[IMI-List] [0389] Praktikum/Honduras/Mali

IMI imi at imi-online.de
Mo Jan 14 17:41:09 CET 2013


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0389 .......... 15. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jonna Schürkes / Jürgen Wagner
Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) ein Hinweis auf mögliche Praktika bei der IMI;

2.) ein Hinweis auf einen Artikel zu Entwicklungen in Honduras nach dem 
Putsch 2009

3.) ein Artikel zur französischen Militärintervention in Mali


1.) IMI-Praktikum

Die Informationsstelle hat in den kommenden Monaten eine 
Praktikumsstelle frei. Wir freuen uns über Bewerbungen, wobei uns 
schulische Leistungen und Lebensläufe deutlich weniger interessieren, 
als persönliche Beweggründe und Erfahrungen für und mit politischem 
und/oder antimilitaristischem Engagement und Vorstellungen und Wünschen, 
die mit einem Praktikum bei der IMI verbunden wären.

Näheres: http://www.imi-online.de/uber-imi/praktikum/

Nachfragen gerne an: imi at imi-online.de

2.) Ein Artikel zu Entwicklungen in Honduras nach dem Putsch 2009

IMI-Analyse 2013/001
Der lange Schatten des Putsches
Wie Honduras zum Dasein als „Bananenrepublik“ verdammt wird
http://www.imi-online.de/2013/01/04/der-lange-schatten-des-honduranischen-putsches/
Mirko Petersen, veröffentlicht am: 4. Januar 2013

3.) Artikel zur französischen Militärintervention in Mali

IMI-Standpunkt 2013/01
Regime Change mal anders
Die französische Militärintervention und die Regierungsbildung in Mali
http://www.imi-online.de/2013/01/14/regime-change-mal-anders/
Christoph Marischka, veröffentlicht am: 14. Januar 2013

Seit dem Putsch malischer Soldaten im März 2012 hat der Staat keine klar 
benennbare Regierung mehr. Der Putsch war u.a. eine Reaktion auf einen 
Aufstand sezessionistischer Gruppen im Norden, die unter der Führung von 
aus Libyen zurückkehrenden Tuareg-Rebellen rasche Geländegewinne 
verzeichnen konnten. Trotzdem ermöglichte es gerade der Putsch, dass die 
Sezessionisten daraufhin mit Hilfe islamistischer Gruppen schnell den 
gesamten Norden erobern konnten, die Herrschaft in den eroberten 
Gebieten jedoch an die Islamisten verloren. Es besteht große Einigkeit 
in der Bevölkerung des Süden Malis (und unter den Flüchtlingen aus dem 
Norden), dass der Norden zurückerobert werden müsse. Wie das jedoch 
geschehen soll und welche Rolle dabei Drittstaaten spielen werden, ist 
sehr umstritten – und wirkt sich massiv auf die Bildung einer neuen 
Regierung aus.

So gibt es einerseits den Prozess zur Bildung einer Übergangsregierung, 
der überwiegend von französischen Klienten innerhalb der ECOWAS 
vorangetrieben wird und den Übergangspräsidenten Dioncounda Traoré und 
Cheick Modibo Diarra als Übergangspremier hervorbrachten. Beide wurden 
international anerkannt und forderten ECOWAS und EU zu exakt der Form 
von Intervention auf, wie diese von Seiten der EU längst vorbereitet 
war, genossen jedoch im Süden Malis weder ausreichend Legitimität noch 
übten sie dort de facto die Macht aus. Jeweils in engem zeitlichen 
Zusammenhang mit Entscheidungen in Brüssel über den anstehenden 
Militäreinsatz in Mali wurde zunächst Traoré unter den Augen der 
Putschisten so schwer verprügelt, dass er für Monate nach Frankreich 
ausgeflogen werden musste, und im Dezember Diarra von den Putschisten 
festgenommen und seine Regierung für abgesetzt erklärt. Zwar befürworten 
auch die Putschisten überwiegend militärische Unterstützung aus dem 
Ausland, befürchten jedoch eine starke internationale Truppenpräsenz in 
der Hauptstadt, die ihre Macht untergraben könnte. Parallel dazu findet 
innerhalb der Zivilgesellschaft der Versuch statt, durch „concertations 
nationales“ eine tatsächlich demokratisch legitimierte Regierung 
hervorzubringen, was offensichtlich auch von Teilen der Putschisten und 
vielen ihrer Anhänger unterstützt wird.

