[IMI-List] [0341] Münchner Sicherheitskonferenz / Analyse Sudan

IMI imi at imi-online.de
Do Feb 3 14:47:47 CET 2011


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0341 .......... 15. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jonna Schürkes / Jürgen Wagner
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Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1) Informationen zur Münchner Sicherheitskonferenz am kommenden Wochenende;

2) Eine Analyse zum Sezessionsreferendum im Sudan.


1) Münchner Sicherheitskonferenz

Vom 4. bis zum 6. Februar wird die Münchner Sicherheitskonferenz 
stattfinden, gegen die wie jedes Jahr wieder Demonstrationen geplant 
sind. Die Hauptdemo findet am Samstag ab 13h statt, einer der Redner 
wird u.a. IMI-Vorstand Tobias Pflüger sein.

Alle weiteren Infos zur Sicherheitskonferenz finden sich hier: 
http://sicherheitskonferenz.de/

Bevor die Analyse zum Sudan folgt, hier noch einige Informationen über 
die Münchner Firma Acazis AG, die in Landraub in Äthiopien verstrickt 
sein soll. Gleichzeitig wurde Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi 
Berichten zufolge kürzlich von Dirk Niebel zur Sicherheitskonferenz 
eingeladen, obwohl das Land schwerer Menschenrechtsverletzungen 
beschuldigt wird.

IMI-Standpunkt 2011/005
Münchner Sicherheitskonferenz: Menschenrechte vs. Geopolitik
http://www.imi-online.de/2011.php?id=2237
2.2.2011, Jürgen Wagner

Ein weiteres einschlägiges Beispiel, wie interssengeleitet – oder 
besser: schamlos – westlicheseits Menschrechtsfragen beim einen Land 
ganz oben auf die Agenda gesetzt bzw. beim anderen geflissentlich 
ignoriert werden, liefert die vom 4.-6. Februar stattfindende Münchner 
Sicherheitskonferenz.

Einerseits wurde der weißrussische Diktator Alexander Lukaschenko unter 
dem Beifall der "liberalen" Presse ausgeladen. Angeblich sei der Schritt 
"als Reaktion auf die Unterdrückung der Opposition" (AFP, 18.01.2011) 
erfolgt. Tatsächlich erwiesen sich die Versuche der Europäischen Union, 
Weißrussland der russischen Einflusszone zu entziehen als erfolglos, 
wofür Lukaschenko nun die Quittung erhielt.

Andererseits lud Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel unlängst den 
äthiopischen Premierminister Meles Zenawi offiziell zur Teilnahme an der 
Sicherheitskonferenz ein. Obwohl Amnesty International und zahlreiche 
weitere Gruppen Äthiopien massivste Verletzungen der Menschenrechte 
vorwerfen, scheint dies in diesem Fall offensichtlich kein 
Hinderungsgrund zu sein, den Diktator Meles Zenawi in München zu 
hofieren. Ausschlaggebend ist hierfür das westliche Interesse, Äthiopien 
als „Ordnungsmacht in Ostafrika“ zu stützen: „Weil Äthiopien für die 
westliche Kontrolle am Horn von Afrika und damit an der Zufahrt zum 
Roten Meer erhebliche Bedeutung besitzt, verpuffen Vorwürfe von 
Menschenrechtsorganisationen gegen die äthiopische Regierung 
wirkungslos. Addis Abeba wird bereits seit Jahren wegen schwerer 
Menschenrechtsverletzungen scharf kritisiert.“ 
(German-Foreign-Policy.com, 17.01.2011)

Gleichzeitig ist die in Gilching bei München ansässige Acazis AG in 
Menschenrechtsverletzungen verstrickt, die im Zuge von Landraub in 
Äthiopien geschehen, wie der folgende Artikel zeigt:

Agrosprit ist nicht essbar
Trotz fehlender Ernährungssicherheit für die Bevölkerung, will die 
deutsche Acazis AG in Äthiopien Energiepflanzen anbauen
Tobias Lambert
http://land-grabbing.de/fallbeispiele/fallbeispiel-2-deutsche-acazis-ag-in-aethiopien/


