[IMI-List] [0650] Analysen: Rotes Meer / AfD / IG Metall-SPD-BDSV / Exporte Israel

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Do Feb 15 14:54:13 CET 2024


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0650 – 27. Jahrgang
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser Mail findet sich

1.) der Hinweis auf neue Texte zu den westlichen Militäreinsätzen im 
Roten Meer und der vermeintlichen „Friedenspartei“ AfD und deutschen 
Waffenlieferungen an Israel;

2.) eine erste Auswertung des gemeinsamen Rüstungspositionspapiers von 
IG Metall, SPD-Wirtschaftsforum und dem Bundesverband der Sicherheits- 
und Verteidigungsindustrie.

1.) Neue Texte: Rotes Meer / AfD / Exporte Israel

IMI-Analyse 2024/10
Wächter des Wohlstands im Roten Meer
Westliche Militäreinsätze in schwierigem Gewässer
https://www.imi-online.de/2024/02/15/waechter-des-wohlstands-im-roten-meer/
Jürgen Wagner (15. Februar 2024)

IMI-Analyse 2024/09
Deutsche Rüstungsexporte nach Israel und die Region
https://www.imi-online.de/2024/02/09/deutsche-ruestungsexporte-nach-israel-und-die-region/ 

Elvin Çetin (9. Februar 2024)

IMI-Analyse 2024/08
Antiamerikanismus allein macht noch keine Friedenspartei
Der deutschnationale Militarismus der AfD unter falscher Flagge
https://www.imi-online.de/2024/02/07/antiamerikanismus-allein-macht-noch-keine-friedenspartei/ 

Merle Weber (7. Februar 2024)



2.) Analyse: Schulterschluss Rüstung

IMI-Standpunkt 2024/003
Schulterschluss Rüstung
Positionspapier von IG Metall, SPD-Wirtschaftsforum und BDSV
https://www.imi-online.de/2024/02/14/schulterschluss-ruestung/
Andreas Seifert (14. Februar 2024)

In der Mobilisierung von noch mehr Geld meldet sich eine neue Troika zu 
Wort: Gewerkschaft (IGM), Kapital (BDSV) und Lobbyverband 
(SPD-Wirtschaftsforum) fordern gemeinsam, man dürfe nicht nachlassen 
noch mehr Ressourcen in die heimische Rüstung zu pumpen. Mit einem 
gemeinsamen Positionspapier „Souveränität und Resilienz sichern – 
Industriepolitische Leitlinien und Instrumente für eine zukunftsfähige 
Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“ ging man am 9. Februar 2024 an 
die Presse.  Tenor des 12-seitigen Papiers: Wir sehen, dass die 
Bundesregierung (endlich) in die Rüstung investiert, aber es ist nicht 
genug und es wird zu wenig in deutsche Unternehmen gesteckt. Deutschland 
droht seine Kompetenzen in der Rüstung zu verlieren und damit gehen 
Arbeitsplätze verloren.

Rüstungsfesseln abschaffen

Die Stärkung „nationaler Kompetenzen“ im Verbund mit den in Deutschland 
vorhandenen
Arbeitsplätzen ist das verbindende Element dieses Papiers und es wird 
schnell deutlich, dass hier die unternehmerische Perspektive 
federführend war: „Mit dem 100-Milliarden-Euro-Programm ist es möglich, 
notwendige Beschaffungen für die Entwicklung der Bündnis- und 
Verteidigungsfähigkeit durchzuführen; zu erheblichen Teilen erfolgen 
diese aus den USA und Israel. Weder aus der Sicht des Bundeswehr-Bedarfs 
noch aus Sicht der SVI [Sicherheits- und Verteidigungsindustrie] reicht 
dies aus. Deutschland und Europa brauchen ein industriepolitisches 
Konzept zur Stärkung der SVI und Aufbau und zur Entwicklung eigener 
leistungsfähiger Verteidigungssysteme in den Dimensionen Land, Luft und 
See.“
Wesentlicher Hebel einer Förderung ist die Berücksichtigung nationaler 
Unternehmen und Kompetenzen und die Verstetigung aller Ausgaben. Die 
dauerhafte Sicherstellung von hohen Investitionen in den Bereich der 
Wehrtechnik, z.B. auch durch die gezielte Förderung technologischer 
Entwicklungen, gepaart mit dem Wunsch nach langfristigen und 
auskömmlichen Lieferverträgen ist das Schlüsselelement, das zum Gedeihen 
der Industrie führen soll. Zudem wird gefordert, dass eine größere 
Verbindlichkeit im Kontext länderübergreifender Rüstungsprojekte 
entsteht und eine Harmonisierung der Exportrichtlinien in Europa die 
vermeintlich vorhandene Benachteiligung deutscher Unternehmen aufhebt. 
Oder um es etwas einfacher zu formulieren: Weg mit zu viel 
Einschränkungen beim Export ... auch wenn die Branche es natürlich und 
ausdrücklich unterstützt, „dass Deutschland mit großer Sorgfalt jeden 
einzelnen Exportfall prüft.“ Nein, das ist nicht so, was insbesondere im 
Verhältnis zu Dual-Use-Gütern deutlich wird, wo den Schreiber*innen die 
mögliche Verhinderung eines Geschäfts durch eine Exporteinschränkung ein 
Dorn im Auge ist. Und wenn man schon einmal dabei ist, sich gegen 
Regularien zu stemmen, wird auch gleich die Befreiung von der 
CO2-Bepreisung durch EU-Regularien und eine Ausnahme vom EU-„Carbon 
Border Adjustment Mechanism“ gefordert, da ihre Produkte „nur im 
begrenzten Umfang ‚grüne‘ Technologien beinhalten können.“ Da Krieg also 
nicht „grün“ geht, sollte man die Industrie nicht mit dem Klima belästigen.

