[IMI-List] [0608] Neue Texte rund um den Ukraine-Krieg / Analyse: Migration und Militarisierung

IMI-JW imi at imi-online.de
Fr Mär 18 13:16:28 CET 2022



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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0608 .......... 25. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List finden sich

1.) eine Reihe neuer Texte im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg;

2.) eine IMI-Analyse: „Migration und Militarisierung“


1.) Analysen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg

In den letzten Tagen entstanden eine Reihe neuer Texte im Zusammenhang 
mit dem Ukraine-Krieg und den jüngsten Aufrüstungsankündigungen der 
Bundesregierung entstanden. Eine ausführliche Analyse erschien soeben 
zum Kabinettsbeschluss am Mittwoch, in dem die Haushaltsplanung bis 2026 
und die Verwendung des 100 Mrd. Euro Sondervermögens der Bundeswehr 
genauer geregelt wurde. Heute online ging auch eine Auswertung der neuen 
NATO-Präsenz in Slowenien, für die Deutschland die meisten SoldatInnen 
stellt und mit der auch neue Waffendeals einhergehen. Außerdem sind seit 
der letzten Mail ein Kommentar über die Ungereimtheiten der 
Aufrüstungsdebatte, zur Entsendung von Jugendoffizieren in die Schulen 
und zur Entscheidung über die Tornado-Nachfolge erschienen.

Alle alten und neuen Texte zum Ukraine.-Krieg finden sich auch auf 
unserer Sonderseite: 
https://www.imi-online.de/2022/03/18/sonderseite-ukraine-krieg/


IMI-Analyse 2022/10
Geldregen für die Bundeswehr
Kabinett beschließt Eckwerte bis 2026 und 100 Mrd. Sondervermögen für 
die Bundeswehr
https://www.imi-online.de/2022/03/18/geldregen-fuer-die-bundeswehr/
Jürgen Wagner (18. März 2022)

IMI-Analyse 2022/09
Aufrüstung der Slowakei
NATO-Präsenz und Rüstungsdeals
https://www.imi-online.de/2022/03/18/aufruestung-der-slowakei/
Martin Kirsch (18. März 2022)

IMI-Standpunkt 2022/012
Merkwürdigkeiten der Aufrüstungsdebatte
https://www.imi-online.de/2022/03/16/merkwuerdigkeiten-der-aufruestungsdebatte/ 

Christoph Marischka (16. März 2022)

IMI-Analyse 2022/08
Tornado-Nachfolge – Teure Maximallösung bedient alle Interessen
https://www.imi-online.de/2022/03/16/tornado-nachfolge-teure-maximalloesung-bedient-alle-interessen/ 

Jürgen Wagner (16. März 2022)

IMI-Standpunkt 2022/011
Jugendoffizier*innen erklären den Krieg
https://www.imi-online.de/2022/03/14/jugendoffizierinnen-erklaeren-den-krieg/ 

Jan Sander (14. März 2022)


2.) IMI-Analyse: Migration und Militarisierung

IMI-Analyse 2022/07 - in: CILIP 128, 6. März 2022
Migration und Militarisierung
Die EU produziert eine Ökonomie der Angst
https://www.imi-online.de/2022/03/11/migration-und-militarisierung/
Jacqueline Andres (11. März 2022)


Die einst als Zivilmacht betitelte EU transformiert sich in eine 
Sicherheitsunion. Die dort angenommenen Bedrohungen sind ein Motor für 
Forschung und Entwicklung. Auch für die illegalisierte Migration 
präsentiert sich die Sicherheitsindustrie als Lösungsanbieterin für 
politische, soziale und ökologische Probleme, die sie mitverursacht.

In der Region von Calais stürmten am 1. Januar 2022 Polizist*innen mit 
Schlagstöcken, Helmen und Schutzschildern auf Geflüchtete zu, rissen 
ihre Zelte nieder und setzten Tränengas gegen sie ein. Den Angegriffenen 
blieb keine Zeit, ihr Hab und Gut zu retten. Die Räumung schloss sich an 
rund 150 weitere an, die allein zwischen den Weihnachtsfeiertagen und 
Neujahr in der Region durchgeführt wurden.1 Diesen gewalttätigen 
Ein­sätzen liegt eine Versicherheitlichung von Migration zugrunde, die 
entmenschlicht, leicht ausbeutbare Arbeitskräfte schafft und das Sterben 
von Menschen normalisiert. Noch deutlicher tritt die EUropäische 
Stilisierung von people on the move zur Bedrohung an der polnischen 
Grenze zu Belarus zum Vorschein. Polnische Regierungsvertreter*innen 
sprechen von Menschen, die als „Waffen“ zur Destabilisierung der Grenze 
eingesetzt werden2 – der Hohe Vertreter der EU für Außen- und 
Sicherheitspolitik, Josep Borrell, und die Präsidentin der Europäischen 
Kommission, Ursula von der Leyen, nutzen die gleiche Analogie und werten 
die Lage als „hybriden Angriff“.3

