[IMI-List] [0672] Analyse: Kanzler in Görlitz: Züge zu Panzern / Aktualisierung Broschüre Mittelstreckenwaffen / Sonderseite Mittelstreckenwaffen

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Mi Feb 5 13:26:53 CET 2025


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0672 – 28. Jahrgang
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List finden sich

1.) ein Artikel zum heutigen Kanzlerbesuch in Görlitz, der Vorbote einer 
deutlichen Verschiebung in Richtung Kriegswirtschaft sein könnte;

2.) der Hinweis auf die Sonderseite zur geplanten Stationierung von 
US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland (u.a. mit der Aktualisierung der 
Broschüre „Frieden schaffen mit Angriffswaffen?“).


1.) IMI-Analyse: Heutiger Kanzlerbesuch in Görlitz

IMI-Analyse 2025/01
Von Zügen zu Panzern
Gegenkonversionen in Görlitz und darüber hinaus deuten auf einen 
tiefgreifenden Wandel der Industrielandschaft
https://www.imi-online.de/2025/02/05/von-zuegen-zu-panzern/
Martin Kirsch und Jürgen Wagner (5. Februar 2025)

Unter dem Begriff der Gegenkonversion – der Umwidmung von einer zivilen 
zu einer militärischen Nutzung – wurde bislang vor allem die neue 
Verwendung vormals ziviler Liegenschaften durch das Militär verstanden 
(siehe IMI-Studie 2018/03). Der heutige Besuch von Bundeskanzler Olaf 
Scholz in Görlitz steht angesichts der dort bevorstehenden Übergabe 
eines dortigen Werkes des Waggonherstellers Alstrom an den Panzerbauer 
KNDS für einen doppelten Wandel. Erstens tritt hier die Ausweitung der 
Gegenkonversion auf den bisher weitgehend verschont gebliebenen 
Industriebereich deutlich zu Tage. Und zweitens handelt es sich dabei 
nicht um einen Einzelfall, wie im Folgenden anhand einiger weiterer 
Beispiele gezeigt werden soll, die zusammengenommen womöglich die 
Vorboten für einen tiefgreifenden Wandel der deutschen 
Industrielandschaft stehen.

Vom Kreuzfahrt- zum Kriegsschiff

Im Jahr 2022 wurde die Konkursmasse der MV Werftengruppe mit Standorten 
in Wismar, Rostock-Warnemünde und Stralsund verscherbelt. Den Standort 
in Rostock-Warnemünde übernahm die Bundeswehr direkt, Kostenpunkt 87 
Mio. Euro, wobei mindestens 500 der zuvor 600 Arbeitsplätze erhalten 
bleiben sollen (Ostsee-Zeitung, 07.07.2022). Die feierliche 
Bundeswehr-Übernahme erfolgte dann am 11. Januar 2023 und wurde von der 
Truppe als „zielstrebiges Handeln in der Zeitenwende“ gefeiert. 
Gleichzeitig wurde die damalige Verteidigungsministerin Christine 
Lambrecht dazu folgendermaßen zitiert: „Es kommt nicht oft vor, dass 
eine Verteidigungsministerin den Kauf einer Werft verantwortet. Das war 
schon ein ganz besonderer Moment, als wir das erste Mal im Ministerium 
zusammensaßen und diese Idee diskutiert haben. Die Vorteile lagen ganz 
schnell auf der Hand.“ (bmvg.de, 11.01.2023)

