[IMI-List] [0507] Studie: PESCO / Analyse: Traditionserlass

IMI-JW imi at imi-online.de
Fr Feb 2 15:33:21 CET 2018



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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0507 .......... 21. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) Der Hinweis auf eine neue IMI-Studie: „Die PESCO der Großmächte: Die 
EU auf dem Weg zur Aufrüstungs- und Interventionsunion“;

2.) Eine IMI-Analyse zum Entwurf für einen neuen Traditionserlass der 
Bundeswehr.


1.) Studie „Die PESCO der Großmächte“

Vor nicht allzu langer Zeit hat die IMI die Broschüre „Kein Frieden mit 
der Europäischen Union“ veröffentlicht. Sie bietet u.E. einen guten 
Überblick über die wichtigsten aktuellen Entwicklungen im EU-Militärbereich.

Seither ist an neuen Entwicklungen vor allem die Aktivierung der 
„Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ (PESCO) hinzugekommen. 
Insofern ist die soeben erschienene IMI-Studie „Die PESCO der 
Großmächte“ auch eine gute Ergänzung zu dem bereits veröffentlichten 
Material.

Wie immer können Broschüre und PESCO-Studie natürlich gratis von der 
IMI-Seite heruntergeladen werden.

Wir geben die EU-Broschüre (64S A4) und PESCO-Studie (12S A4) aber auch 
gerne in Print für zusammen 2,50 Euro (plus Porto) ab. Die PESCO-Studie 
allein kann in Print in 10er Packen zum Preis von 10 Euro (inkl. Porto) 
bezogen werden.

Bestellungen bitte an: imi at imi-online.de

IMI-Studie 2018/02
Die PESCO der Großmächte
Die EU auf dem Weg zur Aufrüstungs- und Interventionsunion
http://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2018-2-PESCO.pdf
Florian Nesch (2. Februar 2018)

INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung
2. Der Weg zu PESCO im Vertrag von Lissabon
3. Die Debatte um die Aktivierung der PESCO
4. Die Interessen hinter PESCO
4.1. Avantgarde statt Konsens
4.2. Aufrüstungsdruck
4.3. EU-subventionierter Rüstungsmarkt?
5. Militärische PESCO-Projekte und beschleunigte Handlungsfähigkeit
6. Europäisierung oder Oligopolisierung der Europäischen Verteidigung?

Ganze Studie zum download: 
http://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2018-2-PESCO.pdf

Bereits die am 13. November 2017 formell bekundete Bereitschaft 
zahlreicher EU-Mitgliedsstaaten, an der „Ständigen Strukturierten 
Zusammenarbeit“ – englisch abgekürzt PESCO – teilzunehmen, löste 
regelrechte Begeisterungsstürme unter anderem bei den daran beteiligten 
deutschen Verantwortlichen aus: „Heute ist ein großer Tag für Europa. 
Wir gründen heute die europäische Sicherheits- und 
Verteidigungsunion“[1], kommentierte Verteidigungsministerin Ursula von 
der Leyen die Unterzeichnung der Notifizierungsurkunde zur PESCO. 
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel stimmte ebenfalls in die Lobeshymnen 
mit ein und bezeichnete die Notifizierung als „Meilenstein der 
europäischen Entwicklung.“[2] Und auch die Presse zeigte sich völlig von 
der Tragweite des auf den Weg gebrachten Vorhabens überzeugt, wenn etwa 
die Morgenpost schrieb: „Das Projekt nennt sich Pesco und könnte für das 
Militär der EU einmal so bedeutend werden, wie der Euro für die 
Wirtschaft.“[3]

