[Trennmuster] Trennregelfrage
Guenter Milde
g.milde at quantentunnel.de
Sa Apr 14 22:31:41 CEST 2012
On 3.04.12, Stephan Hennig wrote:
> Am 02.04.2012 13:05, schrieb Herbert Voss:
> > -------- Original-Nachricht --------
> >
> > From: Peter Gallmann <x1gape at rz.uni-jena.de>
> > Reply-To: peter.gallmann at uni-jena.de
...
> > ja, stummes "w" wird wie stummes "h" behandelt. Rein
> > graphisch ist es noch regelhafter: Ein einfacher
> > Konsonantenbuchstabe zwischen zwei graphischen Silbenkernen
> > kommt auf die folgende Zeile (= Grundregel).
> > Die Änderung wurde damals kommuniziert (Duden-Taschenbuch
> > und dergleichen mehr).
> Herbert, kannst du nochmal nach einem konkreten zitierfähigen Beleg
> fragen, so dass wir das angemessen dokumentieren können? Insbesondere
> "Duden-Taschenbuch" kommt mir angesichts des Regelwerks des Dudens von
> 1996 seltsam vor.
> > Die neue Regelung nennt den Fall zu Recht nicht,
> > da eine Ausnahme aufgehoben worden ist und nicht
> > etwa eine neue eingeführt worden ist. Es widerspräche
> > dem Charakter des Regeltextes, wenn alle aufgehobenen
> > Ausnahmen explizit genannt werden müssten. Das gilt
> > übrigens auch für die st-Trennung.
> Leider ist für den Leser der amtlichen Regeln so nicht erkennbar,
> ob/dass sich der Rat mit dem jeweiligen Fall tatsächlich
> auseinandergesetzt hat oder ob er nur das Regelwerk zusammengestrichen
> hat. Was auch daran liegt, dass die Regeländerung 1996 keine behutsame
> Anpassung, sondern eine erhebliche Entwertung bisherigen Wissens war.
> Hier Klarheit herzustellen, sollte aber ein Problem des Rates sein,
> nicht des Lesers.
Nach
http://www.vernuenftig-schreiben.de/dokumente/ickler_regelungsgewalt.pdf
gab es 1998 einen Vorschlag der zwischenstaatlichen Kommission für deutsche
Rechtschreibung, Tel-to-wer in die amtliche Wortliste aufzunehmen, der
aber (im Rahmen einer Komplettablehnung) nicht umgesetzt wurde
als zunächst die Fachbeamten der Kultusministerien, dann die
Amtschefskommission und schließlich die KMK selbst erklärten, die
Korrekturvorschläge ihrer eigenen Expertenkommission nicht annehmen,
sondern die Reform unverändert am 1.8.1998 in Kraft setzen zu wollen. –
So geschah es dann auch.
> >> 2. In den amtlichen Regeln von 1996 gibt es keine explizite ErlÀuterung
> >> zu Namen auf -ow. Der Duden von 1996 enthÀlt in den "Richtlinien
> >> zur Rechtschreibung, Zeichensetzung und Formenlehre in
> >> alphabetischer Reihenfolge" jedoch folgende Regel:
> >>
> >> R 131 Die Diphthonge (Doppellaute) ai, au, Àu, ei, eu, oi
> >> [gesprochen: Éâ¿y] dÃŒrfen nur zusammen abgetrennt werden.
> >>
> >> [...]
> >>
> >> * Die stummen Dehnungsbuchstaben e und i werden nicht abgetrennt.
> >>
> >> [Beispiele]
> >>
> >> Das gilt auch fÃŒr das w in der Namenendung -ow.
> >>
> >> Tel-tow-er RÃŒbchen (gesprochen [ËtÉltoËÉr])
> >>
> >> Wie ist diese "Dudenregel" begrÃŒndet?
> >>
> >>
> >> 3. Der Duden von 2006 enthÀlt diese ErlÀuterung zu Namen auf -ow nicht
> >> mehr. Das Wortverzeichnis enthÀlt jedoch das Beispiel Tel-to-wer.
> >>
> >> Das amtliche Regelwerk hat sich diesbezÃŒglich seit 1996 nicht(?)
