[IMI-List] [0634] Aufrüstung Schwarzes Meer / Militärhaushalt / Sudan
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imi at imi-online.de
Mo Mai 22 12:11:40 CEST 2023
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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0634 .......... 26. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
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Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,
in dieser IMI-List finden sich
1.) der Hinweis auf eine Studie zur Aufrüstung der Schwarzmeerregion und
damit verbundenen, innenpolitischen Spannungen in Bulgarien;
2.) der Hinweis auf eine Analyse des Haushalts-Entwurfs im Hinblick auf
Rüstung und Militär;
3.) eine Analyse zum Bürgerkrieg im Sudan
1.) Aufrüstung im Schwarzmeerraum
IMI-Studie 2023/01
Aufrüstung im Schwarzmeerraum
Geopolitische Interessen und innenpolitische Konflikte in Bulgarien
https://www.imi-online.de/2023/05/16/aufruestung-im-schwarzmeerraum/
Yasmina Dahm (16. Mai 2023)
Aus der Einleitung:
„Das NATO-Mitglied Bulgarien steht bei der Eskalation der Spannungen
zwischen Russland und der NATO geographisch und innenpolitisch zwischen
den Fronten und wird dabei immer häufiger ein Ziel von
NATO-Truppenbewegungen und groß angelegten Manövern im Schwarzmeerraum.
Dass dem Schwarzen Meer und der Schwarzmeerregion eine große
strategische Relevanz in Auseinandersetzungen zwischen Russland und der
NATO beigemessen werden, geht aus einer Vielzahl von Strategiepapieren
und einer immer größeren militärischen Präsenz an der NATO-Südostflanke
hervor, die im Folgenden thematisiert werden sollen. Aufgrund seiner
Bedeutung für geopolitische Interessen in der Schwarzmeerregion wird an
dieser Stelle auch auf das Meerengenabkommen von Montreux eingegangen,
das die Durchfahrt durch den Bosporus und die Dardanellen regelt und
damit den Wasserweg zwischen dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer
reguliert.“
Die vollständige Studie als PDF:
https://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2023-01-Schwarzmeerraum.pdf
2.) IMI-Analyse: Militärhaushalt 2024
IMI-Analyse 2023/24
Militärhaushalt 2024
Ausgaben auf dem Höhenflug – Bundeswehr auf Shopping-Tour
https://www.imi-online.de/2023/05/19/militaerhaushalt-2024/
Jürgen Wagner (19. Mai 2023)
3.) Zum Bürgerkrieg im Sudan
IMI-Analyse 2023/23
Ignorierte Tyrannen
Zum erneuten Bürgerkrieg im Sudan
https://www.imi-online.de/2023/05/17/ignorierte-tyrannen/
Pablo Flock (17. Mai 2023)
Friedensverhandlungen im Sudan scheinen kaum eine Perspektive für
Frieden und noch weniger für Demokratie und Gerechtigkeit zu bieten. Mit
dem Jahre langen Votum für die Autokratie bleibt auch der Westen
verantwortlich für die aktuelle Katastrophe.
Versprochene und immer wieder gebrochene Waffenstillstände,
Friedensverhandlungen zwischen Generälen verschiedener
Sicherheitsinstitutionen eines Landes und eine schreckliche humanitäre
Situationen – seit Mitte April ist der Sudan wieder auf den Titelseiten
der Zeitungen und in den TV-Nachrichten zu sehen. Alle sind darüber
informiert, welches Land aus dem globalen Norden seine Bürger*innen am
schnellsten, entschiedensten, oder – wie es die Bundeswehr gerne über
sich hört – am robustesten evakuiert. Die sudanesische Bevölkerung wird
währenddessen oft nur mit der Zahl der hunderten Toten bedacht,
vielleicht noch ergänzt durch eine halbwegs aktuelle Bezifferung der
tausenden Verletzten, der hunderttausenden intern Vertriebenen und
Geflüchteten und dem leicht zu unterschätzenden humanitären Faktor, dass
vielen Menschen in der Hauptstadt Khartoum das Wasser und die
Lebensmittel ausgehen, während eine Flucht aus der Stadt wegen der
Straßenkämpfe lebensgefährlich bis unmöglich ist. Beide Kriegsherren
scheinen keine Probleme damit zu haben, Wohngebiete zu bombardieren bzw.
als menschliche Schutzschilde zu verwenden. Kritische zivile
Infrastruktur wie Krankenhäuser werden angegriffen und fallen auf Grund
von Stromausfällen und Materialmangel aus, während sich Krankheiten
ausbreiten. Besonders in Gebieten der Miliz Rapid Support Forces RSF
wird auch von Angriffen auf Zivilist*innen und sexueller Gewalt
berichtet. Tausende sitzen wegen fehlenden Papieren z.B. auf der Flucht
nach Saudi-Arabien im Port Sudan fest oder fliehen in die ebenso
kriegszerrütteten Länder Südsudan und Äthiopien.