2) IMI-Analyse zum Sezessionsreferendum im Sudan

IMI-Analyse 2011/02 - in: AUSDRUCK (Februar 2011)
Südsudan: Neue Heimat des AFRICOM?
Westliche Planspiele für eine dauerhafte Militärpräsenz
http://www.imi-online.de/2011.php?id=2238
3.2.2011, Jürgen Wagner


Vom 9. bis zum 15. Januar 2011 fand im Süden des Sudan ein Referendum 
statt, in dem sich die Bevölkerung mit großer Mehrheit für die 
Unabhängigkeit und damit die Abspaltung vom Norden aussprach.[1] Die 
Abstimmung erfolgte auf Grundlage eines am 9. Januar 2005 
unterzeichneten „Friedensabkommens“ (Comprehensive Peace Agreement, CPA) 
zwischen den Bürgerkriegsparteien im Norden und Süden (die 
westsudanesische Provinz Darfur war explizit ausgeklammert). Es sah vor, 
sechs Jahre nach Unterzeichnung das nun durchgeführte Referendum 
abzuhalten, bei dem allein die Bevölkerung des Südens über die 
Abspaltung vom Norden entscheiden konnte. Da sich der Großteil der 
Ölvorkommen des Landes im Süden befindet und der Regierung in Karthum 
durch eine Abspaltung der Verlust nahezu sämtlicher Staatseinnahmen 
droht, ist es wenig verwunderlich, dass sie erst mittels massivster 
westlicher Interventionsdrohungen „überzeugt“ werden musste, den 
„Friedensvertrag“ zu unterzeichnen.

In vielerlei Hinsicht hat sich die Regierung in Karthum die Suppe selbst 
eingebrockt: die jahrzehntelange Unterdrückung des Südens und der 
Versuch der Herrscherclique, sich möglichst große Teile des Ölreichtums 
unter den Nagel zu reißen, bildeten den Nährboden für das jetzige 
Ergebnis des Unabhängigkeitsreferendums. Nach gegenwärtigem Fahrplan 
soll die Unabhängigkeit Anfang Juli 2011 in Kraft treten und damit ein 
neuer afrikanischer Staat namens „Republic of South Sudan“ entstehen. 
Doch auch im Südsudan hat sich mit der dort herrschenden Sudanesischen 
Volksbefreiungsbewegung (SPLM) und deren Chef, Salva Kiir, eine korrupte 
Herrscherelite herauskristallisiert, deren Augenmerk primär auf den 
eigenen Profiten liegt und die ebenfalls extrem repressiv gegen 
Oppositionelle vorgeht.[2] Auch wenn sie im Falle des Sudan stets 
buchstäblich ins Feld geführt werden: Menschenrechtsragen dürften somit 
wohl kaum die Ursache für die vollkommen einseitige Parteinahme des 
Westens zugunsten der südsudanesischen Seite sein.

Vielmehr stellte das Referendum den bisherigen Höhepunkt eines seit 
Jahren zielstrebig auf den Weg gebrachten Planes dar. Hauptziel dabei 
ist es, mit der Abspaltung des Südens die dort lagernden Ölvorkommen 
unter westliche Kontrolle zu bringen und damit dem chinesischen Einfluss 
zu entziehen. Doch trotz des abgehaltenen Referendums bleiben weiterhin 
zahlreiche wichtige Fragen ungeklärt. So beanspruchen etwa beide 
Parteien sowohl der Norden als auch der Süden die Kontrolle der 
ölreichen Abyei-Region, die aus dem Referendum ausgeklammert worden war. 
Vor allem gibt es bislang noch keine Einigung, in welchem Umfang – und 
ob überhaupt – der Norden an den künftigen Erlösen aus dem Ölverkauf 
beteiligt wird. Nicht wenige Beobachter warnen deshalb davor, dass es zu 
einem erneuten Bürgerkrieg kommen könnte.[3] Um deshalb den 
Abspaltungsprozess abzusichern und die Präsenz auf dem afrikanischen 
Kontinent auszubauen, werden in den USA derzeit Pläne entworfen, sich 
dauerhaft militärisch im Südsudan festzusetzen. Auch in der Europäischen 
Union wird gegenwärtig über den Einsatz von EU-Kampftruppen 
(Battlegroups) nachgedacht, sollten die Entwicklungen nicht den 
gewünschten Verlauf nehmen.

