[ABSP] Anschreiben an Arbeits- und Sozialministerin von der Leyen
Aktionsbuendnis Sozialproteste
absp at die-soziale-bewegung.de
Di Sep 7 10:30:10 CEST 2010
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Infos zum Ein-/Austragen und weitere Informationen über diesen
bundesweiten Verteiler ganz am Ende dieser Rundmail. Rundmailtext und
Anlagen im Anhang als druckbare PDF-Datei. Frühere Rundmails im Archiv
der Homepage:
http://www.die-soziale-bewegung.de/archiv.html (Internet-Link)
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# Rundmail des Aktionsbündnisses Sozialproteste (ABSP) am 7. September
2010 #
*Anschreiben an Arbeits- und Sozialministerin von der Leyen**
**
**Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
liebe Kolleginnen und Kollegen,*
bald will Ursula von der Leyen ihr Konzept für die
Hartz-IV-Regelleistungen bekannt geben. Dies ist eine Reaktion auf das
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Februar diesen Jahres. Auf
dieser Seite stellt das Ministerium seine Pläne vor:
http://www.bmas.de/portal/47410/fragen__und__antworten__bildungspaket__1.html#frage_02
(Internet-Link)
Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung beinahe grenzenlose
Freiheit gelassen, die Hartz-IV-Leistungen weiterhin nach unten zu
manipulieren.
Vor allem hat es die Methode der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
(EVS) für verfassungsgemäß erklärt. Man misst also die im unteren
Einkommensfünftel der Bevölkerung vorzufindende Armut und bezeichnet
diesen Zustand als "soziokulturelles" Existenzminimum.
Gegen die EVS-Methode muss eine breite Front aufgebaut werden. Die
Konferenz und Demonstration in Oldenburg am 9. und 10. Oktober hat die
Unterdeckung des Eckregelsatzes alleine beim Bedarf für Ernährung um
mindestens 80 Euro zum Hauptthema gemacht.
Damit weist ein Bündnis von bisher nicht gekannter Breite, von
gewerkschaftlichen und nicht-gewerkschaftlichen
Erwerbslosenorganisationen und gewerkschaftlichen Gliederungen darauf
hin, dass die aufgrund EVS-Methode bestimmte Position für Ernährung im
Eckregelsatz mit 118 statt 198 Euro pro Monat um mehr als 40 Prozent
niedriger angesetzt ist als der Betrag, der aufgrund
ernährungsphysiologischer Bedarfsermittlung gefunden wird!
Gerade dadurch, dass die Ministerin den Kindesbedarf bei anderen
Regelsatz-Positionen durch diskriminierende Gutscheine ausbessern will,
ist zu erkennen, dass die EVS-Methode auch bei anderen
Regelsatzpositionen ungeeignet ist.
Der Eckregelsatz und damit die von ihm abgeleiteten Regelsätze von
Kindern und Jugendlichen sind viel zu niedrig. Und sie sind das zu dem
Zweck, die Löhne weiter zu drücken.
Wir haben nun als Kokreis des ABSP die Ministerin angeschrieben
(info at bmas.bund.de), um sie und die Öffentlichkeit auf die Missstände,
die aktuell sie verantwortet, aufmerksam zu machen. Wir schlagen Euch
vor, dass Ihr ebenfalls in Eurem Namen dieses Anschreiben persönlich an
die Ministerin sendet. Wir möchten auch als Kokreis auf etwaige
Antworten der Ministerin zurück antworten. Sendet uns daher bitte, wenn
Ihr ebenfalls unser Schreiben an die Ministerin gesendet habt und
Antworten bekommen habt, diese Antworten ebenfalls an uns.