Obgleich PESCO rechtlich bereits mit In-Kraft-Treten des Vertrags von 
Lissabon (EUV) im Dezember 2009 verankert worden war und sie als eines 
der wichtigsten Elemente zum Ausbau der EU-Militärkomponente gilt, wurde 
ihre Aktivierung lange blockiert. Die gesellschaftlichen und politischen 
Veränderungen der letzten Jahre, wie die Wahl des US-Präsidenten Donald 
Trump, die zunehmenden Konflikte an den östlichen wie südlichen Grenzen 
und vor allem der bevorstehende Ausstieg Großbritanniens aus der EU 
bildeten nun aber den Nährboden für das schwindelerregende Tempo, mit 
dem seit einiger Zeit neue Vorhaben im Bereich der „Gemeinsamen 
Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (GSVP) der EU durchgepeitscht 
werden. Unter anderem scheinen die europäischen Entscheidungsträger nun 
nach jahrelangem Feilschen am Ziel ihrer Träume angekommen zu sein, 
nachdem der formellen Meldung am 8. Dezember 2017 ein offizieller 
Ratsbeschluss zur Begründung der PESCO und drei Tage später dessen 
Unterzeichnung folgte.

Handlungsleitend ist dabei die im Juni 2016 verabschiedete 
EU-Globalstrategie (EUGS), die die Europäische Sicherheitsstrategie aus 
dem Jahr 2003 ersetzt. Sie legt dar, dass in einer instabilen Welt „Soft 
Power“ – also zivile Machtmittel – allein nicht mehr ausreichen würden. 
Aus diesem Grund müsse man „die Glaubwürdigkeit im Bereich Sicherheit 
und Verteidigung verbessern“. Diese Glaubwürdigkeit, wie sie hier 
genannt wird, soll mit der gemeinsamen militärischen Aufrüstung EUropas 
und seiner Staaten gewährleistet werden und somit das militärische 
Handeln wieder in den Vordergrund rücken. In der EUGS heißt es hierzu: 
„Wir werden höhere Investitionen und Qualifikationen in allen 
Mitgliedsstaaten durch gemeinsame Forschung und Entwicklung, Ausbildung, 
Übungen und Beschaffungsprogramme fördern. [Hierfür] benötigen die 
Mitgliedsstaaten bei den militärischen Spitzenfähigkeiten alle wichtigen 
Ausrüstungen, um auf externe Krisen reagieren und die Sicherheit Europas 
aufrechterhalten zu können.“[4]

Diese Ziele definieren das Ambitionsniveau, das die Mitgliedsstaaten 
erreichen wollen und für das zivile und im Besonderen militärische 
Mittel gestellt werden müssen.[5] Um dies zu bewerkstelligen, seien 
höhere – und effizientere – Investitionen in den militärischen Bereich 
notwendig, wofür wiederum   eine ehrgeizige PESCO vonnöten sei, wie 
unter anderem die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 22. und 
23. Juni 2017 festhielten.[6]

Die am 11. Dezember 2017 auf der Ratssitzung – auf Grundlage des 
Vertrags von Lissabon – offiziell beschlossene PESCO soll hierfür vor 
allem militärische Fähigkeiten und Kapazitäten bündeln, den Bedarf im 
Verteidigungsbereich harmonisieren, einen gemeinsamen Rüstungsmarkt 
schaffen und demnach gemeinsame EU-Militärstrukturen aufbauen.[7] 
Militärische Kooperationsprojekte mehrerer Mitgliedsstaaten sollen 
künftig innerhalb der PESCO entwickelt und umgesetzt werden und damit 
offiziell unter dem Dach der EU erfolgen.

