[Gen-Info] Atom-Ausstieg selber machen!
Klaus Schramm
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Mi Okt 11 10:03:38 CEST 2006
Hallo Leute!
Auf vielfachen Wunsch veröffentliche ich hier einen Aufruf, der
eigentlich "off topic" ist. Das soll aber die Ausnahme bleiben.
Ciao
Klaus Schramm
klaus.schramm at bund.net
Atom-Ausstieg selber machen!
Der Strom-Konzern RWE will eine nochmalige Laufzeitverlängerung für
das AKW Biblis A durchsetzen, dessen Abschaltung laut
Berechnungen des Bundesumweltministeriums von Anfang dieses
Jahres am 26.02.2007 erfolgen sollte. Vattenfall will das AKW
Brunsbüttel über 2009 hinaus betreiben. Die anderen beiden der vier
den deutschen Strommarkt beherrschenden Konzerne, E.on und
EnBW, liegen schon auf der Lauer. Der unstillbare Hunger der
Konzerne zeigt deutlich, daß der 2000 von "Rot-Grün" mit ihnen
vereinbarte Atomkonsens, der uns als "Atom-Ausstieg" hatte verkauft
werden sollen, von Seiten der Konzerne nicht ernst genommen wird.
Der Atomkonsens brachte den vier Konzernen nicht nur eine
Verlängerung der ursprünglich für 25 Jahre Laufzeit konzipierten
Atomkraftwerke auf durchschnittlich über 35 Jahre, sondern
ermöglichte zudem den Bau von zwölf neuen Zwischenlagern an
AKW-Standorten. So konnten die Betreiber - vorläufig - das Problem der
ungelösten Atommüllentsorgung ignorieren.
Im April 1998 hatte die "schwarz-gelbe" Regierung unter Kohl ein
Energiewirtschaftsgesetz zur Liberalisierung des Strommarktes
verabschiedet. Dieses Gesetz sollte - so ein Versprechen von
"Rot-Grün" - um eine Regulierungsbehörde ergänzt werden. Erst 2005
wurde die Regulierungsbehörde in Form der Bundesnetzagentur
eingeführt, auf ultimativen Druck der EU-Kommission. Zwischen 1999
und 2004 lagen die Umsätze aus dem Betrieb des Übertragungsnetzes
bei rund 33 Milliarden Euro, wovon aber lediglich 15 Milliarden für
Netzinvestitionen verwendet wurden. Die übrigen 18 Milliarden fielen in
die Kriegskasse der Stromkonzerne.
Das weiteres Geschenk der "rot-grünen" Bundesregierung bestand
darin, die Praxis der steuerfreien Rückstellungen für die künftige
"Endlagerung" unangetastet zu lassen, statt diese in einen staatlich
kontrollierten Fond zu überführen. Diese Rückstellungen liegen heute
bei etwa 30 Milliarden Euro und können von RWE, Vattenfall, E.on und
EnBW nach Belieben verwendet werden. Sie wirken deshalb über
Jahrzehnte wie steuerfreie Gewinne und sind ein klarer
Wettbewerbsvorteil zu Lasten der kleiner Energieversorger.
Laut Hermann Scheer brachte der Atomkonsens den vier
Strom-Konzerne RWE, Vattenfall, E.on und EnBW zusätzliche
Subventionen in Höhe von jährlich 5 bis 7 Milliarden Euro ('Badische
Zeitung', 29.10.2005). Am 30.09.2006 schrieb Hermann Scheer in einem
Beitrag für die 'Frankfurter Rundschau': "Die Stromkonzerne (haben)
einen hohen politischen und wirtschaftlichen Preis verlangt, erhalten
und längst eingesteckt. Dadurch wurden sie Profiteure des
Atomausstiegs. Aber dennoch wollen sie nunmehr ihre vertragliche
Gegenleistung nicht einlösen."
