[Debatte-Grundeinkommen] Neues Modell der Finanzierung des BGE

Florian Hoffmann florian.hoffmann at intereasy.de
Sa Dez 17 18:48:26 CET 2005


Lieber Herr Loer,

hier die Fortsetzung meiner Beantwortung:


> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: TLoer at t-online.de [mailto:TLoer at t-online.de]
> Gesendet: Freitag, 16. Dezember 2005 20:44
> An: Florian Hoffmann
> Cc: Jansen Dr. Axel; Franzmann Dr. Andreas; Fischer Dr. Ute Luise;
> Liebermann Dr. Sascha; Heckel Stefan
> Betreff: Re: AW: Neues Modell der Finanzierung des BGE
>
>
> Lieber Herr Hoffmann,
>
> auch zu folgendem eine kleine Anmerkung:
>
> "Ich halte die
> fehlende Nachvollziehbarkeit für ein echtes Killer-Kriterium, bzw.
> glaube, dass überhaupt kein Modell durchsetzbar ist, das nicht - mit
> kleinen Beträgen beginnend und vorhandene Systeme langsam ablösend -
> die Menschen langsam an die Erfahrung "bedingungsloses
> Grundeinkommen" heranführt."
>
> Warum?


Ein wichtiges Zauberwort der Produktgestaltung heißt: K.I.S.S.! Keep it
simple and stupid!
Und das hat einen einfachen Grund: Weil man dem "Endverbraucher" nichts
verkaufen kann, was kompliziert ist. Der Politiker kann es nicht und der
Kaufmann auch nicht. Immer nur der Politiker gewinnt, der es den Menschen
mit einfachen Worten vermitteln kann. Beim Kaufmann ist es dasselbe: ein
komliziertes Handy kaufen die Leute auch nicht. Und wirklich dahinter stehen
die Menschen dann, wenn die Erkenntnis mit eigenen Erfahrungen verbunden
ist. Fehlt die eigene Erfahrung haben Sie es mit "Glauben" zu tun. Da kommen
dann die sog. "Wirtschaftweisen", die es angeblich besser wissen. Nichts
wissen sie!


Dass die Finanzierungsfrage immer so in den Vordergrund
> gespielt wird, ist das Killer-Kriterium; und das muss geändert
> werden. Es muss klar gesagt werden, dass es erst einmal darum geht,
> zu klären, was wir wollen. Die Finanzierung ist eine Folge davon,
> nicht Voraussetzung.


Wenn Sie als Gemeinde oder Staat ein Rathaus bauen wollen, oder eine Strasse
oder einen Kindergarten, dann haben Sie recht! Erst kommt der politische
Wille, dann die Finanzierung. Realgüter bedürfen der Finanzierung. Auch
sonstige politische Gängelungsprogramme (Subventionen) bedürfen der
Finanzierung.

Im Falle des BGE aber geht es m. E. darum, den staatlichen Geldfluß im
großen Stil zu ändern, eine neue Richtung zu geben, ein völlig anderes
Prinzip zu verwirklichen. Das ist dann keine Frage der Finanzierung mehr.

Die von mir gestellte Grundfrage lautet doch: Wem gehört das Geld, wem
gehören die "Steuereinnahmen"? Gehört das Geld dem Staat, dann verfolgt der
damit seine Ziele. Gehört es dem Bürger, sind es "Bürgereinnahmen" oder ist
es "Bürgereinkommen", dann verfolgt der Bürger damit seine Ziele!

Zur Erläuterung: Bisher ist es so, dass der Staat sagt: Ich habe viel Geld
und erfülle damit meine Wünsche, finanziere damit z. B. meine Armee. Wenn Du
Bürger Deine Wünsche erfüllen willst, dann mußt Du mir Panzer bauen, o. ä.,
dann gebe ich das Geld an Dich weiter, und dann kannst Du Dir damit Deine
Wünsche erfüllen. Das ist das Prinzip der Gegenleistung (Das aber nur für
den Bürger gilt - der Staat bekommt sein Geld ohne Gegenleistung!)

Mit dem BGE stellt sich der Bürger (nach meinem Modell) dem Staat gleich. Er
vereinnahmt einen bestimmten Teil der  Steuern selbst (Die sog.
"Einkommensteuer" bleibt "Bürgereinkommen") und er erfüllt damit
ausschließlich seine Wünsche. Der Staat bleibt außen vor! Das Geld erscheint
nirgends im Staats-"Haushalt", sondern nur in den Privat-"Haushalten".

Es geht hier also um ein neues Grundverständnis, nicht nur um die Frage, wie
finanziert der Staat das BGE. Es ist zum einen die Befreiung von der
Gängelung durch den Staat, andererseits aber auch eine staatliche Leistung
(!): Nur staatliche Gesetze und staatliche Institutionen sind in der Lage,
das BGE einzuführen und zu gewährleisten. BGE ist Ausfluß des
Sozialstaatsprinzips.


 Jeder Bürger sieht das in Gesprächen ein; die
> Expertokratie muss infrage gestellt – nicht durch eine
> Gegenexpertokratie bekampft werden.
>
>

Ich bin genau so ein Gegner der Expertokratie wie Sie, s. o.! Gerade die
eigene Erfahrung macht alle Bürger zu Experten und die "Experten"
überflüssig:


> "Nur so ist überhaupt eine stabile und positive politische
> Verankerung in den Meinungen der Menschen möglich."
>
> Worauf beruht diese Behauptung?
>
> "Und es ist - einmal gesetzlich verankert - nicht mehr politisch
> willkürlich manipulierbar."
>
> Was soll das wiederum heißen? Politisch müssen wir das BGE
> durchsetzen, politisch für es streiten; und gerade nicht – auch nicht
> nach seiner Einführung – 'Sachzwänge' schaffen, die eine politische
> Veränderung nicht mehr erlauben. Politik und Willensbildung gehören
> zusammen; Willensbildung und Politik dürfen nicht als Willkür
> denunziert werden – aus solcher Denunziation speist sich ja gerade
> die problematische Macht der Experten.
>

Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Mir ist die willkürliche
Manipulierbarkeit durch "Experten" ein Graus. Und die politische
Willensbildung ist mit eigener Erfahrung weniger Glaube, denn Wissen
eigentlich erst demokratisch.

Gerne streite ich auch in Zukunft mit Ihnen zusammen für das BGE!


Beste Grüße
Ihr Florian Hoffmann


>
> Beste Grüße
> Ihr Thomas Loer
> http://www.FreiheitStattVollbeschaeftigung.de
>
>





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