Den Standort Wismar verleibte sich wiederum ThyssenKrupp Marine Systems 
(TKMS) ein (den dritten Standort erwarb die Stadt Stralsund). An 
Auslastung dürfte kein Mangel herrschen: Ende 2024 bewilligte der 
Bundestag die Gelder für den Bau von vier U-Booten 212 CD für 4,7 Mrd. 
Euro (womöglich kommt auch noch die Fertigung von Norwegen bestellter 
U-Boote desselben Typs hinzu). Daraufhin kündigte das Unternehmen im 
Januar 2025 an, 220 Millionen Euro in den Ausbau des Werkes in Wismar zu 
investieren (hartpunkt.de, 17.01.2025). Ebenfalls zum Jahresende wurde 
zudem eine erste Finanzierung in Höhe von 44,5 Mio. Euro für den 
möglichen Bau der neuen Fregattengeneration F-127 bewilligt. Noch ist 
unklar, ob und wenn ja, wie viele dieser für Großmachtkonflikte 
konzipierten Schiffe gebaut werden sollen. Die Rede ist entweder von 
vier (Kostenpunkt 7,5 Mrd. Euro) oder acht (15 Mrd. Euro) Fregatten 
(defence-network, 12.12.2024). Obwohl also noch viele Fragen offen sind, 
liegt TKMS wohl gut im Rennen und würde im Falle des Zuschlags laut 
Aussagen von CEO Oliver Burkhard drei der vier Schiffe in Wismar bauen 
lassen (hartpunkt.de, 17.01.2025).

Auch bei zwei weiteren bislang zivilen Werften steigen nun Unternehmen 
mit substantiellen Anteilen im Rüstungsgeschäft ein: „Die beiden 
insolventen schleswig-holsteinischen Werften FSG und Nobiskrug werden 
neue Eigentümer bekommen. Wie der Insolvenzverwalter heute mitteilte, 
wird die FSG von der Heinrich Rönner Gruppe aus Bremerhaven und 
Nobiskrug von der Lürssen-Werft aus Bremen übernommen.“ (hartpunkt.de, 
31.01.2025)

Vom Reifen zur Rüstung

Bereits im Mai 2022 titelte die Automobilwoche: „Angesichts der frischen 
Milliarden für die Bundeswehr sucht die Rüstungsindustrie in Deutschland 
händeringend nach qualifizierten Fachleuten. Fündig wird sie vor allem 
in der Automobilbranche, die selber unter Fachkräftemangel leidet.“ Eine 
deutlich bessere Bezahlung und das inzwischen positivere Image der 
Branche hätten zur Folge, dass die Rüstungsindustrie - unterstützt mit 
den Milliardenbeträgen der Zeitenwende - erfolgreich Personal abwerbe: 
„Unternehmen aus der Rüstungsindustrie schreiben bereits verstärkt 
Positionen aus, um mit schnellem Personalaufbau auf das 
Investitionsprogramm der Bundesregierung reagieren zu können", wird ein 
Münchener Personalberater zitiert (ebd.).

Seither hat sich die Situation mit der verschärften Krise der 
Automobilbranche weiter zugespitzt, was nicht zuletzt anhand der 
Kooperation zwischen dem Reifenhersteller Continental und dem größten 
deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall ersichtlich wird. Eine 
Pressemitteilung von Rheinmetall beschrieb die Zusammenarbeit am 14. 
Juni 2024 wie folgt: „Ziel der Vereinbarung ist es, den in den nächsten 
Jahren stark wachsenden Personalbedarf von Rheinmetall teilweise durch 
die von der Transformation betroffenen Beschäftigten von Continental zu 
decken. […] Continental und Rheinmetall beginnen zu diesem Zweck so früh 
wie möglich mit einer Zusammenarbeit. So sollen zum Beispiel bis zu 100 
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Continental-Standorts in Gif-horn 
eine Beschäftigungsperspektive bei Rheinmetall im niedersächsischen 
Unterlüß, rund 55 Kilometer nördlich von Gifhorn, finden. An weiteren 
deutschen Standorten werden zudem Veranstaltungen organisiert, sodass 
sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über berufliche Perspektiven bei 
Rheinmetall informieren können.“