Noch während der Konsens-Verhandlungen zwischen "Rot-Grün" und
den Strom-Konzernen sagte Franz Alt mit bemerkenswerter Klarheit:
"Die Konsens-Ideologie erweist sich, je länger an ihr festgehalten wird,
als Nonsens-Philosophie. Es ist eben grundsätzlich unmöglich, mit der
Metzgerinnung einen Konsens über die Einführung des Vegetarismus
zu erreichen."
Seit Ende der 70er Jahre gibt es in Deutschland eine konstante Mehrheit
für den Atomausstieg, doch anders als in Österreich oder Italien blieb
dies hierzulande ohne Konsequenzen. Das Vertrauen in die Politik war
offenbar bisher so groß. Weniger als 2 Prozent nutzten bislang die
Liberalisierung des Strommarkts, um selbst Konsequenz zu beweisen
und zu einem Ökostrom-Anbieter zu wechseln.
Eine Reihe von Umweltverbänden, Anti-Atom-Initiativen,
VerbraucherInnen- und ÄrztInnen-Organisationen haben sich nun zu
einem gemeinsamen Aufruf zusammengetan: "Atom-Ausstieg - selber
machen!" Mit konzertierter Öffentlichkeitsarbeit soll der Wechsel zum
Ökostrom-Anbieter populär gemacht werden.
Private Haushalte, Gewerbe und Unternehmen sollen so ihren Protest
gegen den Essener Strom-Konzern RWE und die anderen drei
Atomstrom-Produzenten E.on, Vattenfall und EnBW spürbar werden
lassen.
Über eine eigens eingerichtete Homepage
(www.atomausstieg-selber-machen.de), eine Infoline der
Ökostrom-Anbieter (0800-7626852), aber auch durch direkte Ansprache,
sollen in den kommenden Wochen und Monaten jene rund zwei Drittel
der Bevölkerung kreativ und in vielfältiger Weise angesprochen und
informiert werden, die nach jüngsten Umfragen der Atomenergie
ablehnend gegenüberstehen, bisher daraus aber noch nicht die
Konsequenz eines Wechsels zu Ökostrom gezogen haben.
Unterstützt wird der Aufruf bisher von:
Bund der Energieverbraucher
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Deutscher Naturschutzring (DNR)
Deutsche Umwelthilfe (DUH)
Greenpeace
IPPNW - Deutsche Sektion der Internationalen ÄrztInnenvereinigung
gegen den Atomkrieg
Naturschutzbund NABU
NETZWERK REGENBOGEN
ROBIN WOOD
X-tausendmal quer
"Wenn die Atomkonzerne nicht abschalten wollen, müssen wir sie eben
abschalten", sagte Jochen Stay, der Sprecher der Gorlebener
Anti-Castor-Initiative X-tausendmal quer. Die Erfahrung zeige, dass sich
im Atomkonflikt immer dann etwas positiv bewegen lasse, "wenn viele
Menschen Druck machen, ob jetzt als mündige Stromkunden oder bei
Castor-Transporten im Wendland."
Der Bundesgeschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND), Gerhard Timm, nannte die von RWE geforderte
Übertragung von Stromkontingenten ausgerechnet auf den derzeit
ältesten Meiler in Deutschland Biblis A eine Zumutung: "RWE beweist
mit dieser Strategie, dass der Konzern sein wirtschaftliches Interesse
über die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung stellt. Käme RWE mit
seinem Plan durch, würde dieses Land in den kommenden Jahren
unsicherer und nicht sicherer."
Denn je länger die Meiler betrieben würden, desto höher sei auch die
Wahrscheinlichkeit eines Super-GAUs, erläuterte
IPPNW-Vorstandsmitglied Winfrid Eisenberg: "In einem derart dicht
besiedelten Gebiet wie Rhein-Main wäre das eine unvorstellbare
Katastrophe. Die sofortige Evakuierung vieler Millionen Menschen wäre
nicht möglich, selbst ein optimal organisierter Katastrophendienst
könnte das Chaos der Fliehenden nicht steuern. Auch wir Ärzte
könnten nicht viel helfen, die Krankenhäuser wären schnell von
Schwerstverstrahlten überfüllt. Hunderttausende würden sterben.