Im schlimmsten Falle könnten die Ereignisse im Sudan sogar der 
Startschuss für eine neue Ära neokolonialer Politik darstellen, in der 
der Westen erneut nach Gutdünken afrikanische Grenzen zurechtrückt – 
selbstredend aber nur dort, wo sich dies mit den eigenen Interessen 
deckt. Schon jetzt fordern hochrangige EU-Politiker, das Prinzip der 
Unverletzlichkeit der Grenzen müsse im Falle Afrikas überdacht werden.


US-Sezessionshilfe

In den USA gibt es seit Jahren sowohl innerhalb als auch außerhalb der 
Regierungszirkel einflussreiche Förderer einer südsudanesischen 
Unabhängigkeit. Die meisten von ihnen setzen sich gleichzeitig für harte 
Maßnahmen bis hin zu Militäreinsätzen gegen den Norden ein. Sollte die 
Regierung in Karthum den Referendumsprozess und die anschließende 
Abspaltung nicht klaglos hinnehmen, müsste sie eben dazu gezwungen 
werden, so die Kernforderung der wichtigsten Lobbygruppen, etwa des 
„Enough Project“ und der „Save Darfur Campaign“. Diese Hardliner können 
sich vor allem auch deshalb viel Gehör verschaffen, weil ihr – aufs 
gröbste verkürztes – Bild eines vermeintlich 
christlich-arabisch/islamischen Konflikts in den USA viel Unterstützung 
mobilisieren kann.[4] Schlüsselfiguren sind u.a. Dave Eggers, 
regelmäßiger Kommentator für „Save Darfur“ sowie John Prendergast, der 
Mitbegründer des „Enough Project”, die seit Jahren, u.a. Mitte 2010 in 
der „New York Times“, eine deutlich härtere Gangart forderten: „Wir 
schlagen Drohmaßnahmen vor, einschließlich Sanktionen gegen die 
regierende Partei, die Blockade von Schuldenerlassen beim 
Internationalen Währungsfond […] und der Gewährung weiterer 
Unterstützung für den Süden.“[5]

Nicht wenige Hardliner finden sich auch in Obamas Regierungsmannschaft 
und haben Berichten zufolge auch einen sehr guten Zugang zum 
Präsidenten, auch und gerade in der Sudan-Frage.[6] So etwa Gayle Smith, 
ebenfalls Mitbegründerin des „Enough Project“ und im Nationalen 
Sicherheitsrat für Entwicklungsfragen verantwortlich. Vor allem aber 
Obamas außenpolitische Chefberaterin während des Wahlkampfes, Susan 
Rice, mittlerweile US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen; macht 
seit Jahren Stimmung für ein bewaffnetes Eingreifen: "Die Geschichte 
zeigt, dass Karthum nur eine Sprache versteht: die glaubwürdige 
Androhung oder Anwendung von Gewalt." Eine UN-Resolution solle eine 
Militärintervention autorisieren, die laut Rice folgendermaßen ablaufen 
würde: "Die USA, vorzugsweise mit NATO-Beteiligung und afrikanischer 
politischer Unterstützung, würden sudanesische Flughäfen, Flugzeuge und 
andere militärische Anlagen bombardieren. Sie würden Port Sudan 
blockieren, durch das die sudanesischen Ölexporte fließen. Anschließend 
würden die UN-Truppen stationiert – mit Gewalt, sollte dies nötig sein 
und mit Unterstützung seitens der USA und der NATO. Sollten die USA 
keine UN-Autorisierung erhalten, sollten sie auch ohne sie handeln."[7]

