[IMI-List] [0548] IMI-Kongress: Programm / AfD-Analyse / Neue Texte
IMI-JW
imi at imi-online.de
Di Sep 24 15:29:25 CEST 2019
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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0548 .......... 22. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Martin Kirsch
Abo (kostenlos)........ IMI-List-subscribe at yahoogroups.com
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,
in dieser IMI-List findet sich
1.) Programm, Plakat und Flyer zum IMI-Kongress „Rüstung Digital!“
(30.11 bis 1.12.2019);
2.) Links und Hinweise zu vielen neuen Artikeln auf der Homepage;
3.) Eine IMI-Analyse zum AfD-Papier „Streitkraft Bundeswehr“.
Vorher möchten wir uns aber nochmal herzlich auf die Rückmeldungen zu
unserer Mitgliederkampagne bedanken!
Die IMI ist dadurch finanziell zwar noch nicht vollends über den Berg,
aber es sieht doch jetzt ein gutes Stück besser aus als noch vor Beginn
der Kampagne.
Außerdem tat der viele Zuspruch sehr gut und motiviert uns für die
anstehende Arbeit!
Wie gesagt, ganz über den Berg sind wir noch nicht. Deshalb für etwas
Späterentschlossene, hier nochmal der Link auf unsere Kampagnenseite,
auf der sich diverse Möglichkeit finden, wie wir unterstützt werden
können: http://www.imi-online.de/2019/01/01/imi-mitgliederkampagne/
1.) IMI-Kongress „Rüstung Digital! Neue Technologien für neue
Großmachtkonflikte“
Hiermit möchten wir Euch herzlich zum nächsten IMI-Kongress einladen!
Datum: 29. November bis 01. Dezember 2019
Ort: Tübingen, Österbergstr. 2 (Schlatterhaus)
Jetzt sind auch die Plakate und Flyer für den kommenden IMI-Kongress
online verfügbar. Wir bemühen uns Schlafplätze (mit Schlafsack in
Großräumen) zu organisieren. Wer daran Interesse hat, bitte frühzeitig
im IMI-Büro melden!
Plakat: https://www.imi-online.de/download/IMI_Kongress_Plakat_2019.pdf
Flyer: https://www.imi-online.de/download/IMI_Kongress_Flyer_2019_Web.pdf
Programm: „Rüstung Digital! Neue Technologien für neue Großmachtkonflikte“
Mit der verstärkten Ausrichtung auf Konflikte zwischen Großmächten
erhält auch die Auseinandersetzung um die Führerschaft bei militärisch
relevanten Technologien einen neuen Stellenwert. Allerorten ist von sog.
„Sprunginnovationen“ die Rede, technische Quantensprünge, die es vor der
Konkurrenz zu entdecken und zu implementieren gelte. „Digitalisierung“
ist dabei nicht nur ein Modewort, sondern die Vision von einer
umfassenden „Kampfwertsteigerung“ mit der Unterstützung durch Künstliche
Intelligenz. Sämtliche Komponenten der Kriegführung vom Kriegsschiff und
Flugzeug über den Panzer bis hin zum einfachen Soldaten sollen vernetzt
und mit Sensoren ausgestattet werden, um in Echtzeit Lagebilder des
Kampfgeschehens zu erstellen und in die Kommandozentralen zu
übermitteln. Dieses „gläserne Gefechtsfeld“ soll die militärische
Überlegenheit gewährleisten. Aktuelle Rüstungsprojekte der Europäischen
Union zielen darüber hinaus auf die Kooperation zwischen bemannten und
unbemannten Waffensystemen.
Die hiermit formulierten Ansprüche erfordern eine tiefgreifende
Umstrukturierung der Forschungslandschaft und der Rüstungsindustrie.
Digitale Systeme müssen dazu in deutlich kürzeren Zyklen entwickelt,
getestet, beschafft und für den Einsatz bereitgestellt werden -
Wissenschaft, Industrie und Militär deshalb enger kooperieren. Mit der
Beschleunigung technologischer Innovationen in der Kriegführung geht ein
Trend zum Aufbau einer „permanenten Kriegswirtschaft“ einher.
