[Pirateninfo] Grundlagen Biopiraterie: Neembaum

Silke Pohl silke.pohl at jpberlin.de
Mon Mar 31 13:58:48 CEST 2003


Im folgenden findet Ihr eine kurze Zusammenstellung wesentlicher
Informationen zum Biopirateriefall "Neembaum". In der nächsten Zeit wird
noch eine Reihe weiterer Datenblätter, die von einem Mitstreiter der
BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie erstellt werden, über diesen Verteiler
geschickt. Sie sollen einen schnellen Überblick über verschiedene
Biopirateriefälle ermöglichen.
Die Texte werden auch demächst auf unserer Homepage zu finden sein:
www.biopiraterie.de


NEEM
(Lateinischer Artname: Azadirachta indica)

Land
Indien

Eigenschaften/Verwendung
Bis zu 18 m hoher Baum, dessen Rinde, Blätter, Früchte und Blüten zur
Herstellung von Heilmitteln und Biopestiziden verwendet werden. Die
medizinischen Eigenschaften sind seit über 2000 Jahren bekannt und in
alten medizinischen Schriften Indiens ausführlich beschrieben. Vielfältige
Wirkungen, u.a. gegen Entzündungen, Fieber, Durchfall,  Hauterkrankungen,
Endoparasiten (Würmer) und zur Wunddesinfektion und Zahnpflege, ferner
insektizide Eigenschaften. Insgesamt sind über 20 Anwendungen beschrieben.
(1)

Status
Weltweit wurden seit 1985 von amerikanischen, japanischen  und
europäischen Firmen etwa 90 Patente auf Wirkeigenschaften und
Extraktionsverfahren eingereicht, insbesondere durch die Firma W.R. Grace
& Co., New York, aber auch durch Heinz Rembold und Mitarbeitern von der
Max-Planck-Gesellschaft in Deutschland. Beim Europäischen Patentamt (EPO)
lagen 51 Patentanträge vor (Stand Mai 2000). ZU diesem Zeitpunkt wurde
beim EPO auf Antrag einer Koalition* ein wichtiges Gemeinschaftspatent der
Firma W.R. Grace und des US-Landwirtschaftsministeriums annulliert. Um 10
weitere Neem-Patente beim EPO anzufechten, fehlen der Koalition die
Mittel. (1, 2)  *Die Koalition besteht aus 18 Organisationen und einer
Einzelperson einschließlich der indischen Research Foundation for Science,
Technology and Ecology (an der Vanda Shiva beteiligt ist).  Die
vollständigen Liste der Organisationen bei:
www.ifoam.org/press/neem_back.html

In Pakistan stiegen die Preise für Neem um 20%, als 1994 die Regierung die
Pariser Konvention der WIPO (World Intellectual Property Organization)
unterzeichnet hatte. (3) Eine ähnliche Situation entstand in Indien, als
W.R. Grace & Co. eine Fabrik gebaut hatte, die pro Tag 20 Tonnen
Neem-Früchte verarbeiten kann. Nahezu alle Früchte, die zuvor kostenlos
zur Verfügung standen, werden jetzt von dieser Fabrik aufgekauft, wodurch
der Preis für Neem sprunghaft anstieg und für einfache Leute unbezahlbar
wurde. Neem-Öl, das als Brennstoff für Lampen benutzt wurde, ist praktisch
nicht mehr verfügbar, weil die Ölmüller keinen Zugang mehr zu den
Neemfrüchten haben. (4)

Quellen
(1)	Neem: A plant for all seasons (www.vshiva.net/naturefacts/neem.htm)
(2)	Greens persuade Europe to revoke patent on neem tree (Nature, Band
405, Ausgabe vom 18. Mai 2000) (3)	India set to allow patents for products
(Nature, Band 394, Ausgabe vom 20. August 2000) (4)	IFOAM (International
Federation of Organic Agriculture Movements): Background paper on the neem
patent challenge (www.ifoam.org/press/neem_back.html)

Letzte Aktualisierung
30. März 2003