[Trennmuster] Silbentrennung bei Wahrig (1980)
Werner LEMBERG
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Di Sep 18 07:41:21 CEST 2018
Hier der komplette Text des Abschnitts »Silbentrennung« aus dem
Wahrig, Ausgabe 1980, zur Referenz.
Werner
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1. [in einer Box]
*einfache Wörter* werden getrennt nach *Sprechsilben*:
Mei-nung
Wel-ten
be-loh-nen
hei-ßen
glät-ten
Druk-ker
Fe-stung
*zusammengesetzte Wörter* werden getrenn nach *Bestandteilen*:
Mein-eid
Welt-ende
Lohn-empfänger
heiß-ersehnt
Glatt-eis
Druck-erzeugnis
Fest-essen
[normaler Text]
*Einfache Wörter* werden nach *Sprechsilben* abgeteilt; das sind
solche Silben, in die ein Wort beim langsamen Sprechen zerfällt.
*Zusammengesetzte* Wörter werden in erster Linie nach ihren
*Bestandteilen* abgeteilt, diese wiederum nach Sprechsilben. In
*abgeleiteten* Wörtern werden *Vorsilben* wie Bestandteile
zusammengesetzter Wörter behandelt, *Nachsilben* wie Sprechsilben
einfacher Wörter.
2. Deutsche Wörter
2.1 Einfache Wörter
[in einer Box]
Altona-er
Feu-er
Trau-ung
2.1.1
Treffen mehrere Vokale zusammen, so können sie getrennt werden, wenn
sie keine Lauteinheit bilden.
Vokalische Lauteinheiten, die mit mehreren Buchstaben geschrieben
werden (Doppelvokale aa, ee, oo; Dehnungs-ie; Diphthonge ai, ei, au,
eu, äu) können nicht getrennt werden.
2.1.2
[in einer Box]
a) Waa-ge, Schie-fer, Freu-de
b) po-chen, rau-schen, flei-ßig
c) Wen-dung, Ern-te, Drechs-ler
d) Bäk-kerei, zuk-ken – Ka-sten, Pol-ster
[normaler Text]
a) Einzelne *Konsonanten* werden zur folgenden Silbe gezogen.
b) Dabei werden die Lauteinheiten ch, sch, ß als einfache
Konsonanten behandelt.
c) Von mehreren Konsonanten tritt immer nur der letzte zur folgenden
Silbe.
Hierher gehören auch die Konsonantengruppen:
nk: sin-ken, Rän-ke, Klin-ker;
pf: Hop-fen, schimp-fen, Strümp-fe;
sp: Knos-pe, Has-pel, Wes-pe;
tz: trot-zen, Stüt-ze, Hit-ze;
chs: drech-seln, wech-seln, Ach-sel.
In gleicher Weise werden die Konsonantengruppen ng und dt
behandelt, obwohl sie Lauteinheiten darstellen:
ng: Klin-gel, an-geln, Fin-ger;
dt: Städ-te, (Plural von Stadt), städ-tisch, die Gesand-ten,
die Verwand-ten.
d) Besonderheiten:
1. *ck* wird als *k-k* getrennt:
bak-ken, Wek-ker, zwik-ken, hok-ken, Zuk-ker.
2. *st wird nie getrennt*:
We-sten, der er-ste, Kün-ste.
2.2 Zusammengesetzte Wörter:
2.2.1 Sie werden zunächst in ihre Bestandteile zerlegt:
Diens-tag, tat-kräftig, Fenster-glas, melde-pflichtig,
Todes-anzeige, hin-ein, dar-in.
2.2.2 Die Bestandteile werden wieder als einfache Wörter behandelt:
tat-kräf-tig, Fen-ster-glas, mel-de-pflich-tig, To-des-an-zei-ge,
Le-ber-tran, Sil-ben-tren-nung.
2.2.3 Als solche Bestandteile gelten auch die Vorsilben in
abgeleiteten Wörtern:
Auf-tritt, Be-suchs-tag, Ent-eig-nung, Emp-feh-lung, Ge-tränk,
Ver-ein, an-pflan-zen.
Nachsilben in abgeleiteten Wörtern werden wie Silben einfacher
Wörter behandelt:
Neu-ig-keit, heu-tig, Zer-stö-rung, Ent-la-dung, Vor-rich-tung,
Leh-re-rin, se-lig, stei-nig, lang-wei-lig, Ver-wandt-schaft.
Das in den Wörtern
Hoheit, Rauheit, Roheit
ausgefallene Dehnungs-h tritt auch bei Silbentrennung *nicht* wieder
auf:
Ho-heit, Rau-heit, Ro-heit.
2.2.4 Schwierig ist die Zerlegung mitunter bei Namen oder anderen
Wörtern, deren Bestandteile nicht mehr selbständig vorkommen:
Eisen-ach, Ilmen-au, dar-um, wor-aus.
2.2.5 In zusammengesetzen Wörtern, bei denen in der Wortfuge von drei
gleichen Konsonanten einer unbezeichnet bleibt, wenn ein Vokal
folgt, werden bei Silbentrennung alle drei Konsonanten geschrieben:
Schiffahrt aber: Schiff-fahrt
Brennessel aber: Brenn-nessel
Bettuch aber: Bett-tuch
Ausnahmen:
Mit-tag, den-noch, Drit-teil.