Technologisierte Grenzüberwachungsinstrumente

So nimmt es nicht wunder, wenn die zur „Bedrohung“ stilisierten 
Migrant*innen tatsächlich mit Militärtechnik kontrolliert und bekämpft 
werden. Viele Rüstungskonzerne verkaufen diese als „Dual 
Use-Technologien“ für die Grenzüberwachung. Sie lassen sich grob 
unterteilen in Schutzausrüstung der Einsatzkräfte (Bewaffnung und 
gepanzerte Fahrzeuge); Sensorik und Optronik (Wärmebildkameras, 
Nachtsichtgeräte und Sensoren); Aufklärungstechnologien (Drohnen, 
Satelliten, Radargeräte) und Datenanalysewerkzeuge bzw. Analytik (u. a. 
biometrische und KI-Anwendungen).

Die EU-Grenzagentur Frontex verfügt mit der neuen „Ständigen Reserve“ in 
der „Kategorie 1“ über 3.000 bewaffnete Beamt*innen. Zu deren geplanten 
Ausrüstung lud Frontex die Unternehmen Heckler&Koch, SigSauer, Glock und 
Grand Power 2019 zu einem „Industriedialog zu Waffen, Munition und 
Holster“ ein.4 Wegen rechtlicher Schwierigkeiten verzögerte sich die 
Beschaffung der Waffen für die „Kategorie 1“; den Auftrag erhielten erst 
im Herbst 2021 die Firmen Glock aus Österreich für die Pistolen sowie 
Mildat und Parasnake Arkadiusz Szewczyk aus Polen für die Lieferung von 
3,6 Millionen Schuss Munition. Zwar freute sich Frontex Anfang Dezember 
2021 über einen „historischen Schritt für die ständige Reserve und die 
Europäische Union“, als die Agentur zum ersten Mal bewaffnete 
Beamt*innen der „Kategorie 1“ an der litauisch-belarussischen Grenze 
stationierte, bewaffnet werden diese aber zunächst vom Gaststaat Litauen.5

An ihren Grenzen setzen EU-Mitgliedstaaten auch gepanzerte Fahrzeuge 
ein. So schickte Österreich z. B. im Frühjahr 2020 einen Polizeipanzer 
des Typs SurviorR II, ein MAN-Geländewagen von Achleitner aus 
Österreich, der von Rheinmetall umgerüstet und vertrieben wird, nach 
Griechenland.6 Die griechische Polizei verkündete 2021, eine auf einem 
Polizeipanzer montierte Schallkanone an der Grenze zur Türkei einsetzen 
zu wollen. Dabei handelt es sich um ein Long Range Acoustic Device 
(LRAD) des Typs 450XL des US-amerikanischen Unternehmens Genasys. Die 
Technik stammt aus einem Auftrag aus den Nullerjahren vom 
US-Verteidigungsministerium. Die Firma sollte ein auf Schallwellen 
basierendes Gerät zur Kommunikation zwischen Schiffen und zur Abwehr 
potenzieller Angreifer*innen entwickeln. US-amerikanische oder 
beispielsweise thailändische Polizeibehörden setzen diese Schallkanonen 
seitdem bei Protesten ein, obwohl deren immense Lautstärke u. a. einen 
Hörverlust verursachen kann. Im maritimen Bereich wird das Gerät u. a. 
von der EU-Mission Atalanta LRAD‘s zur „Pirateriebekämpfung“ vor der 
Küste Somalias genutzt.7

Auch bei der Aufklärungstechnik lässt sich die Nutzung von ursprünglich 
für das Militär entwickelten Technologien zur Grenzüberwachung 
feststellen. Frontex hat seit 2015 Zugriff auf Daten des EUropäischen 
Satellitenprogramms Copernicus, und erstellt mit den Satellitenbildern 
im Rahmen des European Surveillance Systems (EUROSUR) ein Lagebild der 
Grenzen in nahezu Echtzeit.8 Im zentralen Mittelmeer setzt Frontex eine 
von Israeli Aerospace Industries hergestellte Langstreckendrohne des 
Typs Heron 1 ein.9 Das israelische Militär nutzt das Luftfahrzeug seit 
den Nullerjahren in Gaza, etwa im Rahmen der Operation „Gegossenes Blei“ 
ab 2008.10 Auch die Bundeswehr flog die Heron 1 seit 2010 in 
Afghanistan, seit 2016 auch in Mali.

