[Gen-Info] gefaehrdeter Honig

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Sa Okt 8 00:17:33 CEST 2005


Hallo Leute!

Hier noch ein Artikel zum Thema Honig, in dem es nicht nur um
die Gefährdung durch Gentechnik geht.

Ciao
   Klaus Schramm
   klaus.schramm at bund.net
 
Allerweltshonig mit Antibiotikabeigabe

Seit den Anfängen der Menschheit spielen Honig und Bienen eine entscheidende 
Rolle. Nicht umsonst galt schon im Alten Testament "das Land wo Milch und Honig 
fließen" als das "Gelobte Land". Konkret meinten die antiken Autoren das Gebiet 
der Nomaden, die mit ihren Viehherden über weite blühende Wiesen zogen, sich von 
der Milch ihrer Tiere und vom Honig der zahlreichen wilden Bienenvölker 
ernährten. Die Natur war nicht "Untertan" des nomadisierenden Menschen, sondern 
er war ein Teil einer natürlichen Symbiose, einer sich gegenseitig 
unterstützenden und nützenden Naturgemeinschaft.

Unsere "HighTech-Zivilisation" hat diese Zusammenhänge vergessen, verdrängt, als 
"romantische" Spinnerei abgetan. Es zählt der kurzfristige Profit, das technisch 
Machbare. Natürliche Kreisläufe, symbiotische Zusammenhänge sind der modernen 
Agrarindustrie und ihren verblendeten Jüngern ein Graus. Ihr Ansatz ist, nicht 
mit der Natur zu arbeiten, sondern gegen sie. Kunstdünger, Pestizide, 
Hybridpflanzen, Klonierung, Gentechnik sind die modernen Waffen, um natürliche 
Vielfalt durch künstliche Einfalt zu ersetzen und um standardisierte 
Lebensmittel für unsere Gesellschaft herzustellen. Ob das, was wir dann essen, 
aber noch wirklich Mittel zum Leben sind?

Antibiotika im Supermarkt-Honig

An vorderster Front betroffen von der heute weit verbreiteten aggressiven 
Agrarindustrie sind unsere Bienen - die (noch) zahlreichen Wildbienenarten 
genauso wie die Honigbienen. Folge: Selbst Honig ist oft nicht mehr das 
Naturprodukt, was es einmal war. Die Stiftung Warentest beispielsweise stellte 
bei Tests im vergangenen Jahr fest: Mehr als die Hälfte von 34 untersuchten 
Honigen waren mangelhaft, weil er entweder fremdartig schmeckte, Rückstände von 
Antibiotika enthielt oder falsch deklariert war. Beispielsweise schmecke der 
Tannenhonig von Nook statt nach Tanne überwiegend nach Edelkastanie. Auch in den 
Rapshonigen von Dreyer und Müngersdorff war nach Meinung der Warentester nicht 
das drin, was auf dem Etikett angepriesen wurde. Und die Akazienhonige von 
Biophar, Breitsamer und Dr. Ritter seien eigentlich nur Blütenhonige mit 
Akazienanteilen. Während von Wildblütenpollen im angeblichen Wildblütenhonig von 
Lidl keine Spur gewesen sei. Die Mischblütenhonige von Aldi Nord, Immenhof und 
Kaiser's Tengelmann fanden gar keinen Beifall bei den Testern, denn sie 
schmeckten nach dem Insektenabwehrmittel Phenylacetaldehyd, mit dem manche Imker 
bei der Honigernte die Bienen aus den Waben treiben, womit wir auch schon beim 
eigentlichen Thema sind. Honig ist nicht gleich Honig und Imker ist nicht gleich 
Imker. Das trifft vor allem auf die konventionelle Imkerei in Übersee zu.