FREITAG-ABEND AB 19 UHR
- Auftaktveranstaltung - Digitale Flops und andere Absurditäten aus dem
Rüstungsalltag (Vorsicht: Anderer Veranstaltungsort als der Rest des
Kongresses: Schellingstr. 6 in der Hausbar)
SAMSTAG 30. NOVEMBER 2019
12:00 – 12:15 Begrüßung
12:15 – 14:00 Geostrategie Digital
- USA, China, EU – Blockbildung durch Technologie (Christoph Marischka)
- Weltraum als umkämpfte Domäne der Digitalisierung (Jürgen Wagner)
- Autonome Waffensysteme und der Versuch ihrer Regulierung (Claudia Haydt)
14:30 – 16:00 Gefechtsfeld Digital
- Videospiele als Vorbild des Schlachtfelds der Zukunft? (Michael
Schulze von Glaser)
- Mensch-Maschine: EU-Großprojekte zum Manned-Unmanned-Teaming (Marius
Pletsch)
16:30 – 17:30 Rüstung Digital
- Digitalisierung der Bundeswehr – Auf dem Weg in die Kriegswirtschaft?
(Martin Kirsch)
19:00– 21:00 Kontroverse: Digitalisierung als Chance?
- Feministische und antikapitalistische Positionen
SONNTAG 1. DEZEMBER 2019
10:00 – 11:00 Lobbyismus Digital
- Europas digitale Aufrüstung – Strukturen, Akteure und Interessen
(Tobias Pflüger)
11:15 – 12:45 Profiteure der digitalen Aufrüstung
- Drei Perspektiven von vor Ort – Thales, Airbus und Atos
13:00 – 14:30 Abschlusspodium
- Gegen die 2 Prozent – Alternativen zur Aufrüstung
Alle weiteren Infos zum Kongress:
http://www.imi-online.de/2019/08/19/imi-kongress2019-ruestung-digital/
2.) Neue Texte auf der IMI-Homepage
Seit der letzten IMI-List sind wieder eine Reihe neuer Analysen
erschienen. Darunter Artikel zu den neuen Rüstungsexportrichtlinien, dem
neuen „Parlamentskreis Atomwaffenverbot“, über den Klimakiller NATO und
die (schwierigen) Verhandlungen für ein Verbot von Killerrobotern.
Weiter erschienen ein Beitrag über die Bundeswehr-Werbekampagnen, der
Antimilitaristische Podcast (Nr. 19) sowie eine aktualisierte Fassung
des Beitrags zur Debatte um eine deutsche Militärpräsenz am Golf.
IMI-Analyse 2019/29
Neue Rüstungsexportrichtlinien – alte Regelungslücken
Internationalisierung – Technikunterstützung – Europäisierung
http://www.imi-online.de/2019/09/24/neue-ruestungsexportrichtlinien-alte-regelungsluecken/
Lotta Ramhorst (24. September 2019)
IMI-Standpunkt 2019/044
Ungeahntes aus dem Bundestag
„Parlamentskreis Atomwaffenverbot“ gegründet
http://www.imi-online.de/2019/09/24/ungeahntes-aus-dem-bundestag/
Peter Feininger (24. September 2019)
IMI-Standpunkt 2019/043- in: UZ, 20. September 2019
Klimakiller NATO
http://www.imi-online.de/2019/09/23/klimakiller-nato/
Jacqueline Andres (23. September 2019)
IMI-Analyse 2019/28
Verbot von Killer Robotern
Blockade der USA und Russlands
http://www.imi-online.de/2019/09/20/verbot-von-killer-robotern/
Marius Pletsch (20. September 2019)
IMI-Standpunkt 2019/042
„Gas – Wasser – Schießen“ oder „Folge deiner Berufung“
Kritik am Werbefeldzug der Bundeswehr
http://www.imi-online.de/2019/09/20/gas-wasser-schiessen-oder-folge-deiner-berufung/
Markus Pflüger (20. September 2019)
IMI-Analyse 2019/27
Bundesweite Gelöbnisse im November
Pathos, Geschichtspolitik, religiöse Verbrämung - Warum Armeen Rituale
inszenieren
http://www.imi-online.de/2019/09/12/bundesweite-geloebnisse-im-november/
Markus Euskirchen (12. September 2019)
IMI-Audio
Antimilitaristischer Podcast Ausgabe 19
http://www.imi-online.de/2019/09/04/antimilitaristischer-podcast-ausgabe-19/
(4. September 2019)
IMI-Analyse 2019/26
Blut für Öl!