Konsequenterweise flossen deshalb nicht nur unter George W. Bush, 
sondern auch unter seinem Nachfolger Barack Obama beträchtliche Summen 
in den Aufbau eines unabhängig funktionsfähigen Südsudan – und damit 
zumindest mittelbar in die Unterstützung der Sezessionsbestrebungen. So 
zitierte die „Washington Times“ Ezekiel Lol Gatkuoth, den Chef der 
südsudanesischen Niederlassung bei den Vereinten Nationen, Ende 2009 mit 
den Worten: „Eines der Ziele der US-Regierung ist es nun 
sicherzustellen, dass der Südsudan 2011 ein lebensfähiger Staat ist.“[8] 
In dieses Ziel wurde erheblich investiert, wie ein Beitrag in „Newsweek“ 
enthüllt: „Auch in der besonneneren Obama-Ära pumpen die USA jährlich 
mehr als 300 Mio. Dollar in den Südsudan – dies ist Teil der intensiven 
Anstrengungen, Kiirs Regierung vor dem Unabhängigkeitsreferendum zu 
stärken. […] Die USA haben in den letzten Jahren mehr als 100 Mio. 
Dollar für die Ausbildung und Unterstützung der südsudanesischen Armee 
ausgegeben.“[9] Allein im Haushaltsjahr 2011 sind für diese Zwecke laut 
einem Bericht des US-Außenministeriums 42 Mio. Dollar eingestellt. Sie 
sollen für „den Aufbau und die Umgestaltung der SPLM-Armee im Südsudan 
von einer Guerillaarmee in eine professionelle militärische Truppe 
verwendet werden.“[10] Für den Aufbau staatlicher Strukturen im Südsudan 
sind im selben Zeitraum 53,9 Mio. Dollar vorgesehen.[11] Selbstredend 
soll sich dieses Engagement auch auszahlen, nämlich in Form einer 
dauerhaften US-Präsenz im Südsudan.


Südsudan: Neue Heimat des AFRICOM?

Mit dem erst 2007 geschaffenen Afrika-Kommando (AFRICOM) wurde dem 
Kontinent erstmals ein eigenes Regionalkommando zugeordnet, ein 
deutlicher Ausdruck für das gestiegene US-Interesse an Afrika. Zwar 
unterhalten die USA zahlreiche Militärbasen in Afrika, bis heute gelang 
es ihnen jedoch nicht, ein „Gastland“ für das AFRICOM-Hauptquartier zu 
finden, das deshalb weiterhin in Stuttgart residiert. Die Gründe, 
weshalb sich die Begeisterung, das US-Kommando zu beherbergen, in 
Grenzen hält, fasst ein Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des 
US-Kongresses bündig zusammen: „Es gibt einige Besorgnis hinsichtlich 
der US-Motivation hinter der Schaffung von AFRICOM. Viele Afrikaner 
fürchten, dass der Schritt einen neokolonialen Versuch repräsentiert, 
die Region militärisch beherrschen zu wollen. […] Viele betrachten die 
amerikanischen Anti-Terrormaßnahmen in Afrika skeptisch und die Meinung 
scheint weit verbreitet zu sein, dass die wesentliche Aufgabe des neuen 
Kommandos die Jagd nach Terroristen und die Sicherung des US-Zugangs zu 
afrikanischem Öl sein wird. Amerikanische Außenpolitikanalysten haben in 
den letzten Jahren der chinesischen Rolle in Afrika zunehmende 
Aufmerksamkeit zukommen lassen und diese Aufmerksamkeit führte zu 
Fragen, ob ein Afrika-Kommando nicht Teil eines neuen Kampfes um 
Einfluss auf dem Kontinent sein könnte.“[12]

In der Tat gibt es zahlreiche Aussagen von US-Regierungsoffiziellen, die 
wenig Zweifel aufkommen lassen, dass das neue Kommando nicht zuletzt der 
verbesserten Kontrolle afrikanischer Bodenschätze, insbesondere von Öl 
dient.[13] Und auch, dass die Zurückdrängung Chinas weit oben auf der 
US-Agenda und damit auch auf der des AFRICOM steht, wurde durch die 
jüngsten Wikileaks-Veröffentlichungen von höchsten Stellen bestätigt. So 
bezeichnete Johnnie Carson, Staatssekretär für afrikanische 
Angelegenheiten im US-Außenministerium, China in einer Stellungnahme 
zwar – noch – nicht als „militärische, sicherheitspolitische oder 
geheimdienstliche Bedrohung“, wohl aber als einen „sehr aggressiven und 
schädlichen ökonomischen Rivalen ohne jegliche Moral.“ Anschließend 
benannte er „Stolpersteine“ („tripwires“), die definieren, unter welchen 
Bedingungen die USA eine härtere Gangart einlegen müssten: „Haben sie 
Verträge über Militärbasen unterzeichnet? Bilden sie Armeen aus? Sind 
geheimdienstliche Operationen in Gang gesetzt worden? Sobald sich auf 
diesen Gebieten etwas tut, werden die Vereinigten Staaten beginnen, sehr 
besorgt zu sein.“[14]

