[Gen-Streitfall] Einwendungen gegen Freisetzung Genmanipulierter Organismen in Dresden- Pillnitz
Andreas Altenburger
salamandrandreas at gmx.de
Mo Okt 6 17:07:20 CEST 2003
Sächsische Zeitung
Mittwoch, 24. September 2003
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=525602
Furcht vor Pillnitzer Gen-Äpfeln
Institut plant bundesweit erste Freisetzung von manipulierten Organismen
Von Holger Ansorge
Das Pillnitzer Institut für Obstforschung will ab Herbst gentechnisch
veränderte Apfelbäume freisetzen. Das Vorhaben spaltet die Gemüter.
Befürworter sagen: Es ist eine große Chance. Doch Gegner kritisieren:
Risiken und Folgen sind unkalkulierbar.
Die Gegner formieren sich, denn die Zeit drängt. Mitte Oktober
entscheidet das Berliner Robert-Koch-Institut: Wird Pillnitz der erste
Standort in Deutschland, an dem gentechnisch veränderte Organismen zu
Forschungszwecken frei gesetzt werden dürfen? Das
Obstforschungsinstitut, das der Bundesanstalt für Züchtungsforschung
(BAZ) zugehört, plant ab Herbst auf einer ein Hektar großen Fläche an
der Oberpoyritzer Straße bis zum Jahr 2023 insgesamt 10 000 gentechnisch
veränderte Apfelbäume freizusetzen. Getestet werden soll deren Resistenz
gegen typische Apfelkrankheiten wie Feuerbrand, Mehltau und Schorf.
"Deutschland darf sich aus weltweiten Forschungsprozessen nicht mehr
ausklammern", betonte am Montagabend BAZ-Leiter Manfred Neumann auf
einer Informationsveranstaltung in Pillnitz.
Doch der Schritt der Gentechnik aus dem sterilen Labor an die frische
Luft ist heiß umstritten, wie die zahlreich erschienenen Gegner des
Projektes am Montag deutlich machten. Die ökologische Umgebung werde
nachhaltig gefährdet, sagen sie. Maren Leupelt, Sprecherin des
Anbauverbandes des ökologischen Landbaus Gäa, gehört zu den schärfsten
Kritikern des Forschungsprojekts: "Pillnitz ist wegen der
Streuobstwiesen, Naturschutz- und ökologischen Anbauflächen als Standort
völlig ungeeignet." Pollen der gentechnisch veränderten Apfelbäume
könnten das Ökosystem nachhaltig schädigen und den traditionsreichen
Obstanbau in Dresdens Osten gefährden. Politische Rückendeckung erhält
sie von Grünen-Sprecher Stephan Kühn: Durch die Freisetzung bestehe die
Gefahr, dass einheimische Apfelbäume kontaminiert werden. "Die
vorgesehenen Schutzmaßnahmen sind nicht ausreichend", sagt Kühn.
100-prozentiger Schutz ist nicht garantiert
Auch Projektleiterin Viola Hanke will eine 100-prozentige Verhinderung
der Pollenverbreitung bei einer Freisetzung nicht garantieren, obwohl
die Forschungsfrüchte in Plastik gehüllt werden sollen. Doch bei der
Forscherin überwiegen die positiven Erwartungen bei weitem die
Risikoüberlegungen. "Gefahren sehe ich nicht", sagt sie. Bei vielen
Gentechnik-Gegnern spiele Unkenntnis eine große Rolle, betont Hanke
hingegen. Ein gentechnisch veränderter Apfel könne sich nicht einfach in
der freien Natur etablieren. "Nach unseren Erfahrungen bleiben die
künstlich eingesetzten Gene isoliert und vermehren sich auch bei
Kreuzungen mit natürlichen Pflanzen nicht." Die Institutsleiterin sieht
in ihrem Projekt deshalb eine effektive Möglichkeit, Fortschritte bei
der Bekämpfung gegen Bakterien und Pilze im Obstanbau zu erzielen.
Öko-Landwirte zweifeln Sinn der Forschung an
Die Öko-Landwirte zweifeln den Sinn der Forschung aber an. Es sei zwar
möglich, dass genveränderte Äpfel kurzfristig gegen Bakterien resistent
werden, gesteht Leupelt zu. Aber ähnliche Versuche an Rapspflanzen in
Amerika hätten gezeigt, dass auch Bakterien ihre Anpassungsfähigkeit
verändern. "Die Gentechniker denken zu kurzfristig", sagt Leupelt. Die
Risiken könnten sie nicht abschätzen, da ihnen jede Erfahrung in der
freien Natur fehle. Jochen Flade, Organisator einer Bürgerinitiave gegen
das Projekt, befürchtet nun den Verlust des "tollen Rufes Pillnitzes als
Standort für traditionellen Obstanbau". Er kündigt an: "Wir werden bis
zuletzt gegen die Gentechnik vor unserer Haustür kämpfen." Bis zum 6.
Oktober nehmen das Robert-Koch-Institut und das sächsische
Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Einwände entgegen.
Bitte noch einwendungen schreiben und an folgende Adressen schicken:
SMUL, Referat 56, Zi. 685, Wilhelm-Buck-Str. 2,
01097 Dresden, Fax (0351) 5646817 oder besser direkt an das
Robert-Koch-Institut, Zentrum Gentechnologie, Wollankstraße 15-17, 13187
Berlin J.H.
Mehr Informationen über die Mailingliste Gen-Streitfall