https://www.imi-online.de/2019/09/04/blut-fuer-oel-2/
(04. September 2019) Jürgen Wagner
3.) Analyse zum AfD-Papier „Streitkraft Bundeswehr“
IMI-Analyse 2019/30
Jenseits der Verfassung – das militärpolitische Programm der AfD
http://www.imi-online.de/2019/09/24/jenseits-der-verfassung-das-militaerpolitische-programm-der-afd/
Lucius Teidelbaum (24. September 2019)
Die inzwischen eindeutig extrem rechts einzuordnende Partei „Alternative
für Deutschland“ (AfD) versucht sich schon seit mehreren Jahren als
Bundeswehr-Partei zu etablieren.
Im Juli 2019 hat der „Arbeitskreis Verteidigung“ der
AfD-Bundestagsfraktion nun das militärpolitische Programm „Streitkraft
Bundeswehr“ mit dem Untertitel „Der Weg zur Verteidigungsfähigkeit
Deutschlands“ veröffentlicht, in dem die Partei ihre Pläne für die
Bundeswehr niedergelegt hat.
Wie in rechten und konservativen Kreisen üblich, wird auch in dem
militärpolitischen Programm der Ist-Zustand der Bundeswehr bereits in
der Präambel beklagt:
„Seit vielen Jahren können die deutschen Streitkräfte diesen
hoheitlichen Schutzauftrag unseres Landes nicht mehr erfüllen. Die
Bundeswehr ist als Ganzes nicht einsatzbereit.“[1]
Das Ziel der AfD ist daher „die Wiederherstellung der
Verteidigungsbereitschaft Deutschlands.“ (S. 10) Dazu soll die
Bundeswehr „in einem ersten Schritt auf 230.000 Soldaten anwachsen.“ (S. 38)
Alte Traditionen
Was die Diskussion um die Traditionen der Bundeswehr angeht, so strebt
die AfD eindeutig einen Rückschritt an. Zwar wird die Wehrmacht nicht
explizit als Vorbild genannt, stattdessen heißt es:
„Die Bundeswehr ist Teil einer Jahrhunderte alten deutschen
Militärtradition. Als „Staatsbürger in Uniform“ haben die Männer und
Frauen der Bundeswehr das Recht, ihr soldatisches Selbstverständnis
wesentlich mitzubestimmen und weiterzuentwickeln.“ (S. 15)
In dieser Jahrhunderte alten Militärtradition sind die Armeen
undemokratischer Staaten wie Preußen, dem Kaiserreich und NS-Deutschland
mit enthalten.
Die Soldat*innen sollen selbst bestimmen, in welcher Tradition sie
stehen: „Als Staatsbürger in Uniform definieren die Soldaten der
Bundeswehr ihre Militärtradition zu wesentlichen Teilen selbst.“ (S. 44 f.)
Was auf den ersten Blick wie eine demokratische Teilhabe wirkt, ist
hochproblematisch, weil es besonders in den Eliteeinheiten
(Gebirgsjäger, Fallschirmjäger, Kommando Spezialkräfte) starke Hinweise
darauf gibt, dass sich diese Truppenteile in einer Generationsfolge mit
Wehrmachtseinheiten sehen. Das könnte mit dieser Vorgabe offener
ausgelebt werden.
Die AfD betont, eine Einzelfallbetrachtung sei wichtig:
„Traditionswürdigkeit beruht stets auf einer Einzelfallbetrachtung.
