[Gen-Info] US-Studie über Kontamination herkömmlichen Saatguts
Klaus Schramm
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Do Feb 26 02:03:33 CET 2004
Hallo Leute!
Hier mal wieder ein Beleg, daß auch eine so sinnvolle Kampagne wie
'save our seeds' ins Leere gehen wird, wenn das Gen-Moratorium fällt.
Ciao
Klaus
klaus.schramm at bund.net
25.02.2004
Beweis unkontrollierbarer
Gen-Kontamination
Genmanipulierte DNA wurde in herkömmlichem
Saatgut gefunden
Eine wissenschaftliche Untersuchung wirft
ernsthafte Fragen auf Auswirkungen auf den
Handel, ökologische Landwirtschaft und
menschliche Gesundheit
Wissenschaftler fanden DNA aus genmanipulierten
Nutzpflanzen in Saatgut verschiedener herkömmlicher
Züchtungen dreier Hauptnahrungspflanzen, bei denen
bisher keinerlei genetische Veränderungen
vorgenommen worden waren. Die bahnbrechende
Studie, die am Montag von der US-amerikanischen
Vereinigung umweltbewußter Wissenschaftler UCS
(Union of Concerned Scientists) herausgegeben wurde,
belegt, daß Gen-Kontaminationen auch
sortenübergreifend stattfinden und die vorgesehenen
Sicherheitsmaßnahmen gegen unerwünschte
Verbreitung nicht greifen.
"Mit dieser Studie wird die bisherige Annahme aus den
Angeln gehoben, wonach wenigsten ein Anteil des
Saatgut-Pools - das verschiedener herkömmlicher
Züchtungen - von genmanipuliertem Material wirklich frei
bleiben könnte", sagte Dr. Margaret Mellon,
Mikrobiologin, Mitglied von UCS und leitende Autorin der
neuen Studie. "Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß
die Kontamination der Saatgut-Bestände auf unsere
Funde beschränkt ist. Das Tor zu den Saatgut-Pools
steht weit offen." Und weiter führte sie aus: "Die
traditionelle Vielfalt des Saatgut-Pools ist ein Kulturerbe
und ein unwiederbringlicher Schatz der Landwirtschaft,
der erhalten werden muß. Die Regierung sollte die
Untersuchungsergebnisse umgehend zur Kenntnis
nehmen und die notwendigen Schritte einleiten, um die
weitere Kontamination zu stoppen und den Saatgut-Pool
zu schützen."
Überraschender Weise handelt es sich um die erste
systematische Studie, die unternommen wurde, um die
Saatgut-Ressourcen der USA auf Einflüsse durch
genmanipulierte Saaten zu untersuchen. Das
wissenschaftliche Team nahm sechs verschiedene
Canola-Züchtungen (Canola ist eine besonders in den
USA und Kanada weitverbreitete und in 45 Jahren
herkömmlicher Züchtung entstandene Raps-Sorte mit
vielfältigen Unter-Sorten), Mais- und Sojabohnen-Sorten
unter die Lupe, die von kommerziellen Anbietern in den
USA verbreitet werden. Dieser Züchtungen waren nie
zuvor Objekt gentechnischer Verfahren. Zur
Untersuchung wurden modernste Verfahren eingesetzt,
die Aufschluß über die spezifische Reihenfolge der
Gen-Sequenzen in der DNA geben.
"Die Gen-Kontaminationen sind nicht etwa sporadisch,
sondern finden sich bereits weit verbreitet in den
untersuchten Saatgut-Sorten," erläutert Dr. Mellon.
Obwohl nur rund ein Drittel des US-amerikanischen
Mais-Anbaus mit genmanipuliertem Mais erfolgt, ist
bereits rund 50 Prozent der untersuchten
herkömmlichen Sorten gen-kontaminiert. Ein ähnliches
Ergebnis fand sich bei den untersuchten herkömmlichen
Soja-Sorten. Und bei den sechs untersuchten
herkömmlichen Sorten Canola-Raps fand sich in
sämtlichen sechs Fällen genmanipuliertes Material in der
DNA der Saaten.
Selbst wenn die gefundenen Gen-Kontaminationen nur
auf einen Grad von mindestens 0,05 Prozent
genmanipuliertem Anteil in den untersuchten Saaten mit
Sicherheit schließen ließen, könne selbst ein so geringer
Anteil zu hunderten von Tonnen kontaminierter Pflanzen
in herkömmlichem Anbau führen, erläutert Dr. Jane
Rissler, UCS-Pflanzen-Pathologin und Co-Authorin der
Studie. "Wir müssen der Realität der
Saatgut-Kontamination jetzt entgegentreten", sagte
Rissler, die hinzufügte, daß die meisten der speziellen
DNA-Sequenzen, auf die getestet wurde, in den
gebräuchlichen genmanipulierten Saaten zu finden
seien, die sich gegenwärtig auf dem US-Markt befinden.