Ziel ist es, hierüber „militärische Spitzenfähigkeiten“ zu generieren 
und gleichzeitig ein militärisches Kerneuropa zu etablieren. Denn mit 
PESCO können Teile der EU-Militärpolitik per Mehrheitsentscheidung auf 
Kleingruppen ausgelagert werden, wodurch das bisher geltende 
Konsensprinzip einfach umgangen wird. Kleinere und mittlere EU-Länder 
drohen so Mitsprache- und Einflussrechte über substanzielle Teile der 
EU-Militärpolitik einzubüßen, da die Mitgliedsstaaten bindende 
(Rüstungs-)Verpflichtungen erfüllen müssen – z.B. die Erhöhung der 
Verteidigungshaushalte oder die Bereitstellung von Truppenverbänden –, 
um überhaupt an PESCO-Projekten teilnehmen zu dürfen. Wie im Folgenden 
dargestellt werden soll, wird hierüber ein immenser Aufrüstungsdruck 
erzeugt, während die Einführung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen 
gleichzeitig Macht und Einfluss der EU-Großmächte weiter vergrößert. 
Darüber hinaus wurden mittlerweile bereits die ersten PESCO-Projekte auf 
den Weg gebracht, die den Verdacht erhärten, dass sich die EU hierüber 
einen erheblichen Schritt weiter in Richtung einer Aufrüstungs- und 
Interventionsunion begibt.

Ganze Studie zum download: 
http://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2018-2-PESCO.pdf

Anmerkungen

[1] Spiegel Online: 23 EU-Staaten gründen Militärunion. 13.11.2017.
[2] Tagesspiegel: Ein Meilenstein dank Donald Trump. 13.11.2017.
[3] Morgenpost: Wie sich Europa für die Zukunft rüstet. 8.11.2018.
[4] Vgl. Gemeinsame Vision, gemeinsames Handeln: Ein stärkeres Europa. 
Eine Globale Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der 
Europäischen Union, Brüssel, 28.6.2016. (S.38f.)
[5] Vgl. Council of the European Union: Council conclusions on 
implementing the EU Global Strategy in the area of Security and Defence. 
14.11.2016.
[6] Vgl. Mitteilung des Europäischen Rates. 23.6.2017. (S.6)
[7] Vgl. Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich: Rat begründet die 
ständige strukturierte Zusammenarbeit (PESCO) mit 25 teilnehmenden 
Mitgliedsstaaten. 11.12.2017.



2.) IMI-Analyse zum Entwurf für einen neuen Traditionserlass der Bundeswehr

IMI-Analyse 2018/01
Kontinuität oder Bruch?
Der Entwurf zu einem neuen Traditionserlass der Bundeswehr
http://www.imi-online.de/2018/02/02/kontinuitaet-oder-bruch/
Lucius Teidelbaum (2. Februar 2018)

Rechte in und außerhalb der Bundeswehr sind unzufrieden mit der 
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Beispielsweise klagt 
Philip Kraft in seinem Beitrag „Das Militärische im Modernen Staat“, der 
in den extrem rechten „Burschenschaftlichen Blättern“ 4/2017 erschien: 
„Die bundesdeutschen Streitkräfte mußten in diesem Jahr einiges 
durchmachen. Von Workshops zur sexuellen Vielfalt, großangelegten 
Kasernendurchsuchungen, die Ausbildung von Wochenendsoldaten im 
Schnelldurchlauf bis hin zur Erstellung eines Sex-Ratgebers mit dem 
Fokus auf unterschiedlichen Orientierungen, Identitäten und 
Lebensmodellen.“ (Seite 152) Der Burschenschafter und Referatsleiter in 
der Rechtsabteilung des Deutschen Bundeswehrverbandes fordert: „Es ist 
allerhöchste Zeit, daß Deutschland ein realistisches und respektvolles 
Verhältnis zu seinen Streitkräften erlangt.“ (Seite 154)

Es handelt sich um einen Streit zwischen zwei verschiedenen Linien. 
Einerseits der alte deutsche Militarismus, der Traditionen und 
Kontinuitäten bewahren will. Er wird auf parlamentarischer Ebene von der 
AfD und Teilen der Union und FDP vertreten. Auch innerhalb der 
Bundeswehr hat er seine AnhängerInnen.
Dagegen (re)präsentiert die Bundesverteidigungsministerin einen neuen 
deutschen Militarismus, der auch bereit ist alte, störende Zöpfe 
abzuschneiden. Ziel ist eine effektive, also kriegsfähige, moderne 
Bundeswehr, die möglichst frei ist von allen Skandalen. So ordnete sie 
etwa in Reaktion auf den Fall Franco A. ein Großreinemachen in den 
Kasernen an, in dessen Zug problematische Devotionalien entfernt wurden. 
Diese Säuberungsaktion wurde von rechten KritikerInnen als Bildersturm 
gesehen und es gab entsprechend empörte Kommentare.