Persönlichkeiten und militärische Ereignisse sind stets im Kontext der
jeweiligen Epoche zu bewerten.“ (S. 45) Damit ist aber das Tor für
Wehrmacht, Kaiserarmee und preußisches Heer prinzipiell erst einmal
offen. Immerhin forderte der damalige AfD-Vizevorsitzende Alexander
Gauland im September 2017, wenn Franzosen und Briten stolz auf ihren
Kaiser oder auf Winston Churchill seien, „haben wir das Recht, stolz zu
sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“. Dazu passt
ebenfalls die Forderung: „Taktische und strategische Lehrbeispiele aus
der deutschen und internationalen Militärgeschichte dienen der Truppe
zur Wissensvermittlung und damit zur Auftragserfüllung.“ (S. 45) Konkret
können damit beispielsweise die Wehrmachtsvernichtungsfeldzüge im Osten
als strategische Beispiele für junge Offiziere verwendet werden.
Re-Militarisierung der Gesellschaft
Ähnlich wie in vielen Landtagswahl- und in den beiden Bundesprogrammen
plädiert die AfD für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht: „Die
Aussetzung der Wehrpflicht war ein verteidigungspolitischer Fehler, der
die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Dieser Fehler
muss korrigiert werden.“ (S. 22)
Es geht dabei aber nicht nur um die Versorgung der Armee mit Rekruten,
sondern um eine Stärkung des „Wehrwillens“: „Mit dem Wehrdienst wird
auch der Wehrwille des deutschen Volkes gestärkt.“ (S. 23)
Auch an anderer Stelle wird dieser ominöse „Wehrwille“ betont:
„Deutschland setzt sich für die Stärkung des Wehrwillens innerhalb der
Bundeswehr sowie innerhalb der gesamten Bevölkerung ein.“ (S. 27) Auf
freiwilliger Basis sollen auch Frauen mit eingebunden werden: „Frauen
können freiwillig Wehrdienst leisten.“ (S. 23)
Es geht aber nicht einfach nur um ein Zurückstellen der Uhren um 15
Jahre, denn Ersatzdienste sollen keine gleichberechtigte Option zum
Wehrdienst sein: „Der Wehrersatzdienst nach Art. 12a Abs. 2 soll die
Ausnahme vom bewaffneten Wehrdienst aus Gewissensgründen sein.“ (S. 23)
Ansonsten will die AfD eine Kooperation von Bundeswehr und Polizei: „Die
Bundeswehr übt regelmäßig die Kooperation mit Polizei und zivilen
Organisationen. Diese Übungen zum Bevölkerungsschutz werden einmal
jährlich unter Einsatz aller Kräfte stattfinden.“ (S. 32) Ebenso fordert
die AfD die Kooperation von Bundeswehr mit Wissenschaft und Forschung:
„Die Bundesrepublik fördert die Kooperation der Wehrindustrie mit
deutschen Universitäten.“ (S. 42) Generell soll der Bundeswehr in der
Öffentlichkeit mehr Platz eingeräumt werden: „Dazu erhöhen sie unter
anderem die Zahl öffentlicher Gelöbnisse, Tage der offenen Tür und
zivil-militärische Veranstaltungen. Die Bundeswehr und ihre Soldaten
präsentieren sich am Tag der deutschen Einheit mit einer Hauptstadt–Parade.