Ungeachtet der Tatsache, dass die USA sämtliche dieser Aktivitäten wie 
selbstverständlich selbst durchführen, herrscht dort große Besorgnis 
darüber, dass sich China immer häufiger und umfangreicher an 
UN-Militäreinsätzen in Afrika beteiligt.[15] Von den insgesamt knapp 
2000 im Ausland eingesetzten chinesischen Soldaten ist der Großteil auf 
dem afrikanischen Kontinent stationiert und hier wiederum die meisten 
davon im Sudan. China hat nicht nur erheblich in den sudanesischen 
Ölsektor investiert, es ist auch Ziel von 65% der Ölexporte des Landes. 
Aus diesem Grund ist Peking der wichtigste Unterstützer der 
sudanesischen Regierung und rüstete unter anderem (zusammen mit 
Russland) dessen Armee auf.[16]

Es spricht also einiges dafür, dass die USA, vor allem auch um den 
chinesischen Einfluss zurückzudrängen, großes Interesse an einer 
dauerhaften Präsenz im Sudan haben: "Die USA wollen einen unabhängigen 
Staat Südsudan, um ihre politischen Ziele in Afrika zu erreichen", 
erklärt Hani Raslan vom ägyptischen „Al-Ahram-Zentrum für Politische und 
Strategische Studien“. „In den letzten Tagen der Regierung George W. 
Bushs errichtete das US-Verteidigungsministerium das Afrika Kommando, 
kurz: AFRICOM, das für Militäreinsätze in Afrika zuständig ist. Und ein 
wesentliches Element dieses neuen Regionalkommandos wird eine große 
Militärbasis sein, die im Südsudan errichtet werden wird, so die 
Hoffnung der USA.“[17]

Offenbar sind hier bereits umfangreiche Absprachen getroffen worden, wie 
der den US-Hardlinern nahestehende, gewöhnlich gut informierte 
„Jamestown Monitor“ im Mai 2010 zu berichten wusste: „Eine sudanesische 
Tageszeitung berichtete kürzlich, dass die SPLM ein Dokument 
ausgearbeitet hat, dass einem US-Diplomaten bei seinem Besuch vorgelegt 
werden sollte. In ihm bot die SPLM an, im Tausch für logistische 
Unterstützung, Militärtraining und Gelder für Waffenankäufe für 
regionale Stabilität zu sorgen und Anti-Terror-Operationen in 
Zusammenarbeit mit dem AFRICOM durchzuführen. Die Zeitung gab an, das 
Dokument sei von einem Komitee hochrangiger SPLA-Offiziere unter Leitung 
des Ministers für SPLA-Angelegenheiten angefertigt worden. Der Plan 
wurde auf einem Treffen genehmigt, das von General Salva Kiir geleitet 
wurde. […] Es hat den Anschein, als erwöge die SPLM eine Rolle als 
US-Klient in Afrika anzunehmen und zwar im Tausch gegen amerikanische 
Militärhilfe oder den Schutz im Falle eines erneuten Bürgerkrieges mit 
dem Norden in Folge des Unabhängigkeitsreferendums.“[18]

Laut einem Bericht der sudanesischen Tageszeitung „Alintibaha“ vom Juni 
2010 gab es ferner auch bei einem kurz zuvor erfolgten USA-Besuch von 
SPLM-Generalsekretär Pagan Amum weitere Gespräche in dieser 
Angelegenheit: „Amum unterstrich bei seinem Treffen mit 
AFRICOM-Kommandeur General William Ward die Bedeutung amerikanischer 
Militärbasen im Sudan, um die […] Kriege und Spannungen im Gebiet der 
Großen Seen überwachen zu können. Amum teilte den Wunsch der 
SPLM-Führungsriege mit, eine solche Basis beherbergen zu wollen. Er 
sagte, sie wollten Teil des amerikanischen Verteidigungssystems sein. Er 
versprach, dass die SPLM den Männern auf dem amerikanischen Stützpunkt 
einen sicheren Hafen bieten und die politische Rückendeckung für die 
Überwachung der Verhältnisse in verschiedensten Teilen Afrikas liefern 
würde.“[19] Die saudische Tageszeitung „Asharq Al-Awsat“ bestätigte 
ebenfalls die Existenz von Plänen für eine dauerhafte US-Präsenz: „Es 
gibt Berichte, nach denen das US-Afrika-Kommando beabsichtigt, sollte 
sich der Süden für eine Sezession entscheiden, eine Basis in Juba zu 
errichten.“[20]