In dieser Situation von DER malischen Regierung zu sprechen, ist damit 
reichlich abwegig. Dasselbe gilt für die malische Armee, die in 
verschiedene Interessengruppen zerfallen ist. Während die einen in den 
Machtkampf bzw. das Ringen um eine politische Lösung in Bamako 
verstrickt sind, haben sich andere nahe der Grenze zu den von den 
Islamisten besetzten Gebieten mehr oder weniger im Alleingang daran 
gemacht, Flüchtlinge und Freiwillige für die Rückeroberung des Nordens 
in Milizen zu organisieren, auszubilden und zu bewaffnen (angeblich 
schon länger mit Unterstützung Frankreichs). Andere Teile der Armee sind 
bereits vor Monaten vor dem Vormarsch der Sezessionisten und Islamisten 
nach Niger geflohen und versuchen sich dort in der Nähe der Hauptstadt 
Niamey (wo ebenfalls eine EU-Ausbildungsmission stationiert ist) zu 
reorganisieren.

Wegen der unklaren Lage in Mali - und v.a. auch in Bamako selbst - war 
der geplante EU-Einsatz zur Unterstützung einer Militärintervention der 
ECOWAS (wie diese auch) zwischenzeitlich mehr oder weniger auf Eis 
gelegt. Zu kompliziert gestalteten sich die Verhandlungen mit den 
verschiedenen malischen Akteuren – der international anerkannten 
Regierung, den verschiedenen Fraktionen des Militärs und 
zivilgesellschaftlichen Gruppen (die Legitimität für eine Stationierung 
der ehemaligen Kolonialmacht hätten herstellen müssen) um die konkrete 
Art der Militärhilfe und die Frage, welche Truppen aus welchen 
Nachbarstaaten wo stationiert werden dürften. Ähnlich kompliziert 
stellten sich die Diskussionen um Kontingente und Befugnisse mit den 
Nachbarstaaten dar. Deshalb wurde in Brüssler Kreisen noch vor wenigen 
Tagen spekuliert, die geplanten Einsätze der ECOWAS und der EU würden 
wahrscheinlich nicht vor 2014 stattfinden. Zugleich sickernten jedoch 
immer mehr Informationen durch, dass Frankreich und andere westliche 
Staaten ihre Truppenpräsenz in der Region deutlich erhöhen und mit 
Beratern und Spezialkräften auch in Mali selbst bereits aktiv seien.

Mit dem vermeintlichen Vormarsch der Islamisten, der in vermeintlich 
letzter Sekunde mit französischen Luftangriffen aufgehalten wurde, 
stellt sich die Situation jedoch plötzlich ganz anders dar. Frankreicht 
räumt offen ein, 400 Soldaten in Bamako stationiert zu haben, zwei 
französische Kampfflugzeuge sollen in Sevare, nahe Mopti, und eines in 
Bamako stationiert sein. Zudem habe sich Frankreich mit zwei 
Kampfhubschraubern aus Burkina Faso und Bodentruppen an den Gefechten 
beteiligt. Medien vermelden überdies, dass die Ankunft von 1.000 
Soldaten aus Burkina Faso und Niger unmittelbar bevorstünde. All dies 
wird international legitimiert durch einen Brief „des malische 
Interimspräsident Dioncounda Traoré“ in dem dieser, der nun wieder als 
legitimer Vertreter des malischen Volkes gilt, den französischen 
Präsidenten Hollande „um Hilfe gebeten“ habe. Auch die Kritik derjenigen 
Akteure in Mali, die jedem zusätzlichen französischen Einfluss in Mali 
skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden, ist nahezu verstummt. 
Schließlich hat Frankreich die Nation vor einem „Vormarsch auf die 
Hauptstadt Bamako“ gerettet. Der französische Außenminister Laurent 
Fabius ließ sich mit den Worten zitieren: „Frankreich musste dringend 
eingreifen, sonst gäbe es Mali nicht mehr, dafür aber einen 
terroristischen Staat.“

