[SAV-newsletter] Für eine breite Bewegung - bundesweite Demo als erster Schritt

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Mi Dez 17 13:19:49 CET 2008


*Für eine breite Bewegung - bundesweite Demo als erster Schritt - Die 
Reichen sollen für die Krise zahlen! *
- Vorschläge der SAV zum Aufbau einer Bewegung

Der Kapitalismus steht weltweit am Beginn der schwersten Krise seit den 
dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts. Auch für Deutschland bedeutet 
das die tiefste Rezession seit dem Bestehen der Bundesrepublik. 
Regierung und Kapital ergreifen nur Maßnahmen, um ihr System zu retten 
und die Krise abzumildern, verhindern können sie sie nicht mehr. Für die 
Folgen der Krise, für Banken-Rettungspakete etc. soll die Masse der 
Bevölkerung zahlen. Für Millionen von Lohnabhängigen, Erwerbslosen, 
Jugendlichen und RentnerInnen stehen in den nächsten Jahren harte 
Angriffe auf Arbeitsplätze, Löhne, Sozialleistungen etc.an. Wenn wir 
nicht zusehen wollen, wie die Krise auf dem Rücken der Mehrheit 
abgeladen wird und die Verursacher und Profiteure ungeschoren davon 
kommen, dann ist es höchste Zeit eine Bewegung der Mehrheit gegen diese 
Minderheit in den Chefetagen der Banken und Konzerne und in der 
Regierung aufzubauen.

Wir unterstützen deshalb die verschiedene Ansätze und Vorschläge zeitnah 
einen bundesweiten Massenprotest auf die Beine zu stellen. Wir rufen zur 
Teilnahme am von ver.di Stuttgart und attac eingeladenen 
Koordinierungstreffen am 6. Januar auf und fordern gleichzeitig die 
TeilnehmerInnen des Berliner Bündnistreffens vom 11.12.2008 und die 
EinladerInnen für das Treffen am 31. Januar 2009 dazu auf, daran 
teilzunehmen und die Kräfte zu bündeln.

Wir sprechen uns für die Durchführung einer bundesweiten Demonstration 
vor Ostern 2009 aus, um ein Zeichen gegen das kapitalistische 
Krisenmanagement zu setzen, verstehen eine solche Demonstration aber nur 
als Anfang für den Aufbau einer breiten Widerstandsbewegung. Die Folgen 
der Krise werden ganz andere Anforderungen an den sozialen Widerstand 
stellen, als wir es in den letzten Jahren gewohnt waren. Eine 
Demonstration bzw. Demonstrationen alleine werden nicht ausreichen, um 
die zu erwartenden Angriffe zurück zu schlagen. Massenentlassungen und 
Betriebsschließungen werfen die Frage nach Streiks und 
Betriebsbesetzungen auf. Eine koordinierte Streik- und 
Betriebsbesetzungsbewegung und ein zunächst eintägiger Generalstreik zur 
Bündelung und Steigerung des Widerstands werden auf der Tagesordnung 
stehen. Hinzu kommen der Kampf gegen Lohnraub, Kurzarbeit, die 
Bewegungen von Jugendlichen gegen das miese Bildungssystem in 
Deutschland und von Krankenhausbeschäftigten gegen die Unterfinanzierung 
des Gesundheitswesens.

Die SchülerInnen haben mit dem bundesweiten Schulstreik am 12. November 
2008 ein Zeichen gesetzt. Sie haben gegen eine radikal schlechte 
Situation an den Schulen die radikale Schlussfolgerung gezogen, dass man 
manchmal Regeln und Gesetze brechen muss, um zu seinem Recht zu kommen. 
Nehmen wir uns daran ein Beispiel, bringen wir ihre Forderungen zum 
Ausdruck und geben wir den SchülerInnen und Studierenden in der 
aufzubauenden Bewegung einen Raum, den sie selbständig ausfüllen können! 
Denn die Jugend ist die Zukunft -- auch des Widerstands!

All das zeigt: das Potenzial für eine breite und verallgemeinerte 
Oppositionsbewegung ist da bzw. wird sich schnell entwickeln. Die Frage 
ist: wer nutzt dieses Potenzial und verwandelt es in Widerstand?

Diese Aufgabe würde natürlicherweise vor allem den Gewerkschaften 
zufallen, die mit über sieben Millionen Mitgliedern weiterhin die 
potenziell stärkste Kraft in der Gesellschaft sind. Deshalb halten wir 
es für dringend nötig, in die Gewerkschaften hinein zu wirken und ihre 
Führungen zur Unterstützung und Organisierung der angedachten 
Demonstration aufzurufen und entsprechenden Druck innerhalb der 
Gewerkschaften auszuüben, auch dafür die aktuellen Tarifrunden 
kämpferisch und offensiv zu führen und mit dem Widerstand gegen die 
Folgen der Krise zu verbinden. Aber wir wissen, dass die derzeitigen 
Gewerkschaftsführungen nicht für eine Politik des Widerstands stehen und 
wir deshalb nicht darauf warten dürfen, bis diese sich bewegen. Es ist 
nötig und möglich die Initiative für eine Demonstration von unten zu 
ergreifen und diese in Gewerkschaftsgliederungen auf allen Ebenen hinein 
zu tragen und gleichzeitig andere soziale Bewegungen zu mobilisieren.

