[IMI-List] [0398] Broschüre: EU-Rüstungsexportoffensive

IMI imi at imi-online.de
Mi Jun 12 12:03:20 CEST 2013


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Online-Zeitschrift "IMI-List"

Nummer 0398 .......... 15. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563

Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.

Red.: IMI / Thomas Mickan/ Jonna Schürkes

Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list

Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3

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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) der Hinweis auf die neue Broschüre "*Europas Rüstungsexportoffensive 
- Politische und industrielle Interessen hinter dem Geschäft mit dem Tod"*

1.) Broschüre: EU-Rüstungsexportoffensive

In Zusammenarbeit mit der Europaabgeordneten Sabine Lösing ist soeben 
die Broschüre *Europas Rüstungsexportoffensive - Politische und 
industrielle Interessen hinter dem Geschäft mit dem Tod *erschienen.

Wie immer kann die Broschüre hier heruntergeladen werden: 
http://www.imi-online.de/download/ EU-Ruestungsexportoffensive.pdf

Die Kooperation ermöglicht es uns erfreulicherweise aber auch, die 
Printversion der Broschüre kostenlos -- gerne auch in größeren 
Stückzahlen -- zu versenden.

Bestellungen per Mail bitte an: sabine.loesing at europarl.europa.eu

Schriftlich: Sabine Lösing, MEP (z. H. Arne Brix), Verbindungsbüro 
Europäisches Parlament / Europabüro, Unter den Linden 50, 10178 Berlin

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung

2. Politisch-industrielle Rüstungsexportoffensive

3. EUropäische Rüstungsexportförderung

4. EU-Rüstungsexportkontrollen: Löchrig wie ein Fischernetz

5. Transparenzfreier Raum

6. Rüstungsexportkontrolle als legitimatorischer Deckmantel

7. Konversion statt Aggression

Anhang: ENTWURF EINES BERICHTS über das Thema "Waffenausfuhr: Umsetzung 
des Gemeinsamen Standpunkts des Rates 2008/944/GASP", Brüssel, 13.2.2013

http://www.imi-online.de/download/ EU-Ruestungsexportoffensive.pdf

*Einleitung*

In jüngster Zeit jagt eine Meldung über deutsche Waffenexporte die 
nächste. Zuletzt konnte der Panzerbauer Kraus-Maffai Wegmann Ende April 
2013 mit einer "Erfolgsmeldung" aufwarten: Der Vertrag zum Verkauf von 
62 Leopard-2-Kampfpanzern und 24 Panzerhaubitzen 2000 an das Emirat 
Katar -- Gesamtumfang 1,89 Mrd. Euro -- sei unter Dach und Fach.[1] 
Diese sich häufenden Berichte spiegeln einen generellen Trend wider: 
"Denn die von der Bundesregierung veröffentlichten Werte für erteilte 
Ausfuhrgenehmigungen, die meist erst Jahre später tatsächlich erfolgen, 
weisen in die Höhe. Ein Vergleich der Beträge für die beiden letzten 
Jahrfünfte weist ein Plus von 25 Prozent aus und dabei ist der letzte 
Wert für 2011 (10,8 Mrd. Euro) fast doppelt so hoch wie der des 
Vorjahres (5,5 Mrd. Euro) und stellt damit den zweithöchsten Betrag 
überhaupt dar."[2]

Dementsprechend häufen sich auch Zeitungsberichte mit Titeln wie 
"Deutsche Waffen für die Welt" oder "Waffenausfuhren boomen". [3] Dabei 
nimmt der Anteil an Exporten in Drittländer, die weder der EU noch der 
NATO angehören ebenso zu[4], wie Waffenausfuhren in Krisengebiete 
und/oder in Staaten, von denen schwere Menschenrechtsverletzungen 
begangen werden.[5] Dies alles sind Belege dafür, dass die scheinbar so 
"restriktiven" deutschen Rüstungsexportrichtlinien löchrig wie ein 
Fischernetz sind[6] -- und genauso verhält es sich auch mit ihrem 
Pendant auf europäischer Ebene. So erteilten die EU-Staaten im Jahr 2011 
Exportlizenzen im Umfang von 37,52 Mrd. Euro (2010: 37,72 Euro)[7], 
allein 21,3 Prozent davon gingen mit dem Mittleren Osten in eine der 
brisantesten Krisenregionen der Welt.[8] Schon heute finden sich unter 
den weltgrößten Rüstungsexporteuren zahlreiche EU-Staaten, darunter 
Deutschland (Platz 3), Frankreich (Platz 4) und Großbritannien (Platz 
6), Spanien (Platz 7) und Italien (Platz 8).[9] Allerdings handelt es 
sich hierbei nur um eine Momentaufnahme, in Kürze wird der Umfang der 
Waffenlieferungen mit aller Wahrscheinlichkeit noch deutlich zunehmen, 
da aktuell sowohl seitens der Politik als auch der Industrie eine 
regelrechte Rüstungsexportoffensive lanciert wird.

