[Gen-Info] Eckpunktepapier fuer Gentechnikgesetz (PM BMELV, 28.02.07)

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Fr Mär 2 21:09:37 CET 2007


Hallo Leute!

Hier als Ergänzung zur gestrigen Meldung die offizielle Verlautbarung.

Zwei Schmankerln daraus:

"Ein von den Wirtschaftsbeteiligten getragener Ausgleichsfonds wird von
den Pflanzenzucht- und Biotechnologieunternehmen allerdings abgelehnt.
Auch die Versicherungswirtschaft sieht sich mangels ausreichender
Erfahrungen, die für eine Risikokalkulation unerlässlich sind, derzeit
nicht in der Lage, einen Versicherungsschutz anzubieten."

Als in den 50er Jahren das deutsche Atomgesetz geschrieben wurde, hätte
die Atomindustrie auf Anfrage sicherlich auch die die Auflage zur
Bildung von Rückstellungen für die Endlagerung "abgelehnt". (Mal
ganz abgesehen davon daß diese Rückstellungen angesichts der für
ein atomares Endlager real anfallenden Kosten lächerlich gering sind
und derzeit als frei verfügbare Investitionsmasse zum Aufkauf ganzer
Branchen dienen -) Diese Sätze kommen einem Offenbarungseid der heutigen
Politik gleich.

"Imker haften nicht für Einträge von gentechnisch veränderten Pollen in
konventionelle oder ökologische Kulturen, ..."

sprich: Ihr Imker könnt froh sein, daß wir nur eure Lebensgrundlage
zerstören und euch nicht auch noch zugleich dafür haftbar machen.

Ciao
   Klaus Schramm
   klaus.schramm at bund.net


http://www.bmelv.de/cln_044/nn_751694/DE/12-Presse/Pressemitteilungen/2007/033-G
entechnik.html__nnn=true

Pressemitteilung Nr. 33

Bundesministerium fuer Ernaehrung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ausgabedatum 28. Februar 2007

>Fairer Ausgleich der Interessen<

Seehofer stellt Eckpunktepapier zu Gentechnik vor
Anlässlich der Verabschiedung des Eckpunktepapiers zur Grünen Gentechnik
im Bundeskabinett heute in Berlin erklärte Horst Seehofer,
Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dass
der Schutz von Mensch und Umwelt das oberste Ziel des deutschen
Gentechnikrechts bleibe.

"Ich bin mir bewusst darüber, wie kontrovers die Diskussion um die Grüne
Gentechnik in unserem Land geführt wird. Es ist daher kein leichtes
Unterfangen, zu einem fairen Ausgleich der sehr unterschiedlichen
Interessen zu kommen. Ich denke aber, dass wir mit unserem
Eckpunktepapier genau das geschafft haben," sagte Seehofer anlässlich
eines Pressegesprächs zu diesem Thema heute in Berlin. Er verwies auch
darauf, dass im Kabinett das Eckpunktepapier einstimmig beschlossen
wurde. "Dies ist eine gute Basis für die weitere Arbeit am
Gentechnikrecht" so der Minister.

Im Eckpunktepapier wird die Haltung der Bundesregierung zur Forschung im
Bereich der Grünen Gentechnik, zur guten fachlichen Praxis, zur
Transparenz, zu den Haftungsregelungen und zur Berücksichtigung des
Naturschutzes dargelegt.
Im Grundsatz geht es um folgende Punkte:

Das Gentechnikrecht soll den Rahmen für die weitere Entwicklung und
Nutzung der Gentechnik in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen setzen.
Die Regelungen sollen so ausgestaltet werden, dass sie Forschung und
Anwendung in Deutschland befördern. Die Wahlfreiheit sowohl der
Verbraucherinnen und Verbraucher als auch der Landwirte und die
Koexistenz der unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen sollen
gewährleistet werden.

