[IMI-List] [0571] Analyse: Klima & Krieg / Neue Texte: EU-Haushalt / Syrien / Drohnen

IMI-JW imi at imi-online.de
Di Jul 21 12:14:33 CEST 2020


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0571 .......... 23. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) Hinweise auf aktuelle IMI-Texte, u.a. zum heutigen EU-Finanz- und 
Rüstungspaket, der Drohnendebatte, der Berichterstattung über den 
Syrienkonflikt und zur Militarisierung in den USA;

2.) eine IMI-Analyse zum Thema Klima, Umwelt und Krieg.


1.) Neue IMI-Analysen: EU-Haushalt, Drohnen, Syrien, US-Innenmilitarisierung

Heute Morgen einigen sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf 
Vorschläge für den EU-Haushalt 2021 bis 2027. Damit rückt die erstmalige 
Einrichtung mehrere EU-Militärhaushalte deutlich näher! Erschienen ist 
inzwischen auch eine Analyse über die „Debatte“ zur Bewaffnung von 
Drohnen und über die Berichterstattung im Syrienkrieg. Außerdem ist neu 
auf der Homepage eine Analyse über Szenarien des US-Militärs für Einätze 
im inneren.

IMI-Standpunkt 2020/021b
Budgetäre Klimmzüge
EU-Kommission und Rat nähern sich bei den Vorschläge für die 
(Rüstungs-)Haushalte 2021 bis 2027 an
http://www.imi-online.de/2020/07/21/budgetaere-klimmzuege-2/
Jürgen Wagner (21. Juli 2020)

IMI-Standpunkt 2020/036 - in: Telepolis 15.7.2020
500.000 tote Kinder?
Leerstellen in der „humanitären“ Berichterstattung über den Nordwesten 
Syriens
http://www.imi-online.de/2020/07/16/500-000-tote-kinder/
Christoph Marischka (16. Juli 2020)

IMI-Standpunkt 2020/035
Zbellion
Kriegssimulation des Pentagon übt militärisches Eingreifen gegen eine 
innerstaatliche Bewegung junger Menschen in den USA
http://www.imi-online.de/2020/07/09/zbellion/
Emma Fahr (9. Juli 2020)

IMI-Analyse 2020/33
SPD unter Bedingungen für Drohnenbewaffnung?
Ist die Vorentscheidung für eine Bewaffnung der Bundeswehrdrohnen gefallen?
http://www.imi-online.de/2020/07/06/spd-unter-bedingungen-fuer-drohnenbewaffnung/ 

Marius Pletsch (6. Juli 2020)


2.) IMI-Analyse Krieg und Klima

IMI-Analyse 2020/34
Krieg und Klima
http://www.imi-online.de/2020/07/21/krieg-und-klima/
Jacqueline Andres (21. Juli 2020)

Krieg zerstört Mensch und Umwelt, daher ist es nicht verwunderlich, dass 
die Militärapparate weltweit einen erheblichen Einfluss auf den 
Klimawandel haben. Erst letztes Jahr sorgte die Studie von Neta Crawford 
von der Boston University für Schlagzeilen, denn diese zeigte auf, dass 
das US-amerikanische Verteidigungsministerium der größte institutionelle 
Verbraucher von fossilen Brennstoffen weltweit ist.

Im Jahr 2017 lagen die Treibhausgasemissionen der Einsätze des US 
Militärs bei 59 Millionen Tonnen CO2 und damit etwa bei der Menge, die 
auch die Industriestaaten Schweden und Dänemark freisetzten.[1] Bezieht 
man jedoch die dazu erforderliche Militärindustrie und die durch sie 
verursachten Treibhausgasemissionen mit ein, so lagen diese im Zeitraum 
von 2011 bis 2017 bei durchschnittlich stolzen 153 Millionen Tonnen CO2 
pro Jahr.[2]