Zur Luftaufklärung nutzt Frontex außerdem an einem Versorgungskabel 
„gefesselte“ Zeppeline. 2019 testete die Agentur einen solchen Aerostat 
auf der griechischen Insel Samos, derzeit steigen sie am 
Evros-Grenzfluss zur Türkei in die Luft. Hauptauftragnehmer sind die 
deutsche in-innovative navigation GmbH und die französische CNIM Air 
Space.11 Ausgerüstet sind die Aerostaten mit dem elektro-optischem 
Infrarot-System ARGOS-II HD der deutschen Firma Hensoldt.12 Das Modul 
exportiert Hensoldt auch in die Türkei, dort ist es in die Kampfdrohne 
Bayraktar TB2 eingerüstet, mit der das türkische Militär seit 2016 
Angriffe auf Kurd*innen in Nordsyrien und Nordirak fliegt.13

Die von elektro-optischen, radarbasierten oder akustischen Sensoren 
gesammelten Daten werden zusammen mit anderen Datenquellen von 
Anwendungen ausgewertet, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. 
Unter anderem basieren Gesichtserkennungssysteme, wie sie Spanien an den 
Grenzen von Ceuta und Melilla14 und Griechenland in Flüchtlingslagern 
einsetzen wollen, auf KI.15

Akteure der EUropäischen Sicherheitsindustrie

Zwar werden Millionenbeträge in die Erforschung, Entwicklung und 
Produktion der beschriebenen Technologien gesteckt, doch können sie das 
Versprechen der „Bekämpfung“ von Migration oftmals nicht halten. 
Gewinner*innen gibt es trotzdem: die EUropäische Sicherheitsindustrie, 
die ihre Produkte zusehends für die innere Sicherheit und 
Grenzüberwachung vermarktet. Deren Verwendung durch Frontex sowie 
Grenztruppen der EU-Mitgliedstaaten wird gefordert und gefördert durch 
Akteur*innen, die vor allem aus großen Luftfahrt-, Raumfahrt- und 
Rüstungsunternehmen stammen. In den frühen Nullerjahren und nach der 
„Finanzkrise“ ab 2007 gingen die Rüstungsausgaben der EU deutlich 
zurück. Der zur gleichen Zeit aufkommende Markt für „Homeland Security“ 
in der EU kann deshalb als Neuerfindung der Rüstungsindustrie gesehen 
werden.16 Diese Entwicklung wird begleitet durch 
Forschungsorganisationen (z. B. Universitäten oder Fraunhofer 
Institute), Beratungsunternehmen (z. B. Deloitte), 
Regierungs-ministerien und EU-Institutionen.

Weitere wichtige Akteur*innen sind Lobbyorganisationen, die Phänomene 
wie Migration als Sicherheitsproblem definieren und für dessen 
Bekämpfung mit für das Militär entwickelten Technologien werben.17 Aus 
der Rüstungslobbygruppe Aerospace and Defence Industries Association of 
Europe heraus gründete sich 2007 der Lobbyverband European Organisation 
for Security (EOS), der sowohl zivile als auch militärisch nutzbare 
Sicherheitslösungen anbietet.18 Erforschung („Innovation“) und 
Entwicklung der Technologien erfordern hohe staatliche Ausgaben, die die 
Lobbyorganisationen von den EU-Mitgliedsstaaten oder aus EU-Mitteln 
einwerben. Auf diesem Feld konkurrieren die großen Rüstungsunternehmen 
Airbus, Leonardo, Indra und Thales und damit auch die dahinterstehenden 
Regierungen aus Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich.

