem
> Engagement
> und Ausbildungsanstrengung. Dies geschieht aus verschiedenen
> Motiven, eines
> der Motive sind vorhandene finanzielle Anreize. Mit einem GE würden diese
> finanziellen Anreize geringer werden. Zum einen bedeutet es, dass Menschen
> Einkommen erhalten auch ohne zur Produktion beizutragen. Zum
> anderen müssen
> zur Finanzierung die Einkünfte aus einem Engagement in der
> Produktion höher
> besteuert werden, sodass sich das geleistete Engagement in der Produktion
> finanziell weniger auszahlt. Beides ist nicht unbedingt negativ zu
> beurteilen, wird jedoch die Höhe der Produktion und damit die
> Finanzierungsgrundlage des GE eher verkleinern. Wie stark der Effekt sein
> wird, kann man jedoch im Voraus nicht wissen.
>
> Oft wird die Erwartung geäußert, durch das GE werde es zu sinkenden Löhnen
> kommen. Für die einen ist dies eine Hoffnung, für die anderen eine
> Befürchtung. Eine solche Lohnsenkung ist jedoch äußerst zweifelhaft. Denn
> die Möglichkeit, auch ohne Erwerbsarbeit ein Auskommen zu haben,
> erhöht die
> Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer/innen. Wenn Erwerbsarbeit für den
> Einzelnen nicht mehr überlebensnotwendig ist, dann werden sich vermutlich
> einige Menschen aus dem Erwerbsleben ganz oder teilweise zurückziehen.
> Infolgedessen werden Arbeitskräfte knapper und die Unternehmen
> müssen ihnen
> eventuell sogar höhere Löhne bieten.
>
> Ich hoffe, wir bleiben zu diesen Fragen in Kontakt.
>
> Mit besten Grüßen
> Ingmar Kumpmann
>
>
> ------------------------------
>
> Message: 2
> Date: Thu, 24 Nov 2005 12:34:58 +0100
> From: Werner Schumacher <schumacher.marburg at freenet.de>
> Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen]	Debatte-grundeinkommen
> 	Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 16;	wie recht
> Herr Schumacher
> 	hat!!
> To: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Message-ID: <4385A562.6070304 at freenet.de>
> Content-Type: text/plain; charset=ISO-8859-1; format=flowed
>
> Lieber Herr Hoffmann,
>
> >Ich habe jahrelang beobachtet, wie sozialdemokratische Politik der 70-er
> >Jahre den Staat mit Sozialeinrichtungen aufgebläht hat und damit dem
> >Bruttosozialprodukt wunderbare Wachstumsraten beschert wurden.
> Gleichzeitig
> >wurden systematisch familiäre Bindungen zerrissen und bisher kostenlose
> >Leistungen abgeschafft.
> >
> >Das Ergebnis war symptomatisch - und ist es auch für die heutige Zeit:
> >Das Bruttosozialprodukt stieg - und die Not auch!
> >
> Ich kann gut verstehen, wie Sie zu Ihrer Einschätzung kommen, möchte
> aber, was Ihren letzten Satz angeht, einen Einwand vorbringen. Sie
> schreiben: "Die Not stieg auch!" - Nein, das tat sie nicht, und sie
> steigt bis heute nicht.
> Ich selber stehe der ganzen sozial- wie christdemokratischen Politik
> sehr skeptisch gegenüber, stelle aber mit aller notwendigen Nüchternheit
> fest, dass die gegenwärtige Schuldenkrise auch verursacht wurde durch
> die Kosten, die es macht, wenn man Demokratie machen möchte. Wie in
> allen anderen westeuropäischen Ländern auch war die Demokratie keine
> Sache der Wahl, sondern nach den traumatischen Erfahrungen von zwei
> Weltkriegen einfach unausweichlich. Aber diese Unausweichlichkeit musste
> erkauft werden, sie brauchte Akzeptanz, und kein signifikanter Teil der
> Bevölkerung wurde schlecht bedient. Im Gegenteil. Nur wenigen sind die
> Schulen, die Lehrmittel, die Krankenhäuser und Altenheime, die ganze
> sozialpädagogische Fürsorglichkeit der Jugendämter, die Förderung der
> Kultur, die Ausbildungsförderung, das Kindergeld  und dergleichen
> wirklich schlecht bekommen.