Tatsächlich ist es schwer, offizielle Zahlen der militärisch 
verursachten CO2-Emissionen zu finden, denn solchen Erhebungen werden 
meistens nicht gemacht. Auf Drängen des US-amerikanischen 
Verhandlungsteams wurden die Kraftstoffe aus den im Kyoto-Protokoll 
verpflichtenden Berichten ausgeklammert, die vom jeweiligen Militär bei 
UN-Einsätzen außerhalb der eigenen Landesgrenzen verbraucht werden. Die 
Emissionen müssen damit weder dokumentiert noch gemeldet werden. Im 
Übereinkommen von Paris, das 2015 verabschiedet wurde, taucht der 
Begriff „Militär“ nicht ein einziges Mal auf.[3] Immerhin wird die 
Bundeswehr einmal im Klimaschutzbericht der Bundesregierung 2018 
genannt, jedoch mit den Worten: „Die Emissionen der militärisch 
genutzten Fahrzeuge bleiben [...] unberücksichtigt.“[4] Auch im 
Klimapaket kommt die Bundeswehr nicht vor, obwohl diese „den 
überwiegenden Teil aller CO2-Emissionen von Bundes-Institutionen 
(geschätzt auf ca. 60%)“[5] verursacht. Doch auch wenn es keine 
öffentlichen, umfassenden Messwerte zu den Emissionen der Bundeswehr und 
anderer Militärapparate gibt, so ist eines klar: Die Emissionen sind 
enorm. Nicht nur die Luftschläge, sondern auch die ständig laufende 
Kriegseinübung, die Errichtung und die logistische Versorgung der 
Militärstützpunkte sowie die mit dem Militär zusammenhängende 
Rüstungsproduktion setzen täglich massenweise Treibhausgase frei. 
Abgesehen davon digitalisiert die Bundeswehr ihr Gefechtsfeld – d.h. 
immer mehr Energie wird verbraucht, um die steigende Zahl an technischen 
Gerätschaften, mit denen Soldat*innen hantieren, am Laufen zu halten.