Leider ist es jahrelang aus der Mode gekommen, über diese Dimension
der Nutzung der Atomkraft zu reden.
"Der schwere Störfall im schwedischen Forsmark habe erneut
bewiesen, dass es sich bei der Atomenergie um eine "Trial and
Error"-Technologie handele, die sich nie vollständig kontrollieren lasse.
Eisenberg forderte die Stromkunden in Deutschland auf, "ihre
Verbrauchermacht einzusetzen, um der Atomindustrie die Rote Karte zu
zeigen."
Dass der über Jahre mühsam ausgehandelte und von den Konzernen
selbst unterzeichnete Atomkonsens nun von RWE und anderen
Atomstromproduzenten aus Profitsucht wieder aufgeschnürt werde,
bedeute "auch ein moralisches Versagen der Spitzenmanager", sagte
Leif Miller, der Bundesgeschäftsführer des Naturschutzbundes NABU.
Ohne den Atomausstieg gebe es keinen Umbau der Energieversorgung
in Deutschland. "Wer am Ausstieg rüttelt, reißt gesellschaftliche Gräben
auf, die gerade erst zugeschüttet waren. Vom eingeschlagenen Pfad -
weg von risikoträchtigen und umweltgefährdenden hin zu
Erneuerbaren Energien - darf es keinen Weg zurück geben".
Der Biblis-A-Antrag des Stromriesen RWE, sei geeignet, "jede Form von
politischem Kompromiss mit den Betreibern von Atomkraftwerken zu
diskreditieren", sagte Greenpeace-Abteilungsleiter Stefan Schurig. Der
demonstrative Wortbruch der Spitzenmanager wirke sich direkt aus auf
den anstehenden Energiegipfel in zwei Wochen, zu dem Kanzlerin
Angela Merkel erneut eben diese Manager eingeladen habe. "Wie
glaubwürdig sind eigentlich noch Ergebnisse solcher Treffen, wenn die
Energiekonzerne heute dies und morgen das sagen und Verträge bei
nächster Gelegenheit gebrochen werden", fragte Schurig. Selten habe
in diesem Land ein individueller Schritt eine größere politische
Bedeutung erlangt wie nach dem Wortbruch der Spitzenmanager. "Der
private Atomausstieg, zu dem wir aufrufen, ist unkompliziert und häufig
sehr viel kostengünstiger, als man denkt. Ich wünsche mir ein
regelrechtes Wechselfieber".
"In großer Zahl vollzogen wirkt die private Entscheidung als starkes
politisches Signal, das RWE, E.on, EnBW und Vattenfall da trifft wo es
weh tut: beim Geld", sagte Jürgen Sattari, der Vorstandssprecher von
ROBIN WOOD. Seine Organisation habe den Atomkonsens von Beginn
an als Etikettenschwindel kritisiert und sich für die sofortige
Stilllegung
aller Atomanlagen und eine risikoarme und Klima freundliche
Stromversorgung eingesetzt. "ROBIN WOOD unterstützt die Initiative
´Atomausstieg selber machen!´, weil uns jeder, der zu einem
Ökostromanbieter wechselt, dem Atomausstieg einen Schritt näher
bringt."
Hier die Info-Seiten der empfohlenen vier Ökostrom-Anbieter:
Energiewerke Schönau
www.atomausstieg-selber-machen.de/ews
Greenpeace Energy
www.atomausstieg-selber-machen.de/greenpeaceenergy
Naturstrom
www.atomausstieg-selber-machen.de/naturstrom
Lichtblick
www.atomausstieg-selber-machen.de/lichtblick
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