Naturkind mit Nitrofuranen

Bienenhonig ist nicht mehr per se ein reines Naturprodukt. Es kommt auf den 
Imker an und wie er seine Bienenvölker im wahrsten Sinne des Wortes behandelt. 
So entdeckte die Stiftung Warentest mit Besorgnis bei ihren stichpunktartigen 
Tests vier Honige, die über die Maßen mit Antibiotika belastet waren: Der 
Langnese-Weißtannenhonig war mit dem Antibiotikum Tetracyclin belastet, was ein 
hausgemachtes Problem ist. Denn Tetracyclin stammt aus dem üblichen 
"Arzneimittelkasten" der konventionellen Imker selbst, um ihre Bienen gegen 
diverse Milben oder Krankheitskeime zu behandeln.

"Wachsmotten, Tracheenmilben, diverse Virosen und Bakteriosen werden seit jeher 
mit Naphthalin, Antibiotika wie Tetracyclinen oder mit Pyrethroiden behandelt. 
Manche Imker setzen die Chemikalien prophylaktisch ein, auch wenn die Völker 
keine Symptome zeigen, Überdosierungen und nutzlose Therapieversuche werden oft 
nicht erkannt", so der wissenschaftliche Informationsdienst des Europäischen 
Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E.).

Im Wal-Mart-Honig "Great Value Blütenhonig" sowie im Naturkind-Wiesenblütenhonig 
von Kaiser's/Tengelmann fanden die Tester wiederum Umwandlungsprodukte von 
Nitrofuranen - Antibiotika, die seit 1995 in der EU generell verboten sind, aber 
in Südamerika weiterhin erlaubt, wo auch die betroffenen Honige herkamen. 
Nitrofurane gelten als Krebs erregend und Erbgut schädigend. Schlecht für die 
Biobranche: Der betroffene Naturkind-Honig war als Bio-Honig deklariert.

Auch der vierte beanstandete Honig war - für die Biobranche gar nicht lustig - 
ein Bioprodukt, der Akazienhonig Grünes Land. Er enthielt Rückstände des 
Antibiotikums Streptomycin in unerlaubter Höhe. Die Bienen hatten wahrscheinlich 
nur zum falschen Zeitpunkt an einer konventionellen Obstplantage genascht. Denn 
Streptomycin setzen konventionelle Obstbauern in Deutschland zur Bekämpfung des 
so genannten Feuerbrands ein - was aber nach Meinung von alternativen 
Landwirtschaftsexperten gar nicht sein müsste und im Nachbarland Schweiz auch 
verboten ist. Nichtsdestotrotz wird weiter in mehreren Ländern Europas 
Streptomycin eingesetzt, woran die Imker keine Schuld tragen, sondern die 
konventionelle Agrarbranche sowie unsere Gesellschaft und Politiker, die dies 
zulassen.

Gentechnik bedroht Existenz der Imker

Bio-Imker dürfen ihre Bienenstöcke zwar nicht gezielt in konventionelle 
Intensivobstkulturen zur Honiggewinnung oder Bestäubung setzen. Aber Bienen 
können mehrere Kilometer weit fliegen und ein Bienenvolk eine Fläche von bis zu 
160 Quadratkilometer beweiden. Und große, rein biologisch bewirtschaftete 
Flächen sind selten im Süden und Westen Deutschlands. Verschärft wird dieses 
"Weideproblem" durch den von der Life-Science-Industrie und ihren politischen 
Befürwortern bei CDU, CSU, FDP und SPD geforderten Einsatz von gentechnisch 
veränderten Organismen (GVO) auf den Äckern. Faktisch wäre es nämlich unmöglich, 
Bienen davon abzuhalten, Nektar beispielsweise auf genetisch veränderten 
Rapsfeldern zu sammeln. Die Herstellung von gentechnikfreien Honig wäre dann bei 
uns nicht mehr möglich. Doch die meisten Menschen nicht nur in Deutschland 
wollen kein Gen-Food auf dem Teller. Deutscher Honig - egal ob "bio" oder nicht 
"bio" - wäre folglich kaum noch zu verkaufen. Diese Problematik scheint unseren 
Spitzenpolitikern gar nicht richtig bewusst zu sein. So antwortete der 
Staatssekretär im Ministerium für Bildung und Forschung auf eine 
Gentechnik-Anfrage: "Wenn der GVO-Pollen im Honig den Geschmack nicht 
beeinträchtigt, sollten die Imker doch nichts dagegen haben". Wie sollen 
besorgte Imker eine solche Antwort werten - als naiv, dumm, dreist oder 
ignorant?