> Unser gegenwärtiges Problem ist, scheint mir, dass wir uns immer noch
> gut bedienen lassen möchten. Es ist nicht unsere Not, die steigt,
> sondern die Einrichtung eines bequemen Lebens, das zunehmend Symptome
> der Wohlstandsverwahrlosung zeitigt, steigert die Erwartung, es möge
> sich doch jemand vernünftig um uns kümmern.
> Mit einem Grundeinkommen wird all das obsolet werden. Niemand wird sich
> mehr um dich kümmern. Du wirst jeden Monat, Tag für Tag, ein Leben lang
> satt und sauber sein können. Um alles andere muss man sich dann selbst
> kümmern.
> Die sozial- wie christdemokratische Politik der Vergangenheit war
> begrenzt durch einen vulgären Sozialmaterialismus, der meinte, mit Geld
> ließen sich alle Probleme lösen. Aber erst wenn es ein Grundeinkommen
> geben wird, wird man begreifen, dass die wichtigsten Probleme der
> Gesellschaft mit Geld nicht zu lösen sind.
> Das schwierige an unserer gegenwärtigen Situation ist, dass wir soziale
> Probleme zu lösen haben und dies nicht, weil es uns schlecht geht,
> sondern, obwohl es uns sehr gut geht. Und schlimmsten Fall geht es uns
> viel zu gut.



Lieber Herr Schumacher,

die heute in der Presse gemeldete Tatsache, dass 8,7 Prozent der Bevölkerung
in NRW einen Eintrag in der Schufa haben - mit steigender Tendenz - spricht
doch eher für eine steigende Not, als für Ihre These.

Und außerdem klingt Ihre These angesichts horrende wachsender Slums im
Umkreis der Großstädte der dritten Welt (und nicht nur dort) vielleicht
sogar zynisch.

Da ist doch etwas aus dem Gleichgewicht! Das dieses Problem mit Geld,
nämlich Grundeinkommen, nicht zu lösen ist, zumindest wesentlich zu
verbessern ist, wage ich zu bezweifeln. Wenn dem nicht so wäre, könnte man
das Thema Grundeinkommen gleich vergessen!

Beste Grüße
Florian Hoffmann



> An dieser Paradoxie scheitert die Gesellschaft zur Zeit, was die
> Verbreitung eines Grundeinkommens in der Bevölkerung sehr, sehr schwer
> macht.
>
> Im Prinzip aber haben Sie mit Ihrer Einschätzung des Zustandekommens
> eines höchst verzerrten BIP natürlich völlig recht. Richtig wäre es dann
> aber auch, dass unser reales BIP zig mal höher ist als es gegenwärtig
> berechnet werden kann.
>
> Mit freundlichen Grüßen
> Werner Schumacher
>
>
> ------------------------------
>
> Message: 3
> Date: Thu, 24 Nov 2005 12:43:12 +0100
> From: Werner Schumacher <schumacher.marburg at freenet.de>
> Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen]	Debatte-grundeinkommen
> 	Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 16;	wie recht
> Herr Schumacher
> 	hat!!
> To: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Message-ID: <4385A750.8080108 at freenet.de>
> Content-Type: text/plain; charset=ISO-8859-1; format=flowed
>
> Lieber Herr Hoffmann,
>
> >Ich habe jahrelang beobachtet, wie sozialdemokratische Politik der 70-er
> >Jahre den Staat mit Sozialeinrichtungen aufgebläht hat und damit dem
> >Bruttosozialprodukt wunderbare Wachstumsraten beschert wurden.
> Gleichzeitig
> >wurden systematisch familiäre Bindungen zerrissen und bisher kostenlose
> >Leistungen abgeschafft.
> >
> >Das Ergebnis war symptomatisch - und ist es auch für die heutige Zeit:
> >Das Bruttosozialprodukt stieg - und die Not auch!
