[Debatte-Grundeinkommen] Frage zur Abwesenheit eines Arbeitszwangs

Ralf Westphal ralfw at ralfw.de
So Dez 18 21:12:36 CET 2005


> Die wesentliche Errungenschaft eines BGE bestünde gerade 
> darin, daß sie
> nicht
> an eine Gegenleistung gebunden ist. Die Errungenschaft eines BGE durch
> Rückkopplung
> in Form von Gegenleistung erhalten zu wollen, hieße daher, 
> sie NICHT zu
> erhalten.

Wer das GE als "bedingungslos" fordert sieht natürlich in einer Kritik der
Bedingungslosigkeit seine Zerstörung.

Ich halte die Bedingungslosigkeit jedoch für eine willkürlich gewählte
Eigenschaft der allgemeinen Idee GE.
Warum ich die Bedingungslosigkeit geradezu für kontraproduktiv erachte, habe
ich an dieser Stelle recht ausführlich dargestellt: Sie widerspricht
grundlegenden Wesenszügen des Menschen.

Dass die Bedingungslosigkeit schnell gefordert wird, ist mir völlig
verständlich. Mit ihr soll eine "Knechtschaft" abgeschüttelt werden, die
Arbeitende anscheinend immer empfunden haben und immer noch empfinden. Der
Mensch soll sich endlich "einfach so" angenommen fühlen von... von wem
eigentlich? Vom großen Vater Staat - der letztlich ja dankbar für seine
Existenz durch die Bürger sein sollte, oder?

Dass Menschen einfach endlich mal keine Gegenleistung erbringen sollen,
finde ich, wie gesagt, grundsätzlich verständlich. Jeder Erziehungsratgeber
(und auch die Erziehungsrealität) sagt aber: Kinder brauchen zwar
bedingungslose Liebe und das Gefühl des Angenommen seins - aber sie brauchen
auch Grenzen und Aufgaben. So ist das halt mit den Menschen. Mit kleinen und
auch mit großen.

Wenn der Staat seine Bürger also bedingungslos annimmt und ihre Würde achtet
und sie vor dem Gesetz gleich ansieht, dann ist das selbstverständlich
richtig.

Aber wenn der Staat darüber hinaus seinen Bürgern Taschengeld gibt, dann ist
es legitim, wenn er sie im Gegenzug bittet, dafür etwas zu tun. Etwas
Angemessenes natürlich.

Das erscheint mir als "gerecht", nein, es erscheint mir als ganz natürlich
in einem Beziehungsverhältnis, wie es zwischen Staat und Bürgern herrscht.
Der Staat ist nämlich nicht nur Diener, sondern hat auch Verantwortung für
seine "Schützlinge". Bürger haben also nicht nur Rechte, sondern auch
Pflichten. Das ist anerkannt: Schulpflicht, Pflicht zur Hilfeleistung bei
einem Unfall, Pflicht zum Wohlverhalten im Straßenverkehr uvm.

Diese Pflichten dienen nicht dem Staat, sondern den Bürgern. Sie sorgen
dafür, dass sie sich bilden, sich helfen, Rücksicht nehmen.

In dieser Linie sehe ich eine "Gegenleistung" für´s GE.

-Ralf Westphal




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