Das Eckpunktepapier finden Sie hier:
http://www.bmelv.de/cln_044/nn_752314/DE/04-Landwirtschaft/Gentechnik/Kabinettbe
schlussGentechnik.html__nnn=true


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Kabinett beschließt Eckpunktepapier zur Gentechnik
Das Bundeskabinett hat am 28. Februar 2007 das folgende Eckpunktepapier
"Die weitere Novellierung des Gentechnikrechts / Eckpunkte für einen
fairen Ausgleich der Interessen" in der vom Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorgelegten Fassung beschlossen:

Die weitere Novellierung des Gentechnikrechts / Eckpunkte für einen
fairen Ausgleich der Interessen

Die Gentechnik ist eine Basisinnovation mit unterschiedlichen
Anwendungsbereichen:

    - Die sog. Rote Gentechnik beschäftigt sich mit Anwendungen der
Gentechnik für die Medizin.
    - Die sog. Grüne Gentechnik betrifft die Züchtung und den Anbau von
gentechnisch veränderten Pflanzen zur Erzeugung von Lebens- und
Futtermitteln bzw. von nachwachsenden Rohstoffen.
    - Die sog. Weiße Gentechnik bezieht sich auf industrielle
Anwendungen unter Einsatz von gentechnisch veränderten Mikroorganismen.


Deutschland ist das Land mit den meisten Biotechnologieunternehmen in
Europa. Im Jahr 2005 erzielten rund 500 Unternehmen einen Umsatz von ca.
1,5 Mrd. Euro. Die meisten Unternehmen sind im Bereich der Roten
Biotechnologie tätig.

In Deutschland wurden im Jahre 2006 auf 947 Hektar gentechnisch
veränderte Pflanzen, die über eine Zulassung zum Inverkehrbringen
verfügen, angebaut. Es handelte sich hierbei um die Maislinie MON810,
die gegen das Schadinsekt Maiszünsler resistent ist. Weltweit wurden auf
ca. 102 Mio. Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen (vor allem Soja,
Mais, Raps und Baumwolle) in 22 Ländern angebaut, wovon rund 82 % auf
die USA, Argentinien und Brasilien entfallen.

Für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) gelten strenge rechtliche
Bestimmungen. Gentechnische Anlagen unterliegen der Genehmigungspflicht.
Die gentechnischen Arbeiten in der Anlage selbst bedürfen je nach
Risikopotenzial einer Anzeige, Anmeldung oder Genehmigung. Die
Freisetzung von GVO (Forschung und Entwicklung) sowie ihr
Inverkehrbringen (Vermarktung) erfordern ebenfalls eine Genehmigung.
Hierbei führen die zuständigen Behörden eine umfangreiche
Sicherheitsbewertung durch. Nur wenn keine Gefahr für die menschliche
Gesundheit und die Umwelt zu erwarten ist, darf der GVO freigesetzt bzw.
in Verkehr gebracht werden.

Die Gentechnik stößt in der Öffentlichkeit auf große Aufmerksamkeit und
wird unterschiedlich bewertet.

Umfragen von Meinungsforschungsinstituten und von Eurobarometer zeigen,
dass gegenwärtig die Mehrheit der deutschen Bevölkerung gentechnisch
veränderte Lebensmittel ablehnt. Damit unterscheidet sich die
öffentliche Meinung in Deutschland kaum von der öffentlichen Meinung in
anderen europäischen Staaten. Viele Menschen sind besorgt, dass die
Gentechnik schädliche Auswirkungen auf ihre Gesundheit oder auf die
Umwelt haben könnte. Andererseits ergibt sich ein differenziertes
Meinungsbild, wenn nach Anwendungsbereich und Verwendungsart der
Gentechnik unterschieden wird. So besteht z.B. gegenüber der Anwendung
der Gentechnik für die Medizin eine positive Einstellung in der Bevölkerung.

Die Lebensmittelwirtschaft (Landwirte, Lebensmittelhersteller, Handel)
bietet derzeit kaum gentechnisch veränderte Lebensmittel an. Im
ökologischen Landbau geht dies auf prinzipielle Überlegungen zurück.
Auch sieht die Lebensmittelwirtschaft wegen der Haltung der Mehrzahl der
Verbraucherinnen und Verbraucher nur geringe Absatzchancen für
gentechnisch veränderte Lebensmittel. Gentechnisch veränderte
Futtermittel kommen hingegen häufiger zum Einsatz. Die auf diese Weise
erzeugten tierischen Produkte müssen nach geltendem europäischem
Gemeinschaftsrecht nicht als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden.