> >
> Ich kann gut verstehen, wie Sie zu Ihrer Einschätzung kommen, möchte
> aber, was Ihren letzten Satz angeht, einen Einwand vorbringen. Sie
> schreiben: "Die Not stieg auch!" - Nein, das tat sie nicht, und sie
> steigt bis heute nicht.
> Ich selber stehe der ganzen sozial- wie christdemokratischen Politik
> sehr skeptisch gegenüber, stelle aber mit aller notwendigen Nüchternheit
> fest, dass die gegenwärtige Schuldenkrise auch verursacht wurde durch
> die Kosten, die es macht, wenn man Demokratie machen möchte. Wie in
> allen anderen westeuropäischen Ländern auch war die Demokratie keine
> Sache der Wahl, sondern nach den traumatischen Erfahrungen von zwei
> Weltkriegen einfach unausweichlich. Aber diese Unausweichlichkeit musste
> erkauft werden, sie brauchte Akzeptanz, und kein signifikanter Teil der
> Bevölkerung wurde schlecht bedient. Im Gegenteil. Nur wenigen sind die
> Schulen, die Lehrmittel, die Krankenhäuser und Altenheime, die ganze
> sozialpädagogische Fürsorglichkeit der Jugendämter, die Förderung der
> Kultur, die Ausbildungsförderung, das Kindergeld  und dergleichen
> wirklich schlecht bekommen.
> Unser gegenwärtiges Problem ist, scheint mir, dass wir uns immer noch
> gut bedienen lassen möchten. Es ist nicht unsere Not, die steigt,
> sondern die Einrichtung eines bequemen Lebens, das zunehmend Symptome
> der Wohlstandsverwahrlosung zeitigt, steigert die Erwartung, es möge
> sich doch jemand vernünftig um uns kümmern.
> Mit einem Grundeinkommen wird all das obsolet werden. Niemand wird sich
> mehr um dich kümmern. Du wirst jeden Monat, Tag für Tag, ein Leben lang
> satt und sauber sein können. Um alles andere muss man sich dann selbst
> kümmern.
> Die sozial- wie christdemokratische Politik der Vergangenheit war
> begrenzt durch einen vulgären Sozialmaterialismus, der meinte, mit Geld
> ließen sich alle Probleme lösen. Aber erst wenn es ein Grundeinkommen
> geben wird, wird man begreifen, dass die wichtigsten Probleme der
> Gesellschaft mit Geld nicht zu lösen sind.
> Das schwierige an unserer gegenwärtigen Situation ist, dass wir soziale
> Probleme zu lösen haben und dies nicht, weil es uns schlecht geht,
> sondern, obwohl es uns sehr gut geht. Und schlimmsten Fall geht es uns
> viel zu gut.
> An dieser Paradoxie scheitert die Gesellschaft zur Zeit, was die
> Verbreitung eines Grundeinkommens in der Bevölkerung sehr, sehr schwer
> macht.
>
> Im Prinzip aber haben Sie mit Ihrer Einschätzung des Zustandekommens
> eines höchst verzerrten BIP natürlich völlig recht. Richtig wäre es dann
> aber auch, dass unser reales BIP zig mal höher ist als es gegenwärtig
> berechnet werden kann.
>
> Mit freundlichen Grüßen
> Werner Schumacher
>
>
> ------------------------------
>
> Message: 4
> Date: Thu, 24 Nov 2005 15:44:42 +0100
> From: "Bernd Kowarsch" <bernd at abnuto.de>
> Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Verminderung des Arbeitsvolumens
> To: "Reimund Acker" <reimund.acker at t-online.de>,	"BGE Liste"
> 	<debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> Message-ID: <000401c5f106$0cf1d400$89a490d4 at l1u9h4>
> Content-Type: text/plain;	charset="iso-8859-1"
>
>
> ----- Original Message -----
> From: "Reimund Acker" <reimund.acker at t-online.de>
> To: "BGE Liste" <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> Sent: Thursday, November 24, 2005 2:35 AM
> Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Verminderung des Arbeitsvolumens
>
> Hallo Reimund, Hallo ihr
>
> >...beim Thema BGE immer zuerst ökonomische Gründe entgegengehalten
> >werden. Erst wenn die aus dem Weg geräumt sind, kommen die nicht-
> >ökonomischen Argumente (als nächstes meistens dies: Warum soll ich
> >jemanden finanzieren, der nicht arbeiten will?).