Die Aufgaben der Bundeswehr, ihren Verfassungsauftrag, die Einsätze und
der Dienstalltag der Soldaten erhalten Einzug in die Unterrichts- und
Ausbildungspläne der Länder. Jugendoffiziere der Bundeswehr unterstützen
diese Aufklärungsarbeit. Vorgesetzte ermutigen ihre Soldaten zum Tragen
der Uniform in der Öffentlichkeit. Anfeindungen oder gar Angriffe gegen
Soldaten werden strafrechtlich konsequent verfolgt.“ (S. 46)
Einsatz im Inland
Bundeswehr-Reservisten sollen künftig verstärkt im Innern der
Bundesrepublik eingesetzt werden: „Zur Gefahrenabwehr unterhalb der
Schwelle des Verteidigungsfalles, kann die Bundeswehr zukünftig im
Rahmen eines „erweiterten militärischen Einsatzes“ im Inland eingesetzt
werden.“ (S. 32)
Die AfD will darüber hinaus die Reserve-Einheiten verstärken und zu
einer Art Nationalgarde umwandeln: „Neben einer einsatzbereiten
allgemeinen Reserve, wird es in Deutschland zukünftig ein gekadertes
Reservistenkorps geben.“ (S. 24) Dieses Reservekorps soll als
Ersatz-Grenzschutz dienen:
„In einer zukünftigen Struktur der Bundeswehr wird die Reserve darüber
hinaus stärker mit der territorialen Verteidigung und dem Schutz
kritischer Infrastruktur beauftragt. Das Reservekorps der Bundeswehr
wird zum Grenzschutz im Frieden befähigt.“ (S. 17)
Erinnert sei hier daran, dass die ehemalige AfD-Vorsitzende Frauke Petry
(inzwischen ausgetreten) wie auch Beatrix von Storch, inzwischen
Bundestagsabgeordnete für die AfD, den Schusswaffeneinsatz gegen
Flüchtlinge an der Grenze öffentlich befürworteten. Der Einsatz der
Armee gegen Geflüchtete ist aber auch insofern nur konsequent, da AfD
und Co. ohnehin die Fluchtmigration als „Invasion“ und Geflüchtete als
„Invasoren“ denunzieren.
Das geplante Reservekorps soll einen Umfang von 50.000 Personen haben
und wäre damit personenstärker als die Bundespolizei, die eine Stärke
von 46.000 Angehörigen hat: „Das Reservistenkorps wird eingesetzt für
territoriale Aufgaben, die Unterstützung der Polizei und den
Grenzschutz; Stärke: 50.000.“ (S. 25) Einerseits soll dieses geplante
Reservistenkorps die Bundespolizei unterstützten: „Insbesondere das
Reservistenkorps wird befähigt, die Bundespolizei beim Schutz der
deutschen Außengrenzen zu unterstützen. Das Reservistenkorps erhält dazu
eine eigene Aufklärungseinheit, die das gesamte Spektrum der
bodengebundenen und luftgestützten Aufklärung abdeckt.“ (S. 34)
Andererseits ist es Teil der Bundeswehr: „Das aufzustellende
Reservistenkorps hat eine Größe von 50.000 Soldaten und wird in die
Struktur der aktiven Truppe integriert.“ (S. 38)
Der Einsatz der Bundeswehr im Innern und die Militarisierung der
Grenzbewachung sind derzeit noch grundgesetzwidrig, weswegen das
Grundgesetz dafür verändert werden soll: „Die Sperrwirkung des
Grundgesetzes ist anzupassen.“ (S. 32)
NATO-Bündnistreue und Atomwaffen für Deutschland
Obwohl es innerhalb der AfD auch starke NATO-kritische und eher
pro-russische Stimmen gibt, wird im militärpolitischen Programm die
NATO-Bündnistreue betont: „Deutschland rückversichert seine
Verteidigungsbereitschaft seit 1955 durch die Mitgliedschaft in der
NATO.“ (S. 13) Es gibt lediglich eine Absichtserklärung zu einer
Entspannungspolitik: „Deutschland setzt sich für eine aktive
Entspannungspolitik der NATO gegenüber der Russischen Föderation ein.“
(S. 29)
Es wird sogar eine gewisse Zurückhaltung bei Auslandseinsätzen
angemahnt: „Die Bundeswehr ist eine Armee zur Landes- und
Bündnisverteidigung. Auslandseinsätze sind nur in Ausnahmefällen
sinnvoll und zulässig.“ (S. 30) Doch gleichzeitig werden die
NATO-Aktivitäten voll unterstützt: „Es liegt im nationalen Interesse der
Bundesrepublik, die vertraglich vereinbarten Zusagen gegenüber dem
Bündnis uneingeschränkt zu erfüllen, um dessen militärische und
politische Stärke zu erhalten.“ (S. 28)
Die AfD beansprucht in diesem Zusammenhang für Deutschland in Europa die
Führungsrolle innerhalb der NATO: „Die Bundesrepublik Deutschland hält
sich uneingeschränkt an die vertraglich vereinbarten Zusagen gegenüber
der NATO. Darüber hinaus wirkt Deutschland, als politisch und
wirtschaftlich stärkste Nation in Europa, auf eine militärische
Führungsposition auf dem Kontinent im Rahmen der NATO hin.“ (S. 36)
Innerhalb der NATO will die AfD offenbar Atommacht werden: „Die
nuklearen Fähigkeiten der Partner im nordatlantischen Bündnis stellen
dafür eine wesentliche Komponente der militärischen Abschreckung dar.