Viele Forschungseinrichtungen und Pflanzenzuchtunternehmen setzen
hingegen auf gentechnisch veränderte Pflanzen. Die Neuzüchtungen bieten
interessante Perspektiven und sollen einen Beitrag in den Bereichen
Ernährung, Gesundheit und nachwachsende Rohstoffe leisten. Die
wichtigsten Anwendungsbereiche der Grünen Gentechnik liegen derzeit noch
in der Entwicklung schädlingsresistenter oder herbizidtoleranter
Pflanzen. Eine Vielzahl von Projekten beschäftigt sich aber bereits u.
a. mit der Züchtung von Pflanzen mit Umweltstresstoleranzen (Kälte,
Trockenheit), mit einer effektiveren Nutzung nachwachsender Rohstoffe
und der Produktion pharmazeutischer Proteine in Pflanzen. Die am 29.
August 2006 von der Bundesregierung beschlossene Hightech-Strategie hat
einen Schwerpunkt auf Innovationen in der Pflanzen- und Biotechnologie
gesetzt. Im Bereich des Innovationsfeldes "Pflanze: Neue Wege in der
Landwirtschaft und Industrie" liegen Schwerpunkte in der
Pflanzengenomforschung und in der Grünen Gentechnik.

Angesichts der Chancen und der Risiken gilt es, einen fairen Ausgleich
der Interessen zu finden. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass das
Gentechnikrecht den Rahmen für die weitere Entwicklung und Nutzung der
Gentechnik in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen setzen soll. Die
Regelungen sollen so ausgestaltet werden, dass sie Forschung und
Anwendung in Deutschland befördern. Der Schutz von Mensch und Umwelt
bleibt, entsprechend dem Vorsorgegrundsatz, oberstes Ziel des deutschen
Gentechnikrechts. Die Wahlfreiheit der Landwirte und Verbraucher und die
Koexistenz der unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen müssen
gewährleistet sein.

Die Bundesregierung hat zur weiteren Novellierung des Gentechnikrechts
die folgenden Eckpunkte beschlossen:
1. Die Forschung voranbringen
Die Forschung im Bereich der Pflanzenbiotechnologie soll vorangebracht
werden. Dies gilt sowohl für die Sicherheitsforschung und als auch für
die Entwicklungsforschung. Die Sicherheitsforschung muss integraler
Bestandteil der Forschung auf diesem Gebiet sein. Für die
Bundesregierung gilt der Vorsorgegrundsatz des Schutzes von Mensch und
Umwelt. Kritiker der Grünen Gentechnik betonen, dass die Sicherheit von
gentechnisch veränderten Pflanzen und Lebensmitteln nicht ausreichend
erforscht sei. Daher sollte den offenen Fragen nachgegangen werden.

Doch auch die Entwicklungsforschung ist zu stärken. Die Grüne Gentechnik
bietet interessante Perspektiven u. a. in den Bereichen der Ernährung,
der Versorgung mit Energie und Rohstoffen und der pharmakologischen
Produktion. Die globale Entwicklung schreitet voran, unabhängig davon,
ob in Deutschland Entwicklungsforschung betrieben wird oder nicht.
Deutschlands Stärke liegt in der Innovation. Diese Stärke sollte auch
eingesetzt werden. Deshalb sollte Deutschland sich nicht aus der
Entwicklung neuer gentechnisch veränderter Pflanzen zurückziehen und
diesen Wachstumsbereich anderen überlassen. Dabei soll Forschung nicht
nur im Labor, sondern auch im Freiland möglich sein.

Ein Beitrag, der die Forschung im Bereich der Pflanzenbiotechnologie
voranbringt, besteht darin, Verfahrenserleichterungen, beispielsweise
das sog. vereinfachte Verfahren, als Dauerrecht festzuschreiben.
Hierdurch wird die Forschungsfreisetzung von GVO, mit denen bereits
ausreichende Erfahrungen gesammelt worden sind, deutlich erleichtert.
Die Entwicklung und Anwendung eines neuen sog. differenzierten
Verfahrens auf EU-Ebene sollte vorangetrieben werden.