>
> Da sag ich immer; sollst du nicht, genauer; sollst nicht du - heißt; jene,
> die nicht
> arbeiten _wollen_ erhalten ihr beG (bedingungsloses eXistenzsicherndes
> Grund-
> einkommen) aus Vermögensertragssteuern. Die vermutlich kleine Gruppe der
> Arbeitsverweigerer 'belastet' also das Einkommen des
> Durchschnittsmenschen,
> -bürgers nicht (nennenswert).
>
> >Für wirkungsvoll halte ich das Argument von der Verminderung des gesell-
> >schaftlich notwendigen/wünschenswerten Arbeitsvolumens. Für wichtig halte
> >ich Überwindung der mißgünstigen Einstellung, nach der nicht essen soll,
> wer
> >nicht arbeiten will.
>
> Letzeres ist und war schon lange ein doch plumper Chauvinismus. Das dort
> gemeinte 'Essen' kann heute sinnvoll nur mit 'auf die Malediven fliegen'
> ver-
> standen werden.
> Bei der Verminderung des Arbeitsvolumens geht meine Argumentation aller-
> dings in eine recht andere Richtung. Zunächst könnte (und angesichts der
> Zustände ausserhalb unserer Landes-, Kontinentsgrenzen; sollte) eine große
> Menge Arbeit schlicht unterlassen werden. Wir müssen doch darauf achten,
> "daß die Arbeit (der Menschen) einzig und allein verwendet wird,
> wertvolles
> Gut zu schaffen." Nicht alle Arbeit erzeugt Werte.
> Wichtiger erscheint mir dann aber noch der Hinweis darauf, daß Werte nicht
> nur durch menschliche oder mittels Maschinen erledigte Arbeit entstehen,
> sondern, und meiner Ansicht nach sogar wesentlicher, ganz ohne mensch-
> liches Zutuen in der Natur. Dort entstehen Werte, ohne das ein Mensch
> etwa dazu getan hätte oder es auch nur wünschenswert wäre, daß 'er'
> etwas dazu tun könnte.
> Dem gegenüber sind Maschinen immer Produkt menschlicher Arbeit, bedin-
> gen (noch immer) Eigentum, sind pflegebedürftig, bedürfen einer umfäng-
> lichen Ausbildung, der 'Priesterschaft der Ingenieure'.
>
> >>Das BGE einzuführen muß doch auch solchen Gesellschaften möglich sein,
> >>die eher agarisch-handwerklich, also quasi ohne dinglichen Fortschritt
> leben.
>
> >Das muß jede Gesellschaft für sich selbst entscheiden. Was eine
> Gesellschaft
> >nicht erwirtschaftet, kann sie sich natürlich auch nicht als
> Grundeinkommen
> >auszahlen. Eine Gesellschaft mit sehr niedrigem Produktivitätsniveau kann
> >ihren Mitgliedern aber vielleicht andere Formen der Existenzsicherung
> garan-
> >tieren, z.B. ein Stück Land.
>
> Ja und nein; natürlich muß das jede Gesellschaft selbst entscheiden, aber
> trotzdessen müssen wir die Begründung des beG so formulieren, das es
> im Prinip jeder möglich bleibt.
> So, wie es Geld gibt in einer Gesellschaft, sollte es ihr möglich
> sein, ein
> Grundeinkommen wie es von uns formuliert wird, zu gewähren. Das ist
> zugegeben Theorie, aber wenn man erkennt, daß Hunger und Not Fol-
> gen der auf privaten dinglichen Besitz gerichteten Seelenverfassung sind,
> dann muß man jener Gesellschaft, die diesen Egoismus nicht zuletzt über-
> windet, sondern ihn gar nicht erst aufkommen lässt, die größere Friedfer-
> tigkeit, Lebensqualität und damit die 'besseren' Entwicklungsmöglichkei-
> ten, zusprechen.