Für die seit dem Putsch der Generäle immer wieder in Großprotesten
aufbegehrende und dabei mehrfach auch massakrierte Bevölkerung kommt das
nicht überraschend. Ein Nachfolgekrieg zwischen den beiden Generälen,
die während anhaltender Protesten im Jahr 2019 ihren damaligen Chef an
der Staatsspitze ersetzten, war stets eine Möglichkeit, da beiden
Verfahren wegen Kriegsverbrechen drohen könnten, wenn die Macht von
zivilen, gewählten Volksvertretern übernommen würde. Eine Integration
der RSF in die regulären Streitkräfte, wie es von den zivilen Kräften
für Freiheit und Veränderung (FFC), die am sogenannten Übergangsprozess
beteiligt waren, wie auch von den davon ausgeschlossenen
Übergangskomitees gefordert wurde und im Dezember letztendlich auch
beschlossen wurde,[1] erschien kaum wahrscheinlich – weder in den vom
obersten General al-Burhan anvisierten zwei Jahren, noch in den vom
Milizenführer Mohamed Hamdan Dagalo vorgeschlagenen zehn Jahren.
Von der ethnischen Gewalt zur Gewaltökonomie
Zu groß sind die Reichtümer, die individuellen politischen Chancen und
wirtschaftlichen Netzwerke, aber eben auch drohende Strafen, die die
beiden Generäle in den vorangegangenen Bürgerkriegen im Sudan aufgehäuft
haben. Auch wenn der jetzige Konflikt keiner dieser typischen
postkolonialen Konflikte über Landverteilung und Staatsdominanz zwischen
verschiedenen in einem Staat zusammengepferchten Ethnien ist,
entspringen die materiellen und sozialen Ressourcen der beiden durch
Gewalt geadelten Streithähne solchen postkolonialen und zudem durch den
Klimawandel angeheizten Konflikten.
Die Bevölkerung im nicht-muslimischen, schwarzafrikanischen Südsudan und
dem vormals unabhängigen Kalifat Darfur im Westen des Landes wurde
während der britischen Kolonialzeit und bei der Entkolonialisierung der
Hauptstadt Khartoum im arabischen Norden unterstellt. Nachdem die
Bevölkerung im Südsudan keine Lebensverbesserung spürte, während seit
Jahrzehnten die Ölquellen sprudelten, begann 1983 der schreckliche
Bürgerkrieg, der 2011 letztendlich zur Gründung des Südsudans führte. In
Darfur führte der Rückgang des fruchtbaren Landes zu ethnischen
Spannungen endete in dem, was Harald Welzer in seinem gleichnamigen Buch
den ersten „Klimakrieg“ nennt.[2] Die Regierung unter dem
Langzeit-Diktator Omar al-Bashir bewaffnete die aus arabischen,
viehtreibenden Gruppen rekrutierten Dschandschawid Milizen, welche die
Fur und andere, oft als „afrikanisch“ identifizierte, Ackerbau
betreibenden Bevölkerungsteile teilweise vertrieben und dabei einen
Genozid mit über einer viertel Millionen Toten begingen.
Der jetzige Armeechef General Abdel Fattah al-Burhan machte in Darfur
militärische Karriere unter dem Diktator al-Bashir. Dieser wartet
mittlerweile in Den Haag auf sein Verfahren wegen diesem Genozid,
nachdem al-Burhan ihn gemeinsam mit Dagalo wegputschte und auslieferte,
dessen Rapid Support Forces die institutionalisierten
Dschandschawid-Milizen sind.
