[IMI-List] [0686] Rückblick IMI-Kongress / Neue Texte / Praxistipps Verweigerung

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Mo Nov 24 16:29:36 CET 2025


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0685 – 28. Jahrgang
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Liebe Freundinnen und Freunde,

In dieser IMI-List finden sich

1.) ein Dankeschön und eine kleine Presseschau zum IMI-Kongress;

2.) Hinweise auf neue Texte;

3.) Praxistipps zur Kriegsdiensverweigerung (KDV).


1.) IMI-Kongress „Militärrepublik? Verweigern!“ (15./16.11.2025);

Sehr gut besucht, inhaltlich dicht und mit buntem Rahmenprogramm fand am
vergangenen Wochenende der Jahreskongress der Informationsstelle
Militarisierung unter dem Titel „Militärrepublik? Verweigern!“ statt.
Wir danken allen Beteiligten und Besucher*innen für die gelungene
Veranstaltung und dokumentieren im Folgenden Presseberichte über den
Kongress.

Dokumentation - in: nd-online (17.11.2025) und junge Welt (18.11.2025)
und weitere
IMI-Kongress: Presseberichte
https://www.imi-online.de/2025/11/18/imi-kongress-presseberichte/

Die Audio-Aufnahmen (Danke an das Freie Radio Wüste Welle) werden wir in
den kommenden Tagen auf unserer Homepage verlinken – und natürlich in
der nächsten IMI-List darauf hinweisen.


2.) Neue Texte auf der IMI-Homepage

IMI-Mitteilung
Auf zum Schulstreik gegen die Wehrpflicht am 05.12.25 – auch in Tübingen!
https://www.imi-online.de/2025/11/21/auf-zum-schulstreik-gegen-die-wehrpflicht-am-05-12-25-auch-in-tuebingen/

IMI (21. November 2025)

IMI-Analyse 2025/36 - in: "Die große Mobilisierung" (PapyRossa, 2025)
The New Spirit
Das neue, disruptive Mindset in Beschaffung und Rüstung
https://www.imi-online.de/2025/11/20/the-new-spirit/
Christoph Marischka (20. November 2025)

Außerdem möchten wir ausnahmsweise auf zwei kurze Hinweise aus unserer
Rubrik „IMI-Aktuell“
(https://www.imi-online.de/publikationen/imi-aktuell/archiv/) hinweisen:

IMI-Aktuell 2025/630
Stop-ReArm Europa: Offener Brief
„Die Stop-ReArm Kampagne, an der sich die IMI beteiligt, hat einen
offenen Brief mit dem Titel “Move the money from war to peace!“ formuliert…
https://www.imi-online.de/2025/11/21/stop-rearm-europa-offener-brief/

 IMI-Aktuell 2025/628
„United States of Palantir“
„Francesca Bria hat in der Monde Diplomatique unter dem Titel „United
States of Palantir“ einen absolut lesenswerten Beitrag veröffentlicht…
https://www.imi-online.de/2025/11/20/united-states-of-palantir/


3. Praxistipps zur Kriegsdiensverweigerung (KDV)

Kurzfassungen der Beiträge des IMI-Kongresses werden in der März-Ausgabe
des AUSDRUCK veröffentlicht, in der nächsten IMI-List werden wir auch
die Audio-Links zur Verfügung stellen. Wegen der hohen Aktualität und
Nachfrage nach dem Beitrag von Susanne Bödecker zur Praxis der
Verweigerung haben wir das Skript ihres Beitrages bereits veröffentlicht:

IMI-Standpunkt 2025/059
Sand ins Getriebe von Wehrdienst und Rekrutierung
Skript zum Vortrag "Praxis der Verweigerung" auf dem IMI-Kongress 2025
https://www.imi-online.de/2025/11/24/sand-ins-getriebe-von-wehrdienst-und-rekrutierung/

Susanne Bödecker (24. November 2025)

Auf der Pressekonferenz am 13. November 2025 nach der Einigung von Union
und SPD zum Inhalt des Wehrdienstmodernisierungsgesetzes sagte
Pistorius: „Freiwilligkeit kombiniert mit Attraktivität funktioniert!“
2600 Euro bei Einstieg in die Bundeswehr, nach 1 Jahr ein Zuschuss zum
PKW- oder LKW- Führerschein, angeblich flexible Arbeitszeiten, gute
Karrierechancen, sicherer Arbeitsplatz, …

Zwang statt Freiwilligkeit!