Die Bundesregierung hat geprüft, ob Ernteprodukte, die in Nachbarschaft
zu einer Forschungsfreisetzung erzeugt worden sind und Einkreuzungen
oder sonstige Einträge dieser Freisetzung aufweisen, vom Erfordernis
einer Inverkehrbringensgenehmigung befreit werden können. Die
EU-Kommission hat deutlich gemacht, dass sie in einer solchen Regelung
einen Verstoß gegen europäisches Recht sehen würde. Es ist somit davon
auszugehen, dass sie eine solche Regelung im Notifizierungsverfahren
beanstanden würde, mit der Folge einer sechsmonatigen Stillhaltefrist
und des Risikos eines Vertragsverletzungsverfahrens.

Dieses erhebliche europarechtliche Risiko soll vermieden werden. Statt
dessen soll Folgendes gelten:

    - Auf Vollzugsebene wird eine Verwertung der Ernteprodukte des
Nachbarn, die GVO-Anteile aus einer Forschungsfreisetzung aufweisen,
zugelassen, wenn sichergestellt ist, dass die GVO nicht in die
Lebensmittel- und Futtermittelkette gelangen und ihre
Vermehrungsfähigkeit verlieren (z.B. thermische Verwertung, industrielle
Verarbeitung).
    - Entsprechend der geltenden Rechtslage wird klargestellt, dass die
verschuldensunabhängige Haftung des GVO-Verwenders nach § 36a
Gentechnikgesetz nicht alle mit der GVO-Auskreuzung in irgendeinen
Zusammenhang zu bringenden Vermögenseinbußen erfasst, sondern auf die
aus der Grundstücksbeeinträchtigung resultierenden Schäden begrenzt ist.
Eine Gesetzesänderung ist diesbezüglich nicht beabsichtigt.
    - In die amtliche Methodensammlung nach § 28b Gentechnikgesetz
sollen spezifische Nachweismethoden für die jeweils freigesetzten GVO
aufgenommen werden. Auf diese Weise wird eine einheitliche
Behördenpraxis herbeigeführt und die Rechtssicherheit gesteigert.


Für Freisetzungen, die mit öffentlichen Bundesmitteln finanziert werden,
wird geprüft, ob Haftungsfälle aufgrund von Auskreuzungen aus
genehmigten Freisetzungen durch den Bund abgedeckt werden können.
Entsprechende Ausnahmen von der bestehenden Zuwendungspraxis werden geprüft.


2. Verfahren pragmatisch gestalten
Für Arbeiten in gentechnischen Anlagen wollen wir deutliche
Verfahrenserleichterungen vornehmen. Gentechnische Anlagen sind in vier
Sicherheitsstufen eingeteilt (S1 bis S4). Gentechnische Arbeiten in
gentechnischen Anlagen der Sicherheitsstufe S1 sollen nur noch
anzuzeigen statt anzumelden sein. Der Betreiber darf dann nach der
Anzeige mit den gentechnischen Arbeiten sofort beginnen. Weitere
gentechnische Arbeiten der Sicherheitsstufe S2, also Folgearbeiten zur
genehmigten erstmaligen Arbeit, sollen ebenfalls nur anzeigepflichtig
sein. Mit der Anzeige werden erleichterte administrative Anforderungen
bezüglich der einzureichenden Unterlagen verbunden, soweit dies nach der
Richtlinie 90/219/EWG möglich ist.

Das Gentechnikgesetz erlaubt für als sicher eingestufte gentechnisch
veräderte Mikroorganismen, die in gentechnischen Anlagen verwendet
werden, Ausnahmen von den Regelungen des Gentechnikgesetzes (§ 2 Abs.
2). Von dieser Ausnahmemöglichkeit wird Gebrauch gemacht. Zusätzlich
soll diese Ausnahmemöglichkeit auf andere GVO, die dieselben
Sicherheitsanforderungen erfüllen und in gentechnischen Anlagen
verwendet werden, ausgedehnt werden. Dabei kann wie bei Mikroorganismen
auf besondere Aufzeichnungspflichten verzichtet und eine spezifische
Meldepflicht eingeführt werden. Die Haftungsvorschriften des
Gentechnikgesetzes bleiben wie bei Mikroorganismen unberührt.