In Unterlüß investiert Rheinmetall rund 300 Mio. Euro in den Aufbau 
einer neuen Munitionsfabrik – den ersten Spatenstich im Februar 2024 
ließ sich Kanzler Olaf Scholz nicht nehmen. Er kommentierte den Vorgang 
mit den Worten: "Wir leben nicht in Friedenszeiten. […] Panzer, 
Haubitzen, Hubschrauber und Flugabwehrsysteme stehen ja nicht irgendwo 
im Regal. […] Wir müssen weg von der Manufaktur - hin zur 
Großserien-Fertigung von Rüstungsgütern.“ (tagesschau.de, 12.02.2024)

Vom Zugbau zur Panzerfabrik

Und nun verschafft Kanzler Scholz also in Görlitz einer direkten 
Umwidmung der zivilen Produktionsstätte von Alstrom in einen Standort 
von KNDS die politische Rückendeckung. Nachdem Alstrom 2021 Bombardier 
übernommen hatte, teilte das Unternehmen im Oktober 2024 mit, es sehe 
für das Werk in Görlitz keine Perspektive mehr. Über 175 Jahre waren in 
Görlitz Bahnwaggons gefertigt worden,  man zog „einen Schlussstrich 
unter dieses Kapitel Industriegeschichte“ (Neues Deutschland, 03.02.2025).

KNDS baut unter anderem den Radpanzer Boxer und den Leopard 2A8, auch 
beim künftigen Kampfpanzersystem (MGCS) spielt das Unternehmen die 
führende Rolle. Die Tatsache, dass die Pläne nun öffentlichkeitswirksam 
mitten im Wahlkampf präsentiert werden, deutet auf die Popularität der 
Maßnahme hin. Es gibt allerdings auch einige kritische Stimmen, die auf 
den grundsätzlichen Charakter dieser und anderer Entwicklungen 
hinweisen: „Für die Linke warnte Kreischef Mirko Schultze, die Region 
werde »stetig, aber sicher kriegstüchtig gemacht«. Der 
Truppenübungsplatz Oberlausitz werde für Manöver genutzt, auf der 
Bahnmagistrale durch Görlitz »fahren Panzer gen Osten«, nun komme ein 
Rüstungsbetrieb dazu. Die Fähigkeiten der Waggonbauer würden dringender 
benötigt, »um die Verkehrswende hinzubekommen und die Klimakrise 
anzugehen«.“ (ebd.)

Fazit: Rüstung und Industrie im Wandel

Anfang 2024 wurde auf europäischer Ebene eine 
Verteidigungsindustriestrategie (EDIS) und ein entsprechendes 
Investitionsprogramm (EDIP) durch die Kommission vorgelegt (siehe 
IMI-Analyse 2024/23). Hierzulande wurde im Dezember 2024 eine Nationale 
Sicherheits- und Verteidigungsstrategie präsentiert, die es ebenfalls in 
sich hat (siehe IMI-Analyse 2024/52). Beide setzen auf verschiedenste 
Maßnahmen zur Ankurbelung der Rüstungsproduktion, die eine Verschiebung 
in Richtung Kriegswirtschaft nach sich ziehen. Der Anlass für den 
heutigen Besuch des Kanzlers in Görlitz ist in diesem Zusammenhang zu 
sehen: Ein Mal ist ein Ereignis, zwei Mal ist ein Zufall und drei Mal 
ist ein Muster, so sagt zumindest ein Sprichwort. Wenn sich also die 
Marinesparte von Thyssen-Krupp (TKMS) und der bundeswehreigene 
Schiffsreparaturbetrieb an der Konkursmasse der MV-Werftengruppe 
bedienen, Rheinmetall systematisch Facharbeiter*innen vom kriselnden 
Automobilzulieferer Continental übernimmt und KNDS Deutschland (ex-KMW) 
ein Werk, in dem bisher Züge produziert wurden, samt Mitarbeiter*innen 
zur Panzerschmiede umwidmet, ist das also kein Zufall mehr. Drei 
kriselnde zivile Industriebranchen, drei Regionen in Deutschland und 
drei große Rüstungsfirmen, die dort expandieren können, können wohl als 
Muster bezeichnet werden. Zumal sich weitere Beispiele, die weniger 
prägnant sind, finden lassen.