Militärübungen

Eine tägliche Militäraktivität ist die Einübung des Krieges. So müssen 
Pilot*innen der Luftwaffe vor ihrem ersten Einsatz eine gewisse Anzahl 
an Flugstunden absolvieren und Soldat*innen müssen lernen, mit Panzern 
zu fahren oder Schiffe zu steuern. Diese militärischen Großgeräte 
verbrauchen weitaus mehr als zivile Fahrzeuge. Ein Kampfpanzer des Typs 
Leopard 2 verbraucht im Gelände rund 530 Liter Diesel auf 100 km. 
Ähnlich sieht es mit weiteren Panzern aus: Der Schützenpanzer Marder 
liegt bei 400l/100 km im Gelände und der Minenräumpanzer Keiler bei 
stolzen 580l/100km.[6] Ein Kampfjet des Typs Eurofighter verbraucht pro 
Flugstunde 3.500 kg Treibstoff[7] – alleine im Jahr 2018 verbrachten die 
Eurofighter der Bundeswehr mindestens 10.480 Stunden in der Luft und 
verursachten damit etwa 115.280 Tonnen CO2. Mehr als 9 Millionen Bäume 
bräuchte es, um diese Mengen an CO2 zu speichern.[8] Abgesehen von den 
zahlreichen Kampfjets, verfügt die Luftwaffe auch über Hubschrauber mit 
hohem Verbrauch: Ein Transporthubschrauber des Typs NH90  hat einen 
Flugbetriebsstoffverbrauch von rund 550l pro Stunde und ein mittlerer 
Transporthubschrauber THS CH-53 einen von rund 1.100l pro Stunde.[9] Das 
Kriegschiff Bayern, eine sogenannte Fregatte, legte zwischen den Jahren 
1996 und 2010 rund 350.000 Seemeilen zurück. Laut dem damals abdankenden 
Kommandanten Jens Schwarter, habe sie somit „den Äquator sechzehnmal 
umrundet“. Was das für den Treibstoffverbrauch bedeutet, erklärte er 
auch: „Dabei wurden 43.000t Dieselkraftstoff verbraucht. Legt man bei 
einem Münchner Taxi eine Laufleistung von 400.000 km zu Grunde, könnte 
man mit diesem Verbrauch 1000 Mercedes C-Klasse PKW über ihre 
Lebensdauer betanken.“[10] Stolze 6.600l Kraftstoff verbraucht die 
Fregatte, um 100km zurückzulegen. Wenn eine der acht Fregatten der 
Bundesmarine im Hafen liegt, nutzt sie den sogenannten „Landstrom“ - und 
zwar zwischen 4.500 kWh und 23.000 kWh pro Tag.[11] Der 
durchschnittliche Jahresstromverbrauch einer in Deutschland lebenden 
Person liegt bei etwa 1.300-2.500 kWh. Die Emissionen, die durch dieses 
tagtägliche Einüben von Krieg entstehen, sind enorm und ungezählt. 
Abgesehen davon laufen Militärübungen häufig schief und verursachen 
dadurch noch mehr Emissionen. Eines der bekanntesten Beispiele hierfür 
dürfte der für mehr als vier Wochen währende Moorbrand bei Meppen im 
Jahr 2018 sein. In diesem Jahr herrschte akute Waldbrandgefahr und es 
wurde öffentlich davon abgeraten, im Wald zu rauchen geschweige denn ein 
Feuer zu machen. Trotz dieses heißen Wetters führte die Bundeswehr eine 
Raketenübung durch, d.h. die Luftwaffe schoss von einem Helikopter eine 
Rakete Richtung Boden. Dabei geriet das Moorgebiet in Brand, was 
besonders gravierend für das Klima ist, denn Moore binden große Mengen 
Kohlenstoff. Der Naturschutzbund (NABU) schätze, etwa 500.000 Tonnen CO2 
wurden somit freigesetzt. Laut dem NDR entspricht dies der Menge CO2, 
die durch 50.000 Einwohner*innen der Bundesrepublik innerhalb eines 
gesamten Jahres entsteht.[12] Immer wieder lösen sogenannte 
Luft-Boden-Übungen, bei denen Luftschläge geübt werden, Brände aus. Im 
Jahr 2014 verursachte die Bundeswehr mit einer solchen Übung einen 26 
Hektar großen Waldbrand auf Sardinien – dieser Brand wiederum ließ die 
Wut und den Widerstand der bis dahin ruhiger gewordene 
anti-militaristischen Bewegung der Insel neu entflammen, welche seither 
wieder vermehrt von sich hören macht.[13] Solche Übungen sind vielzählig 
und finden auch auf multinationaler Ebene statt: So führte die größte 
Militärallianz der Welt, die North Atlantic Treaty Organization (NATO) 
im Jahr 2019 insgesamt 102 gemeinsame Militärübungen durch und ihre 
Mitgliedsstaaten absolvierten weitere 208 Übungen in einem nationalen 
oder multinationalen Rahmen.[14] Nicht selten laufen diese großen 
Übungen auf klimaschädliche Machtdemonstrationen hinaus, die als 
militaristisches Säbelrasseln auch schwerwiegende politische Folgen 
haben können.


Kriegsausübung

Es gibt nichts zerstörerischeres und umweltschädlicheres als Krieg: 
Abgesehen von dem enormen Kraftstoffverbrauch der eingesetzten 
Kriegsgeräte, hinterlassen Kriege ökologische Langzeitschäden für Mensch 
und Natur. Die Wucht einer Rakete, die auf den Boden trifft, ist enorm. 
Es treten Schadstoffe in den Boden, in die Luft und nicht selten ins 
Grundwasser. Was zerstört wird, muss irgendwann wieder aufgebaut werden. 
Nicht selten werden Fabriken getroffen: Im Jahr 1999 bombardierte die 
NATO die nahe von Belgrad gelegene Raffinerie NIS, die Kunststofffabrik 
HIPetrohemija und die Düngemittelfabrik HIP Azotara. Wochenlang brannte 
der leicht entzündliche Treibstoff und verschmutze die Luft und den 
Boden langfristig.