Durch die Gesetzesnovelle von 2004 ist die Zentrale Kommission für die
Biologische Sicherheit in zwei Ausschüsse aufgeteilt und die Zahl der
Mitglieder nahezu verdoppelt worden. Angesichts der aufgetretenen
praktischen Schwierigkeiten sollen die beiden Ausschüsse wieder in ein
Gremium zusammengeführt werden; dabei wird der freilandökologische
Sachverstand der Kommission personell hinreichend sichergestellt.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wird
Leitlinien erarbeiten mit dem Ziel, die Zulassungsverfahren für
Forschungsfreisetzungen zu erleichtern.


3. Die gute fachliche Praxis definieren
Grundvoraussetzung für einen fairen Ausgleich der Interessen ist, dass
die Wahlfreiheit der Anbieter und der Verbraucherinnen und Verbraucher
gewahrt wird, Produkte mit oder ohne gentechnisch verändertes Material
zu wählen. Daher muss die wirtschaftliche Koexistenz sichergestellt
sein, unter der das verträgliche Nebeneinander gentechnisch veränderter,
konventioneller und ökologischer Kulturen verstanden wird. Das
Gentechnikgesetz enthält nur allgemeine Vorgaben, wie der Erzeuger
gentechnisch veränderter Pflanzen eine wesentliche Beeinträchtigung
seiner Nachbarn vermeiden soll. Um diese Vorgaben handhabbar zu machen,
soll eine Rechtsverordnung erstmals in Deutschland die für die
wirtschaftliche Koexistenz relevanten Aspekte der guten fachlichen
Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen definieren.

Der für alle Pflanzenarten geltende Teil der Rechtsverordnung soll die
folgenden Anforderungen enthalten:

    - Der Erzeuger gentechnisch veränderter Pflanzen muss Kontakt zu
seinen Nachbarn aufnehmen, um diese über seine Anbaupläne zu informieren
und seine Anbaupläne auf die Anbaupläne seiner Nachbarn abzustimmen. Er
muss hierbei diejenigen Anbaupläne berücksichtigen, die ihm innerhalb
eines Monats mitgeteilt werden.
    - Der Erzeuger gentechnisch veränderter Pflanzen muss
Sorgfaltsmaßnahmen im Hinblick auf Feldbestand, Lagerung, Beförderung,
Ernte, eingesetzte Gegenstände und Durchwuchs ergreifen sowie
Aufzeichnungen führen.


Pflanzenartspezifische Regelungen sind für den Anbau von gentechnisch
verändertem Mais vorgesehen. In der Rechtsverordnung wird ein
Mindestabstand festgelegt werden, der zwischen der Anbaufläche mit
gentechnisch verändertem Mais und dem Rand einer Anbaufläche mit nicht
gentechnisch verändertem Mais einzuhalten ist. Die Pflicht, Vorsorge
gegen wesentliche Beeinträchtigungen von Anbauflächen zur
Saatguterzeugung zu treffen, bleibt unberührt.

Bei der Festlegung des Mindestabstands soll sowohl den Erzeugern von
gentechnisch verändertem Mais als auch den Nachbarn möglichst große
Sicherheit vor wesentlichen Beeinträchtigungen und eventuellen
Haftungsfolgen gegeben werden. Der von der Verordnung geforderte
Mindestabstand muss folgenden Anforderungen gerecht werden:

    - Er muss sicherstellen, dass in der Praxis eine wesentliche
Beeinträchtigung des Nachbarn grundsätzlich unterbleibt und auch der
ökologische Landbau möglich ist;
    - er muss den spezifischen Eigenschaften der unterschiedlichen
Pflanzenarten Rechnung tragen;
    - er muss aus den neuesten und aktuellen wissenschaftlichen
Erkenntnissen insbesondere der Ressortforschung des
Bundeslandwirtschaftsministeriums abgeleitet werden;
    - er muss so bemessen sein, dass der Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen in Deutschland nicht faktisch unmöglich gemacht wird.