> >> geÀndert. Ebensowenig vermutlich der Sprachgebrauch der Trennung
> >> des Wortes Teltower. Wie wird die Änderung der Trennung des Dudens
> >> begrÃŒndet?
> >>
> >> Handelt es sich hier um eine Auslegungsfrage, einen unklaren Fall oder
> >> eine ÃŒbersehene Ãnderung durch die Rechtschreibreform 1996.
> >> ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
> >> Lieber Herbert,
> >>
> >> der aktuelle Stand wird mit 3. nicht ganz richtig beschrieben.
> >> In der 25. Auflage von 2009 "DUDEN Die deutsche Rechtschreibung"
> >> steht auf S. 96 / K 165 u.a. "Das stumme w in der Namensendung "-ow"
> >> wird wie andere Konsonanten behandelt."
> >> Und als Beispiel auch Tel-to-wer RÃŒbchen
> Auch mit dem Duden von 2009 stellt sich die Frage, weshalb die
> Dudenredaktion die Trennung seit 1996 geändert hat. Ich gehe davon aus,
> dass die Dudenredaktion 1996 jede Regel von oben nach unten gekehrt hat
> und sich bewusst für die Trennung Tel-tow-er entschieden hat. Sowohl
> für die Fortführung der Trennnung Tel-tow-er 1996 als auch für die
> spätere Angleichung an das amtliche Regelwerk wird es eine Erklärung
> geben. Diese zu erfahren, wäre sicher interessant.
In
http://www.vernuenftig-schreiben.de/dokumente/ickler_regelungsgewalt.pdf
wird über die Angleichung an das amtliche Regelwerk berichtet:
Überraschenderweise soll die Trennregel für das „stumme“ (d. h.
silbentrennende) h auch auf das stumme w ausgedehnt werden, so daß
nicht mehr wie bisher Teltow-er (Rübchen) getrennt wird, sondern
Telto-wer. Ebenso überraschend ist das Argument, für eine solche
Trennung spreche auch, daß manche Menschen h und w „(hyperkorrekt)
tatsächlich sprechen“. Im Vorwort zur Neuregelung (2.1) heißt es ja
ebenso wie nun im Bericht, daß das Regelwerk sich an der
Standardaussprache orientiere. Hyperkorrekte, also falsche Aussprache
nach der Schrift, wie man sie bei Unwissenden findet, ist folglich ohne
jede Bedeutung. „Analog“ sei auch bei Fremdwörtern zu verfahren:
Po-wer, To-wer usw. – lauter neuartige Trennungen, die besonders
widersinnig erscheinen, denn hier geht es ja gar nicht um „stumme
Konsonantenbuchstaben“ (ebd.) im gleichen Sinne wie beim
silbentrennenden h, sondern um Bestandteile der Schreibung des
Diphthongs. Die bisherige Trennung Pow-er, Tow-er usw. war also
durchaus sinnvoll. Man trennt eben engl. Show-er ebenso wie dt.
Schau-er.
Gleichwohl erfährt man: „Der Duden hat zugesagt, diese Trennung auch
beim ,stummen‘ w zu übernehmen.“ Nur der Duden? Bertelsmann hat Po-wer,
aber Tow-er und folglich ebenfalls etwas nachzuholen im Sinne der
Verschlimmbesserung. Die „Entscheidung der Kommission“ lautet: „Die
Fallgruppe muss im amtlichen Regelwerk nicht explizit geregelt werden.
Die Kommission empfiehlt die Aufnahme des Beispiels Telto-wer in §
108.“
Aber selbst damit ist die neuartige Trennung von Power usw. noch nicht
gesichert; denn die meisten Benutzer dürften die angeführte „Analogie“
nicht nachvollziehen können. Es läuft also auf eine Reihe neuer
Einzeleinträge nach Absprache mit den Wörterbüchern hinaus – kein sehr
durchsichtiges Verfahren.
Im Gegensatz zum "slawischen stummen w" plädiere ich dafür, das w im
Diphtong ow (Power, Tower) auch in Reformschreibung nicht zu trennen.
Günter
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