Zwar lassen sich entsprechende Drohungen durch Vertreter der Islamisten 
finden, dass sie jedoch tatsächlich ein solches Himmelfahrtskommando 
wagen würden, erscheint ähnlich unrealistisch, wie die vermeintliche 
Unvorhersehbarkeit der Ereigniss. Tatsächlich ist dieser Offensive ein 
Angriff von Teilen der malischen Armee auf die Stadt Douentza, gute 
100km westlich von Konna, vorausgegangen, die sich seit dem 1. September 
2011 unter Kontrolle der Islamisten befand. Der Militärsprecher, der 
diese Rückeroberung noch selbstbewusst verkündete, verband dies gleich 
mit der Ankündigung, weiter in den Norden vorzustoßen, um auch Timbuktu 
, Kidal und Gao zu befreien. Den Einmarsch der Islamisten nach Konna, 
von wo vermutlich Truppen für die Offensive in Douentza abgezogen 
wurden, wollte er zu diesem Zeitpunkt nicht kommentieren. Konkret ging 
der „Offensive der Islamisten“ also eine Offensive malischer Militärs 
voraus. Wenn Frankreich über diese Offensive informiert gewesen wäre, 
würde das erklären, wie es einen so komplexen Einsatz mit Hubschraubern 
und Kampfjets einschließlich Überflugrechte (für die sich Frankreich bei 
Algerien bedankte) samt Bodenpersonal, im Verbund mit Bodentruppen und 
enger Koordination mit Teilen der desintegrierten malischen Armee so 
kurzfristig hat durchführen können. Absprachen mit Frankreich (und 
Algerien) würden auch das Selbstbewusstsein des malischen Offiziers 
erklären, mit dem er einen Vormarsch auf Timbuktu , Kidal und Gao 
ankündigte, der ohne französische Unterstützung völlig hoffnungslos 
gewesen wäre. Tatsächlich hat Frankreich ja nicht nur den „Vormarsch“ 
der Islamisten gestoppt und dabei – wie die Regierung selbst einräumte – 
30 von ihnen sowie elf Zivilisten (darunter drei Kinder) getötet, 
sondern auch „Infrastruktur der Terroristen“ in dem von ihnen 
kontrollierten Gebiet bombardiert, darunter in Kidal und Gao, wo allein 
am Sonntag laut AFP 60 „Islamisten“ getötet worden seien. Die Übrigen 
hätten mittlerweile die großen Städte verlassen und seien in die Wüste 
geflohen.

Der französische Verteidigungsminister, Jean-Yves Le Drian, kündigte an, 
der Einsatz werde „mehrere Wochen“ dauern mit dem Ziel „diese 
Terroristen aus[zu]löschen“. Eine solche Entscheidung fällt nicht über 
Nacht. Trotzdem haben fast alle westlichen Staaten ihre Unterstützung 
für den Einsatz bekundet und militärische Hilfe in Aussicht gestellt. 
Dazu gehört auch die Bundesregierung. Die Bedingung, die der deutsche 
Verteidigungsminister für einen Einsatz der Bundeswehr formuliert hatte, 
nämlich den vermeintlichen „politischen Konsens über den Einfluss 
ausländischer Staaten, insbesondere auch Ausbildungssoldaten“ wurde 
durch die französische Militärintervention zunächst hergestellt. Er wird 
bald wieder brechen, doch bis dahin liegt absehbar ein Mandat des 
Sicherheitsrates vor und dann ist die Meinung der Bevölkerung ohnehin 
nicht mehr relevant – und für „concertations nationales“ fehlen dann 
erst recht die Voraussetzungen.





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