Horizont Europa

Ein solcher EU-Topf ist das Forschungsrahmenprogramm, das 2021 als 
Horizont Europa zum neunten Mal anlief. Von 2021 bis 2027 fördert die EU 
Forschungs- und Innovationsprojekte zur Stärkung der globalen 
„Wettbewerbsfähigkeit“ mit 95,5 Milliarden Euro. Das Programm besteht 
aus drei Pfeilern: Wissenschaftsexzellenz (25 Milliarden Euro), Globale 
Herausforderungen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas (53,5 
Milliarden Euro) und Innovatives Europa (13,6 Milliarden Euro). Weitere 
Unterteilungen erfolgen innerhalb der Pfeiler, so gehört der Cluster 
„Zivile Sicherheit für die Gesellschaft“ (1,6 Milliarden) zum zweiten 
Pfeiler und gliedert sich wiederum auf in Schutz der EU und ihrer 
Bürger*innen vor Kriminalität und Terrorismus (87 Millionen Euro), 
Management der EU-Außengrenzen (55,5 Millionen Euro), Schutz wichtiger 
Infrastrukturen (31 Millionen Euro), Cybersicherheit (134,8 Millionen 
Euro), Resilienz im Krisen- und Katastrophenfall (72 Millionen Euro) und 
die vermehrte Nutzung von Forschungsergebnissen durch Anwender*innen 
(25,5 Millionen Euro).19

Im Bereich des Grenzmanagements fächern sich die Ausschreibungen in fünf 
Kategorien. Die erste betrifft Projekte, die zur großflächigen und 
autonomen Überwachung aus der Stratosphäre beitragen. Sie sollen 
kompatibel mit bestehenden und künftigen Grenz- und 
Seeüberwachungssysteme in der EU sein, einschließlich EUROSUR. Gefördert 
wird Forschung zu „UAVs, Ballons, Luftschiffen, Höhenplattformen (HAPs), 
Lighter-Than-Air (LTA)-Lösungen, Mikrosatelliten, Satellitenbilder“.20 
Die zweite Kategorie zielt auf eine sicherere und verbesserte 
Einsatzfähigkeit von Grenz- und Küstenwachen und des Zolls. Projekte 
sollen sich an dem Bedarf von Frontex orientieren und die Grenzagentur 
bei der Entwicklung einbeziehen. Geforscht werden kann „an 
Sicherheitslösungen und Schutzausrüstungen für das eingesetzte Personal, 
fortgeschrittenen Kommunikationssystemen und fortgeschrittenen Human 
Interface Geräten und Sensoren“.21 Die dritte Kategorie soll verbesserte 
Grenzkontrollen zur Erleichterung des Reiseverkehrs, der Reisenden und 
der Grenz- und Küstenwachen ermöglichen. Der Fokus liegt hier auf der 
Erforschung von stationären und mobilen und leicht transportablen 
Technologien zur Überprüfung von Pässen, biometrischen Daten und 
Dokumenten in z. B. Zügen, auf Straßen oder auch Schiffen.22 Die vierte 
Kategorie widmet sich der Erkennung verbotener Gegenstände im 
Postverkehr und die letzte Kategorie der verbesserten Erkennung von 
verbotenen Gegenständen am und im Körper von Personen.

EU als Sicherheitsunion?

Im Kern hat der im Vertrag von Amsterdam verankerte „Raum der 
Freizügigkeit, der Sicherheit und des Rechts“ bereits die Fundamente 
einer Argumentation für die „Festung Europa“ geschaffen: Die innere 
Sicherheit der EU erfordere eine verstärkte Kontrolle der Außengrenzen 
zum Schutz und Erhalt der „europäischen Lebensweise“.

In dieser Zeit spielte das Primat der „Sicherheit“ eine immer größere 
Rolle auch im militärischen Bereich: 2003 wurde die Europäische 
Sicherheitsstrategie angenommen und ein Jahr später die Europäische 
Verteidigungsagentur (EVA) geschaffen, um die Rüstungsplanung, 
-beschaffung und -forschung voranzutreiben. Ab 2016 strebte die EU an, 
ein globaler Sicherheitsakteur zu werden. Beeinflusst hat diese 
Entwicklung der angekündigte EU-Austritt Großbritanniens, das zuvor bei 
militärischen Bemühungen der EU, wie z. B. der 2003 gegründeten 
Battle-groups, bremsend wirkte.23

2016 löste die neu geschaffene Globale Strategie die 
Sicherheitsstrategie aus 2003 ab. Um global geeint militärisch agieren 
zu können, etabliert sie drei Instrumente, für die die EVA seither 
verantwortlich ist: die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit zur 
Förderung gemeinsamer Rüstungsprojekte; die Koordinierte Jährliche 
Überprüfung der Verteidigung zur Erstellung eines jährlichen Berichts 
über die EUropäische Sicherheits- und Rüstungslandschaft, um die 
Harmonisierung und Synchronisation voranzutreiben; und den Europäischen 
Verteidigungsfonds (EVF) zur Finanzierung gemeinsamer Rüstungsforschung 
und -entwicklung.

