[Postfixbuch-users] Rechtslage

Wolfgang Murth postfix at wmsmt.com
Do Sep 13 08:46:30 CEST 2007


 
Hallo Stefan,

>Was ist, wenn meine gemieteten Server physisch in der BRD stehen, ich
>als Firma meinen Firmensitz aber in Österreich habe?
Aus der E-Commerce Richtlinie [1} ergibt sich (Quelle [2]):

1. Das Herkunftslandprinzip
 bestimmt, dass die Dienste der Informationsgesellschaft (das sind in der
Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf
eines Empfängers erbrachte Dienstleistungen) grundsätzlich dem Rechtssystem
unterfallen, in dem der Anbieter niedergelassen ist.
Ausnahmen: Rechtswahl, Verbraucherverträge, Immobiliengeschäfte,
Zulässigkeit von Werbe-E-Mails, Urheberrecht/gewerbliche Schutzrechte,
elektronisches Geld, zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen
Sicherheit und der öffentlichen Gesundheit.

2. Das Herkunftsortprinzip
besagt, dass die Aufsicht über die Dienste der Informationsgesellschaft am
Herkunftsort zu erfolgen hat. Daraus ergibt sich die Gefahr, dass der Sitz
an den Ort des geringsten Schutzniveaus verlegt wird; auch
"Rechts-Dumping"oder "Delaware-Prinzip" genannt.

3. Das Bestimmungslandprinzip
besagt, dass ein Verfahren gegen einen Anbieter aus einem anderen
Mitgliedsland möglich ist, wenn dessen Tätigkeit ausschließlich oder
überwiegend auf das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedslandes gerichtet ist, wenn
die Niederlassung gewählt wurde, um die Rechtsvorschriften des
Mitgliedslandes zu umgehen.

Auszug aus der EU Richtlinie Abs. (19):
....Erbringt ein Unternehmen Dienstleistungen über eine Web-Site des
Internets, so ist es weder dort niedergelassen, wo sich die technischen
Mittel befinden, die diese Web-Site beherbergen, noch dort, wo die Web-Site
zugänglich ist, sondern an dem Ort, an dem es seine Wirtschaftstätigkeit
ausübt. ...

Auszug aus der EU Richtlinie Abs. (22):
...Um den freien Dienstleistungsverkehr und die Rechtssicherheit für
Anbieter und Nutzer wirksam zu gewährleisten, sollten die Dienste der
Informationsgesellschaft zudem grundsätzlich dem Rechtssystem desjenigen
Mitgliedstaates unterworfen werden, in dem der Anbieter niedergelassen ist.

Und weils so schön ist noch Abs. (30) über nicht erwünschte Werbung:
... In Mitgliedstaaten, die nicht angeforderte kommerzielle Kommunikationen
über elektronische Post zulassen, sollten geeignete Initiativen der Branche
zum Herausfiltern entsprechender Mitteilungen gefördert und erleichtert
werden. Darüber hinaus müssen nicht angeforderte kommerzielle
Kommunikationen auf jeden Fall klar als solche erkennbar sein, um die
Transparenz zu verbessern und die Funktionsfähigkeit derartiger
Filtersysteme der Branche zu fördern. Durch elektronische Post zugesandte
nicht angeforderte kommerzielle Kommunikationen dürfen keine zusätzlichen
Kommunikationskosten für den Empfänger verursachen.

Solltest du aber auf den Gedanken kommen Spiele DVDs, welche in Deutschland
erst ab 18 Jahren erstanden werden dürfen, auf deiner Internetseite bewirbst
und ohne Altersnachweis nach D verschickst, dann greift z.B. das
Bestimmungslandprinzip.

Ebenso kannst du nicht deinen Server nach D stellen und A zuspammen. Ist
aber eh nach [3]  verboten. (Anmerkung: Was ist wenn der Spamserver und der
Mailserver des angespammten in D stehen, die Beteiligten aber Unternehmen
aus A sind? Dann ist ja der Anschluss des Teilnehmers nicht in A.
*amkopfkratz*)

Lg Wolfgang

P.S. Der Form halber: Der Inhalt dieser Mail stellt keine Rechtsberatung dar
und widerspiegelt nur die eigene Meinung des Autors.

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[1] Richtlinie 2000/31/EG vom 8.6.2000
http://www.internet4jurists.at/gesetze/rl_e-commerce01.htm 
[2] http://www.internet4jurists.at/e-commerce/ecg1a.htm
[3] TKG § 107 (6) Wurden Verwaltungsübertretungen nach Absatz 1, 2 oder 5
nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, an dem die
unerbetene Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht.




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