[Gen-Streitfall] Monsanto hält Einzug in Europa
Sabine Altmann
Sabine.Altmann at Wagner-Solartechnik.De
So Sep 12 14:23:37 CEST 2004
Quelle: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/18303/1.html
Monsanto hält Einzug in Europa
Brigitte Zarzer 11.09.2004
Erstmals hat die EU-Kommission gentechnisch manipuliertes Saatgut in den
EU-Sortenkatalog
aufgenommen und lässt damit den Anbau von 17 Genmais-Sorten zu
Die EU-Kommission [1] hat am Mittwoch die Aufnahme von 17 gentechnisch
veränderten
Maissorten der Linie MON 810 in den EU-Sortenkatalog für landwirtschaftliche
Pflanzenarten
beschlossen. Damit wurde zum ersten Mal gentechnisch manipuliertes Saatgut
in den
gemeinsamen Katalog aufgenommen.
Der schädlingsresistente Monsanto-Mais ist bereits seit 1998 ¯ also vor dem
Gentech-
Moratorium ¯ grundsätzlich zugelassen. Nationale Genehmigungen für den Anbau
von sechs
Sorten in Frankreich und elf in Spanien gab es ebenso. Neu ist aber, dass
die Gentech-Sorte
jetzt zum Anbau für alle 25 EU-Mitgliedsländer zugelassen wird.
"Erlaubte gentechnische Kontamination von Lebensmitteln"
Für EU-Konsumentenschutzkommissar David Byrne ist die Zulassung nur ein
"logischer Schritt".
Kritiker weisen aber darauf hin, dass es keine EU-weit einheitlichen
Regelungen für den Parallel-
Anbau von konventionellen und gentechnisch veränderten Sorten gibt. Das
wurde ausdrücklich
den Mitgliedsländern überlassen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland [2] sieht in der
Entscheidung der EU-
Kommission "eine ernste Bedrohung" der Landwirtschaft in Europa. Mit den
vorgeschlagenen
Regelungen würde eine "gentechnische Kontamination von Lebensmitteln bereits
zu Beginn ihrer
Produktion erlaubt", heißt es in einer Aussendung. Alle Bemühungen von
Landwirten, auch in
Zukunft gentechnikfrei zu produzieren, würden damit unterlaufen.
Sollten Bauern "Mon 810" anbauen, wäre der gentechnischen Verunreinigung Tür
und Tor
geöffnet, warnt der BUND. Gentechnikfrei produzierende konventionelle oder
biologisch
produzierende Betriebe müssten mit Gentech-Einträgen in ihre Felder rechnen
und kostspielige
Maßnahmen zum getrennten Erfassen der Ernten, für Transport und Lagerung
treffen.
Die einzelnen Staaten können zwar grundsätzlich Verbote erlassen, da aber
Mon 810 aber im
sogenannten Erprobungsanbau derzeit bereits in sieben Bundesländern angebaut
wird, ist ein
Verbot für Deutschland unwahrscheinlich.
Doch nicht nur von Umweltschützern kommt Kritik. Auch Österreichs
Umweltminister Josef Pröll
[3] fand scharfe Worte.
Die Kommission öffnet damit das Tor für einen europaweitern Anbau einer
gentechnisch
veränderten Sorte, noch ehe sie sich überhaupt über strenge Grenzwerte und
damit einen
wirksamen Schutz für gentech-freie Produktion verständigt hat. Ich halte das
für eine
unnotwendig überhastete Vorgangsweise, die wohl kaum im Interesse der
europäischen
Konsumenten und Landwirte sein kann.
In Österreich ist das Inverkehrbringen von Mon 810 verboten, was aber die
EU-Kommission
wiederum nicht akzeptiert. Pröll spielte in seiner Reaktion auf den
Kommissions-Entscheid auch
auf eine zweite heikle Frage an, die ebenfalls für vergangenen Mittwoch
diskutiert werden sollte,
eine Entscheidung dann aber wieder verschoben worden war. So will die
Kommission demnächst
die Grenzwerte für Gentech im Saatgut regeln.
Sogenannte "zufällige und technisch unvermeidbare" gentechnische
Verunreinigungen von
Saatgut sollen künftig toleriert werden, ohne dass diese gekennzeichnet
werden müssen. Ein
Kommissionsentwurf sieht vor, für Raps und Mais eine Kontamination von 0,3
Prozent
zuzulassen. Auch 0,5 Prozent sind im Gespräch.
Aggressive Patent-Durchsetzungspolitik
Umweltschützer sehen darin den Abschied von gentech-freier Landwirtschaft in
Europa. Die
österreichische Umweltorganisation Global 2000 [4] will den österreichischen
Grenzwert von
maximal 0,1 Prozent europaweit durchgesetzt wissen. "Ohne diesen
Schutzgrenzwert wird es
mittelfristig keine gentechnikfreie Landwirtschaft geben können", warnt ein
Sprecher der
Organisation.
Dass gerade Monsanto jetzt die ersten europaweit zugelassenen Gentech-Sorten
für den Anbau
stellt, halten im übrigen viele Kritiker für eine Art schlechten Scherz.
Monsanto ist weltweit für
seine aggressive Patent-Durchsetzungspolitik bekann. Der wohl bekannteste
Fall ist jener des
kanadischen Farmers Percy Schmeiser, der vom Konzern wegen angeblichem
"Saatgutklau" vor
den Kadi gezerrt wurde. Schmeiser selbst hatte immer darauf beharrt, dass
seine Felder durch
Pollenflug mit Monsanto-Raps verunreinigt worden waren. Der Rechtsstreit
dauerte Jahre, bis in
letzter Instanz schließlich knapp gegen Schmeiser entschieden wurde.
Allerdings brauchte
Schmeiser nach dem Urteil weder Gerichtskosten noch die geforderten
Schadensersatz-
Zahlungen an den Konzern leisten.
Wenn künftig Mon 810 europaweit angebaut werden kann, es aber keine EU-weit
verbindlichen,
strengen Verursacher- und Haftungsregeln gibt, könnten solche Prozesse bald
auch den
europäischen Bauern ins Haus stehen.
Die jüngste EU-Entscheidung wird einmal mehr den Eindruck verfestigen, dass
in Brüssel der
Kniefall vor den großen Wirtschaftslobbys bereits zum Prinzip geworden ist.
Vielleicht sollte sich
die EU-Kommission Worte des früheren britische Umweltminister Michael
Meacher [5] einmal zu
Mahnung nehmen. Meacher in einem Interview:
Die Menschen misstrauen den Wissenschaftlern, aber noch mehr den
Politikern. Außerdem
hassen sie Monsanto und George W. Bush und haben den Eindruck, dass die
Amerikaner dem
Rest der Welt den Anbau von genmanipulierten Pflanzen aufoktroyieren wollen.
Links
[1]
http://www.europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/04/1083&f
ormat=HTML&a
ged=0&language=DE&guiLanguage=en
[2]
http://www.campus-med.de/index.php?module=myDPANews&func=content&file=2004-0
9-
07/na00593132&quelle=news+aktuell
[3] http://www.lebensministerium.at
[4] http://www.global2000.at
[5] http://www.dosto.de/gengruppe/texte/landwirtschaft/landw4.html
Telepolis Artikel-URL:
http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/18303/1.html
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