Seit 2021 ist der EVF aktiv – ausgestattet mit einem Gesamtbudget von 
stolzen 7,953 Milliarden Euro für den Zeitraum 2021-2027. Der für die 
Implementierung des Fonds verantwortliche Thierry Breton, EU-Kommissar 
für Binnenmarkt und Dienstleistungen mit der erweiterten Zuständigkeit 
für Verteidigung und Raumfahrt (und ehemaliger CEO von Thales und ATOS), 
erklärt: „Es geht einfach darum, Europa auf dem geostrategischen 
Schachbrett der Welt zu behaupten.“24

Die Ergebnisse der durch den EVF geförderten Forschung z. B. an 
autonomen Systemen, Sensoren, Quantentechnologie oder auch Analytik 
können die beteiligten Unternehmen auch für andere Vorhaben nutzen, 
diese Produkte landen anschließend auch auf dem Markt für 
Grenzüberwachung. Die EU-Kommission will den Firmen auch Zugang zu 
Mitteln aus der zivilen Forschung erleichtern, wo besonders die Bereiche 
KI und „disruptive Technologien“25 im Mittelpunkt stehen.

In ihrem Anfang 2021 vorgelegten Aktionsplan für Synergien zwischen der 
zivilen, der Verteidigungs- und der Weltraumindustrie fordert die 
Kommission, dass „die EU-Finanzierung von Forschung und Entwicklung, 
einschließlich der Bereiche Verteidigung und Raumfahrt, wirtschaftliche 
und technologische Vorteile für die EU-Bürger mit sich bringt (die 
‚Spin-offs‘)“.

Umgekehrt heißt es, dass die Nutzung von Forschungsergebnissen der 
Zivilindustrie und Innovationen, die von der Zivilbevölkerung ausgehen, 
in Projekten der europäischen Verteidigungszusammenarbeit erleichtert 
wird (die „Spin-ins“).26 Diese Weichenstellung räumt der 
Sicherheitsindustrie in der EU eine zukunftsgestaltende Rolle ein, die 
zu einer weiteren Militarisierung der inneren und äußeren 
Sicherheitspolitik der EU beitragen wird – eine Rolle, die die sozialen 
Bewegungen und Organisationen vehementer für sich beanspruchen müssen, 
um mit der rassistischen und umweltzerstörerischen „Ökonomie der Angst“ 
zu brechen.

Anmerkungen

1 Violence flares during Calais migrant camp eviction, 
www.infomigrants.net/ 
en/post/37616/france-violence-flares-during-calais-migrant-camp-eviction

2 Political Crisis initiated by the regime of Alexander Lukashenka. 
Polish-Belarusian border brief – update by 3 January 2022, Polnische 
Regierung v. 3.1.2022, 
www.gov.pl/web/libya/political-crisis-initiated-by-the-regime-of-alexander-lukashenka-polish-belarusian-border-brief-no6-3-january-2022

3 Rede der Präsidentin von der Leyen zur Lage der Union: Die Seele 
unserer Union stärken v. 15.9.2021

4 Frontex Files – Der militärisch-grenzpolizeiliche Komplex, 
netzpolitik.org v. 5.2.2021, 
https://netzpolitik.org/2021/frontex-files-der-militaerisch-grenzpolizeiliche-komplex

5 Frontex and Lithuania agree on service weapons delivered to Frontex 
standing corps officers, Frontex v. 9.12.2021

6 Nehammer: Europa geeint für den Schutz der EU-Außengrenze, BMI 
Österreich v. 12.3.2020, 
https://bmi.gv.at/news.aspx?id=346C5464734B395477594D3D. Auch in 
Deutschland erfreuen sich diese Fahrzeuge steigender Beliebtheit. 
Rheinmetall liefert ab 2023 insgesamt 55 Survivor R an die Bundespolizei 
und Bereitschaftspolizeien, weitere Aufträge sollen folgen. Bislang 
werden die Polizeipanzer von Spezialkräften einiger Landespolizeien 
genutzt. Sie können mit weiteren Waffen, darunter auch Schallkanonen, 
aufgerüstet werden, vgl. Survivor R wird neuer „Sonderwagen 5“, vgl. 
www.cilip.de/2021/12/11/bundesinnenministerium-kauft-polizeipanzer-survivor-r-von-rheinmetall