Nicht einmal ausgeschlossen ist, dass der Südsudan sogar „Gastland“ für 
das AFRICOM selbst werden könnte. Jedenfalls kündigte der neue 
AFRICOM-Chef Carter Ham an, erneut auf die Suche nach einem 
afrikanischen Land gehen zu wollen, in das das AFRICOM-Hauptquartier 
verlegt werden könnte.[21] Einer der wenigen Hinweise darauf, dass die 
Mehrheit der Südsudanesen demgegenüber durchaus aufgeschlossen sein 
könnte, zumindest aber darauf, dass ein solcher Gedanke nicht völlig 
abwegig ist, liefert die „Sudan Tribune“. Das wohl bestbesuchte 
englischsprachige Sudan-Internetnachrichtenportal stellte in einer 
Umfrage im Sommer 2010 die Frage, ob ein unabhängiger Südsudan künftig 
das AFRICOM-Hauptquartier beherbergen solle. Ergebnis: 81,6% der 
abgegebenen Stimmen sprachen sich dafür, lediglich 18,4% dagegen aus.[22]


EU und UN: Militärische Absicherung des Abspaltungsprozesses

Auch die Europäische Union und die Vereinten Nationen haben seit Jahren 
massiv in den Aufbau des Südsudan und damit in die Vorbereitung der 
Sezession investiert.[23] Doch die Unterstützungsleistungen beschränken 
sich nicht auf „zivile“ Maßnahmen. So entsendeten die Vereinten Nationen 
zur Überwachung des „Friedensabkommens“ die UN-Mission UNMIS in den 
Sudan. Gegenwärtig besteht die UNMIS aus knapp 9.500 Soldaten (30 
deutsche), 655 Polizeibeamten und 486 Militärbeobachtern und kostet 
jährlich ca. 1 Mrd. Dollar. Entgegen ihrem Auftrag ist die UN-Truppe 
alles andere als neutral, sie griff bspw. in innersüdsudanesischen 
Auseinandersetzungen immer wieder aktiv aufseiten der SPLM ein.[24] Vor 
allem soll die Truppe gewährleisten, dass der Abspaltungsprozess 
reibungslos über die Bühne geht, weshalb man sich auf eine längere 
Präsenz einrichtet: „Das umfassende Engagement von UNMIS im Süden und 
der Ausbau des UN-Compounds in Juba deuten darauf hin, dass UNMIS 
zumindest im Süden weiterhin eine starke Rolle spielen könnte.“[25]

Sollte es zu neuerlichen Kampfhandlungen im Sudan kommen, scheinen auch 
die EU-Kampftruppen als Verstärkung Gewehr bei Fuß zu stehen. So meldete 
der „Behörden-Spiegel“ Ende Januar 2011: „Wie aus Sicherheitskreisen in 
Brüssel zu hören ist, wird derzeit über die Errichtung einer EU-Battle 
Group für den Sudan nachgedacht. Konkrete Planungen existieren noch 
nicht, das Vorhaben sei noch im Stadium der ‚internen Diskussion‘.“[26] 
Auch der „EUObserver“ gibt an: „EU Battelgroups zur Unterstützung der 
UN-Peacekeeping-Truppen ist eine der Ideen, die in Betracht gezogen 
werden, auch wenn die Entsendung einer Mission zum Polizeitraining 
wahrscheinlicher ist.“[27] Vor diesem Hintergrund ist die Antwort der 
Bundesregierung auf eine kleine Anfrage nach den Plänen für einen 
solchen Militäreinsatz regelrecht unverschämt, denn sie gab an, sie sehe 
„keinen Anlass für eine Diskussion über den Einsatz einer EU Battle 
Group.“[28]


Sezessionsspirale in Afrika?