Deutschland hat ein vitales Interesse an der Teilhabe dieser Fähigkeit,
bis eine gleichwertige Alternative zur Verfügung steht.“ (S. 13) Die
Unterstützung der Partei für die zivile Atomkraftnutzung hat also eine
militärische Entsprechung.
Parallelkultur Bundeswehr?
In dem militärpolitischen Programm findet sich auch die Forderung nach
dem Aufbau einer deutschen Militärjustiz: „Die Bundeswehr baut eine
eigene Militärjustiz auf.“ (S. 49) Damit würde eine Paralleljustitz
entstehen, die zivile Gerichte umgeht, etwa wenn deutsche Soldat*innen
Straftaten begehen, die außerhalb der Bundeswehr geschehen oder Vorgänge
mit zivilen Geschädigten betreffen – etwa, wenn es bei Auslandseinsätzen
außerhalb von Kampfhandlungen zu Übergriffen auf die Zivilbevölkerung
kommt. Das Beispiel USA zeigt, dass die Militärjustiz Soldat*innen in
solchen Fällen häufig glimpflich davonkommen lässt.
Weiterhin wird gefordert: „“Parallele Meldewege“ sind unzulässig. Sie
schaffen eine Kultur des Misstrauens und schädigen Selbstständigkeit und
Vertrauen in die Fähigkeiten der deutschen Soldaten.“ (S. 48) Sowie:
„Dienstaufsicht ist Hilfe und Unterstützung, kein Mittel zur Überwachung
und Bevormundung.“ (S. 49) Dies dürfte sich auch gegen die Institution
des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages richten und der Versuch
sein, Whistleblower*innen in der Bundeswehr zum Verstummen zu bringen.
Skandale, z.B. um rechte Umtriebe, würden so kaum Beschwerdestellen und
damit auch kaum die Öffentlichkeit erreichen.
Fazit
Das militärpolitische Programm enthält eine eindeutige Bindung an die
NATO, bedenkliche Vorstöße zur Re-Militarisierung der Gesellschaft und
Stärkung der Bundeswehr als eigenständigen Faktor in der Innenpolitik.
Besonders bedenklich ist, dass die AfD eine eigenständige Armee-Einheit
(„Reservekorps“) fordert, die im Inland Polizeifunktionen übernehmen
soll. Ob von allem an diesem Programm Beteiligten beabsichtigt oder
nicht, diese Forderung kann durchaus als Vorstadium zum möglichen
Einsatz dieser Armee nicht nur im Innern, sondern auch in der
Innenpolitik betrachtet werden.
Immerhin ist die AfD eine Partei, aus deren Reihen, immer wieder
Diktatur-Vergleiche mit der Bundesregierung gezogen werden oder auch mal
Putschaufrufe geäußert werden.
So forderte Uwe Junge, der rheinland-pfälzische AfD-Fraktionsvorsitzende
und vor seiner Polit-Karriere zuletzt Berufsoffizier bei der Bundeswehr
im Rang eines Oberstleutnant, anlässlich der Ernennung von Annegret
Kramp-Karrenbauer zur Verteidigungsministerin in einem Tweet einen
„Aufstand der Generäle“.
Anmerkung
[1] „Arbeitskreis Verteidigung“ der AfD-Bundestagsfraktion: Streitkraft
Bundeswehr. Der Weg zur Verteidigungsfähigkeit Deutschlands, Juli 2019,
Seite 9. Alle folgenden Seitenangaben beziehen sich auf dieses Dokument.
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