Vor diesem Hintergrund wurde gleichzeitig mit den Kasernen-Beräumungen 
offenbar auch in Reaktion auf den Fall Franco A. eine Überarbeitung des 
Traditionserlasses der Bundeswehr von 1982 beschlossen, der seit einiger 
Zeit als Entwurf vorliegt.

Neuentwurf und auch Neuanfang?

Der im November 2017 vorgestellte Entwurf für einen neuen 
Traditionserlass ist mit knapp neun Seiten eher kurz gehalten. Von 
vielen Medien wurde er als Bruch mit allen deutschen Armeetraditionen 
interpretiert. So heißt es in dem Entwurf: „2.1 Die deutsche 
(Militär-)Geschichte ist geprägt von tiefen Zäsuren. Insbesondere 
aufgrund des folgeschweren Missbrauchs militärischer Macht, vor allem 
während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, gibt es keine 
ungebrochene deutsche Militärtradition.“

Zum Thema „Deutsche Streitkräfte bis 1945“ heißt es: „Bis zum Ende des 
Kaiserreichs waren deutsche Streitkräfte loyale Machtinstrumente ihrer 
feudalen Landesherren und stabilisierender Bestandteil einer vornehmlich 
kleinstaatlichen und dynastischen Ordnung. Sie leiteten daraus eine 
herausgehobene Stellung in Staat und Gesellschaft ab. […] In der 
Weimarer Republik gab es erstmals gesamtdeutsche Streitkräfte. Die 
Reichswehr legte ihren Eid auf die Verfassung ab, sicherte sich jedoch 
eine weit gehende innere Autonomie und blieb Zeit ihres Bestehens zu 
großen Teilen einem vor- und antidemokratischen Geist verhaftet. Der 
demokratisch verfassten Weimarer Republik blieb sie fremd und ein ‚Staat 
im Staate‘. Mit Wiedereinführung der Wehrpflicht 1935 ging aus der 
Reichswehr die Wehrmacht hervor. Ihr Eid unbedingten Gehorsams galt 
allein Adolf Hitler als ‚Führer‘ und ‚Oberstem Befehlshaber‘. Die 
Wehrmacht diente dem nationalsozialistischen Unrechtsregime und war in 
dessen Verbrechen schuldhaft verstrickt, die in ihrem Ausmaß, in ihrem 
Schrecken und im Grad ihrer staatlichen Organisation einzigartig in der 
Geschichte sind.“

Spielräume für reaktionäre „Traditionspflege“

Trotz manch kritischer Absätze offenbart eine genauere Lektüre des 
Entwurfs, dass beileibe nicht alle Traditionslinien zu früheren 
deutschen Armeen gekappt werden. Zu den vordemokratischen deutschen 
Armeen heißt es zwar, wie bereits zitiert, diese seien „loyale 
Machtinstrumente ihrer feudalen Landesherren und stabilisierender 
Bestandteil einer vornehmlich kleinstaatlichen und dynastischen Ordnung“ 
gewesen. Aber: „Dessen ungeachtet entwickelten deutsche Streitkräfte 
zahlreiche fortschrittliche und richtungsweisende Verfahren, Strukturen 
und Prinzipien, etwa die moderne Stabsarbeit, das Führen mit Auftrag, 
das Führen von vorne oder das Generalstabswesen.“ Das kann man durchaus 
als positiven Bezug auf die preußische Militärtradition verstehen.