Partikularinteressen

Entlang der Sektoren Land, See und Luft werden diese Ideen im Verlauf 
des Papiers durchdekliniert. Wie nicht anders zu erwarten, ist 
Aufrüstung die einzige Option, die den Schreiber*innen einfällt. Das ist 
dann besonders kurios, wenn die „Bedrohungslage“ als terroristisch 
eingestuft wird oder ein Sabotageakt vorliegt. Die Antwort auf die 
Frage, ob mehr Fregatten, Korvetten und Flottendienstboote den 
„Sabotageakt auf die Gaspipeline Nord-Stream im September 2022“ hätten 
verhindern können, bleibt das Papier schuldig – es reicht als 
Ausgangspunkt einer verstärkten Aufrüstung. Dass es umgekehrt auch nicht 
darum geht, dieser angenommenen Bedrohungslage mit wirklichen Maßnahmen 
zu begegnen, sondern vor allem die eigenen Partikularinteressen 
durchzusetzen, wird deutlich, wenn „europäische“ Projekte auf ihre 
„nationalen“ Auswirkungen runtergebrochen werden. So war laut dem 
Positionspapier die Vergabe der F126 Fregatte an einen „europäischen 
Wettbewerber“ letztlich ein Fehler, da Kompetenzen in Deutschland 
verloren gehen – ein effizienter Umgang mit Haushaltsmitteln ist demnach 
kein Kriterium. Nationale Lösungen sind somit deshalb schon besser, weil 
sie das Geld im Land lassen. Mangelnde Kosteneffektivität, wie sie z.B. 
zuletzt auch in einer Greenpeace-Studie  festgestellt wurde, sind kein 
Anlass zur Selbstkritik. Es wird deutlich, dass die führenden 
Industrieunternehmen regelrecht ihren Wunschkatalog in dieses 
Positionspapier haben einbringen können, vorhandene Kritik an ihrem 
Gebaren ausblenden und gern auch mal deutlich übertreiben. So werden 
z.B. im „Leitsektor Domäne Luft“ die Beschäftigungswirkungen der 4. 
Eurofighter-Tranche über den grünen Klee gelobt, obschon die zugrunde 
gelegte PwC-Studie im Auftrag des BDLI,  als Gefälligkeitsgutachten mehr 
als kenntlich ist. In der wird dann beispielsweise behauptet, dass sich 
der Eurofighter quasi über seine Produktion alleine schon zu fast 66% 
selbst refinanziert – erreicht wird dies unter anderem indem man die 
Sozialversicherungsbeiträge der Beschäftigten gleich mal als Steuern 
wertet (eine Logik, die man ansonsten nur noch beim Lobbyverband der 
Steuerzahler findet). Kurzum, Rüstung in Deutschland ist nicht nur 
sicherheitstechnisch ein Gewinn, die Gesamtwirtschaft wird dadurch gestärkt.

Leichtfertige Rüstungswünsche

Als Papier der Industrie konnte man nichts anderes erwarten. Von einem 
Papier, das aus dem Fokus der in der Industrie Beschäftigten kommt, auch 
nicht ganz etwas anderes: es sind ja schließlich ihre Arbeitsplätze, um 
die es hier geht. Im Namen der Gesamt-IGM ist das vielleicht schon 
wieder ein bisschen anders. Von einem SPD-Wirtschaftsforum hingegen 
hätte man sich die Berücksichtigung auch anderer wesentlicher Aspekte 
der Gesamtwirtschaft erwarten können. Denn Rüstung ist nicht irgendeine 
Form einer wirtschaftlichen Betätigung – hier wird das produziert, was 
andere dazu verleitet, die militärische Bedrohung überhaupt erst zu 
erschaffen, gegen die man sich mit mehr Waffen zu schützen glaubt. 
Rüstung erschafft per se keine Sicherheit, sondern das Gegenteil davon. 
Der leichtfertige Wunsch, mehr zu produzieren und zu exportieren, damit 
es der Volkswirtschaft gut geht und Arbeitsplätze erhalten werden, wird 
erfüllt, in dem andere ggf. in anderen Teilen der Welt in einer größeren 
Unsicherheit leben müssen, Opfer von Krieg und Waffeneinsatz zu werden. 
Die Rechnung, mithilfe von vielen unproduktiven Euro in die Rüstung 
würde es allen gut gehen, kann nicht aufgehen – andere Bereiche der 
Wirtschaft sind hier wesentlich effektiver, Wohlstand zu schaffen und zu 
erhalten, als eine überteuerte Rüstung. Ein Fingerzeig ist hier, dass 
die Worte Gewinn, Rendite, Aktionäre in dem Papier nicht zu finden sind 
– selbstlos.



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