Die umweltschädlichen Luftschläge hören nicht auf. Seit 2015 herrscht 
Krieg in Jemen. Die von Saudi Arabien geführte Militärkoalition führte 
bis April 2020 zwischen 20.934 und 59.641 Luftschläge aus[15] und die 
Zahl der Bombardierungen stieg im Laufe der letzten Monate trotz der 
globalen Gesundheitskrise wieder an.[16] Auch in diesem Krieg werden 
neben Krankenhäusern, Schulen, Getreidespeichern, Häfen, Märkten, 
Hochzeiten und Trauerfeiern auch zahlreiche Fabriken getroffen – auch 
aus dem Nahrungsmittelsektor. Dies ist in Jemen angesichts der dortigen 
desolaten Nahrungsmittelversorgung und der Hungerkatastrophe umso 
gravierender.

Unvergessen dürften auch die Bilder aus dem Golfkrieg 1991 sein, als 
monatelang rund 600 Ölfelder brannten, wodurch rund 300 Millionen Tonnen 
CO2 freigesetzt wurden. Zusätzlich gelangten 60 Millionen Barrel Erdöl 
(etwa 9.539.238.000l) in den Boden und verschmutzten das Grundwasser und 
mindestens 6 Millionen Barrel flossen mit verheerenden Folgen in den 
Persischen Golf.[17]

Abgesehen von Raketen und Bomben, nutzen verschiedene Militärapparate 
auch chemische Kampfstoffe, die jetzt zum Großteil international 
geächtet sind. So zum Beispiel das berüchtigte Entlaubungsmittel Agent 
Orange: Während des Vietnamkrieges, bzw. zwischen 1962 und 1971, 
sprühten US-Soldat*innen etwa 72 Millionen Liter des toxischen Agent 
Orange und anderer Herbizide  auf eine Fläche von 1,5 Millionen Hektar. 
Die Wälder sollten entlaubt werden, um die zum Feind erkorene Nationale 
Front für die Befreiung Südvietnams aufzuspüren und ihre 
Nahrungsgrundlage zu zerstören.[18]  Ganze Ernten wurden vernichtet, was 
die gesamte Bevölkerung traf. Bilder aus der Zeit zeigen Baumstümpfe, 
die wie zerschlagen aus dem Boden ragen und kahle Landschaften. 36% der 
Mangrovenwälder Südvietnams wurden dabei zerstört – dabei sind es gerade 
Mangrovenwälder, die jetzt mit dem menschenverursachten Steigen des 
Meeresspiegels dringend benötigt werden. Bis heute sind die Böden und 
Gewässer verseucht und der Schadstoff Dioxin TCDD gelangt noch immer in 
die Nahrungskette. Schätzungsweise eine bis drei Millionen Menschen 
leiden unter den gesundheitlichen Folgen, heute bereits in der dritten 
Nachkriegsgeneration. Das krebserregende Dioxin verursacht rund 
einhundert Krankheiten (u.a. Diabetes, Parkinson und Immunschwächen) und 
schädigt das Erbgut – dies führt u.a. zu fehlenden Gliedern und 
Gaumenspalten bei Neugeborenen.[19]

Oftmals führen Kriegseinsätze auch dazu, dass die Abholzung der lokalen 
Wälder beschleunigt wird – einerseits werden sie von Menschen, deren 
Häuser und Lebensgrundlage zerstört wurde, als Feuerholz genutzt oder 
zum Wiederaufbau verwendet. Aber auch Unternehmen haben ein großes 
Interesse an Holz, das dann oftmals leicht zu fällen ist, da 
Umweltschutzgesetze in Kriegssituationen meist zweitrangig und nichtig 
werden.