Außerdem werden wohl auch in Zukunft weiterhin einzelne 
Wehrmachtssoldaten als Vorbilder präsentiert werden: „Die Aufnahme 
einzelner Angehöriger der Wehrmacht in das Traditionsgut der Bundeswehr 
ist dagegen grundsätzlich möglich.“ Auch gilt laut Entwurf „das Eiserne 
Kreuz als nationales Hoheitszeichen und als Sinnbild für Tapferkeit, 
Freiheitsliebe und Ritterlichkeit“ und „das Lied vom guten Kameraden als 
letztem Abschiedsgruß und Herzstück jeder militärischen Trauerfeier.“ 
Sowohl das Eiserne Kreuz als auch das Lied vom guten Kameraden fanden 
auch im Nationalsozialismus starke Verwendung, auch wenn sie einer 
älteren Tradition entspringen.

Ein weiterer kritischer Blick offenbart zudem, dass offensichtlich auch 
darüber hinaus noch Spielräume gelassen werden. Die früher häufig 
anzutreffenden Patenschaften zwischen Bundeswehr-Einheiten und 
Veteranenverbänden werden – um Jahrzehnte verspätet –untersagt: „4.7 
Traditionen von Verbänden ehemaliger deutscher Streitkräfte werden an 
Truppenteile und Dienststellen der Bundeswehr nicht verliehen. Fahnen 
und Standarten früherer deutscher Streitkräfte werden in der Bundeswehr 
nicht mitgeführt oder begleitet.“ Zudem heißt es auch: „Dienstliche 
Kontakte mit Nachfolgeorganisationen der ehemaligen Waffen-SS oder der 
Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger sind untersagt.“

So positiv das klingen mag, hier werden in den neuen Traditionserlass 
nur die ergänzenden Verfügungen eingeschrieben, die nach diversen 
Skandalen bereits erlassen worden waren. Interessanterweise werden 
Veteranenorganisationen der Wehrmacht nicht benannt. Das dürfte kein 
Zufall sein. Zwar ist der Einfluss der Traditionsverbände der Wehrmacht 
stark zurückgegangen, doch noch immer existieren Kontakte zwischen ihnen 
und einzelnen Bundeswehr-Soldaten und -Einheiten. So organisieren sich 
beispielsweise bis heute im „Kameradenkreis der Gebirgstruppe“ sowohl 
ehemalige Gebirgsjäger der Wehrmacht und Waffen-SS, als auch der 
Bundeswehr. Außerdem wird auch zu den aktiven Gebirgsjägern, etwa am 
Standort Mittenwald, Kontakt gehalten. Beispielsweise heißt es im 
Verbandsblatt „Die Gebirgstruppe“ 2/2016 über die Feier des 
Veteranenverbandes auf dem Hohen Brendten bei Mittenwald in Bayern: „Die 
Brendtenfeier an einem Wochentag und als ein Teil des ‚Tages der 
Gebirgssoldaten‘. Das Konzept ist aufgegangen: Obwohl das Wetter 
überhaupt nicht mitspielte, der Salzburger Schnürlregen den Tag fest im 
Griff hatte, haben erstaunlich viele Kameraden nebst Angehörigen den Weg 
auf den Brendten gefunden. Besonders erfreulich war die große Zahl von 
Soldaten aus der Gebirgsjägerbrigade 23.“ (Seite 3) Weiter heißt es: 
„Dass so viele Angehörige der Truppe in Uniform an der Feier teilnehmen, 
zeigt, dass ehemalige und aktive Gebirgsjäger gemeinsam in der Trauer um 
unsere Toten vereint sind.“ (Seite 4) Ganz selbstverständlich kommen 
hier seit Jahrzehnten Veteranen von Wehrmacht, Waffen-SS und Bundeswehr 
sowie aktive BundeswehrsoldatInnen zusammen. Eine erweiterte 
Formulierung in einem neuen Traditionserlass hätte solche Kontakte in 
Frage stellen können, unterbleibt aber.