Bei der vielgepriesenen Freiwilligkeit fängt die erste Unwahrheit schon
an: Der Neue Wehrdienst zwingt Männer, die ab dem 1.1.2008 geboren sind,
eine Bereitschaftserklärung zu einem Dienst in der Bundeswehr
auszufüllen. Er zwingt diese jungen Männer zu einer Musterung,er zwingt
alle Wehrpflichtigen, der Wehrüberwachung nachzukommen und sich
abzumelden, wenn sie drei und mehr Monate das Land verlassen wollen, er
zwingt alle Wehrpflichtigen dazu, mit dem Zugriff der Bundeswehr auf
ihre Daten bei den Einwohnermeldeämtern einverstanden zu sein, weil das
Recht auf Widerspruch mit Inkrafttreten des
Wehrdienstmodernisierungsgesetzes entfällt.

Er zwingt die Wehrpflichtigen (das sind Männer von 18-60 Jahren mit
deutscher Staatsangehörigkeit), der Einberufung zur Bundeswehr
nachzukommen, wenn die verteidigungspolitische Lage dies kurzfristig
erfordert, wenn die attraktivitätssteigernden Maßnahmen nicht
rechtzeitig wirksam waren und der Bundestag dem zugestimmt hat.
Er zwingt die Wehrpflichtigen, damit zu rechnen, dass eine
Bedarfswehrpflicht beschlossen werden könnte, wenn es mit der
Freiwilligkeit nicht klappt und dann eventuell per Losverfahren
entschieden wird, ob sie im Militärapparat benötigt werden oder nicht.

Nicht neu, aber dennoch ein Zwang: Wer bei der Kriegstüchtigkeit nicht
mitmachen möchte, kann den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigern,
wird aber gezwungen, einen Antrag zu stellen, in einer ausführlichen
Begründung, die mindestens zwei Seiten lang sein sollte, seine
Gewissensentscheidung nachvollziehbar und glaubhaft darzustellen, eine
Bescheinigung auf Tauglichkeit nachzuweisen, ansonsten noch gemustert zu
werden, bevor der Antrag überhaupt bearbeitet wird.

Und das Ganze, um das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung nach
Artikel 4 Absatz 3
des Grundgesetzes wahrnehmen zu können, dass da lautet: „Niemand darf
gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“

Wir als DFG-VK wenden uns entschieden gegen jede Art von
Kriegsvorbereitung und Mobilisierung. Wir unterstützen
Kriegsdienstverweigerinnen und Deserteurinnen weltweit und stellen uns
gegen jede Art von Zwangsdienst. Niemand sollte lernen, seine
Mitmenschen umzubringen. Wir sind der Ansicht, dass die Politik den
Jugendlichen eine friedenspolitische Alternative bieten muss, die ihren
Vorstellungen entspricht. Dazu gehört bestimmt nicht, dass sie gezwungen
werden, in den Krieg zu ziehen. Da der Politik aber Kriegstüchtigkeit
wichtiger ist als Friedensfähigkeit, kann eine sofortige
Kriegsdienstverweigerung (KDV) Wehrpflichtige schützen und ein
deutliches Signal an die Bundesregierung senden. Wir klären deshalb alle
Wehrpflichtigen über das auf, was mit dem „Neuen Wehrdienst“ auf sie
zukommt und beraten und unterstützen sie bei der Stellung eines Antrages
auf KDV.

Sand ins Getriebe – von Anfang an!

Das – wahrscheinlich – ab 1. Januar 2026 geltende Gesetz sieht in der
ersten Phase vor, dass vom Jahrgang 2008 beginnend alle Menschen ein
Schreiben erhalten, in dem sie eine Bereitschaftserklärung zum
freiwilligen Wehrdienst abgeben sollen. Für Männer ist diese Abgabe
verpflichtend.

Die DFG-VK ruft zum zivilen Ungehorsam gegen diese Zwangsmaßnahme auf.
Man muss nicht sofort alles erfüllen, was das Militär von einem
verlangt. Landet der erste Brief der Wehrerfassungsbehörde im
Briefkasten (vielleicht hat er das auch nicht getan?), kann er entweder
verspätet, unvollständig oder gar nicht abgeschickt werden, er kann auch
geschreddert werden, als Kranich gefaltet, … es passiert nichts.
Erst wenn der Erinnerungsbrief, der per Einschreiben versendet wird,
nicht beantwortet wird, ist das eine Ordnungswidrigkeit und wird mit
einem Bußgeld geahndet – in welcher Höhe, liegt im Ermessen der
zuständigen Behörde.

