[Gen-Info] Genweizen in Gatersleben: Bundesamt schliesst Genbank-Kontamination nicht aus / Dienstaufsichtsbeschwerde

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Sa Dez 9 21:03:16 CET 2006


Pressemitteilung

Freisetzungsversuch in Sachsen-Anhalt durchgewinkt
Gen-Lobby genehmigt Gen-Weizen - Umweltinstitut München leitet dienstrechtliche 
Schritte gegen Spitzenbeamte ein

München, 24. November - Das Bundesamt für Verbraucherschutz und 
Lebensmittelsicherheit (BVL) hat gestern einen Freisetzungsversuch mit 
genmanipuliertem Weizen in Gatersleben (Sachsen-Anhalt) genehmigt. Gegen diesen 
Versuch hatte das Umweltinstitut München dem BVL im September mehr als 30.000 
Einwendungen überreicht. Es wird nun Dienstaufsichtsbeschwerde gegen zwei 
Spitzenbeamte des BVL einreichen. Das Umweltinstitut München wirft den beiden, 
nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Entscheidung, langjährige öffentliche 
Parteinahme für die Agro-Gentechnik und Befangenheit vor.

Der Leiter der Abteilung Gentechnik im BVL, Hans-Jörg Buhk, und sein 
Stellvertreter, Detlef Bartsch, sind in einem PR-Film der Gentechnikindustrie 
aufgetreten, der unter anderem von den Konzernen Monsanto und Syngenta 
finanziert wurde. In diesem Film, der in Ausschnitten in dem Politmagazin 
"Report Mainz" gezeigt wurde, plädiert Buhk mit ökonomischen Begründungen für 
den Anbau von genmanipuliertem Mais. Harald Nestler, Vorstand beim 
Umweltinstitut München, kritisiert: "Die Behörde soll Gen-Pflanzen nicht 
hofieren, sondern regulieren. Doch mit solchen Beamten sind keine abwägenden 
Entscheidungen bei einem so heiklen Thema wie der Freisetzung genmanipulierter 
Pflanzen zu erwarten." Das Umweltinstitut München fordert, dass Buhk und Bartsch 
von ihren Aufgaben entbunden werden und die bereits unter ihrer Leitung 
getroffenen Entscheidungen überprüft werden. 

Der Gen-Weizen soll in Gatersleben in weniger als 500 Meter Entfernung von den 
Anbauflächen einer der weltgrößten Getreide-Genbanken freigesetzt werden. Dort 
lagern unter anderem mehr als 60.000 Getreidesorten, die zu ihrer Erhaltung 
regelmäßig im Freiland angebaut werden müssen. Die Gefahr von Auskreuzungen in 
die Genbank-Bestände wird durch die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen allerdings 
nur reduziert, sie wird keineswegs ausgeschlossen. Eine Verunreinigung dieser 
Pflanzen durch genmanipulierten Weizen wäre ein unersetzlicher Verlust für 
zukünftige Züchtungsbemühungen und die Ernährungssicherheit zukünftiger 
Generationen. "Die Genehmigung zum Anbau von Gen-Weizen in unmittelbarer 
Nachbarschaft zur Genbank in Gatersleben ist bezeichnend für die Behörde", 
findet Andreas Bauer, Agrarwissenschaftler und Gentechnikexperte beim 
Umweltinstitut München. "Seit Jahren ist das BVL die administrative Speerspitze 
bei der Durchsetzung der Agro-Gentechnik in Deutschland. Und das gegen den 
erklärten gesellschaftlichen Willen." Seit dem Regierungswechsel agiere das BVL 
völlig enthemmt und öffne durch die kritiklose Genehmigung riskanter 
Freisetzungsexperimente mit genmanipulierten Pflanzen der Agro-Gentechnik Tür 
und Tor, meint Bauer. 