Beobachter warnen davor, dass die Ereignisse im Sudan eine Spirale des 
Staatszerfalls in Afrika einläuten könnten: „Das heikle Unterfangen 
könnte unabsehbare Folgen für den ganzen Kontinent nach sich ziehen, da 
es mit einem Prinzip der Afrikanischen Union bricht. Demnach sind die 
einst unter kolonialer Herrschaft gezogenen Grenzen unabänderbar – und 
das nicht, weil sie etwa gerecht gewesen wären, sondern weil eine 
Abspaltung beispielgebend wirken könnte. ‚Dass die Sezession Südsudans 
weitere Sezessionsbewegungen in Afrika ermutigt, ist nicht 
auszuschließen‘, kommentierte Professor Rüdiger Wolfrum vom 
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 
in Heidelberg.“[29] Und tatsächlich mehren sich die Berichte, wonach 
zahlreiche separatistische Bewegungen sich nun auf das Beispiel Südsudan 
beziehen und ihrerseits damit ihr Recht auf eine Abspaltung begründen.[30]

Ein Papier des von der US-Regierung finanzierten „US Institute for 
Peace“ versichert jedoch beruhigend, zwar gäbe es „viele 
Sezessionsbewegungen in Afrika, aber die meisten davon sind schwach und 
verfügen nicht über die notwendige internationale Unterstützung für ihre 
Sache, um erfolgreich zu sein. Dies minimiert die Wahrscheinlichkeit, 
dass es eine Welle von Folgesezessionen geben wird, sollte sich der 
Süden für eine Abspaltung entscheiden.“[31] Dies trifft den Nagel auf 
den Kopf: es geht keineswegs darum, jeder separatistischen Bewegung das 
Selbstbestimmungsrecht (westlicherseits) zuzugestehen, sondern darum, 
beliebig zu entscheiden, wo dies opportun ist, etwa im Südsudan, und wo 
nicht, bspw. in der Westsahara. Des Pudels Kern besteht darin, dass der 
Westen bzw. seine Unterstützung der Gradmesser für „legitime“ 
Sezessionsbestrebungen sein soll und niemand sonst.

Der nahezu beliebigen Neuziehung von Grenzen sind so Tür und Tor 
geöffnet, wie etwa Allmachtsfantasien amerikanischer „Strategen“ 
zeigen.[32] Die Abspaltung des Südsudan könnte somit der Starschuss für 
weitere westlich orchestrierte Sezessionen sein, wie etwa von Charles 
Tannock, Koordinator der konservativen EVP-Fraktion im Auswärtigen 
Ausschuss des Europäischen Parlaments, vorgeschlagen wird. In einem 
unmittelbar vor Beginn des Unabhängigkeitsreferendums veröffentlichten 
Artikel schrieb er: „Ein unabhängiger Südsudan würde den Westen zwingen, 
sich mit der etablierten Orthodoxie bezüglich Afrikas 
auseinanderzusetzen, besonders mit der Überzeugung, dass Länder wie 
Somalia und Nigeria als Ganzes stabiler seien, als sie es mit zwei oder 
mehr Einzelteilen wären.“[33]


Anmerkungen:

[1] Auch wenn das Endergebnis von 98,83 Prozent gewisse Fragen aufwirft, 
ist es eindeutig, dass sich die überwältigende Mehrheit der 
südsudanesischen Bevölkerung für eine Sezession ausgesprochen hat.

[2] Vgl. Friedrichs, Hauke: Wahl und Referendum rufen Kriegstreiber auf 
den Plan, Zeit Online, 08.01.2010; Südsudan vor möglicher 
Unabhängigkeit, The African Edition, 22.12.2010: 
http://www.african-edition.de/magazin/meldung/datum/2010/12/22/suedsudan-vor-moeglicher-unabhaengigkeit-1.html 
(02.02.2011). .

[3] Paech, Norman: Sudan: Öl, Krieg und Spaltung, Ossietzky 1/2011.

[4] Vgl. zur verkürzten Darstellung der “ethnischen” Frage Kröpelin, 
Stefan: Spielball der Mächtigen, Frankfurter Rundschau, 14.10.2004.

[5] Eggers, Dave/Prendergast, John: In Sudan, War Is Around the Corner, 
New York Times, 12.07.2010.

[6] Goldberg, Mark Leon: Stopping a Genocide Before It Starts, The 
American Prospect Online, 06.01.2011.

[7] Rice, Susan E./Lake, Anthony/Payne, Donald: We Saved Europeans. Why 
Not Africans?, Washington Post, 02.10.2006.