Doch abgesehen von den konkreten Kriegshandlungen führt die militärische 
Präsenz von Kampftruppen zu weiteren Problemen für die Gesundheit der 
Menschen und der Natur. Wie entsorgen Soldat*innen ihren Müll in 
Kriegsgebieten? Das US-Militär z.B. greift immer wieder zur Lösung  von 
Verbrennungsgruben (burn pits). Alles von kaputten Uniformen, Munition 
und Blindgängern, medizinischem Abfall bis hin zu ausgedienten Computern 
oder anderen elektronischen Geräten und giftigen Müll wird zusammen in 
einem ausgehobenen Loch im Boden typischerweise mit Kerosin überschüttet 
und in Brand gesetzt. In Afghanistan wurden bis zu 400 Tonnen Müll an 
einem Tag in solchen Pits verbrannt. Trotz der nachweislich 
katastrophalen Langzeitauswirkungen auf die Atemwege der Soldat*innen 
und der lokalen Anwohner*innen sowie der zahlreichen freigesetzten 
umweltschädlichen Luftschadstoffe hält das US-Militär an dieser Praxis 
fest und nutzte zumindest noch im März 2019 sieben sogenannte burn pits 
in Syrien, eines in Afghanistan und eines in Ägypten.[20]


Rüstungsproduktion

Im Jahr 2019 lagen die globalen Rüstungsausgaben laut dem Stockholm 
International Peace Research Institute (SIPRI) bei 1.917.000.000.000 
(1.917 Milliarden) US-Dollar.[21] Die Tendenz ist steigend – die 
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer setzt sich z.B. 
dafür ein, die Rüstungsausgaben der BRD drastisch zu steigern. Die 
oftmals energieintensive Rüstungsproduktion von Munition, 
Kriegsschiffen, -fahrzeugen und -flugzeugen schadet ebenfalls den 
Menschen, der Natur und dem Klima – ganz zu schweigen von den 
umweltschädlichen Folgen ihres Einsatzes und dem erforderlichen 
Wiederaufbau der zerstörten „Ziele“. Zu den großen Rüstungsunternehmen 
in Deutschland zählen u.a. Airbus Group, Diehl Defence Holding, Hensoldt 
und Rheinmetall. Letzteres hat sogar die im Jahr 2019 verursachten 
Emissionen veröffentlicht – 354.919 Tonnen CO2.  Allerdings umfasst 
dieser Wert nur undefinierte „89 von 193 Gesellschaften der Rheinmetall 
Group“[22] und ist damit irrelevant. Bedenkt man jedoch die Vielzahl an 
unterschiedlichen weniger bekannten Unternehmen in der „Sicherheits-“ 
und Kriegsindustrie, die z.B. in der militärischen Logistik, in der 
Produktion von Ferngläsern oder von IT- und Kommunikationshardware 
eingebunden sind, so dürften es tausende sein, die in der BRD von 
Rüstung und Kriegseinsätzen profitieren. Meistens finden sich solche 
Firmen auch im direkten Umkreis. In Tübingen zum Beispiel ist seit 2016 
auch der Rüstungskonzern Atos angesiedelt. Zwar produziert Atos keine 
Bomben, aber zu seinen Produktionssparten zählt auch der 
„Verteidigungssektor“ bzw. der Kriegssektor: „Atos entwickelt 
militärische, zukunftssichere Cloud-Lösungen für die zweckmäßige und 
dynamische Bereitstellung und Verarbeitung sensibler Informationen (z.B. 
Verschlusssachen). Verlässliche, auch verlegefähige 
Cloud-Infrastrukturen von Atos bewähren sich im militärischen 
Einsatz.“[23] Zu den Kunden von Atos zählt auch die Bundeswehr: „Atos 
unterstützt proaktiv die Digitalisierung der Landstreitkräfte und der 
Marine durch Konzepte für einen durchgängigen Verbund digitaler 
Datenverarbeitungs- und Datenübertragungssysteme.“[24] Digitalisierung 
heißt hier, dass die einzelnen Soldat*innen, Kampfsysteme und 
Gerätschaften der Bundeswehr u.a. durch Sensoren miteinander vernetzt 
werden sollen. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und 
Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) beauftrage Ende 2019 Atos und weitere 
Unternehmen mit der Erstellung einer Studie zur „Erzeugung eines 
gläsernen Gefechtsfeldes zur Unterstützung dynamischer Operationen“. 
Konkret heißt das, Atos untersucht einen „hochautomatisierten 
Multirobotereinsatz“ bzw. Drohnenschwärme. Diese von einer KI 
gesteuerten Drohnen sollen Daten sammeln und diese Daten sollen mit 
Hilfe von Algorithmen ein digitales Lagebild produzieren, auf dem z.B. 
die Bewegungen aller Militärfahrzeuge und Soldat*innen in Echtzeit 
dargestellt werden. Dabei sollen die Drohnen mit Kampffahrzeugen, wie 
z.B. Panzern, vernetzt sein.[25] Noch gibt es keine Studie, die die 
Emissionen von militärischen Kommunikations- und 
Informationstechnologien ausgearbeitet hat. Doch die stetig wachsende 
digitale Vernetzung zahlreicher Systeme und die gesteigerte 
Datenübertragung deuten darauf hin, dass diese Emissionen steigen 
werden. Laut einer von dem The Shift Project erstellten Studie stieg der 
Anteil digitaler Technologien an den globalen CO2-Emissionen zwischen 
den Jahren 2013 und 2018 von 2,5 auf 3,7%, womit diese Technologien 
einen erheblichen Beitrag zur Erderwärmung leisten.[26]