So begrüßenswert die teils durchaus vorhandene Empörung über die Zunahme 
deutscher und europäischer Rüstungsexporte ist, die diesbezügliche 
Debatte lässt dennoch einiges zu wünschen übrig. Zu kurz kommen dabei 
weniger die hiermit verbundenen wirtschaftlichen Interessen, sondern vor 
allem deren machtpolitische Hintergründe, die weit darüber hinausgehen, 
einzelnen "bösen" Firmen noch größere Profite zuschustern zu wollen. 
Denn Rüstungsexporte sind mittlerweile zu einem elementaren Bestandteil 
staatlicher Machtpolitik geworden, die als zwingende Voraussetzung für 
die Fähigkeit zur globalen Einflussnahme und die weltweite militärische 
Interessensdurchsetzung gelten (Kapitel 2).

Aus diesem Grund wird seitens der Politik auf EU-Ebene auf zweierlei 
Arten versucht, die Waffenexporte anzukurbeln: Erstens direkt, indem 
eine Konzentration des EU-Rüstungssektors vorangetrieben wird, durch die 
sich die Exportchancen europäischer Unternehmen "verbessern" sollen 
(Kapitel 3). Und zweitens, indem nichts unternommen wird, um die 
zahllosen Schlupflöcher und Defizite der dem Wortlaut nach eigentlich 
recht strengen europäischen Rüstungsexportrichtlinien zu schließen, die 
im "Gemeinsamen Standpunkt (GS) für die Kontrolle der Ausfuhr von 
Militärtechnologie und Militärgütern" festgelegt sind.[10] Besonders 
bedenklich ist, dass wesentliche Teile der politischen Elite überhaupt 
kein Interesse zu haben scheinen, Maßnahmen zu ergreifen, die eine 
strengere EU-Rüstungsexportkontrolle ermöglichen würden -- im Gegenteil: 
Diesbezügliche Versuche werden zielstrebig torpediert. Eindrucksvoll 
wurde dies durch die im Vorwort bereits näher beschriebene Art und Weise 
unter Beweis gestellt, wie der von der Linksfraktion GUE/NGL 
angefertigte Berichtsentwurf "Waffenausfuhr: Umsetzung des Gemeinsamen 
Standpunkts des Rates"[11] von der Europäischen Volkspartei (EVP) 
versenkt wurde, um so jegliche Debatte über dieses Thema im Europäischen 
Parlament zu verhindern. So werden sowohl die Versuche im Keim erstickt, 
die Einhaltung der Richtlinien sicherzustellen (Kapitel 4) als auch die 
Transparenz über getätigte Waffenexporte durch die Mitgliedsstaaten zu 
verbessern (Kapitel 5).

In der aktuellen Form sind die europäischen Rüstungsexportrichtlinien 
deshalb relativ nutzlos, im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv. Sie 
gaukeln eine in Wahrheit nicht existierende strenge Prüfung von 
Waffentransfers vor und helfen damit, diese zu legitimieren. Nicht 
umsonst ist deshalb auch der Rüstungsindustrie an "strengen" Richtlinien 
gelegen, solange sich diese in der Praxis -- und nur um die geht es -- 
nicht als allzu hinderlich erweisen: "Der BDSV [Bundesverband der 
deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie] legt in diesem 
Zusammenhang Wert auf die Feststellung, dass sich die deutsche SVI 
[Sicherheits- und Verteidigungsindustrie] bei den getätigten 
Rüstungsexporten im Rahmen des geltenden Rechts bewegt und sich strikt 
an die restriktiven deutschen und europäischen Regelungen hält. [...] 
Richtigerweise erteilt die Bundesregierung Exportgenehmigungen nur, wenn 
strenge Auflagen und Kriterien erfüllt sind."[12] Als Ergänzung, nicht 
als alternative zu Regelungen auf nationalstaatlicher Ebene wären 
strikte EU-Rüstungsexportrichtlinien ebenso wünschenswert wie notwendig 
- in ihrer aktuell existierenden Form dienen sie aber leider eher als 
legitimatorischer Deckmantel, unter dem munter Waffen in alle Welt 
geschickt und so zahllose Konflikte angeheizt werden können (Kapitel 6).