Allein in diesem Jahr wurden vom BVL mehrere höchst kontrovers diskutierte 
Genehmigungen für Freilandexperimente mit Gen-Pflanzen durchgewinkt. Dazu 
gehören die Freisetzung von Gen-Raps und von transgenen Pharma-Kartoffeln zur 
Produktion von Impfstoffen gegen Cholera und ein Kaninchenvirus. Dabei setzte 
sich das BVL über schwerwiegende wissenschaftliche Bedenken anderer Behörden, 
wie dem Bundesamt für Naturschutz (BfN), hinweg. 

Den Antrag für das Freisetzungsexperiment mit Gen-Weizen in Gatersleben hatte 
das Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) gestellt. Die 
manipulierten Weizenpflanzen verfügen angeblich über einen erhöhten 
Protein-Gehalt. Sie sind zusätzlich resistent gegen ein Totalherbizid des 
Bayer-Konzerns und die Antibiotika Ampicillin und Streptomycin.

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http://www.umweltinstitut.org/frames/allg/press/20061128.htm

Pressemitteilung

Zerstörung traditioneller Sorten mit Gen-Saat legalisiert
Erbe der Menschheit Privateigentum? - Umweltinstitut München fordert Widerruf 
der Genehmigung

München, 28. November - Das Bundesamt für Verbraucherschutz und 
Lebensmittelsicherheit (BVL) hat die Kontamination traditioneller 
Getreidepflanzen in der Genbank Gatersleben gestattet. In dem 
Genehmigungsbescheid für einen Freisetzungsversuch mit genmanipuliertem Weizen 
schließt das BVL eine Verunreinigung der Genbank nicht aus, begründet die 
Zulassung aber damit, dass die Genbank Eigentum des antragstellenden Instituts 
für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) sei.

Das IPK könne "als Eigentümer mit der Sache nach Belieben verfahren und andere 
von jeder Einwirkung ausschließen", heißt es in dem Genehmigungsbescheid, der 
dem Umweltinstitut München vorliegt. Ein Schaden an fremden Sachgütern läge bei 
Fremdbefruchtung der Weizensorten der Genbank nicht vor. "Das ist blanker 
Zynismus", findet Andreas Bauer, Agrarwissenschaftler und Gentechnikexperte beim 
Umweltinstitut München. "Für die Bundesbehörde ist es anscheinend völlig 
unerheblich, wenn die Jahrhunderte lange Züchtungsarbeit von Bauern aus aller 
Welt durch transgene Konstrukte planmäßig zerstört wird. Bei den Pflanzen in der 
Genbank handelt es sich um einen zentralen Bestandteil der Kulturgeschichte der 
Menschheit und nicht um das Privateigentum des IPK. Hier wird mit aberwitzigen 
Begründungen ein verantwortungsloses Forschungsvorhaben durchgepeitscht."

Harald Nestler, Vorstand beim Umweltinstitut München: "Die Genehmigung bestätigt 
uns in der Auffassung, dass die Zulassungsbehörde mit Gentechnik-Lobbyisten 
durchsetzt ist. Die Befangenheit der zuständigen Beamten, gegen die wir bereits 
dienstrechtliche Schritte eingeleitet haben, ist im Licht dieser skandalösen 
Entscheidung noch klarer.

Das Umweltinstitut München fordert von der Bundesregierung den Widerruf der 
Genehmigung und ein generelles Verbot für die Durchführung von Freilandversuchen 
mit genmanipulierten Pflanzen in Gatersleben. Die Anbauflächen der Genbank 
befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem beantragten Versuch mit 
Gen-Weizen. Die Genbank beherbergt unter anderem mehr als 60.000 alte und 
traditionelle Getreidesorten aus aller Welt. Gegen den Versuch hatte das 
Umweltinstitut München dem BVL im September mehr als 30.000 Einwendungen 
überreicht. Das BVL hatte den Versuch am vergangenen Donnerstag genehmigt.

Die ausführliche Dienstaufsichtsbeschwerde des Umweltinstituts München finden 
Sie auf unserer Homepage unter 
http://www.umweltinstitut.org/download/dienstaufsichtsbeschwerde_umweltinstitut_
061124.pdf
[PDF, 8 S., 130 kB]

http://www.umweltinstitut.org/frames/allg/press/20061124.htm




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