Dagalo, der mit seinen schweren Menschenrechtsverbrechen in Darfur, an
Demonstranten in Khartoum und seiner fehlenden staatlichen Legitimation
im jetzigen Konflikt die größten Chancen auf internationale
Strafverfahren hat, hat natürlich auch kein Interesse, an Souveränität
einzubüßen und sich unterzuordnen und damit auslieferbar zu machen. Mit
sicheren Cashflows und Waffenversorgung kann er es wagen und könnte es
sich lohnen, die zahlenmäßig überlegene Armee herauszufordern. So können
international vernetzte Warlords und Reste einer diktatorischen
Militärverwaltung auf dem Rücken einer demokratiehungrigen Bevölkerung
ihren Krieg um Macht und Pfründe austragen.
Ein geopolitischer Stellvertreter-Bürgerkrieg?
Beide haben über die Jahre ihres Aufstiegs natürlich auch im Ausland
Verbündete gesammelt und verschiedene Mächte werden verdächtigt,
Stellvertreterkonflikte auszutragen. Ausgiebig thematisiert wurden in
den westlichen Medien natürlich die Verbindungen Dagalos zur
Söldnerarmee Gruppe Wagner des russischen Oligarchen Jewgeny Prigoschin.
Dessen Firmen Meroe Gold und M-Invest sind – wie auch in der
angrenzenden Zentralafrikanischen Republik – stark im sudanesischen
Goldgeschäft involviert, das hauptsächlich von Dagalo dominiert wird,
dem dabei Schmuggel und Raub nachgesagt werden. Die Lieferung von
Flugabwehrraketen durch ein Flugzeug der Söldnergruppe, über die
einhellig berichtet wurde, scheint dabei jedoch die einzige unmittelbare
Unterstützung zu sein. Die Gruppe Wagner bestreitet, im Land aktiv zu
sein. Ebenso durch das Gold an Dagalo gebunden sind die Vereinigten
Arabischen Emirate, die dessen größter Abnehmer sind und die Miliz im
Vorfeld mit Waffen versorgten.
In dem Licht sehen die internationalen Verbindungen seines Widersachers,
des offiziellen Staatschefs während der Übergangszeit, al-Burhan eher
bescheiden aus. Etwas Legitimationsshow konnte er sich bei einem Besuch
in Ägypten abholen und zumindest scheint es, nachdem Dagalos RSF einige
ägyptische Soldaten gefangen nahm und ein ägyptisches Flugzeug
zerstörte, dass al-Burhan auch etwas militärische Unterstützung bekam.
Natürlich haben auch die anderen Nachbarstaaten Interessen und
Präferenzen. Uwe Kerkow mutmaßt im Onlinemagazin Telepolis, dass die
äthiopische Führung eher Dagalo favorisiere, weil al-Burhan eben von
Ägypten unterstützt wird, welches Äthiopien wegen des Aufstauens des
Nils im Grand Etiopian Renaissance Damms mehrfach bedrohte. Belege dafür
bleibt er allerdings schuldig.[3]
Zudem wichtige Akteure in der generell destabilisierten Region sind
Warlords und Rebellengruppen. Wie Hannah Wettig in der jungle.world
schreibt,[4] sei der Gründer der Dschandschawid Milizen, Musa Hilal,
schon länger mit Dagalo verfeindet und nun explizit mit al-Burhan
verbündet, was wiederum den Tschad auf al-Burhans Seite ziehe, da Musas
Tochter mit dem ehemaligen Diktator, dem Vater des jetzigen Diktators,
verheiratet war. In der Zentralafrikanischen Republik sei es wiederum
andersherum: Dagalo kämpfe zusammen mit den Wagner-Söldnern an Seite der
Regierung, während die bekämpften Rebellen von Musa unterstützt würden.
Ein weiterer wichtiger Warlord in der Region ist Khalifa Haftar, Führer
der Libyan National Army, der zusammen mit dem Abgeordnetenhaus in
Tobruk den größten Teil Libyens regiert. Dieser lieferte wohl Waffen an
Dagalo und kämpft ebenfalls mit der Wagnergruppe. Allerdings wird Haftar
auch von Ägypten unterstützt, was die eindeutige Einteilung der
bewaffneten Gruppen in der Region in zwei Lager unterminiert.
Multipolarität der MENA-Region
Da beide Seiten im sudanesischen Konflikt bis vor Kurzem eine recht
geschmiert laufende geteilte Macht ausübten und beide, die sudanesische
Armee und die RSF, im Verbund mit verschiedenen arabischen Staaten Seite
an Seite im Jemen kämpften, scheitern Versuche, die Konfliktparteien zu
Stellvertretern größerer Mächte zu reduzieren. Russland, das von Dagalo
eine Zusage für eine Militärbastion im roten Meer bekam, ist die einzige
überregionale Großmacht, die aber auch nur über die private Söldnerarmee
mit Waffenlieferungen und Goldschmuggel involviert ist, welche, wie
kürzlich in der Ukraine gesehen, oft recht eigenständig agiert. Ägypten,
die Vereinigten Arabischen Emirate und die afrikanischen Nachbarländer
werden ihre Interessen sicherlich zu sichern suchen – doch ein
ausgedehnter Krieg im Land nutzt auch diesen wenig.