Schließlich werden Rüstungsexporte aktuell auch häufig unter Verweis auf 
deren volkswirtschaftliche und beschäftigungspolitische Bedeutung 
gerechtfertigt -- beide sind allerdings relativ gering. Eine Umstellung 
der Produktionskapazitäten auf die Herstellung ziviler Güter wäre 
demzufolge relativ einfach möglich -- sofern der politische Wille hierzu 
vorhanden wäre. Dass dies nicht der Fall ist, hängt im Wesentlichen 
damit zusammen, dass politischerseits eine "eigene" Rüstungsindustrie 
gewünscht wird, um "eigene" machtpolitische Interessen durchsetzen zu 
können. Wer also wirklich ernsthaft für ein Verbot von Rüstungsexporten 
eintreten will, muss auch gleichzeitig dieser Machtpolitik und auch 
jeglicher Form von Militärinterventionen eine klare Absage erteilen 
(Kapitel 7).

Ganze Broschüre: 
http://www.imi-online.de/download/EU-Ruestungsexportoffensive.pdf

*Anmerkungen*

[1] Krauss-Maffei Wegmann unterstützt katarische Heeres-Modernisierung, 
Pressemitteilung, München, 18.04.2013. Kurze Zeit später wurde darüber 
hinaus noch bekannt, Exportgenehmigungen seien auch für sieben weitere 
gepanzerte Fahrzeuge, ein Artilleriegeschütz, Maschinengewehre, Zünder, 
Geschosse, Munition sowie weiteres Zubehör erteilt worden. Siehe 
Regierung bewilligt deutlich mehr Waffen für Katar, dpa, 26.04.2013.

[2] Henken, Lühr/Strutynski, Peter: Händler des Todes. Rüstungsexporte 
als Mittel deutscher Außenpolitik: Schädlich und unmoralisch, 
RLS-Standpunkt Nr. 5/2013, S. 1.

[3] Pfeiffer, Hermannus: Waffenausfuhren boomen. Rüstungsexporte 
verdoppelt, taz, 22.02.2013; Deutsche Waffen für die Welt, Focus, 
24.09.2012.

[4] "Von den für 2011 genehmigten Ausfuhren in Höhe von 10 Mrd. € 
sollten rd. die Hälfte in Drittländer gehen. Ein Jahr zuvor waren das 
rd. ein Drittel. Von den tatsächlich verkauften Waffen gingen rund zwei 
Drittel an Drittstaaten." Siehe Der Tod bleibt ein Meister aus 
Deutschland, Freitag, 13.02.2013.

[5] Im Falle der geplanten Panzerlieferungen nach Saudi Arabien sah sich 
selbst die regierungsnahe "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP) zu 
einer scharfen Kritik veranlasst: "Die USA, Europa und Deutschland 
sollten Bahrain und Saudi-Arabien entschiedener zu einem Politikwechsel 
auffordern. Wollen sie am Golf glaubwürdig sein, müssen sie überdies 
ihre Waffenverkäufe an diese Staaten begrenzen. Die Belieferung 
Saudi-Arabiens mit Leopard-Panzern, die für die Aufstandsbekämpfung 
konzipiert sind, verträgt sich nicht mit Bemühungen um eine friedliche 
Konfliktlösung in Bahrain." Siehe Steinberg, Guido: Kein Frühling in 
Bahrein, SWP-Aktuell 23, März 2013, S. 1.

[6] "In dem Bestreben, ihre Rüstungsexportpolitik restriktiv zu 
gestalten, [...] hat die Bundesregierung ihre Grundsätze für den Export 
von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern wie folgt neu beschlossen: 
[...] Genehmigungen für Exporte nach KWKG und/oder AWG kommen nicht in 
Betracht, wenn die innere Lage des betreffenden Landes dem 
entgegensteht, z. B. bei bewaffneten internen Auseinandersetzungen und 
bei hinreichendem Verdacht des Missbrauchs zu innerer Repression oder zu 
fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen. Für diese 
Frage spielt die Menschenrechtssituation im Empfängerland eine wichtige 
Rolle." Siehe Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export 
von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, URL: 
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/A/aussenwirtschaftsrecht-grundsaetze,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf 
(29.04.2013), S. 4.

[7] EU arms exports figures remain level, Jane's Defence Weekly, 04.01.2013.

[8] EU arms exports. Member States' compliance with the common rules, 
Library of the European Parliament, Briefing, 20.01.2013, S. 4.

[9] Holtom, Paul u.a.: Trends in international arms transfers, 2012, 
SIPRI Fact Sheet, March 2013.

[10] Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 
betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von 
Militärtechnologie und Militärgütern (zitiert als GS).

[11] Entwurf eines Berichts über das Thema "Waffenausfuhr: Umsetzung des 
Gemeinsamen Standpunkts des Rates 2008/944/GASP" (2012/2303(INI)), 
Brüssel, 13.02.2013 (zit. als Rüstungsexportbericht).

[12] Nachsteuerung zu Rüstungsexporten? BDSV-Newsletter, Oktober 2012, S. 3.




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