Mehr als zuvor in den letzten Jahren stellen sich für eine 
Protestbewegung scharfe politische Fragen. Es reicht nicht aus, zu 
formulieren, wogegen wir auf die Straße gehen wollen. Deshalb muss die 
Demonstration auch positive Forderungen formulieren, aber vor allem auch 
den Startschuss für eine politische Debatte über Alternativen zur 
kapitalistischen Krise in Gewerkschaften und sozialen Bewegungen 
bedeuten. Wir sind davon überzeugt, dass man Arbeitsplätze und 
Lebensstandard nicht verteidigen kann, wenn man in den anstehenden 
Auseinandersetzungen nicht offensiv die Eigentumsfrage stellt und auch 
Alternativen zum kapitalistischen System formuliert. Wenn Gewerkschaften 
und linke Bewegungen das nicht tun, werden Neofaschisten 
nationalistische Pseudo-Alternativen zum "globalisierten Kapitalismus" 
propagieren und damit Unterstützung mobilisieren können. Das muss 
verhindert werden.

Wir sind davon überzeugt, dass diese kapitalistische Krise die Offenheit 
für sozialistische Ideen in breiten Teilen der Bevölkerung deutlich 
wachsen lässt. Es kommt darauf an, den Kampf für die unmittelbaren 
Interessen der Mehrheit mit einer sozialistischen Perspektive zu 
verbinden. Das kann und muss vor allem dadurch geschehen, dass eine 
Protestbewegung deutlich macht, dass das kapitalistische Privateigentum 
an Banken und Konzernen kein Heiligtum ist und dass der 
gesellschaftliche Reichtum weiterhin vorhanden ist, um allen Menschen 
ein würdevolles Leben zu garantieren.

Natürlich ist uns bewusst, dass die Diskussionen und der 
Bewusstseinsprozess in Gewerkschaften und sozialen Bewegungen noch nicht 
so weit sind, eine breite Demonstration unter sozialistische Parolen zu 
stellen. Das schlagen wir auch nicht vor, wenn wir auch selber mit 
sozialistischen Parolen auf der Demonstraion auftreten werden, wie viele 
andere Gruppen hoffentlich auch (und wenn wir auch der Meinung sind, 
dass eine offensive sozialistische Politik durch die Gewerkschaften und 
DIE LINKE dem Aufbau einer starken Widerstandsbewegung nutzen und nicht 
schaden würde). Wir sind aber der Meinung, dass wir die Debatte darüber 
als integralen Bestandteil der aufzubauenden Protestbewegung verstehen 
müssen und dass auch jetzt schon weiter gehende Forderungen formuliert 
werden müssen, als in der Vergangenheit.

Wir sind auch der Meinung, dass die Partei DIE LINKE nicht aus der 
Verantwortung gelassen werden darf. Diese Partei tritt mit dem Anspruch 
an, politische Vertretung der außerparlamentarischen Bewegungen zu sein. 
Sie soll und muss auch einen Beitrag zum Erfolg außerparlamentarischer 
Proteste leisten und kann eine wichtige Rolle bei der Formulierung 
politischer Alternativen zur kapitalistischen Krise spielen. 
Offensichtlich schlagen in der Partei zwei Herzen: während einige 
Landesparteitage im Westen die Verstaatlichung aller Banken unter 
demokratischer Kontrolle und Verwaltung fordern, beschränkt sich die 
Parteiführung auf systemimmanente keynesianische Vorschläge und 
exekutiert die LINKE im Berliner Senat weiter pro-kapitalistische 
Kürzungspolitik. Diese Widersprüche werden sich zwangsläufig durch den 
Verlauf der Krise und durch die Entwicklung von Kämpfen und Bewegungen 
verschärfen. DIE LINKE wird sich auf allen Ebenen entscheiden müssen, 
auf welcher Seite sie steht. Wir sind der Meinung, dass dies eine 
Bedeutung für die Entwicklung einer Widerstandsbewegung und politischer 
Alternativen im Bewusstsein der Massen hat. Wenn sich in der LINKEn der 
Flügel durchsetzt, der auf pro-kapitalistische Regierungsbeteiligung 
setzt, wird das für die gesamte linke und gewerkschaftliche Bewegung ein 
schwerer Schlag sein, so wie der Niedergang der Rifondazione Comunista 
in Italien die Ausgangsposition für erfolgreiche Kämpfe insgesamt 
geschwächt hat. Deshalb sollten wir DIE LINKE in die Pflicht nehmen, sie 
auffordern, Teil einer Widerstandsbewegung zu werden und Einfluss auf 
sie nehmen.