Es stellt sich ohnehin die Frage inwiefern ein neuer Traditionserlass in 
der Lage ist, inoffizielle Traditionsbildungen zu unterbinden. Die 
vielen Spielräume, die er lässt, nähren zudem den Verdacht, dass dies 
letzter Konsequenz auch gar nicht beabsichtigt wird. Denn viele Vorfälle 
haben gezeigt, dass zwischen dem offiziellen Traditionsverständnis und 
dem internen Traditionsverständnis in einigen Einheiten eine eklatante 
Lücke klafft. Im KSK gab beispielsweise der ehemalige Kommandeur nach 
seiner Absetzung vor einigen Jahren in einem Bildband bekannt, seine 
Truppe habe sich in einer Wehrmachts- und Waffen-SS-Tradition 
verstanden. Ähnliches gilt offenbar weiterhin für viele Gebirgsjäger- 
und Fallschirmspringer-Einheiten.

Fokus Bundeswehr

Das Verteidigungsministerium scheint mit dem Traditionserlass gleich 
mehrere Interessen zu verfolgen: Erstens geht es darum, gerade vor dem 
Hintergrund der jüngsten Skandale, eine möglichst weit reichende 
Distanzierung von „problematischen“ früheren deutschen Armeen zu 
signalisieren. Dies geschieht aber zweitens nicht ohne dass genügend 
Spielräume gelassen werden, um die einflussreichen „Traditionalisten“ 
nicht komplett zu verärgern. Vor allem scheint es aber drittens darum zu 
gehen, einen positiven Traditionsbezug auf die Bundeswehr zu etablieren.

So wird in dem neuen Entwurf betont, die Bundeswehr sei ihr eigener 
Traditionsgeber und dementsprechend seien auch hier die positiven Bezüge 
zu suchen, um sinn- und identitätsstiftend zu wirken: „In dem 
überarbeiteten Regelwerk wird die eigene Geschichte der Bundeswehr als 
‚zentraler Bezugspunkt der Tradition‘ genannt; eine Neuerung gegenüber 
dem bisherigen Erlass aus dem Jahr 1982. In den 35 Jahren seiner 
Gültigkeit hat sich die Armee durch das Ende des Kalten Krieges, die 
Wiedervereinigung, mehrere Auslandseinsätze und die Aussetzung des 
Wehrdienstes stark verändert.“ (taz, 22.11.2017)

Weiter gilt aber natürlich auch die Bundeswehr bis 1990 als positiver 
Bezugspunkt, nämlich, wie es im Entwurf heißt, in ihrer Rolle bei der 
„Bewahrung von Freiheit und Frieden im Kalten Krieg und das Eintreten 
für die deutsche Einheit,“ Das ist aber schon allein deswegen 
problematisch, weil in der Bundeswehr in den 1950er und 1960er Jahren 
durch personelle Kontinuitäten im Offizierskorps noch der 'alte Geist' 
vorherrschte. Hinzu kommt ein virulenter Antikommunismus, der häufig mit 
antislawischen Versatzstücken versehen war und der während des gesamten 
Kalten Krieges wirksam war und von dem in dem Entwurf natürlich keine 
Rede ist.

Vor allem scheint das Ziel aber darin zu bestehen, mit dem Erlass ein 
„neues“ Traditionsverständnis zu etablieren, das sich aus der 
gewandelten Rolle der Bundeswehr hin zu einer Einsatzarmee ableitet. So 
wird als ein weiterer „zentraler Bezugspunkt der Tradition der 
Bundeswehr“ der „Beitrag der Bundeswehr zum internationalen 
Krisenmanagement sowie ihre Bewährung in Einsätzen und im Gefecht“ 
angeführt: „Diese Geschichte zu würdigen und zu entfalten, ist Aufgabe 
aller Angehörigen der Bundeswehr. Sie bietet eine breiten Fundus, um 
Tradition zu stiften. Daraus gewinnt das Selbstverständnis unserer 
Bundeswehr Sinn und Stolz.“



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