3. Fremdwörter:
3.1 Einfache Fremdwörter:
3.1.1 Im allgemeinen gelten bei Fremdwörtern dieselben drei
Hauptregeln wie für die deutschen Wörter (→ 1). Zu den im deutschen
untrennbaren Doppelvokalen und Diphthongen (→ 2.1.1) kommen in
Fremdwörtern noch andere, z.B.:
ee: Mee-ting,
ea: Beef-steak,
eu: Sa-bo-teu-re, Chauf-feu-re,
oi: Bour-geoi-sie, Toi-let-te, Trot-toir,
ou: Trou-ba-dour.
Bilden Vokalgruppen keine Lauteinheit, so können sie getrennt
werden:
Jubilä-um, Petrole-um, Individu-um, na-iv, Oze-an, lini-ieren
(auch: linie-ren), prämi-ieren, Spontane-ität[*], Koffe-in.
[*] [Anmerkung: Das ist ein Widerspruch zur Trennung im Wortteil des
Lexikons, wo »Spon-ta-nei-tät« angegeben ist.]
3.1.2 Einzelne Konsonanten werden zur folgenden Silbe gezogen; dabei
gelten außer ch und sch auch ph, th und rh als einfache Konsonanten:
ch: Epo-che, Is-chias
sch: Ha-schee
ph: Geogra-phie, Ty-phus
th: Ame-thyst, Diph-therie
rh: Diar-rhöe
3.1.3 Die Regel, daß in Konsonantengruppen der letzte Konsonant zur
folgenden Silbe tritt, gilt auch hier.
3.1.4 Ausnahmen: Außer st werden in Fremdwörtern auch die Verbindungen
der Konsonanten b – p – d – t – g – k mit l oder r sowie mit gn
*nicht* getrennt:
st: Ka-ste, Exhau-stor, Regi-ster;
bl: Pu-blikum, Scha-blone, Ta-blette;
br: Fa-brik, Ka-briolett, Ru-brik;
pl: Diszi-plin, Exem-plar, Ka-plan;
pr: Ka-priccio, Le-pra, So-pran;
dr: Ma-drigal, Qua-drat, Tun-dra;
tr: Ma-trose, Spek-trum, In-trige;
gl: Ra-glan, Re-glement, Ne-gligé;
gr: Emi-grant, Inte-gration, Po-grom;
kl: nu-klear, Zy-klus, Zy-klop;
kr: Sa-krament, Mi-krophon, La-kritze;
gn: Ma-gnolie, Si-gnal, Ko-gnak.
3.2 Zusammengesetzte Fremdwörter
[in einer Box]
Inter-esse
So-wjet
Apo-stroph
Mikro-skop
Mon-archie
Manu-skript
inko-gnito
Lin-oleum
Par-allele
[normaler Text]
Die Silbentrennung in Fremdwörtern, besonders die nach den
Bestandteilen in zusammengesetzten Fremdwörtern, setzt oft
eingehende Kenntnis der Wortbildung und Etymologie voraus.
In einigen zusammengesetzten Fremdwörtern weicht daher zur
Erleichterung der Duden von der Regel, nach Bestandteilen
abzutrennen, ab und schlägt z.B. vor:
ab-strakt (trotz lat. abs-trahere),
ab-stinent (trotz lat. abs-tinere),
Ab-szeß (trotz lat. abs-cedere),
Tran-sit (trotz lat. trans-ire; aber: Ab-itur von lat. ab-ire);
Epi-sode (trotz grch. έπ|εισ|όδιον [ep-eis-[h]ódion]);
Drama-turgie, aber: Metall-urgie (wohl um die geläufigen Wörter
Drama und Metall klar herauszuheben).
In Zweifelsfällen unterrichte man sich im Wörterverzeichnis.
4. Nichtanwendung der Silbentrennung
4.1 Durch jede Silbentrennung wird das Schriftbild des Wortes zerstört
und fließendes Lesen erschwert. Darum vermeide man das Abtrennen
einzelner Buchstaben:
also *nicht*: O-fen, A-bend, A-dria, O-hi-o, Treu-e,
möglichst auch das Abtrennen zweier Buchstaben am Wortende:
also *nicht* mach-te, Anzei-ge, kau-en.
4.2 Bei der Silbentrennung soll der erste Wortteil am Ende einer Zeile
das richtige Auffassen des ganzen Wortes ermöglichen, zum mindesten
aber nicht erschweren. Deshalb werden Trennungen, die den Ablauf
des Lesens stören, vermieden, auch wenn sie den Regeln entsprechen.
Insbesondere werden zusammengesetzte Wörter möglichst nur in der
Wortfuge zwischen den Bestandteilen getrennt,
also *nicht*: beer-digen, zuun-gunsten, Tiefe-bene, Spargel-der,
Diensten-de, Baumä-ste, Koor-dination, Nai-vität,
Kleinstab-nehmertarif, Fettau-gen, Soller-füllung, Drucker-zeugnis
(meist ist Druck-Erzeugnis gemeint); der bei den Anwesenden
erweckte Urin-stinkt.
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