Militär abschaffen – das ist Klimaschutz!

Klima und Krieg sind eng miteinander verwoben: Der Zugang zu fossilen 
Brennstoffen stellt oftmals ein wichtiges wirtschaftliches Ziel bei 
Kriegen dar – folgend erfordern die Transportwege eine militärische 
Absicherung. Das klimaschädliche Militär wird u.a. dafür eingesetzt, um 
mehr fossile Brennstoffe verbrennen zu können. Durch den 
menschengemachten Klimawandel und unsere umweltschädliche 
wachstumsorientierte, neoliberale Wirtschaftsweise werden die 
beschränkten Ressourcen knapper: u.a. mineralische Rohstoffe, Öl und 
Erdgas. Die Bundeswehr und weitere Militärapparate sprechen von 
Klimakriegen, Kriegen um Wasser und fruchtbare Böden. Für „unsere“ 
Sicherheit hier in Deutschland soll die Bundesregierung mehr 
Steuergelder in den Ausbau der Bundeswehr stecken, um „unseren“ 
Wohlstand zu garantieren. Doch der Irrsinn hinter dieser Argumentation 
tritt immer deutlicher zum Vorschein. Wir brauchen keinen militärisch 
gesicherten „Wohlstand“, der diesen Planeten in den Ruin treibt. Dieser 
Planet und seine menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebewesen 
sind „unser“ Wohlstand und den gilt es zu schützen. Die Ressourcen, die 
wir haben, sind endlich und wir sollten nicht eine weitere Tonne Stahl 
für die Herstellung von Zerstörungsgeräten verschwenden und nicht einen 
Liter Kerosin, um Kampfjets in den Himmel zu schicken. Die Abschaffung 
der Bundeswehr und aller Militärapparate wäre nicht nur ein bedeutsamer 
Schritt für den Aufbau eines solidarischen Zusammenlebens, das sich nach 
den Bedürfnissen der Menschen und der Umwelt richtet, sondern auch ein 
logischer und ein erforderlicher Schritt für den Klimaschutz.


Dieser Text ist Teil einer Broschüre von Fridays for Future Tübingen zum 
Thema Klimagerechtigkeit, die voraussichtlich im Oktober 2020 erscheint.