Das Bundeslandwirtschaftsministerium hält nach seinem derzeitigen
Erkenntnisstand einen Abstandswert von 150 Metern für angemessen. Mit
diesem Wert soll dabei auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass
die Erfahrungen mit der Koexistenz in der Praxis des kommerziellen
Anbaus gentechnisch veränderter Sorten noch sehr begrenzt sind. Mit
zunehmendem Erkenntnisfortschritt über das Auskreuzungsverhalten von
gentechnisch verändertem Mais wird der Abstandswert überprüft und ggf.
geändert werden. Die Ressortforschung des
Bundeslandwirtschaftsministeriums wird aufgefordert, die Forschung zur
Koexistenz fortzusetzen und regelmäßig über die Ergebnisse zu berichten.
Der genannte Wert liegt im Vergleich mit bestehenden oder vorgesehenen
Vorschriften in anderen EU-Mitgliedstaaten im Mittelfeld (vgl. Anlage).

Im Gentechnikgesetz wollen wir Möglichkeiten eröffnen, dass durch
private Absprachen von den Vorgaben in Gesetz und Rechtsverordnung
hinsichtlich der wirtschaftlichen Koexistenz abgewichen werden kann, der
vorgeschriebene Abstand also mit Zustimmung des Nachbarn verringert
werden kann. Dies darf nicht dazu führen, dass vorgegebene
Mindestabstände gegenüber Dritten oder fachgesetzliche Anforderungen
nicht eingehalten werden.

Eine wichtige Vorfrage für die Ausgestaltung der Koexistenzmaßnahmen
sind Kennzeichnungsschwellenwerte für GVO-Anteile im Saatgut. Da Saatgut
am Anfang der Produktionskette steht, liegt in der Festschreibung eines
solchen Schwellenwertes eine wichtige Weichenstellung für die
Koexistenz. Es ist unerlässlich, dass ein solcher Schwellenwert EU-weit
einheitlich gilt. Bei der Festlegung dieses Schwellenwertes wird sich
Deutschland für einen möglichst niedrigen, gleichwohl praktikablen Wert
einsetzen. Dieser Wert

    - muss dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit in der Kontrollpraxis
hinsichtlich Probenahme und Auswertung Rechnung tragen,
    - muss sicherstellen, dass der Schwellenwert für die Kennzeichnung
von Lebens- und Futtermitteln von 0,9 % eingehalten werden kann, wobei
insbesondere zu berücksichtigen ist, dass es neben dem Saatgut weitere
Eintragswege für GVO im Erntegut gibt,
    - darf keine von der Saatgutwirtschaft in der Praxis nicht
erfüllbaren Anforderungen stellen,
    - darf nicht dazu führen, dass der zur Vermeidung wesentlicher
Beeinträchtigungen vom Erzeuger gentechnisch veränderter Pflanzen
einzuhaltende Mindestabstand wegen der möglichen Vorbelastung der Ernte
des Nachbarn so angehoben werden muss, dass in Deutschland der Anbau von
gentechnisch veränderten Pflanzen nur noch in wenigen Regionen möglich wäre.


4. Die Betroffenen informieren / Transparenz sichern
Die Betroffenen haben ein berechtigtes Interesse, informiert zu werden,
wenn sie mit der Grünen Gentechnik in Berührung kommen. Allerdings ist
es in der Vergangenheit wiederholt zu Zerstörungen von Feldern mit
gentechnisch veränderten Pflanzen gekommen. Die Bundesregierung
verurteilt diese widerrechtlichen Aktivitäten und fordert dazu auf, sich
gewaltfrei und sachlich mit Forschung und Anwendung dieser Technologie
auseinanderzusetzen.
Dem Informationsinteresse soll dadurch Rechnung getragen werden,

    - dass die Nachbarn vom Erzeuger gentechnisch veränderter Pflanzen
über den Anbau aktiv zu benachrichtigen sind,
    - dass zwar im öffentlichen Teil des Standortregisters nur die
Gemarkung angegeben wird, aber jedem, der ein Interesse darlegt und bei
dem nicht Tatsachen die Vermutung begründen, dass die Information der
Erleichterung einer Feldzerstörung dienen soll, Auskunft über das
Grundstück mit Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen erteilt wird;
dies gilt insbesondere für die Nachbarn und Imker in der betreffenden
Region.