>
> >>Ein allen Gesellschaften möglicher Fortschritt ist der durch Erkenntnis.
> >>Hier; der Erkenntnis des Inhaltes der Würde des Menschen, ..des
> >>Zweck-an-sich seins jedes Menschen.
>
> >Erkennen läßt sich nur was der Fall ist, also hier die Tatsache, daß
> >es Menschen gibt, die das so sehen. Es ist aber bekanntlich durchaus
> >umstritten, ob zur Würde des Menschen ein arbeitsfreies Einkommen
> >oder aber ein Arbeitsplatz gehört.
>
> Ob ein Arbeitsplatz dazu gehört weiß ich nicht. Vielleicht 'ne Tätigkeit
> im Gemeinschaftszentrum. Das ein bedingunsloses existenzsicherndes
> Grundeinkommen dazu gehört, halte ich für unbestreitbar.
> Das unser Recht das anders sieht, ist für mich nur Hinweis aus dessen
> Unzulänglichkeit, dessen Entferntheit vom Ideal, also Hinweis auf des-
> sen quasi naturwissenschaftlichen Entwicklungszwang.
> Mit der französischen Revolution sollte der Erwerb von Eigentum an
> persönliche Leistung geknüpft werden. Dem widerspricht aber doch
> bereits die Einrichtung eines Erbrecht.
> Und der Versuch, dieses, und zugleich die Verknüpfung von 'Anspruch
> auf Existenzmittel' und 'Arbeitszwang' als der Würde des Menschen ge-
> recht werdend, zu erhalten, ist nicht bloß rückschrittlich,
> sondern nieder-
> trächtig. Das Ergebnis wäre/ist größere Ungleichheit bei weiterhin ver-
> schwommenem Leistungsbegriff.
>
> >Wenn die BGE-Befürworter unter uns Einigkeit darüber erzielen könnten,
> >daß weiteres Produktivitätswachstum wünschenswert und möglich ist,
> >dann würde dies die Argumentation für das BGE erleichtern, weil dann
> >die Schaffung von (unproduktiven) Arbeitsplätzen nicht mehr als ange-
> >messene Lösung des Problems der Arbeitslosigkeit erschiene, sondern
> >die Entkopplung von Arbeit und Einkommen, also das BGE.
>
> Ich halte diese Argumentation für irreführend. Es geht nicht um die Über-
> windung der Arbeit, sondern um die des Zwanges zur Arbeit. Arbeit
> kann und soll (auf vielfältige Weise) überwunden werden. Natürlich ist
> es schwachsinnig, Menschen zu zwingen, wie Panter Paul und Detektiv
> mit der Farbrolle um die Plakatsäule zu laufen.
> Aber an der Steigerung von Produktivität hängt nicht das Grundeinkom-
> men, darf daran nicht hängen.
> Die Trennung von Lohn und Arbeit ist eine immer schon bestehende, eben
> nur ihrer Verwirklichung harrende, Forderung; Arbeitskraft ist keine Ware,
> da sie kein Erzeugnis menschlicher Arbeit ist. Selbst besondere
> Fähigkeiten
> rechtfertigten die Stellung menschlicher Arbeitskraft als Ware
> nicht, da sie
> bei genauer Betrachtung ebenso nicht Ergebnis menschlicher Arbeit sind.
> Lehren ist Sorgen, Lernen Lieben. Der Impuls zur Arbeit muß im Gemein-
> nutzen liegen, "in der Hingabe für das Ganze".
>
> >>(weniger arbeiten..) Allerdings behaupte ich, daß die Robotisierung
> >>hierzu nicht wirklich geeignet ist.
>
> >Begründung?
>
> Ich frag mich ganz praktisch, was Maschinen an !wesentlichem beitragen,
> und finde ziemlich wenig; Nahrung? Industrie ist ungesund, für Mensch
> und Natur. Kleidung? siehe 1 und gibts soo zu viel. Nähmaschinen statt
> Privatfernsehen! Wohnung? Geht auch gut ohne. Ohne Beton, ohne Stahl,
> und ohne Krieg hält Handwerk, hält Fachwerk lang, sehr lang. Medizin?