Mit solidarischen Grüßen
Wolfram Altekrüger, Martina Dietze, Thomas Elstner, Egbert Holle,
Teimour Khosravi, Roland Klautke, Michael Maurer, Tommi Sander, Edgar
Schu, Eva Stilz, Oliver Vetter, Dieter Weider, Helmut Woda
Aktionsbündnis Sozialproteste
Koordinierungsstellen (Email-Adressen, " at " bitte durch "@" ersetzen):
Wolfram Altekrüger, W.Altekrueger at gmx.de (Sachsen-Anhalt);
Martina Dietze, groeditz-md at gmx.de (Dresden); Thomas Elstner,
thomas_elstner at web.de (Gera/Thüringen); Egbert Holle, EgbertHolle at
web.de (Hannover);
Teimour Khosravi, teik1111 at gmx.de (Giessen/Mittelhessen); Roland Klautke,
RolandKlautke at web.de (Berlin); Michael Maurer, maurer.jueterbog at
t-online.de (Brandenburg);
Tommi Sander, tommi.sander at gmx.net (Aschersleben/Sachsen-Anhalt -
Unterstützung für Kontakt zu Initiativen bundesweit); Eva Stilz,
eva.stilz at t-online.de
(Rosenheim/Bayern); Oliver Vetter, gleichwieanders at web.de
(Nordhessen); Dieter Weider,
dieterweider at mdcc-fun.de (Magdeburg); Helmut Woda, Helmut.Woda at
web.de (Karlsruhe)
Vernetzungsbüro:
Edgar Schu, edgar.schu at die-soziale-bewegung.de, 0551 9964381 (Göttingen)
Wissenschaftliche Beratung: Peter Grottian, per Email: benedictugarte at
aol.com, Tel.: 0171 8313314 (ruft gerne zurück)
Homepage des Aktionsbündnisses Sozialproteste:
http://www.die-soziale-bewegung.de (Internet-Link)
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Anlage:
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Das Anschreiben an Ministerin von der Leyen:
Bundesministerin für Arbeit und Soziales
Dr. Ursula von der Leyen
11017 Berlin
Per E-Mail
Statt Diskriminierender Gutscheine für Kinder, Hartz-IV-Armut und "Armut
trotz Arbeit":
500 Euro Eckregelsatz und 10 Euro lohnsteuerfreier Mindestlohn!
Sehr geehrte Frau Dr. von der Leyen,
es gibt eine breite Ablehnung gegen Ihre Idee, Kinder von
Hartz-IV-Empfängern durch Gutscheine oder eine sogenannte Bildungscard
statt durch mehr Bargeld für die betroffenen Familien am kulturellen
Leben und an Bildung beteiligen zu wollen.
Die Ablehnung Ihrer als diskriminierend bezeichneten Pläne wird von
einer breiten Front von Organisationen, vom Paritätischen
Wohlfahrtsverband und der Volkssolidarität über den Sozialverband
Deutschland und den Deutschen Gewerkschaftsbund bis hin zur bayrischen
Sozialministerin Frau Haderthauer von der CSU geteilt.
Warum nehmen Sie von Ihren Plänen nicht endlich Abstand? Warum quälen
Sie Kinder und ihre Familien im Hartz-IV-Bezug mit dieser Idee?
Es geht um den Eckregelsatz
Um Diskriminierungen für Erwerbslose und ihre Kinder nicht noch über das
heute erreichte Ausmaß zu steigern, ist es notwendig, ohne Umwege die
finanzielle Basis im Hartz-IV-System zu verbessern.
Es war zwar wichtig, dass im Jahr 2009 gezielt das Defizit beim Bedarf
von Schulkindern zwischen 6 und 13 Jahren beseitigt wurde. Mit aktuell
251 statt 215 Euro, 36 Euro im Monat mehr, also 432 Euro im Jahr mehr,
hatte die Große Koalition die Streichung des Wachstumsbedarfs von 7- bis
13-Jährigen, die die rot-grüne Regierung im Jahr 2005 vorgenommen hatte,
großenteils wieder rückgängig gemacht. Hierfür hatte sich die
Bündnisplattform der Erwerbslosenbewegung für die Rücknahme der
Kürzungen bei Schulkindern (ehemalige Kampagnenseite:
www.kinderarmut-durch-hartz4.de) eingesetzt. Nun muss noch die
Streichung des Wachstumsbedarfs von Jugendlichen zurück genommen werden.