[8] U.S. aids Sudanese in independence bid, The Washington Times, 
25.12.2009.

[9] Peraino, Kevin: Sorry, Sudan, Newsweek, 24.09.2010.

[10] Department of State: Executive Budget Summary, Fiscal Year 2001: 
http://www.state.gov/documents/organization/135888.pdf (02.02.2011).

[11] Ebd.

[12] Ploch, Lauren: Africa Command: U.S. Strategic Interests and the 
Role of the U.S. Military in Africa, Congressional Research Service, 
03.04.2010.

[13] Mitsch, Thomas: AFRICOM: Stuttgart wichtigste US-Basis im Wettlauf 
um Afrikas Öl, in: AUSDRUCK (April 2007), S. 27-28.

[14] US embassy cables: US monitors China and its expanding role in 
Africa, The Guardian, 08.12.2010.

[15] Shinn, David: Chinese Involvement in African Conflict Zones, The 
Jamestown Monitpr, 02.08.2009.

[16] Walters, Denine: Sino-Sudanese Relations: The Importance of Oil and 
the 2011 Referendum, Consultancy Intelligence, 30.04.2010; McGregor, 
Andrew: Russia's Arms Sales to Sudan a First Step in Return to Africa: 
Part One, Jamestown Foundation, 11.02.2009.

[17] Adam Morrow, Adam/Al-Omrani, Khaled Moussa: Sudan Set to Split 
Despite Egyptian Moves, IPS, 01.12.2010.

[18] McGregor, Andrew: Renegade generals threaten unity of south sudan’s 
spla as independence referendum approaches, Jamestown Monitor, 20.03.2010.

[19] Sudan: Report on Pagan Amum’s US visit, Overt, Secret Talks with US 
Officials, Al-Sharq al-Awsat Online, 31.08.2010: 
http://www.biyokulule.com/view_content.php?articleid=2979 (02.02.2011).

[20] Asharq Al-Awsat Talks to SPLM Secretary-General Pagan Amum, 
14.12.2010: http://www.asharq-e.com/news.asp?section=3&id=23406 
(02.02.2011).

[21] General Carter Ham Testifies Before Senate Armed Services Committee 
on Nomination as Commander, U.S. Africa Command, 18.11.2010: 
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57979 (02.02.2011).

[22] Zum Zeitpunkt, an dem die Umfrage eingesehen wurde, waren 2203 
Stimmen abgegeben, allerdings war sie damals erst kurz eingestellt. 
Später wurde die Umfrage aus dem Netz entfernt.

[23] Vgl. Peter, Marina/LoWilla, Emmanuel: Stabilität, Sicherheit und 
Entwicklung in Nachkriegssituationen

Sind Politik und Instrumente der Europäischen Union ein kohärenter 
Beitrag? APRODEV, Mai 2008; Vom Nutzen der Sezession, 
German-Foreign-Policy.com, 10.01.2011.

[24] Marischka, Christoph: Staatsbildungskrieg im Sudan und die Gefahr 
der Sezessionsspirale, in: AUSDRUCK (August 2010), S. 26-29.

[25] Südsudan vor möglicher Unabhängigkeit, The African Edition, 22.12.2010.

[26] EU-Battle Group für den Sudan? Behörden Spiegel, 20.01.2011.

[27] Sudanese consider 'EU model' as solution to oil question, 
EUobserver, 17.01.2011.

[28] Drucksache 17/4416, 14.01.2011.

[29] Schumann, Gerd: Republik Sudan am Ende, junge Welt, 31.01.2011.

[30] Separatists watch likely secession closely, Mail & Guardian, 
14.01.2011.

[31] Temin, Jon: Secession and Precedent in Sudan and Africa, United 
States Institute of Peace, Peace Brief, 17.10.2010, S. 1.

[32] Vgl. Goldberg, Jeffrey: After Iraq: What Will The Middle East Look 
Like? The Atlantic, January/February 2008; Peters, Ralph: Blood Borders: 
How a better Middle East would look, in: Armed Forces Journal (June 2006).

[33] Tannock, Charles: Independence or War, Project Syndicate, 
03.01.2011: 
http://www.project-syndicate.org/commentary/tannock24/English (02.02.2011).



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