Diese Sorten wurden vorrangig zu Zwecken der
Pestizid-Resistenz manipuliert. Aber die Laboratorien
sind in der Regel unfähig, auf andere
Gen-Veränderungen hin zu testen, die in Pflanzen
vorkommen, deren DNA zu pharmazeutischen oder
industriellen Zwecken manipuliert wurden - und die in
Feld-Versuchen in den USA angebaut wurden. Diese
genmanipulierten Nutzpflanzen könnten weitaus
einschneidendere Gesundheitsrisiken bergen als bisher
vermutet.
"Solange wir nicht mehr wissen, wäre nur eine Haltung
verantwortungsbewußt zu nennen, die davon ausgeht,
daß jedweder Gen-Sequenz, die künstlich in irgendeine
Nutzpflanze eingesetzt wurde, sei sie nun geprüft und
kommerziell angebaut oder lediglich im Feld-Versuch
eingesetzt, potentiell den Saatgut-Pool kontaminieren
kann", meint Rissler. "Unter den potentiell für
Gen-Kontaminationen in Frage kommenden Pflanzen,
sind solche deren Gene manipuliert wurden, um Drogen,
Kunststoffe und Impfstoffen zu produzieren."
Ernste Gefahren können auch daraus resultieren, daß
Gen-Sequenzen aus genmanipuliertem Getreide, das zu
pharmazeutischen oder industriellen Zwecken dient, das
Saatgut für Nahrungsmittel-Getreide kontaminiert.
Labor-Materialien, die benötigt werden, um solche Gene
in molekularen Tests zu ermitteln, stünden kaum
öffentlich zur Verfügung. Da auf diese Kontaminationen
hin kaum getestet würde, könnten sie um so leichter
unbeabsichtigt in Nahrungsmitteln verbreitet werden.
Dieses Tor zum Nahrungsmittel-Saatgut müsse dringend
verschlossen werden.
Rissler führt die Gen-Kontaminationen auf Pollenflug und
physikalische Vermischungen des Saatguts zurück. Klar
sei auch, daß die jetzt auch von US-Behörden
vorgesehenen Puffer-Zonen zwischen genmanipulierten
und herkömmlichen Nutzpflanzen unzureichend sind,
um Gen-Kontaminationen zu vermeiden. Die UCS warnt
davor, daß Saatgut-Kontaminationen, die unbemerkt
bleiben, den landwirtschaftlichen Handel zum Erliegen
bringen könnten. Zudem würden dem ökologischen
Landbau auf unfaire Weise enorme Lasten aufgebürdet
und ein Risikospiel mit der Nahrungsmittelversorgung
getrieben. Der ökologische Landbau ist von einer
traditionellen Vielfalt an Saatgut abhängig, um die
vorgegebenen Standards einhalten und die Nachfrage
decken zu können. Die Gen-Kontamination
herkömmlichen Saatguts stellt eine schwere Belastung
für diesen landwirtschaftlichen Bereich dar, da in
absehbarer Zukunft kaum mehr genfreies Saatgut zur
Verfügung stehen wird.
Die offensichtlich gewordenen Saatgut-Kontaminationen
könnten es US-Exportfirmen weitaus schwieriger
machen, Japan, Südkorea der EU oder anderen
Exportkunden zuzusichern, daß Lieferungen von
Getreide und Ölsaaten keine ungenehmigten
genmanipulierten Sorten-Anteile enthält. Die Versorgung
mit gebräuchlichen Produkten, die frei von veränderten
Gen-Sequenzen wären, könnte ebenso schwierig
werden.
Die Studie kommt zu einem Zeitpunkt, während dem
Verhandlungsdelegationen von rund 86 Nationen und
der EU auf der Konferenz in Kuala Lumpur, Malaysia,
über das Cartagena Protokoll über biologische
Sicherheit und zum Erhalt der biologischen Vielfalt
debattieren. Die Besorgnis wächst, daß die
Vereinbarungen viel zu lasch sind, um den
gentechnischen Gefahren Paroli zu bieten zu können.
Die Konferenz begann am Sonntag, 22. Februar, und
wird bis zum 27. Februar andauern. Doch bereits 1999,
noch unter der Clinton-Administration, war die USA, die
über zwei Drittel der weltweit gehandelten
genmanipulierten Nutzpflanzen produziert, aus den
Verhandlungen über das Cartagena Protokoll
ausgestiegen.
Christian Semmler
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