Auch den Supermarktketten und Lebensmittelkonzernen ist die Zukunft der 
heimischen Imkerei, einem der ältesten Berufsstände überhaupt, ziemlich egal. 
Schon jetzt stammen von den rund 100.000 Tonnen bei uns verbrauchten Honigen nur 
noch etwa 16.000 Tonnen aus heimischer Produktion. Der überwiegende Teil kommt 
zu unfairen Dumpingpreisen aus fernen Ländern wie Argentinien, Mexiko oder 
China, was die Problematik mit Antibiotikarückständen noch verschärft. So fand 
sich zeitweise das krebserregende Chloramphenicol in chinesischen 
Honiglieferungen.

Heimischer Honig vom Imker aus der Region ist der beste Honig

So katastrophal die Untersuchung der Stiftung Warentest für die Importhonige 
auch ausfiel. Garantiert deutscher Honig bekam gute Noten, denn nur er erwies 
sich als rückstandsfrei. Da nach EU-Honigverordnung die Herkunft des Honigs nun 
auf dem Etikett stehen muss, könnte dies ein Wettbewerbsvorteil für deutsche 
Imker sein. Leider aber hat die "Importlobby" der Honigvermarkter in Brüssel 
gleichzeitig auch die Verkaufserlaubnis für filtrierten Honig durchgesetzt. 
"Damit sei der Manipulation Tür und Tor geöffnet", kritisiert die Leiterin der 
Untersuchung, Birgit Rehlender. Aufgrund der im natürlichen Honig enthaltenen 
Pollen, die wie ein Fingerabdruck sind, lässt sich nämlich bislang sehr leicht 
seine Herkunft feststellen. Bei der erlaubten Mikrofiltration aber werden die 
Pollen abgetrennt, also der "Fingerabdruck", der natürliche Herkunftsnachweis 
beseitigt. Auch lässt sich dann nicht mehr feststellen, ob die Bienen auf 
genetisch veränderten Pflanzen geweidet haben - Importe von bisher fast 
unverkäuflichem Gen-Rapshonig aus Kanada könnten so praktisch nicht mehr 
nachzuweisen sein.

Verbrauchern ist deshalb grundsätzlich zu empfehlen: Kaufen Sie den Honig beim 
Imker aus der eigenen Region - solange es ihn noch gibt! Denn nicht nur 
Billigimporte und der Preisdruck der auf "Geiz ist Geil" setzenden Handelsketten 
machen unseren Imkern das Leben schwer. Bestimmte in unserer Landwirtschaft 
erlaubte Pestizide setzen auf der anderen Seite ihren Nützlingen zu. So fordern 
Imker- und Umweltverbände ein Verbot des Pestizids Gaucho sowie weiterer Mittel 
mit dem Wirkstoff Imidacloprid in Deutschland. Der "erfolgreiche" Wirkstoff des 
Leverkusener Bayer-Konzerns, der sich in rund 70 verschiedenen Präparaten vom 
Saatgut-Beizmittel bis zum Granulat zur Fliegenbekämpfung in Viehställen findet, 
steht in dringendem Verdacht, verantwortlich für das Bienensterben in weiten 
Teilen Europas zu sein. Verbesserungen seien aber ebenso im Biolandbau nötig, 
meint der Landwirtschaftsexperte und Wissenschaftler an der Universität Hannover 
Friedhelm Berger vom Umweltbund. Denn problematisch für Bienen und Honig seien 
auch manche im Biolandbau erlaubte natürliche Insektizide und Kupferpräparate.

Norbert Suchanek 
 

Alle Texte von Norbert Suchanek sind urheberrechtlich geschützt.

Mit freundlicher Gehnehmigung. 

Kontakt: Norbert Suchanek 
http://www.chiara-angeli.de/tinc?key=iux9eG8Z
http://www.bio100.de/html/body_n_suchanek_17.html#n17-2




Mehr Informationen über die Mailingliste Gen-Info