Sie müssen aufgrund ihres erhöhten Bedarfs nicht wie erwachsene
Haushaltsangehörige 80 Prozent des Eckregelsatzes bekommen, sondern 90
Prozent. Entsprechend war auch im Bundessozialhilfegesetz für
Jugendliche ein höherer Bedarf anerkannt.
Genauso dringlich muss aber der Hartz-IV-Eckregelsatz als Dreh- und
Angelpunkt der sozialpolitischen Unterstützungsleistungen angehoben werden.
Ich fordere Sie auf, von der Methode der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe (EVS) Abstand zu nehmen.
Dass Sie auf die Idee verfallen, mit Gutscheinen abzuhelfen, weil die
Kinderregelsätze auffallend zu niedrig sind, zeigt, dass der
Eckregelsatz nicht im entferntesten bedarfsdeckend sein kann, wenn er
durch die EVS-Methode berechnet wird.
Die EVS-Methode verschärft Armut, ausgehend von der im unteren
Einkommensfünftel der Bevölkerung gemessenen Armut, weiter.
Aus der Zeit bis 1990, als noch tatsächliche Bedarfe von Menschen
verschiedener Altersstufen mit einer Warenkorbmethode bestimmt wurden,
weiß man, dass der Bedarf von Kindern in Geldwert prozentual abhängig
vom Bedarf eines alleinstehenden Erwachsenen, dem sogenannten
Eckregelsatz, berechnet werden kann. Die Gesamtbedarfe, gemessen in
Prozent des Eckregelsatzes, unterscheiden sich für verschiedene
Altersstufen der Kinder und finden sich glücklicherweise immer noch im
Hartz-IV-Regelsatzsystem wieder:
- Kinder von 0 bis 5 Jahren: 60 Prozent,
- Schulkinder von 6 bis 13 Jahren: 70 Prozent,
- Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren: 80 Prozent (wie erwähnt
müssten sie aufgrund ihres Wachstumsbedarfs 90 Prozent bekommen, wie vor
2005)
Eine Anhebung des Eckregelsatzes ist alternativlos
Durch eine finanzielle Besserstellung alleine von Kindern und
Jugendlichen würde in den Familien eine Schieflage entstehen, denn
Eltern würden unverändert unter dem Mangelzustand des zu niedrigen
Hartz-IV-Eckregelsatzes leiden.
Mit der Idee von Gutscheinen für Extraleistungen für Kinder geht aber
nicht nur unvermeidlich eine Diskriminierung der Kinder einher.
Gleichzeitig erfahren die Eltern eine Kränkung, indem ihnen unterstellt
wird, den Kindern das ihnen zuerkannte Geld nicht zukommen zu lassen.
(Die verbreitete Unterstellung, Flachbildschirme zu kaufen etc.)
Kehren Sie zu einer Sozialpolitik zurück, die sich am Bedarf orientiert
und nur durch die Warenkorbmethode überhaupt möglich ist:
Alleine für gesunde Ernährung muss der Eckregelsatz um 80 Euro monatlich
angehoben werden, wie Untersuchungen des Dortmunder Forschungsinstituts
für Kinderernährung zeigen.
Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, hat ein breites Bündnis
von gewerkschaftlichen und nicht-gewerkschaftlichen
Erwerbslosenorganisationen und weitere für den kommenden 10. Oktober
unter dem Motto "Krach schlagen statt Kohldampf schieben" zur
Demonstration in Oldenburg (Niedersachsen) aufgerufen. Weiterhin muss
der Eckregelsatz aufgrund des anzuerkennenden Bedarfs für Mobilität,
Kommunikation, Freizeit, Strom usw. um noch einmal 80 Euro angehoben
werden, wie der Paritätische in seinen Untersuchungen seit mehreren
Jahren nachgewiesen hat.
Wenn der Hartz-IV-Eckregelsatz auf 500 Euro angehoben wird, dann
bekommen Kinder von 0 bis 5 Jahren 300 statt 215 Euro, Schulkinder von 6
bis 13 Jahren 350 statt 251 Euro und Jugendliche von 14 bis 17 Jahren
400 bzw. bei von 80 auf 90 Prozent korrigiertem Regelsatzanteil 450
statt 287 Euro Regelsatz.
