[Pirateninfo] Irak: Die grüne Kriegsfront
pcl at jpberlin.de
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Die Nov 30 20:20:58 CET 2004
jW vom 29.11.2004
Rainer Rupp
Die grüne Kriegsfront
USA verordnen dem von ihrem Militär besetzten Irak den Anbau von
genmanipuliertem Getreide. Millionen Kleinbauern droht der Ruin
Als "extrem" hatte nicht nur die New York Times den Plan der Bush-
Regierung zur marktwirtschaftlichen Umgestaltung des Irak bezeichnet.
Mit welcher Rücksichtslosigkeit die eroberte Volkswirtschaft den
ökonomischen Interessen der USA unterworfen werden soll, läßt sich
auch am Beispiel der irakischen Landwirtschaft belegen.
Gemäß dem von der US-Besatzung durchgesetzten Gesetz, das auch für
den angeblich souveränen Irak gilt, erhält die irakische
Landwirtschaft, in der hauptsächlich Kleinbauern beschäftigt sind,
keine Subventionen mehr. Auch wird sie nicht länger durch Zölle gegen
Billigimporte aus den USA geschützt. Derweil werden die
hochproduktiven Großbetriebe der US-amerikanischen Landwirtschaft
nach wie vor mit großzügigen Subventionen aus Washington verwöhnt.
Diktat der Besatzer
Washingtons damaliger Statthalter in Bagdad, Paul Bremer, hatte Ende
Juni die neuen Vorschriften ins irakische Gesetzbuch schreiben lassen
und damit das Schicksal der irakischen Kleinbauern besiegelt. Deren
Betriebsaufgabe war nun nur noch eine Frage der Zeit. Schließlich
sind lediglich irakische Großbetriebe und nicht die Kleinbauern für
die agro-industriellen US-Konzerne die geeigneten Kunden. Deshalb hat
die Besatzungsmacht der irakischen Bevölkerung auch die weltweit wohl
am weitesten reichenden Gesetze zur Einführung und Vermarktung
genmanipulierter Produkte aufgezwungen. Insbesondere geschah dies mit
dem Gesetz Nr. 81 der CPA, der Provisorischen Autorität der
Koalition, vom 26. April 2004.
Dieses Gesetz, angeblich erlassen zum "Schutz von Patenten und
Erfindungen", enthält einen umfangreichen Teil, der sich
ausschließlich mit der Produktion und Vermarktung genmanipulierter
Getreidesaat beschäftigt. Die Wünsche des US-Marktführers Monsanto
stehen dabei im Vordergrund, als habe der Konzern Paul Bremer bei der
Niederschrift der Artikel die Hand geführt. Monsanto, das sich auch
im Vietnam-Krieg mit der Herstellung des hochgiftigen "Agent Orange"
für die chemische Kriegsführung zur Entlaubung des Baumbestandes
hervorgetan hatte, ist seit vielen Jahren stark in der Gentechnologie
engagiert. Inzwischen kontrolliert das Unternehmen über 90 Prozent
aller weltweit angebauten sogenannten "transgenetischen"
Getreidesorten, bei denen die sogenannte Terminatortechnologie zur
Geltung kommt. Darunter ist die Produktion von sterilen
Getreidesorten zu verstehen; dabei dürfen die Bauern nicht mehr, wie
seit Urzeiten gewohnt, einen Teil der Ernte aufheben, um sie dann als
Saatgut wiederzuverwenden. Sollte sich der Konzern durchsetzen,
müssen die irakischen Bauern in Zukunft jedes Jahr für viel Geld
neues und nur einmal verwendbares Saatgut bei Monsanto kaufen.
Dennoch läßt der weltweite Durchbruch der genmanipulierten
Landwirtschaft auf sich warten. In Europa macht den Konzernen der
breite Widerstand der Bevölkerung wegen deren Bedenken angesichts der
unabsehbaren Folgen des Einsatzes genmanipulierter Pflanzen auf die
Umwelt und den Menschen zu schaffen. Und in den Ländern der Dritten
Welt sind die Kleinbauern schlicht zu arm, um jedes Jahr bei Monsanto
neues Saatgut zu kaufen. Monsantos Beteuerungen, daß seine
Designerpflanzen widerstandsfähiger gegen Schädlinge und auch
ergiebiger im Ertrag seien, hilft da wenig. In der Dritten Welt
erfreut sich die "Terminator"-Technologie lediglich in
landwirtschaftlichen Großbetrieben einer gewissen Beliebtheit.
Patentiertes Saatgut
Im Oktober hat die Umweltschutzorganisationen "Focus on the Global
South" und GRAIN die Weltöffentlichkeit alarmiert, daß im Irak das
uralte System der irakischen Bauern - die Aussaat von gesetzlich
nicht reguliertem Saatgut - durch die neuen Gesetze der US-Besatzer
verboten wird. In Zukunft solle nur noch patentiertes Saatgut der
transnationalen Konzerne zum Einsatz kommen. Offiziell werde das neue
Gesetz von den US-Besatzern als notwendiger Schritt dargestellt, "um
die Versorgung des Irak mit hochwertigem Getreide zu sichern" und den
"Wiederaufbau der irakischen Landwirtschaft" voranzutreiben.
Tatsächlich aber werde dadurch Konzernen wie Monsanto, Syngenta,
Bayer und Dow Chemical die "Durchdringung der irakische
Landwirtschaft ermöglicht". "Die USA haben ihre Patente auf Pflanzen
und Lebewesen rund um die Welt im Rahmen von Handelsverträgen bereits
vielen Ländern aufgezwungen. Im Irak haben sie es dagegen getan,
nachdem sie das Land überfallen und besetzt hatten." Das, so einer
der Autoren des Berichts, sei genauso "unmoralisch wie unakzeptabel".