7 Seepiraterie – Deutsche Gegenwehr hilft, Deutsche Welle v. 27.3.2013

8 www.copernicus.eu/de/dienste/sicherheit

9 Monroy, M.: Unbemannte Überwachung der Festung Europa, in: Europäische 
Studien zur Außen- und Friedenspolitik 3/2021, S. 12, 
https://oezlem-alev-demirel.de/wp-content/uploads/2021/06/Grenzdrohnen-Studie-Monroy.pdf

10 Precisely Wrong, Gaza Civilians Killed by Israeli Drone-Launched 
Missiles, HRW v. 30.9.2009, 
www.hrw.org/report/2009/06/30/precisely-wrong/gaza-civilians-killed-israeli-drone-launched-missiles#_ftnref14

11 Monroy a.a.O. (Fn. 9), S. 13. Aerostats von CNIM werden u.a. vom 
französischen Militär zur Überwachung ihrer Stützpunkte im Sahel 
genutzt, vgl. CNIM Soars with New Aerial Coastal Surveillance Solutions, 
Navalnews v. 18.10.2020, 
www.navalnews.com/event-news/euronaval-2020/2020/10/euronaval-cnim-soars-with-new-aerial-coastal-surveillance-solutions

12 HENSOLDT to support Frontex maritime surveillance project, Hensoldt 
v. 26.8.2021

13 Deutsche Technik für den türkischen Drohnenkrieg, netzpolitik.org v. 
12.10.2021, 
https://netzpolitik.org/2021/raketen-und-sensoren-deutsche-technik-fuer-den-tuerkischen-drohnenkrieg

14 España prepara un nuevo modelo fronterizo para Ceuta y Melilla, El 
Pais v. 13.12.2021

15 Greece: New Biometrics Policing Program Undermines Rights, HRW v. 
18.1.2022, 
www.hrw.org/news/2022/01/18/greece-new-biometrics-policing-program-undermines-rights. 
Polizeibeamt*innen sollen mobil und ortsungebunden biometrischen Daten 
abnehmen und mit Datenbanken abgleichen können. Finanziert ist das 
Vorhaben zu 75% durch den EU-Fonds für Innere Sicherheit.

16 Baird, T.: Interest groups and strategic constructivism: 
businessactors and border security policies in the European Union, 
Journal of Ethnic and Migration Studies, Vol. 44, No. 1, 2018, DOI: 
10.1080/1369183X.2017.1316185, S. 118-136, S. 124

17 ebd., S. 122

18 War starts here, A guided tour about the arms industry lobbying in 
Brussels, 
https://corporateeurope.org/sites/default/files/publications/war_starts_here.pdf

19 Quaranta, G.: Horizon Europe Cluster 3: Civil Security for Society, 
Agenzia per la Promozione della Ricerca Europea, uniroma1.it, 28.5.2021

20 Enhanced security and management of borders, maritime environment, 
activities and transport, by increased surveillance capability, 
including high altitude, long endurance aerial support, 
https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/portal/screen/ 
opportunities/topic-details/horizon-cl3-2021-bm-01-01

21 Increased safety, security, performance of the European Border and 
Coast Guard and of European customs authorities, 
https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/portal/screen/opportunities/topic-details/horizon-cl3-2021-bm-01-02

22 Improved border checks for travel facilitation across external 
borders and improved experiences for both passengers and border 
authorities’ staff, 
https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/portal/screen/opportunities/ 
topic-details/horizon-cl3-2021-bm-01-03

23 Demirel, Ö.; Wagner, J.: DG Defence. „Ministerium für europäische 
Verteidigung und Rüstung“, in: IMI-Analyse 2019/39, 19. 12.2019

24 Lasch, C.: Europäische Aufrüstung und Europäischer Verteidigungsfonds 
– eine erste Bilanz, in: IMI-Studie 2021/9, 2.12.2021

25 Der Begriff meint innovative Technologien, die ein bestehendes 
Produkt, Verfahren oder Dienstleistung ersetzen oder verdrängen.

26 Communication from the Commission to the European Parlament, the 
Council, the European Economic and Social Committee and the Commitee of 
the Regions, Action Plan on synergies between civil, defence and space 
industries v. 22.2.2021





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