> siehe 1 und bei vernünftiger Lebensweis und Grundeinkommen könnt ich
> mir vorstellen, es braucht gar nicht so viel.
>
> >Wie ich arbeiten will, weiß ich schon jetzt. Und ich will ganz bestimmt
> >mein Einkommen nicht mit einer Arbeit erzielen müssen, die genauso gut
> >von einer Maschine erledigt werden könnte.
>
> Jaja; 'genau so gut' - damit gehts schon los (nein, ich bin nicht für
> mundge-
> blasene Fensterscheiben:-). Aber; Einkommen sollte, freilich ein ferneres
> Ziel, ganz von der Arbeit getrennt werden. Sonst ist es doch Prostitution.
> Das Problem bleibt dabei aber, das wir nicht wissen, wie die Menschen
> sich entscheiden; füttern sie wirklich weiter die Maschinen, oder
> sind sie,
> nicht Du, nicht ich, 'wann immer möglich' mit der Werkstatt im Gemeinde-
> zentrum zufrieden?
>
> Entschldigung - ich schreib zZt. wohl ganz gern.
>
> liebe Grüße -
> Bernd
>
>
>
> ------------------------------
>
> Message: 5
> Date: Thu, 24 Nov 2005 18:20:18 +0100
> From: "j.behncke" <j.behncke at bln.de>
> Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Antwort auf Helmut Pelzer
> To: <ingmar.kumpmann at gmx.de>,
> 	<debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> Cc: helmut.pelzer at uni-ulm.de
> Message-ID: <022801c5f11b$5d151180$453c57d4 at oemcomputer>
> Content-Type: text/plain;	charset="iso-8859-1"
>
> Lieber Ingmar, liebe Liste!
>
> Ja, man muß wohl experimentieren. Die Einführung von Hartz IV hat gezeigt,
> wie dramatisch man sich verschätzen kann.
>
> Als Experimentierstätte bietet sich Berlin an: 250.000 ALG II
> Empfänger, ca.
> 500.000 Menschen, die von Transferleistungen leben, in einer 3,4
> Mio. Stadt.
> Besonders die starke kreative Scene in der Stadt würde vom Grundeinkommen
> profitieren und neue Kräfte würden freigesetzt werden. Ich möchte
> an dieser
> Stelle den Sozialwissenschaftler Friedhelm Hengsbach zitieren: Es
> geht nicht
> um die Abschaffung von Arbeit, sondern um einen neuen, dreifach
> definierten
> Arbeitsbegriff: Erwerbsarbeit, private Betreuungsarbeit und
> zivilgesellschaftliches Engagement. Alle drei Formen des
> "Arbeitsvermögens"
> gilt es fair zu verteilen. Ein Grundeinkommen ist die Basis für dieses
> Verständnis von Arbeitsvermögen bei gleichzeitiger Existenzsicherung.
>
> Warum also nicht Berlin? Die Stadt ist ohnehin pleite und ist eine der
> billigsten, wenn nicht die billigste Stadt zum Leben in Europa.
> Grüße
>
> Joachim Behncke
> Arbeitskreis Grundsicherung/Grundeinkommen Bündnis90/DieGrüne, Berlin
>
> P.S.: Unserem Berliner Finanzsenator Sarrazin würde ich ein doppeltes
> Grundeinkommen bieten, wenn er freiwillig seinen Job aufgibt. Der
> Mensch muß
> ja Anreize haben!
>
> P.S.S.: Die Vorsitzende der neuen Technokratenregierung, Frau Merkel, hat
> erklärt, sie wolle sich an der Verringerung der Arbeitslosigkeit messen
> lassen ( Zahlen werden vorsichtshalber nicht genannt ). Ich kenne  ( außer
> dürftigen Senkungen von Lohnnebenkosten, die bekanntermaßen eine
> notwendige,
> aber keine hinreichende Bedingung für mehr Beschäftigung sind )
> noch keinen
> einzigen Vorschlag, der zu diesem Ziel führten könnte.
