[Debatte-Grundeinkommen] Verminderung des Arbeitsvolumens

Bernd Kowarsch bernd at abnuto.de
Di Nov 22 14:17:13 CET 2005


----- Original Message -----
From: <lwalczak at gmx.de>
To: "Bernd Kowarsch" <bernd at abnuto.de>
Sent: Wednesday, November 16, 2005 5:09 PM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Verminderung des Arbeitsvolumens

Hallo Lothar

>zu den nicht-wirtschaftlichen Begründungen für ein GE: Diese "anderen"
>Gründe sind unter folgender Voraussetzung NICHT als Selbstverständlich-
>keit vorhanden (in der menschlichen Erfahrung gelebt): Getrennt Sein
>vom Ursprung, also entfremdet vom wahren Selbst. der Verlust des Glau-
>bens (Vertrauens). Daraus folgt, dass alles menschliche, was eigentlich
>Segen ist, zum Fluch wird. Daraus ergibt sich das Kain und Abel-Syndrom,
>das Ende der Solidarität. Also ein altbekannter Seinszustand.

Die Begründung des BGE aus Menschenwürde und staatlicher "Garanten-
pflicht aus vorangegangenem Tun" ist natürlich nicht selbstverständlich im
Bewußtsein der Individuen, sondern stets neu zu erringende Kulturleistung,
pflegebedürftig. Als den geistigen Gütern zugehörig ist sie aber, anders als
(unsere) dingliche, prinzipiell für jedeN zugänglich.
Die menschlichen Machtmittel werden zum Fluch. Egoismus ist insofern die
"Wurzel allen Übels", wie er sich auf Dingliches richtet, auf Eigentum oder
auf Strategien, es zu erlangen. Egoismus auf geistigem Gebiet, das Streben
nach Erkenntnis im Gegensatz zur Macht, ist eine starke Triebfeder zum
Wohle aller. Er bedarf auch keiner Konkurrenz; der Geist teilt sich gerne
mit(t; er ist überindividuell).

>Was wirklich neu ist, dass uns jetzt wirtschaftliche Gründe (Erfolge)
>zwingen, uns damit auseinanderzusetzen.

'Erfolge' sollte dann aber in Anführungsstrichen stehen - wenn sie uns
zwingen. Zwang entsteht aus unterschiedlichen Gründen; Weil die Erde
eine Kugel ist, endlich aber an sich unbegrenzt. Das war absehbar.

>Und: Eine Menge der noch vorhandenen Arbeit könnte sich bei genauerem
>Hinsehen als überflüssig erweisen, falls es stimmt, dass sie und die daraus
>entstehenden Produkte vor allem dazu dienen, der Angst und dem Schrecken
>auszuweichen, welche aus o. g. entfremdeten Zuständen entstehen...
>EntEntfremdung (und Wiedererlangung des Glaubens) erst läßt Solidarität
>aufscheinen. Einfordern läßt sich das nicht - Kann man Kain mit irgendwel-
>chen Argumenten kommen, ausser wirtschaftlichen Vorteilen???

Als eine Wirtschaftlichkeit der Person müssten die Vorteile einer bewußten
Verwaltung seelischer Energien, müsste Psychoökonomie erkannt werden;
Verdrängung kostet! Was generiert den Stress? Arbeitsteilung ist alt, und
als solidarisierend ja erwünscht. Unwohlsein ist erst eine Folge des Unver-
mögen, 'Produkte' und Mittel anderer und sogar die 'eigenen' verstehen zu
können.
Wenn wir per Arbeitsteilung unsere Bewirtschaftung nicht allein erledi-
gen können, abhängig sind, hilfebedürftig, können allgemein menschliche
Bewußtseinsinhalte Gemeinschaft neu und frei vom bloß wirtschaftlichen
begründen. Unsere Produktionsweise wirkt entindividualisierend, unserer
Lebenshaltung, unseren Wünschen entgegen. Das Grundeinkommen könn-
te helfen, ein nicht auf Profit gerichtetes Lernen im Sinne von Lieben zu
etablieren. Ohne (Bewußtsein um die) von der Allgemeinheit geteilten
Werte, mit bloß dinglicher (Ersatz-)befriedigung, entstehen statt
Individualität Einsamkeit und Flucht.

Während die Betriebe den Wirtschaftssubjekten, den Arbeitsplatzbesit-
zenden eine nie da gewesene Entindividualisierung, das maschinengemäße
Verhalten auferlegten, verlangt der Staat das gerade Gegenteil; die Arbeits-
losen sind ganz auf sich gestellt, sie müssen die Unterhaltung ihres Lebens
(wieder) selbst bestreiten, werden zu Hilfebedürftigen erklärt (obwohl wir
das doch alle sind), schließlich zu 'Ich-AGs' - welch ein Unwort!

Die Aufgabe des Grundeinkommen muß sein, gegen die Wirtschaft einen
Bereich abzugrenzen, in dem die Menschen in einem Verhältnis nur zu
sich selber stehen, in dem sie ein solches freies Verhältnis erst
begründen können. Indem sie über der Wirtschaft stehen.

Uns Menschen eignet ein 'Kain-Potential'. Wer wir sind, wissen wir
erst, wenn wir waren. Bis dahin dürfen wir hoffen. Menschen begehen
'Taten', zumindest im wirtschaftlichen, indem sie meinen 'Wenn ich
das nicht mache, machts ein anderer', und zur Wiederholung gehts;
'... dann macht das ein anderer mit mir!'
Mit dem Grundeinkommen soll ein Raum geschaffen werden, in den wir
Gehetzte uns zurückziehen können, in dem wir -zu uns kommen- können.
_______

Bei unserer Eisenbahnfahrt durch die frühlingshafte Landschaft
verlieren wir einen Teil des Genusses, für die Energie, die wir
aufwenden müssen, nicht an den Heizer zu denken.

Einer meiner Onkel versorgte sich immer schon mit Obst und Gemüse
aus dem eigenen Garten. Heute ist er 76 Jahre alt, und holt 'seine
Lebensmittel' aus dem Garten weil er nicht mehr so gut zu Fuß ist.
Die Arbeit in der Gießerei war wohl etwas zu lang. Freilich; er moch-
te die Supermärkte noch nie, die Leuchtstoffröhren, das Dröhnen der
Kühlmaschinen, die krächzenden Lautsprecherdurchsagen,...
Natürlich würde er es weit von sich weisen, nennte ich ihn einen
Genussmenschen. Aber gekaufte Nahrung schmeckt eben auch nicht
so gut.

liebe Grüße -
(Silas) Bernd

ps.: Nu hoff ich mal, 'den richtigen Knopf gedückt' zu haben, so
das der Beitrag, wie gedacht, für alle zu lesen ist.




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