Das Zeitalter der (erhofften) Rüstungskonversion ist offensichtlich 
vorbei. Im Gegenteil labt sich die stetig wachsende und von massiven 
Fördertöpfen von Bundesregierung und EU gepamperte Rüstungsindustrie an 
zivilen Sektoren. Mittel aus Sondervermögen und EU-Rüstungstöpfen 
stärken die Rüstungsindustrie, während die Förderung für E-Autos, ÖPNV, 
Deutschlandticket, usw. gestrichen oder nicht weiter aufgelegt werden. 
Die politischen Prioritäten und die daran geknüpften Geldflüsse zeigen 
ihre Wirkung jetzt ganz praktisch. Es wandelt sich etwas in der 
deutschen Industrielandschaft!


2.) Sonderseite Mittelstreckenwaffen

IMI-Mitteilung
Sonderseite Mittelstreckenwaffen
Factsheet, Broschüre, Kampagne, Artikel
https://www.imi-online.de/2025/02/05/sonderseite-mittelstreckenwaffen/
5. Februar 2025

FACTSHEET: Inzwischen sind eine Reihe von Materialien und Aktivitäten 
rund um die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenraketen 
entstanden. Recht frisch ist ein mit der DFG-VK und der 
Bertha-von-Suttner-Stiftung gemeinsam herausgegebenes IMI-Factsheet, das 
von der IMI-Seite heruntergeladen (Link auf der Sonderseite) oder im 
DFG-VK Shop gratis (gegen Porto) bestellt werden kann: 
https://shop.dfg-vk.de/

BROSCHÜRE: Wer tiefergehend ins Thema einsteigen möchte, dem sei die 
Broschüre „Frieden schaffen mit Angriffswaffen?“ empfohlen, die 
IMI-Vorstand Jürgen Wagner zusammen mit der Linken-Europaabgeordneten 
Özlem Demirel verfasst hat. Die Broschüre erschien im Herbst 2014 und 
wurde im Februar 2025 in einer leicht aktualisierten und erweiterten 
Fassung neu aufgelegt. Sie kann ebenfalls von der Internetseite 
heruntergeladen (Link auf der Sonderseite) oder auch gratis (gegen 
Porto) abgegeben werden. Bestellungen in 20er oder 50er Packen bitte an: 
bestellungen at oezlem-demirel.de

KAMPAGNE: Neben der Unterschriftenliste des Berliner Appells hat sich im 
November 2024 die Kampagne „Friedensfähig statt erstschlagfähig!“ 
gegründet, an der sich inzwischen bereits fast 50 Gruppen beteiligen. 
Auch die IMI ist mit dabei. Aktuell wird an Kampagnenmaterial und dem 
Ausbau des Internetauftritts der Kampagne gearbeitet: 
https://friedensfaehig.de/

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https://www.imi-online.de/2024/09/02/mittelstreckenwaffen-in-der-etappe/
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https://www.imi-online.de/2024/08/27/ein-neues-europaeisches-raketen-zeitalter/ 

Claudia Haydt (27. August 2024)
IMI-Standpunkt 2024/16
Mittelstreckenwaffen: Verzerrte Einordnung
https://www.imi-online.de/2024/07/19/mittelstreckenwaffen-verzerrte-einordnung/ 

Bernhard Klaus (19. Juli 2024)

IMI-Analyse 2024/33 (Update: 23.7.2024)
„Das ist lange her, dass es das gab“
Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland mit Reichweite 
bis Russland beschlossen
https://www.imi-online.de/2024/07/11/das-ist-lange-her-dass-es-das-gab/
Jürgen Wagner (11. Juli 2024)



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