Als zentrale Losung für die Demonstration schlagen wir vor:

*'Die Reichen sollen für die Krise zahlen! - Stoppt Entlassungen und 
Kürzungen'*

Als gemeinsame Hauptforderungen für das Bündnis schlagen wir vor:

   1.

      *Die Reichen sollen zahlen*

* Für eine Millionärssteuer von zehn Prozent und die Einführung eines 
einfachen Steuersystems mit starker Progression auf Gewinne und 
Vermögen. Abschaffung der Mehrwertsteuer.

   2.

      *Arbeitsplätze schaffen statt vernichten!*

* Für ein staatliches Investitionsprogramm von 100 Milliarden Euro 
jährlich zur Schaffung sinnvoller Arbeitsplätze in den Bereichen 
Bildung,Umwelt, Gesundheit und Soziales.

* Für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich als 
erstem Schritt zur Verteilung der Arbeit auf alle Arbeitsfähigen.

* Rücknahme der Rente ab 67 und Einführung der vollen Rente ab 58.

* Betriebe, die Entlassungen oder Schließung androhen, sollen ihre 
Geschäftsbücher offen legen und zur Rettung der Arbeitsplätze in 
öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung 
überführt werden. Das bietet auch die Voraussetzung zur Umstellung der 
Produktion, z.B. in Teilen der Autoindustrie, auf gesellschaftlich 
sinnvolle, umweltschonende und benötigte Produkte.

   3.

      *Den Lebensstandard verteidigen -- Umverteilung von oben nach
      unten - Geld ist immer noch genug da, nur in den falschen Händen!*

* Abschaffung von Hartz IV und Einführung einer Mindestsicherung für 
alle von 750 Euro plus Warmmiete.

* Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 10 Euro pro Stunde als 
erstem Schritt zu zwölf Euro.

* Einführung einer automatischen Anpassung von Löhnen und Gehältern an 
die Inflation. * Feststellung der realen Steigerung der 
Lebenshaltungskosten für die Masse der Bevölkerung durch unabhängige 
Komitees aus VertreterInnen von Gewerkschaften, 
Verbraucherschutzorganisationen und Erwerbslosenvertretungen.

*4. Bildungsblockaden einreißen!*

* Verkleinerung der Klassen auf maximal 20 SchülerInnen

* Einstellung von 100.000 LehrerInnen

* Einführung der Gemeinschaftsschule als Regelschule

* Kostenlose Bildung für Alle -- Nein zu allen Gebühren an Kitas, 
Schulen, Unis oder Volkshochschulen

*5. Verstaatlicht die Banken*

* Sofortige Verstaatlichung aller Banken unter Kontrolle und Verwaltung 
von gewählten VertreterInnen der Belegschaften, Gewerkschaften und 
allgemeinen Bevölkerung zur Beendigung profitgetriebener und 
risikoreicher Spekulationsgeschäfte und Begrenzung von Bankentätigkeit 
auf die gesellschaftlich sinnvollen und notwendigen Aufgaben, wie 
Regelung des Geldverkehrs und Vergabe von Krediten an Unternehmen und 
Privatpersonen.

Aus unserer Sicht sind dies für die gegenwärtige Situation einer tiefen 
Rezession die Mindestforderungen, die nötig sind, um eine Antwort auf 
das Entlassungs- und Kürzungsszenario zu geben, das vor uns liegt. 
Entscheidend ist, deutlich zu machen, dass es keinen Grund gibt auch nur 
eine Entlassung, eine Betriebsschließung oder eine Sozialkürzung zu 
akzeptieren. Die Sachzwänge der kapitalistischen Profitlogik sind nicht 
unsere! Unsere Sachzwänge sind die Lebens- und Arbeitsbedingungen der 
Menschen!

Gleichzeitig beantworten diese Forderungen nicht nur Fragen, sondern 
werfen eine entscheidende Frage auf: unter welchen gesellschaftlichen 
Bedingungen sind sie dauerhaft durchzusetzen? Unsere Antwort darauf ist, 
dass sie erstens nur durchzusetzen sind, wenn es eine massenhafte und 
konstante Mobilisierung der arbeitenden Bevölkerung gibt und zweitens, 
wenn diese zur Überwindung der kapitalistischen, profitgetrieben 
Produktionsweise führt und diese durch eine demokratisch geplante 
Wirtschaft ersetzt wird, in der sich die entscheidenden 
Wirtschaftsbereiche in öffentlichem Eigentum befinden und durch 
demokratisch gewählte Organe der arbeitenden Bevölkerung kontrolliert 
und verwaltet werden. Für eine solche sozialistische Perspektive trtt 
die SAV in der aufzubauenden sozialen Widerstandsbewegung ein und setzt 
sich gleichzeitig für größtmögliche Einheit in diesem Kampf gegen 
Regierung und Kapital ein.


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