Saudi-Arabien, das wohl reichste und mächtigste Land der Region, scheint
deshalb auch kaum Partei zu ergreifen und bewirtschaftet stattdessen
zusammen mit den USA die Friedensverhandlungen und bietet Zuflucht für
Geflüchtete. Auch wenn die einzige westliche Großmacht sozusagen bei den
Friedensbrokern sitzt, sind dies keine besonders guten Nachrichten für
die Menschen im Sudan. Natürlich wird das Schweigen der Waffen von allen
vorrangig begrüßt werden. Doch die Zeiten, in denen demokratische Kräfte
und normale Menschen des Sudans an Verhandlungen über die
institutionelle Zukunft teilnahmen, sind wohl vorerst vorüber, und das
eigentlich auch schon lange.
Denn Autokratie und Gewaltherrschaft sind nicht nur für Russland, die
monarchischen Golfstaaten und das ebenfalls durch ein Militärregime
regierte Ägypten Normalität. Obwohl ihr Einfluss hier minimal erscheint,
erhalten auch die USA und die europäischen Mächte nur allzu gerne
autokratische Regime in der Region, solange diese ihren Interessen
entsprechen – was im Sinne europäischer Mächte bedeutet, dass diese sich
nur anschicken sollen, die Durchreise von Migranten aus den von
bewaffneten Konflikten und Klimawandel geplagten Gegenden Afrikas in
Richtung Europa zu unterbinden.
Grenzposten Sudan
Ebenso wie in Ägypten, Libyen, Marokko und der Türkei hatten die EU und
ihre Mitgliedsstaaten auch im Sudan keine Probleme damit, autoritäre und
menschenverachtende Regime in seine Grenzschutzstrategien einzubinden
und ihre repressiven Gewaltapparate dafür aufzurüsten.
So berichtete im Jahr 2016 beispielsweise der Spiegel über rund 46
Millionen aus der EU für den Grenzschutz im Sudan, von dem besonders die
RSF profitiert hätten,[5] die laut Human Rights Watch jedoch oft
gemeinsame Sache mit den erpressenden und vergewaltigenden Schmugglern
machten. Deutschland sei dabei federführend bei den Verhandlungen
gewesen. Eine Studie der Menschenrechtsorganisation Oxfam
veröffentlichte 2017 Ergebnisse, die belegen, dass von 400 Mio. Euro des
im Rahmen des Khartoum Prozesses verteilten Emergency Trust Fund for
Africa „nur drei Prozent in die Entwicklung sicherer und legaler
Migrationsrouten flossen. Der größte Teil ging an die
Migrationskontrolle.“[6]
Da diese Zusammenarbeit schon dem ehemaligen Diktator al-Bashir gute
Dienste im Sinne einer gewissen internationalen Akzeptanz durch den
Westen sowie mutmaßlich 2017 auch eine Lockerung der US-Sanktionen
einbrachte, war es für Dagalo nach dem Putsch naheliegend, gegenüber den
europäischen Ländern zu bekräftigen, dass sie die Migrationskontrolle
nicht im Eigeninteresse ausführten und sich die Länder im Norden ihren
Wohlstandsschutz etwas – am besten eine Flotte neuer Geländewagen –
kosten lassen sollten und das Militärregime besser akzeptieren sollten.[7]
Ein neues „Mythbusting“-Factsheet des Auswärtigen Diensts der EU
(EEAS),[8] das seit dem Ausbruch der Kämpfe ganz oben bei den
Suchmaschinen erscheint, gibt jedoch an, die EU hätte dem Sudan niemals
im Rahmen des sogenannten Khartoum Prozess, dem Migrationsforum mit den
ostafrikanischen Ländern, Gelder zur Migrationskontrolle bereitgestellt.
