[Debatte-Grundeinkommen] Antwort auf Helmut Pelzer

ingmar.kumpmann at gmx.de ingmar.kumpmann at gmx.de
Do Nov 24 10:22:37 CET 2005


Lieber Herr Pelzer,

über Ihren Kommentar zu meinem Text über das Grundeinkommen habe ich mich
sehr gefreut.

Ein Grundeinkommen sollte existenzsichernd sein, auch wenn der Begriff der
Existenzsicherung nur mit Willkür definierbar ist. Ich würde jedoch immer
auch ein noch höheres Grundeinkommen befürworten, sofern es denn
finanzierbar ist. Die Frage der Finanzierbarkeit ist deshalb auch für
Bestimmung der Höhe des GE wichtig.

Vielleicht gibt es am ehesten zwischen uns einen Meinungsunterschied in der
Einschätzung, wie ein GE die Leistungsbereitschaft der Menschen im
Erwerbsprozess beeinflusst und dadurch auf seine eigene
Finanzierungsgrundlage wirkt. Wir können zwar prinzipiell mögliche negative
und positive Wirkungen benennen. Aber wie groß diese bei Einführung eines GE
tatsächlich ausfallen würden, wissen wir einfach nicht. Erst eine
schrittweise experimentelle Einführung eines Grundeinkommens würde dazu
führen, dass wir zu dessen Finanzierbarkeit Erfahrungen sammeln können.

Die Finanzierung des GE beruht darauf, dass Menschen zur Produktion
beitragen - mit Arbeit, aber auch mit Kapital, unternehmerischem Engagement
und Ausbildungsanstrengung. Dies geschieht aus verschiedenen Motiven, eines
der Motive sind vorhandene finanzielle Anreize. Mit einem GE würden diese
finanziellen Anreize geringer werden. Zum einen bedeutet es, dass Menschen
Einkommen erhalten auch ohne zur Produktion beizutragen. Zum anderen müssen
zur Finanzierung die Einkünfte aus einem Engagement in der Produktion höher
besteuert werden, sodass sich das geleistete Engagement in der Produktion
finanziell weniger auszahlt. Beides ist nicht unbedingt negativ zu
beurteilen, wird jedoch die Höhe der Produktion und damit die
Finanzierungsgrundlage des GE eher verkleinern. Wie stark der Effekt sein
wird, kann man jedoch im Voraus nicht wissen.

Oft wird die Erwartung geäußert, durch das GE werde es zu sinkenden Löhnen
kommen. Für die einen ist dies eine Hoffnung, für die anderen eine
Befürchtung. Eine solche Lohnsenkung ist jedoch äußerst zweifelhaft. Denn
die Möglichkeit, auch ohne Erwerbsarbeit ein Auskommen zu haben, erhöht die
Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer/innen. Wenn Erwerbsarbeit für den
Einzelnen nicht mehr überlebensnotwendig ist, dann werden sich vermutlich
einige Menschen aus dem Erwerbsleben ganz oder teilweise zurückziehen.
Infolgedessen werden Arbeitskräfte knapper und die Unternehmen müssen ihnen
eventuell sogar höhere Löhne bieten.

Ich hoffe, wir bleiben zu diesen Fragen in Kontakt.

Mit besten Grüßen
Ingmar Kumpmann



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