[Postfixbuch-users] rechtsverdreherfrage spamabwehr
Peer Heinlein
p.heinlein at heinlein-support.de
Mi Sep 6 14:20:04 CEST 2006
Am Mittwoch, 6. September 2006 13:44 schrieb Ralf Petry:
> lange vorrede zur erklärung, kurze fragen am ende:
> der zweig des unternehmens in dem ich arbeite, ist eine gemeinnützige
> gmbh. private nutzung des internets ist per dienstvereinbarung nicht
> erlaubt.
Dann gehören alle e-Mails dem "Chef".
Der kann entscheiden, was damit passiert. Wenn er beschließt, daß ALLE
e-Mails ungelesen zu löschen sind, dann kann er das tun. Das ist sein
Eigentum (naja, nicht vom Chef, sondern juristisch eben von der Firma,
für die der Chef eben handelt). Er kann auch beschließen alle Mails
auszudrucken oder sie an die Konkurrenz weiterzuleiten.
Insofern kann er mit Spam und Viren machen, was er will.
> ausgehend von der rechtsform und der dienstvereinbarung: müssen alle
> mails dem endbenutzer zu gestellt werden? muss der auch viren- und
Die Nutzer sind empfangen die Mails stellvertretend für die Firma. Die
Firma kann entscheiden, was sie dem Nutzer zukommen läßt. Es sind NICHT
die Mails des Nutzers! Also haben sie keinen Anspruch darauf, daß die
Firma ihnen die Firmen-Mails zukommen läßt. Sie gehören "dem Chef".
> sonstwie verkeimte mails erhalten (können)? (muss ich also einen
Nein. Muß er nicht.
Übrigens: Laut BGH haben Provider geradezu die PFLICHT ihre Nutzer vor
Viren und Malware durch filterung zu schützen (bemerke: Viren/Malware,
nicht Spam!). Betrifft Dich nicht, denn wenn der Chef beschließt, daß
Virenschutz Unsinn ist, dann darf er das.
Als ISP kannst Du aber Ärger kriegen, wenn Dich Nutzer in Regreß nehmen,
weil Du Deinen nebenvertraglichen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen
bist und sie deshalb einem Virenbefall ausgesetzt wurden. Aber das nur
am Rande, betrifft Dich nicht.
> mache ich mich strafbar, wenn ich eine qurantäne-mailbox auf
> false-positives untersuche?
Nein.
Da es Firmenmails sind, kannst Du sie *grundsätzlich* auch auf Anordnung
Deines Chefs durchsuchen -- es sind seine Mails, er kann beschließen,
daß Du sie lesen darfst.
Vorsicht aber:
*) Solche Maßnahmen dürfen sich NIE gegen einen einzelnen Mitarbeiter
richten (aka "Mobbing").
*) Auch diese Rechtslage darf nicht dazu genutzt werden, um gezielt das
Postfach eines einzelnen (ungeliebten) Mitarbeiters auszuspionieren zum
Zwecke der "Schikane", solange nicht ein konkreter Verdacht (Mißbrauch,
Betriebsspionage, kriminelle Handlungen) vorliegt.
*) Sollte trotz desw Nutzungsverbotes eine private e-Mail dazwischen
sein, so darf der Postmaster davon keine Kenntnis erlangen (Inhalt
wieder vergessen, nicht weitererzählen, sobald Privatmail als solche
erkannt wird das Lesen abbrechen und Mail schließen!). Auch bei
verbotener Nutzung unterliegt die private Mail natürlich dem
Postgeheimnis des Nutzers -- auch wenn er natürlich gegen
Arbeitsvertrag & Co verstößt, wenn er das Internet privat nutzt, er
deswegen als solches also Ärger kriegen kann.
Überflüssig zu sagen, daß die ganze Lage plötzlich GANZ anders ist, wenn
private Nutzung am Arbeitsplatz erlaubt ist (was auch heißt: Nicht
explizit geregelt, aber alle machen es --> bedeutet im Laufe der Zeit
"erlaubt"!).
Zwei Hinweise:
* Der Rechtsanwalt Kai Bodensiek hatte auf der 2. Mailserver-Konferenz
einen sehr guten Vortrag dazu. PDF dazu auf
http://www.heinlein-support.de, Bereich Akademie/Konferenzen.
* Im nächsten Postfix-Kurs Mitte Oktober wird Kai übrigens genau die
Unterrichtseinheit "Rechtsprobleme für Postmaster" übernehmen und mich
für einen Nachmittag vertreten. Normalerweise kostet so ein Anwalt
viele Hundert EUR pro Stunde...
Lieben Gruß
Peer Heinlein
--
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