[Pirateninfo] Redebeitrag Policies against Hunger

Andreas Riekeberg a.riekeberg at jpberlin.de
Mit Okt 20 14:49:22 CEST 2004



und hier die Rede, die Gregor halten konnte.
Gruß, Andreas



Berlin, 20.10.2004
BUKO Kampagne gegen Biopiraterie
Redebeitrag Policies against Hunger
- es gilt das gesprochenen Wort -

Sehr geehrte Frau Künast,
meine Damen und Herren,
wir möchten diese Konferenz nun zum Anlass nehmen, unser Missfallen zur 
herrschenden
Politik zu zeigen und zu äußern.
Policies against Hunger heißt diese Konferenz; Sie, Expertinnen und 
Experten aus der
ganzen Welt, meinen, Strategien entwickeln zu können, um den Hunger wirksam 
beseitigen
zu können. Doch worüber wird diskutiert? Marktzugang, Exportsubventionen, 
Interne
Stützungsmaßnahmen etc. Fachchinesisch – so lassen sich gut die 
grundlegenderen und
schwerer wiegenden Probleme und Ursachen des Hungers in der Welt ausblenden.
Um nicht missverstanden zu werden: Besonders die Entwicklungsländer sind 
auf den Zugang
zu den, pauschal gesagt, nördlichen Märkten angewiesen; die 
Exportsubventionen sind ein
zerstörerisches Element nördlicher Herrschaftsmechanismen.
Aber: Sie reden hier und die kommenden Tage nicht
o über Verteilungsaspekte der ausreichend vorhandenen Nahrungsmittel,
o über Cash Crop Produktion und brachliegendes Spekulationsland
o über Gentechnik in der Landwirtschaft,
o über Patente auf Pflanzen und Tiere und
o auch nicht über den immer strikter werden Sortenschutz.
Aber dies sind genau die Probleme, die heute und in Zukunft Hunger 
alltäglicher werden
lassen.
Meine Damen und Herren,
Vor vier Tagen hieß es: Welternährungstag 2004: Biologische Vielfalt und 
Welternährung.
Ihnen allen hier dürfte der Zusammenhang klar sein – wir müssen die 
biologische Vielfalt,
insbesondere die Agrobiodiversität erhalten und weiterentwickeln, um allen 
Menschen auf
dieser Welt Ernährungssouveränität zu ermöglichen. Durch die 
Industrialisierung und
Kommerzialisierung der Landwirtschaft im Rahmen der Grünen Revolution, also der
vergangenen 50 Jahre, sind bereits gut 75% der Nutzpflanzensorten verloren 
gegangen.
Und die Reaktion der Politik? National wie international?
Die Gen-Revolution wird nun als Lösung angepriesen. Und mit ihr Patente auf
Pflanzensorten – siehe TRIPS – und auf dem Weg dorthin ein verschärftes 
Sortenschutzrecht
– siehe UPOV 91.
In Deutschland hat das bereits dazu geführt, dass 2500 Bäuerinnen und 
Bauern durch die
Pflanzenzüchter verklagt wurden – weil sie es nicht einsahen und einsehen, 
für die
Wiederaussaat der eigenen Ernte Gebühren zu zahlen.
Deutschland scheint hier internationaler Trendsetter zu sein: Viele 
Regierungen der Welt
schauen, wie sich die Nachbaugebühren in Deutschland umsetzen lassen um dann
nachzuziehen! UPOV 91, also TRIPS-light wird dann zum weltweiten 
Mindeststandard.
Bäuerinnen und Bauern werden von ihrem Saatgut enteignet, dürfen Saatgut 
nicht mehr
tauschen, weiterentwickeln und aussäen.
Nachbaugebühren, die schon in Deutschland viele LandwirtInnen in 
ökonomische Bedrängnis
bringen, werden in den Länder des globalen Südens katastrophale 
Auswirkungen haben. Sind
es in Deutschland max. 50 % der Landwirte und LandwirtInnen, die Erntegut 
wieder aussäen,
rangiert der Prozentsatz in den sogenannten 3. Welt Ländern bei bis zu 90 % 
Prozent – denn
insbesondere die Kleinbauern können sich es nicht leisten jedes Jahr neues 
Saatgut zu kaufen.
Meine Damen und Herren,
aber gerade die Kleinbauern und v.a. Kleinbäuerinnen sind es die den 
Hauptteil der
Nahrungsmittelproduktion tragen. Sie weiterhin an den Rand zu drängen, ihre 
Techniken als
mittelalterlich zu denunzieren und die High-Tech-Landwirtschaft des Nordens 
als Lösung
anzubieten ist nicht nur kurzsichtig, sondern unlauter und kolonialistisch.
Wir, die BUKO Kampagne gegen Biopiraterie wollen und können dieser Politik 
nicht folgen.
Wir kündigen aufkeimenden Widerstand an –mehrere hundert Menschen aus 
Deutschland –
sie sehen die Karten hier vor sich – haben sich uns schon angeschlossen um 
Solidarität mit
den BäuerInnen weltweit zu zeigen.
Wir fordern Sie, Frau Künast, aber auch alle hier Anwesenden auf sich 
einzusetzen für
• den Erhalt traditioneller BäuerInnenrechte und die internationale 
Anerkennung und
Beachtung der Farmers Rights
• die Akzeptanz und Aussaat alter Landsorten zu fördern, um die 
Sortenvielfalt auf den
Feldern zu erweitern!
• Eine Förderung der ökologischen und gentechnikfreien Landwirtschaft!
• Den Stopp der Privatisierung von kollektiven Gütern: Keine Patente auf 
jegliche Form
von Natur!
• Den sofortigen Stopp der Biopiraterie!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit – und eine erfolgreiche Tagung im Sinne der
genannten Ausführungen.

-------------- nächster Teil --------------
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