[Trennmuster] Zeilenumbruch/Worttrennung versus Ligaturen-Aufbruch

Mico Loretan mico.loretan at mac.com
Mi Dez 5 21:39:04 CET 2018



> On Dec 5, 2018, at 12:59 AM, Guenter Milde <milde at users.sf.net> wrote:
> 
> On  3.12.18, Mico Loretan wrote:
>> Hallo Günter, 
> 
>> Kaum habe ich bei meiner vorherigen email auf "send" gedrückt, kamen
>> mir tatsächlich auch zwei deutsche Wörter in den Sinn: fünft und
>> zwölft, und wieder die ft-Ligatur. Trennen kann man diese Wörter nicht,
>> aber die ft-Ligatur sollte trotzdem in beiden Fällen unterbunden
>> werden, weil sie sonst die Grenze zwischen einem freien Morphem und
>> einem Derivations-Morphem (dem Buchstaben "t") queren würden.
> 
> Dazu steht im "Case 3d" im Abschnitt 3.4 der selnolig Dokumentation, dass
> analog zu 
> 
>  verschärft, gestreift, gerafft, Dahingerafftsein, unbedarft, and
>  Unbedarftheit.
> 
> auch bei fünft und zwölft die Ligatur gesetzt werden darf.

Wow, jemand hat die Doku des selnolig Pakets gelesen! Schlicht und einfach fabelhaft. :-) You made my day!!

Die Beibehaltung der ft-Ligatur falls sie ganz am Ende eines Wortes oder Wortteils vorkommt, ist analog zum Beibehalten der fl-Ligatur in der Abkürzung "Aufl.". (Das unabgekürzte Wort, "Auflage", sollte natürlich ohne fl-Ligatur gesetzt werden.)

Weil die "t"-Endung in fünft, elft, und zwölft eben ein Derivations- und nicht ein Flexions-Morphem ist, sollten meines Erachtens "die fünfte Symphonie", "zur elften Stunde", und "das zwölfte Mal" ohne ft-Ligatur gesetzt werden. 

Das steht im Gegensatz zu Wörtern wie (a) "luftig", "besänftigen" und "kräftig", bei denen die Verwendung der ft-Ligatur in Ordnung ist weil das ft-Buchstabenpaar keine Morphemgrenze überquert, und (b) "schärfte", "streifte" und "rafften", bei denen die Verwendung der ft-Ligatur in Ordnung ist weil "te" und "ten" Flexions-Morpheme sind. 

In den Wörtern fünfte, elften, zwölftens, luftig, besänftigen, kräftig, schärfte, streifte und rafften gibt es übrigens Silbengrenzen und Trennstellen unmittelbar vor den "t"-Buchstaben; ob die ft-Ligatur unterdrückt werden soll oder nicht hängt nicht davon ab ob Trennstellen vorhanden sind. Aus just diesem Grund schrieb ich vor ein paar Tagen, dass Trennstellen-Findung und Ligaturen-Unterdrückung doch recht verschiedene Dinge sind.

> 
> Meines Erachtens darf auch in "fünfte" und "zwöfte" die ft-Ligatur
> gesetzt werden.

Wie oben ausgeführt, würde ich die ft-Ligatur in diesen beiden Wörtern nicht einsetzen. Hat der Duden etwas zu sagen in dieser Hinsicht?

> 
> Leider sind mir dazu keine belastbaren Beispiele bekannt:
> Der Leipziger Duden von 71 listet in den "Vorschriften zum Schriftsatz"
> Beispiele für ft: "Kluft" mit Ligatur (Wortstamm) und "zwölfteilig" ohne
> (Wortfuge). Für die Grauzone der Suffixe gibt es kein Beispiel und im
> Wörterverzeichnis werden keine Ligaturen verwendet. 
> Der Fraktur-Duden von 34 verwendet Ligaturen, allerdings keine ft-Ligatur.
> Evt. könnte ein Handsatz-Antiqua Duden aus den 50-ern helfen.
> 
> Aber es gibt ein Analogon -- die Ligatur st im Fraktursatz (als ſt)
> zwingend und Beispiele sind reichlich vorhanden:
> 
> Im 34-er Fraktur-Duden wird die ſt-Ligatur sowohl im Stamm (Wurst) als
> auch bei Ableitungen und Beugung (sechſt, sechſte, Sechstel, gelöſt,
> gelöſte) verwendet. 
> 
> An Wortfugen (Haus-tür), nach Präfixen¹ (aus-teilen) und bei Ableitungen
> auf -tum (Bistum, Wachstum, Volkstum), wird Schluss-s (natürlich ohne
> Ligatur) verwendet. Dies sind genau die Fälle, wo auch in alter
> Rechtschreibung st getrennt werden darf und in der "wortliste" die
> Trennstellen mit "=", "<" oder ">" ausgezeichnet sind.
> 
> ¹außer bei aſſimilierten Präfixen.

Vielen Dank für diese ausgezeichneten Referenzen. Ich finde es sehr interessant dass im Fraktur-Duden eine (zumindest implizite) Unterscheidung zwischen Flexionsmorphem-Suffixen (gelöſt, gelöſte -- ſt-Ligatur OK) und Derivationsmorphem-Suffixen (Sechstel -- weder ſt- noch st-Ligatur) gemacht wurde.


> Viele Grüße
> 
> Günter
> 

Bestens, Mico







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