Anmerkungen

[1]           Neta C. Crawford: Pentagon Fuel Use, Climate Change, and 
the Costs of War, watson.brown.edu, Boston University, 12.6.2019

[2]           Marc Werner: Das US-Militär. Auf Kriegsfuß mit dem Klima, 
IMI-Studie 7/2019, imi-online.de, 4.11.2019

[3]           Ebd.

[4]           Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der 
Abgeordneten Kathrin Vogler, Andrej Hunko, Heike Hänsel, weiterer 
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 19/14589, 
Militärische Aktivitäten der Bundeswehr und ihre Klimabilanz, 8.1.2020

[5]           Karl-Heinz Peil: Vortragsunterlagen, 
frieden-und-zukunft.de, 14.1.2020

[6]           Bundesministerium der Verteidigung: Waffensysteme und 
Großgerät, bmvg.de, Oktober 2016

[7]           Drucksache 16/12803, Antwort der Bundesregierung auf die 
Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, 
Hans-Kurt Hill und der Fraktion DIE LINKE, Neuburger Jagdgeschwader 74, 
27. 04. 2009

[8]           Klimakiller Bundeswehr - Material & Infos, 
kathrin-vogler.de, 26.11.2019

[9]             Bundesministerium der Verteidigung: Waffensysteme und 
Großgerät, bmvg.de, Oktober 2016

[10]         Festrede des Kommandanten der Bayern, FKpt Schwarter, 
fregattebayern-freunde.de, 19.2.2010

[11]         Kleine Anfrage der Abgeordneten Bernd Reuther, Frank Sitta, 
Christine Aschenberg-Dugnus, u. a. und der Fraktion der FDP betr.: 
„Landstrom in der Schifffahrt", BT-Drucksache: 1914740, 31.10.2018

[12]         Marc Wichert: Moorbrand. Mehr als 500.000 Tonnen CO2 
freigesetzt, ndr.de, 17.9.2018

[13]         Drucksache 18/3113, Antwort der Bundesregierung auf die 
Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Höger, Christine Buchholz, Andrej 
Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Auswirkungen 
der NATO-Übungen auf Sardinien, 07.11.2014

[14]         Key NATO and Allied exercises in 2019, Factsheet, 
nato.int/factsheets, Februar 2019

[15]         Yemen Data Project, yemendataproject.org, April 2020

[16]         Airstrikes on Yemen intensify, shatter hope for peace, 
al-monitor.com, 4.4.2020

[17]         Fred Pearce: Future looks bleak for Iraq's fragile 
environment, newscientist.com, 15.3.2003

[18]         Andreas Frey: Agent Orange. Das Gift, das bleibt, 
spektrum.de, 15.6.2019 und Jan Banout, Ondrej Urban, Vojtech Musil, 
Jirina Szakova und Jiri Balik: Agent Orange Footprint Still Visible in 
Rural Areas of Central Vietnam, J Environ Public Health, 4.2.2014

[19]         Peter Jaeggi: Wissen Agent Orange – Vietnams giftige 
Kriegslast, SWR2 Wissen, swr.de, 31.8.2015

[20]         Meghann Myers: Why DoD is still using burn pits, even while 
now acknowledging their danger, militarytimes.com, 12.7.2019

[21]         Global military expenditure sees largest annual increase in 
a decade, sipri.org, 27.4.2020

[22]         Einzelabschluss Rheinmetall Group 2019, ir.rheinmetall.com, 
18.3.2020

[23]         DWT Marineworkshop 2018, atos.net, September 2018

[24]         Ebd.

[25]         ATOS und RAFAEL mit Studie „Gläsernes Gefechtsfeld“ 
beauftragt, Europäische Sicherheit und Technik, esut.de, 9.12.2019

[26]         Lean ICT. Towards Digital Sobriety, theshiftproject.org, 
März 2019


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