[Trennmuster] Nottrennstellen

Keno Wehr keno.wehr at abgol.de
So Sep 2 18:53:35 CEST 2018


Am 02.09.2018 um 13:52 schrieb Guenter Milde:

 >> Andererseits wurden jüngst einige orthographisch zulässige Trennstellen
 >> in Wörtern mit der Endung „-tion“ entfernt, etwa in „De-gus-ta-tion“
 >> oder „Sta-tions-vor-ste-her“. Potentiell werden noch mehrere tausend
 >> Fälle folgen.
 >
 > Ob diese Trennstellen orthographisch korrekt sind ist unklar (siehe 
unten).

Fakt ist, dass sie im Duden und in den bisherigen Trennmustern enthalten 
sind.
Sie sind auch in der typographischen Praxis vorzufinden, wenn auch 
sicherlich
als eher ungünstig zu betrachten. Diese Stellen zu entfernen, stellt 
angesichts
der Vielzahl der betroffenen Wörter eine gewichtige Änderung dar, die
wohlüberlegt sein will.

 >> Der Hintergrund hierfür ist, dass eine Trennung „ti-on“
 >> an derartigen Stellen im Gesangstext in der Regel nicht erfolgen soll
 >> und auch ansonsten eher irreführend ist, da „-tion“ üblicherweise
 >> einsilbig ausgesprochen wird.
 >
 > Die Regel für die Trennung zwischen Vokalen ist (in AR und NR) eindeutig,
 > dass nur getrennt werden darf, wenn eine Silbengrenze vorliegt. 
(Dabei wird
 > in AR noch zusätzlich festgestellt, dass eine eventuell zulässige 
Trennung
 > in zweifelhaften Fällen nur eine "Nottrennung" sein sollte.)
 >
 > Scharf formuliert:
 >
 >   Wenn "…tion" einsilbig ausgesprochen wird, darf es nicht getrennt
 >   werden (auch nicht im Notfall). Nur Autoren, die "Nation" dreisilbig
 >   aussprechen dürfen es auch zweimal trennen. Autoren, die "Nation"
 >   zweisilbig aussprechen dürfen auch in engen Spalten "tion" ebensowenig
 >   trennen, wie "Strumpf" oder "schwächst".

Das scheint mir etwas übertrieben dogmatisch betrachtet. Ich vermute, dass
mindestens 90 Prozent der deutschen Muttersprachler »Nation« und 
»Station« beim
gewöhnlichen Sprechen zweisilbig aussprechen. Würde man sie jedoch zum
langsamen Sprechen nach Silben auffordern, ginge mutmaßlich ein größerer 
Anteil
zur Dreisilbigkeit über, was durch gelegentliche Befunde in Gesangstexten
gestützt wird. Diese Wörter haben mithin in Bezug auf die Silbenzahl einen
ambivalenten Status. Hier gewaltsam eine eindeutige Entscheidung 
herbeiführen
zu wollen, würde der Sprache nicht gerecht.

 > Daher die Frage:
 >   Wollen wir in der Wortliste
 >   a) wie bisher Trennungen wie "Stati-on", "Nati-on", ... erlauben, oder
 >   b) uns an die strenge Regel: "getrennt wird nur zwischen Silben" 
halten.
 >
 > Im Fall a) wäre außerdem noch zu entscheiden, ob diese Trennungen in
 > Nottrennungen zu verwandeln wären (Stati.on, ...) (was für die normalen
 > Trennmuster auch zu über 1000 Änderungen führt).

Mein Gefühl sagt mir, dass dies Nottrennungen sein sollten.

 >> Daher stellt sich mir die Frage, ob es perspektivisch eine reale
 >> Anwendung der Nottrennstellen geben soll, sei es in Form von qualitativ
 >> weniger anspruchsvollen Trennmustern für Zeitungsspalten, die auch
 >> Nottrennstellen berücksichtigen, oder in Form von gewichteten
 >> Trennmustern, in denen die Nottrennstellen als weniger günstig
 >> klassifiziert sind.
 >
 > Es gibt bereits den Stilfilter "permissiv", der solche Trennmuster
 > extrahieren kann. Ob wir auch damit generierte patgen-Muster 
bereitstellen
 > ist noch nicht entschieden.
 >
 >> Wenn es eine solche Perspektive gibt, würde ich die i-o-Trennungen aus
 >> dem beschriebenen Grund nicht gänzlich entfernen.
 >
 > Ich würde über die Markierung eher gemäß Regelkonformität entscheiden.
 > Dazu brauchen wir einen Konsens über die Auslegung der Regel zur Trennung
 > zwischen Vokalen bei uneinheitlicher Aussprache.

Wie bereits oben angedeutet, finde ich es in diesem Fall nicht 
angebracht, auf
Regelkonformität zu pochen. Das ganze hängt an der Interpretation des
sogenannten „nichtsilbischen i“, die alles andere als eindeutig ist, wie
bisherige Diskussionen gezeigt haben.

 >> Eine annehmbare Lösung für die Wortlistensyntax könnte in diesem Fall
 >> darin bestehen, die bisherigen Nottrennstellen vor Flattervokalen wie
 >> Gesangstexttrennstellen zu kennzeichnen (The·a-ter) und dem Mittepunkt
 >> die neue Bedeutung „Gesangstexttrennstelle, falls nicht im Abstand eins
 >> vom Wortanfang oder -ende auch Nottrennstelle“ zu geben und
 >> andererseits „Sta-ti.on“ auszuzeichnen, wobei der Punkt dann eine
 >> Nottrennstelle ohne Trennmöglichkeit in Gesangstexten beschreiben
 >> würde.
 >
 > Zu kompliziert. Wir hatten entschieden, Randtrennstellen mit einem
 > separaten Zeichen zu markieren, damit sie einfach von regulär gültigen
 > Trennstellen unterschieden werden können. Wenn wir diese Markierung jetzt
 > wieder mischen, ist dieser Effekt futsch.

Nach meiner Erinnerung ist der Mittepunkt als „Gesangstexttrennstelle“
eingeführt worden. Am 14.6.2018 hast du selbst noch geschrieben, dass du dir
auch »Se·en« oder »Ar-me·en« (statt »Se.en« oder »Ar-me.en«) vorstellen
könntest. Wenn »The·a-ter« neben »Obo·e« für die Skripte zu kompliziert 
wird,
kann man natürlich über bessere Lösungen nachdenken.

 > Ich bin dafür, die Markierung einfach zu halten und ggf. im Stilfilter
 > "notentext" die Trennungen "ti-on$" und "ti.o-n" herauszufiltern.

Das wiederum finde ich zu kompliziert. Es geht auch nicht nur um die Endung
„-tion“, sondern um diverse andere Fälle wie „-tial“, „-tiell“, „-sion“.

Ich bestehe nicht auf der Beibehaltung der hier in Rede stehenden, ohne 
Frage
ungünstigen Trennstellen. Aber bevor diese endgültig entfernt werden, wollte
ich noch eine letzte Warnung loswerden.

Herzliche Grüße
Keno



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