Muss der Fragebogen dann ausgefüllt werden, sollte besonders die Frage:
„Interesse an einem Wehrdienst in der Bundeswehr“ mit NEIN beantwortet
werden. „Gewicht“ und „Selbsteinschätzung der körperlichen
Leistungsfähigkeit“ unterliegen der ganz persönlichen Fantasie. Wichtig:
Die Frage nach dem Interesse an der Bundeswehr mit NEIN zu beantworten,
entspricht nicht einer Kriegsdienstverweigerung! Bereitschaftserklärung
und KDV sind völlig unterschiedliche Dinge!

Auch dem Zwang zur Musterung kann mit zivilem Ungehorsam begegnet
werden, indem man zum Beispiel nicht zum Termin erscheint. Hierbei ist
mit Repressionen zu rechnen. Die Wehrpflicht ist im Art. 12a GG
festgelegt und schließt die Musterung mit ein.

Allen, die noch einen Schritt weiter gehen möchten, raten wir – jetzt
schon – zur proaktiven KDV.

Sie ist für alle Wehrpflichtigen von 17,5 – 60 Jahren möglich, auch für
Männer und Frauen, die bereits bei der Bundeswehr waren oder noch sind!

Männer, die vor dem 1.1.2008 geboren sind, trifft die Neue Wehrpflicht
insofern, dass auch sie flächendeckend erfasst werden, zurückgehend bis
zum Jahrgang 1993, hier interessiert die BW Vor-, Nachname und
gegenwärtige Adresse, damit sie auf diese Daten jederzeit schnell
zurückgreifen kann. Eine flächendeckende Musterung dieser Männer wäre
nicht zu bewältigen.

Auch außerhalb des Spannungs- und Verteidigungsfalles können sie
einberufen werden, wenn die verteidigungspolitische Lage kurzfristigen
Aufwuchs erfordert. Ist dann keine Anerkennung auf KDV vorhanden, sind
sie zum Dienst an der Waffe verpflichtet.
Ein dann noch eilig gestellter Antrag auf KDV hat zumindest im
Spannungs- und Verteidigungsfall keine aufschiebende Wirkung mehr.

Wichtiges zum KDV-Antrag

In der Beratungspraxis sieht es so aus, dass bei uns in der
Bundesgeschäftsstelle der DFG-VK vorwiegend Mütter und Väter für ihre um
das Jahr 2008 geborenen Söhne anrufen und bezüglich einer KDV beraten
werden möchten. „Der Sohn begreift den Ernst der Lage nicht, sieht noch
nicht, was auf ihn zukommt. Chill mal Mama, da wird schon nichts
passieren“. Ist der Sohn 17,5 Jahre alt, kann er den Antrag auf KDV stellen.
Er besteht aus 3 Papieren:

1. Dem Antragsschreiben, adressiert an das Karrierecenter der BW,
bestehend aus einem Satz: „Hiermit verweigere ich den Kriegsdienst mit
der Waffe aus Gewissensgründen gemäß Artikel 4, Absatz 3 des Grundgesetzes.“
2. Dem einseitigen, tabellarischen Lebenslauf: Ohne Bild, kein
Lebenslauf für eine Bewerbung!
Persönliche Daten: Vor- und Nachname, Geburtsort- und Datum, Anschrift,
Staatsangehörigkeit, Familienstand, Kinder (ohne Namen, evtl. Alter),
Eltern, Geschwister, Konfession, wenn in der Begründung von Bedeutung.
Werdegang: Grundschule und weiterführende Schulen (Zeiten und Ort),
Ausbildung, Studium (Zeit und Ort), Tätigkeit, Ehrenamt, Verein,
besondere Vorkommnisse, die in der Begründung auftauchen und für den
Entschluss zur KDV entscheidend waren. Diese kurz mit Datum erwähnen,
z.B. Tod, Krankheit, Reise, Praktikum, Begegnung, Klassenfahrt,
Gespräche, Filme.
3. Der mindestens zweiseitigen schriftlichen Begründung, einem
Fließtest, in dem ganz viel das Wort „ICH“ und das Wort „Gewissen“
vorkommen soll.
Begründung oder Beweggründe drüberschreiben, loslegen. Die Begründung
muss ganz klar zeigen, wie es zur Gewissensentscheidung (jetzt den KD zu
verweigern) gekommen ist – meist kein Schlüsselerlebnis, sondern ein
längerer Prozess.
Es empfiehlt sich, mit der Kindheit anzufangen – wie ist man
aufgewachsen (harmonisches Elternhaus, schwieriges Elternhaus, viel
Streit?), sind die Großeltern im Krieg gewesen? Was haben sie erzählt?
Was hat das mit dem Antragsteller gemacht?Ist der Vater oder Bruder bei
der Bundeswehr gewesen? Was haben sie erzählt?
Hat man in der Schule Mobbing erlebt? Schlägereien auf dem Schulhof,
Klassenfahrten, kriegerische Situationen im Unterrichtsfach, … – was hat
der Antragsteller empfunden?
Ausbildung, Arbeit, Studium, Freundeskreis, …alles, was mitentscheidend
für die jetzige Verweigerung war. Nicht nur den Vorgang beschreiben,
dass es so war, sondern auch jeweils ein kurzes Beispiel einfügen, so
wird es authentisch.
Gedanken über die gegenwärtige Weltlage: politische Gründe anführen,
aber bei allem immer gleich dazu schreiben, was es mit dem Antragsteller
macht, was es in ihm auslöst, welche Gedanken, Vorstellungen er hat.
Verein, Ehrenamt, was macht er dort? Was erlebt?
Vielleicht kennt er Leute, die bei der BW waren, vielleicht sogar im
Auslandeinsatz?
Was stellt sich der Antragsteller vor, wäre, wenn er an dieser Stelle wäre?
Könnte er das mit seinem Gewissen vereinbaren?
Ungediente können sich mit dem Militär alles nur vorstellen, sie haben
ja keinerlei Erfahrung wie z.B. Reservistinnen oder Soldatinnen. Deshalb
schreiben Ungediente: „Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn ich eine
Waffe in die Hand nehmen und schießen müsste, ich stelle mir vor, dass
ich…, ich könnte das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Stattdessen
würde ich mich lieber dafür einsetzen, dass…“.