Auf europäischer Ebene sollte eine praktikable und unbürokratische
Kennzeichnung aller Produkte, die unter Einsatz von GVO hergestellt
worden sind, angestrebt werden. Damit würde einer von
Verbraucherschutzseite erhobenen Forderung nach mehr Transparenz auch
bei tierischen Produkten, ähnlich wie bei pflanzlichen Produkten,
Rechnung getragen. Honig ist nicht kennzeichnungspflichtig, da ein
eventueller Anteil von gentechnisch veränderten Pollen am Gesamtprodukt
regelmäßig deutlich unter 0,9 % liegt und zufällig oder technisch
unvermeidbar ist.


5. Die Haftungsregelungen präzisieren
Die Bundesregierung ist dem Auftrag aus der Koalitionsvereinbarung
nachgekommen, mit den Wirtschaftsbeteiligten die Möglichkeit eines
Ausgleichsfonds und einer Versicherungslösung für Schäden, die trotz
Einhaltung der Regeln der guten fachlichen Praxis eintreten, auszuloten.
Ein von den Wirtschaftsbeteiligten getragener Ausgleichsfonds wird von
den Pflanzenzucht- und Biotechnologieunternehmen allerdings abgelehnt.
Auch die Versicherungswirtschaft sieht sich mangels ausreichender
Erfahrungen, die für eine Risikokalkulation unerlässlich sind, derzeit
nicht in der Lage, einen Versicherungsschutz anzubieten. Die
Wirtschaftsverbände der Pflanzenzucht- und Biotechnologieunternehmen
streben stattdessen eine Selbstverpflichtung an, die die Landwirte von
Haftungsrisiken für Schäden, die trotz Einhaltung der guten fachlichen
Praxis nicht vollständig auszuschließen sind, entlastet.

Der Grundsatz, dass derjenige, der durch die Einträge von gentechnisch
veränderten Pflanzen einen Schaden erlitten hat, diesen Schaden ersetzt
bekommen soll, gilt weiterhin. Es bleibt somit bei der Haftung sowohl
für Verschulden (deliktischer Schadensersatzanspruch) als auch ohne
Verschulden (nachbarschaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch).

In der Diskussion über die Haftungsnorm des § 36a Gentechnikgesetz wurde
allerdings auf interpretatorische Unsicherheiten hingewiesen, die aus
Gründen der Rechtsklarheit beseitigt werden sollen. Es sind die
folgenden Präzisierungen zu prüfen:

    - Der offene Tatbestand der wesentlichen Beeinträchtigung
("insbesondere") wird durch eine abschließende Aufzählung ersetzt
werden; eine Haftungsverkürzung oder -erweiterung gegenüber dem
geltenden Recht ist nicht beabsichtigt.
    - Klarstellung, dass die gesamtschuldnerische Haftung nicht über die
von der Rechtsprechung anerkannten Fälle hinausgeht. Voraussetzung ist,
dass auf Grundlage der geltenden Beweislastregeln nach den tatsächlichen
Umständen des Einzelfalls, also insbesondere nach der räumlichen Lage
und der Größe der jeweiligen Felder, jeder der Nachbarn die wesentliche
Beeinträchtigung verursacht haben kann und sich nur nicht ermitteln
lässt, welcher der Nachbarn die wesentliche Beeinträchtigung tatsächlich
ganz bzw. zu welchem Anteil verursacht hat.

Zu diesen Fragen soll im Gesetzgebungsprozess zusätzliche
wissenschaftliche Expertise herangezogen werden.
Imker haften nicht für Einträge von gentechnisch veränderten Pollen in
konventionelle oder ökologische Kulturen, da sich der Flug der
Honigbienen nicht kontrollieren lässt.


6. Den Naturschutz gewährleisten
Der Schutz von Mensch und Umwelt bleibt, entsprechend dem
Vorsorgegrundsatz, oberstes Ziel des deutschen Gentechnikrechts.

Soweit die Inverkehrbringensgenehmigung Bestimmungen über den Schutz von
Umwelt und Natur enthält, soll sich der GVO-Verwender bei der
Naturschutzbehörde erkundigen, ob auf den Standort des Anbaus ein in der
Genehmigung geregelter Sachverhalt zutrifft und daher zu beachten ist.

Es bleibt bei der bisherigen Praxis, dass sich die
FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34a des Bundesnaturschutzgesetzes am
Schutzzweck bzw. den Erhaltungszielen des jeweiligen Natura
2000-Gebietes ausrichtet.




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