>
>
> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: ingmar.kumpmann at gmx.de <ingmar.kumpmann at gmx.de>
> An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> Cc: helmut.pelzer at uni-ulm.de <helmut.pelzer at uni-ulm.de>
> Datum: Donnerstag, 24. November 2005 10:23
> Betreff: [Debatte-Grundeinkommen] Antwort auf Helmut Pelzer
>
>
> >Lieber Herr Pelzer,
> >
> >über Ihren Kommentar zu meinem Text über das Grundeinkommen habe ich mich
> >sehr gefreut.
> >
> >Ein Grundeinkommen sollte existenzsichernd sein, auch wenn der
> Begriff der
> >Existenzsicherung nur mit Willkür definierbar ist. Ich würde jedoch immer
> >auch ein noch höheres Grundeinkommen befürworten, sofern es denn
> >finanzierbar ist. Die Frage der Finanzierbarkeit ist deshalb auch für
> >Bestimmung der Höhe des GE wichtig.
> >
> >Vielleicht gibt es am ehesten zwischen uns einen
> Meinungsunterschied in der
> >Einschätzung, wie ein GE die Leistungsbereitschaft der Menschen im
> >Erwerbsprozess beeinflusst und dadurch auf seine eigene
> >Finanzierungsgrundlage wirkt. Wir können zwar prinzipiell
> mögliche negative
> >und positive Wirkungen benennen. Aber wie groß diese bei Einführung eines
> GE
> >tatsächlich ausfallen würden, wissen wir einfach nicht. Erst eine
> >schrittweise experimentelle Einführung eines Grundeinkommens würde dazu
> >führen, dass wir zu dessen Finanzierbarkeit Erfahrungen sammeln können.
> >
> >Die Finanzierung des GE beruht darauf, dass Menschen zur Produktion
> >beitragen - mit Arbeit, aber auch mit Kapital, unternehmerischem
> Engagement
> >und Ausbildungsanstrengung. Dies geschieht aus verschiedenen
> Motiven, eines
> >der Motive sind vorhandene finanzielle Anreize. Mit einem GE würden diese
> >finanziellen Anreize geringer werden. Zum einen bedeutet es,
> dass Menschen
> >Einkommen erhalten auch ohne zur Produktion beizutragen. Zum
> anderen müssen
> >zur Finanzierung die Einkünfte aus einem Engagement in der
> Produktion höher
> >besteuert werden, sodass sich das geleistete Engagement in der Produktion
> >finanziell weniger auszahlt. Beides ist nicht unbedingt negativ zu
> >beurteilen, wird jedoch die Höhe der Produktion und damit die
> >Finanzierungsgrundlage des GE eher verkleinern. Wie stark der Effekt sein
> >wird, kann man jedoch im Voraus nicht wissen.
> >
> >Oft wird die Erwartung geäußert, durch das GE werde es zu
> sinkenden Löhnen
> >kommen. Für die einen ist dies eine Hoffnung, für die anderen eine
> >Befürchtung. Eine solche Lohnsenkung ist jedoch äußerst zweifelhaft. Denn
> >die Möglichkeit, auch ohne Erwerbsarbeit ein Auskommen zu haben,
> erhöht die
> >Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer/innen. Wenn Erwerbsarbeit für den
> >Einzelnen nicht mehr überlebensnotwendig ist, dann werden sich vermutlich
> >einige Menschen aus dem Erwerbsleben ganz oder teilweise zurückziehen.
> >Infolgedessen werden Arbeitskräfte knapper und die Unternehmen
> müssen ihnen
> >eventuell sogar höhere Löhne bieten.
> >
> >Ich hoffe, wir bleiben zu diesen Fragen in Kontakt.
> >
> >Mit besten Grüßen
> >Ingmar Kumpmann
> >_______________________________________________
> >Debatte-grundeinkommen Mailingliste
> >JPBerlin - Politischer Provider
> >Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> >http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen
> >
>
>
>
>
> ------------------------------
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> Ende Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 18
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