Der Kapazitätsaufbau im Rahmen des Better Migration Management Programms
mit der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ)
sei wegen der politischen und der Sicherheitslage ausgesetzt. Ebenso das
Regional Operational Center in Khartoum (ROCK), in dem die
verschiedenen, größtenteils autokratischen Länder der Region Daten über
Grenzkontrolle und -schutz, Schleuserkriminalität und Migrationsrouten
austauschen. Wie die Deutsche Welle berichtete, geschah dies nachdem im
Juni 2021 die RSF ein Massaker an über 120 Demonstranten in der
Hauptstadt verübte.[9]
„Demokratische Werte“ im Sudan hinten angestellt
In jedem Fall war die Unterstützung gering, welche die Protestbewegung
gegen die Herrschaft der Militärs nach der Machtübernahme durch die zwei
Generäle bekam. Es wurden zwar z.B. in Deutschland Geberkonferenzen
organisiert, wo 1,8 Mrd. Euro an finanziellen Hilfen für den Sudan
gesammelt wurden, und die EU stellte 100 Mio. zur sozialen Absicherung
bereit.[10]
Doch die Unterstützung eines Übergangssprozesses, der durchgehend durch
Militärs geprägt war und nicht die Unterstützung der Masse der
Bevölkerung genoss, war zum Scheitern verurteilt. Im Gegensatz zu Mali,
das einen von breiten Massen der Bevölkerung unterstützten Putsch
erlebte und Sanktionen von Seiten der EU und seines regionalen Blocks
erlebte, hielten sich diese Druckmittel im Falle der viel unpopuläreren
Putschregierung im Sudan in Grenzen. Und das, obwohl die Aktivisten der
Widerstandskomitees drei Jahre lang vor einer solchen Situation wie
jetzt warnten.[11] Diese revolutionäre Basisorganisationen nahmen
deshalb auch nicht am Transitionsprozess der Generäle teil – waren aber
auch nicht dazu eingeladen.
Nun bleibt auch den Kräften für Freiheit und Wandel, den
zivilgesellschaftlichen Organisationen, die am Übergangsprozess
beteiligt waren, nichts anderes übrig, als Friedensverhandlungen zu
begrüßen. Eine zivile Beteiligung an der Gestaltung der institutionellen
Zukunft des Sudans bleibt an diesem Punkt unwahrscheinlich. Die
Widerstandskomitees sind derweil zum Rückgrat der von den Kämpfen
betroffenen Zivilbevölkerung geworden, managen improvisierte
Erste-Hilfe-Zentren, dokumentieren Kämpfe in Echtzeit, um sicherere
Fluchtbewegungen zu ermöglichen und richten Shuttle-Services ein[12] –
kümmern sich um den Scherbenhaufen, den man die bewaffneten Kräfte hat
anrichten lassen, in dem Glauben, dass diese ihre Macht irgendwann
einfach aufgeben würden.
Anmerkungen
[1] Al-Rujuob, Awad: Sudan leader says to build professional army under
elected civilian authority aa.com.tr 26.03.2023
[2] Welzer, Harald: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird.
Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 2008
[3] Kerkow, Uwe: Eskalation im Sudan: Anzeichen eines neuen
Stellvertreterkrieges. telepolis.de 23.04.2023
[4] Wettig, Hannah: Krieg statt Demokratie. shop.jungle.world 27.04.2023
[5] Dahlkamp, Jürgen und Maximilian Popp: EU to Work with African Despot
to Keep Refugees Out. 13.05.2016 spiegel.de
[6] Zitat aus: Chandler, Caitlin: Inside the EU’s flawed $200 million
migration deal with Sudan. thenewhumanitarian.org 30.01.2018 ; Oxfam
Briefing Note: An Emergency Trust Fund for Whom? The EU Emergency Trust
Fund – migratory routes and development aid in Africa. November 2017
oxfam.org
[7] Rosca, Matei: Top Sudan general warns country could be source of
refugee influx to Europe politico.eu 01.12.2021
[8] Mythbusting: What the EU Really does in Sudan. Download: eeas.europa.eu
[9] Wills, Tom: EU stops Sudan border control projects amid repression
fears. 22.07.2019 dw.com
[10] Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz
vom 07.01.2022 auswaertiges-amt.de;
European Union announces €100 million to support the democratic
transition process in Sudan. 01.03.2020 reliefweb.int
[11] Luck, Taylor: Sudanese to world: Violence in Khartoum shows
strongmen can’t be trusted. 18.04.2023 csmonitor.com
[12] Palermo, Rachel: Amid Sudan’s Chaos, Youth Groups Work for Peace.
usip.org 02.05.2023
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