Letztendlich der entscheidende Satz: „Deshalb verweigere ich hiermit
nach Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes aus Gewissensgründen den
Kriegsdienst mit der Waffe.“

Danach nichts mehr, nur noch Datum handschriftlich unterschrieben, wie
die beiden anderen Papiere auch. Eine rein politische, christliche oder
Verschwörungsbegründung wird abgelehnt.

Die drei Papiere in einen Umschlag, mit Einschreiben Rückschein an das
Karrierecenter der Bundeswehr, das für den Wohnort des Antragstellers
zuständig ist.
Es gibt keine Kreiswehrersatzämter mehr, dafür 15 Karrierecenter, für
Baden-Württemberg ist das Karrierecenter in Stuttgart zuständig.

Musterung

Ist der Antrag im Karrierecenter angekommen, wird er auf Vollständigkeit
geprüft. Bei Ungedienten wird festgestellt, dass sie nicht gemustert
wurden. Nur wer tauglich/wehrdienstfähig ist, kann auch einen Antrag auf
KDV stellen. Der Antragsteller bekommt also eine Einladung zur
Musterung, das kann aber einige Monate dauern.
Wer untauglich gemustert wurde, hat seinen Antrag umsonst geschrieben,
aber er ist ausgemustert und damit für immer raus aus dem Militärapparat.

Der Ablauf der Musterung ist nicht mehr so demütigend wie früher, als
man nackt vor demr Ärztin stand und in alle Körperöffnungen geschaut
wurde. Er dauert ca. 30 Minuten: Seh- und Hörtest, Größe, Gewicht,
Urinprobe, Anamnese (Schreiben vom Arzt in Kopie mitnehmen bei
chronischen-, psychischen Erkrankungen), die Unterhose bleibt an.

Ist man tauglich gemustert, wird der Antrag an das zivile Bundesamt für
Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln zur schriftlichen
Bearbeitung geschickt. Auch diese Bearbeitung kann mehrere Monate
dauern. Hat man seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer erhalten,
bedeutet das, dass man im Spannungs- oder Verteidigungsfall zwar noch
eingezogen werden kann, aber zu einem Dienst im zivilen Bereich
außerhalb der Bundeswehr – kein Dienst an der Waffe, kein Töten. (GG
Art. 12a (2))

Musterungsbescheide und Anerkennung für immer aufheben, die Bundeswehr
löscht alle Daten nach 10 Jahren.

Verweigern!

Wir beraten auch Reservist*innen und Soldat*innen. Bei
Berufssoldaten*innen mit Spezialausbildung kann es durch die
Verweigerung zu Regressansprüchen seitens der Bundeswehr kommen. Sie
möchte das Geld wieder haben, das sie in die Person investiert hat, das
kann in die Zehntausende oder mehr gehen. Hier ist die Beratung durch
einen Anwalt zu empfehlen.

Ansonsten helfen wir gerne bei Fragen zum neuen Wehrdienst. Weitere
Informationen finden sich unter anderem auf verweigern.info.



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