Heben Sie den Hartz-IV-Eckregelsatz, der maßgeblich für die
Unterstützungsleistung für Kinder wie für Erwachsene gleichermaßen ist,
von 359 auf mindestens 500 Euro an!
Für 10 Euro lohnsteuerfreien Mindestlohn
Vermutlich wollen Sie die Anhebung des Eckregelsatzes vermeiden, weil
dann auch das Lohnniveau in Deutschland steigen würde.
Ein Ansteigen des Lohnniveaus in Deutschland wäre aber ausdrücklich zu
begrüßen, nicht nur aus dem Interesse an einem Arbeitsmarkt mit
Arbeitsplätzen, von deren ausgezahlten Löhnen man leben kann, sondern
auch, um dem gegenzusteuern, dass Deutschland EU-weit das Lohndumping
vorantreibt:
Angesichts eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,86 Euro in Frankreich
und einer um 10 Prozent höheren Arbeitsproduktivität in Deutschland als
in Frankreich muss in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von
mindestens 10 Euro eingeführt werden. So wird dem gegengesteuert, dass
Deutschland europaweit das Lohndumping befeuert.
Ein gesetzlicher Mindestlohn, der lohnsteuerfrei gestellt wird, würde
sicherstellen, dass auch bei einem Hartz-IV-Eckregelsatz von 500 Euro
ein Alleinstehender aufgrund der Deckung seines Bedarfs keinen Anspruch
mehr auf unterstützende Leistungen vom Amt hätte.
Mit einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche hätte er ein
mindestes Netto-Einkommen von 1.300 Euro.
Ich fordere Sie auf:
- Ziehen Sie Ihre Gutschein-Pläne zurück!
- Heben Sie den Hartz-IV-Eckregelsatz sofort auf 500 Euro, sodass der
Mangel, der derzeit im gesamten Hartz-IV-System herrscht, für Kinder und
Erwachsene gemildert wird!
- Korrigieren Sie den Regelsatz für Jugendliche von 80 auf 90 Prozent
vom Eckregelsatz!
- Setzen Sie sich darüber hinaus für die Verbesserung und Subvention
der bildungspolitischen Infrastruktur ein.
- Führen Sie einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro ein und
setzen Sie sich für einen Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von
20.000 Euro pro Jahr ein, damit wenigstens ein alleinstehender Vollzeit
Erwerbstätiger im Allgemeinen nicht mehr auf unterstützende Leistungen
angewiesen ist.
Auf diese Weise würden Sie als Arbeitsministerin das Einkommen für viele
Millionen Menschen deutlich anheben.
Ich hoffe, dass Sie meine Empfehlungen umsetzen werden und freue mich
auf Ihre Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüßen
Die Unterzeichnerin/der Unterzeichner
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Weil wiederum nachgefragt wurde:
Es wurde in der Vergangenheit von verschiedenen Leuten aus dem Netzwerk
darauf hingewiesen, dass der Inhalt der als PDF-Dateien angehängten
Texte zusätzlich als Mail-Text zur Verfügung gestellt werden solle.
Infolge dessen sind die Rundmails etwas länger, damit allen dem Netzwerk
zugehörigen Personen, weitgehend unabhängig von ihrer technischen
Ausstattung, alle Informationen möglichst in gleicher Weise zur
Verfügung stehen und ebenfalls ausgedruckt vor Ort weiter gegeben werden
können.
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Technische Informationen zu den Rundmails des ABSP
Der Text dieser Rundmail und alle Anhänge befinden sich
ebenso im Anhang der Email als druckbare Dateien.
Alle Dokumente lassen sich außerdem im Archiv unserer
Homepage unter
http://www.die-soziale-bewegung.de (Internet-Link) ansehen und downloaden.
Ein/Austragen aus dem Verteiler durch formlose Email an
absp at die-soziale-bewegung.de oder durch Besuch der Seite
http://ilpostino.jpberlin.de/mailman/listinfo/absp (Internet-Link)
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