[FoME] Medienwirtschaft
Daniel Blank
Dan.Blank at gmx.de
Di Jan 22 20:44:15 CET 2013
Nur selten bringen Journalisten ihr Geld selber mit. Irgendwoher kommt das Geld immer: Mal vom Staat, mal von Werbekunden, mal von Banken, mal von Abonnenten, mal von reichen Gönnern, mal von MEZ-Organisationen. Alle Geldgeber verfolgen ihre Interessen. Sie zahlen nur, wenn das journalistische Produkt im Großen und Ganzen für sie stimmt. Völlige Freiheit ist nie.
Mal ist der Rahmen für Journalisten enger gesteckt, mal ist er eher weiter. Manchmal spürt man ihn, manchmal nicht. Zudem sind einige Geldquellen nachhaltiger als andere. Es gilt Finanzierungswege zu erschließen, die die journalistische Arbeit möglichst wenig einschränken: Weder inhaltlich noch zeitlich. Da sind wir uns ja im Forum alle einig.
Rein theoretisch wäre das mit jeder der oben genannten Quellen möglich. Rein theoretisch kann aber auch jede der oben genannten Quellen das Gegenteil bedeuten: Druck – inhaltlich und zeitlich. Der Trick ist also, den richtigen Umgang mit den einzelnen Finanzierungswegen durch professionelle Schulungen zu vermitteln. Ein großer weißer Fleck in der bisherigen MEZ.
Viele Geldgeber (z.B. der Staat, politische Gruppen) schränken die Arbeit guter Journalisten in unseren Einsatzländern ein. Zudem haben Konsumenten oftmals nicht genug Geld für anspruchsvolle Medienprodukte. MEZ-Gelder können hier kurzfristig Freiräume schaffen: Inhaltlich und zeitlich. Doch was kommt dann? Können wir denn die großen Rahmenbedingungen ändern? Den Staat, die politischen und religiösen Gruppen, die wirtschaftlichen Eliten? Haben unsere Partner so viel Zeit?
Mittelfristig können wir nur diejenigen sensibilisieren, die das Geld für die Journalisten reinholen sollen. Geld von Werbekunden ist dabei nur eine Möglichkeit von vielen, aber eine recht überschaubare: Werbekunden kommen selten mit Waffen vorbei, man kann sie ablehnen, man kann ihre Werbung sauber von journalistischen Inhalten trennen, sie stehen untereinander in Konkurrenz. Kurz: Man kann lernen, sie professionell zu managen.
In meiner bisherigen Arbeit (im Anzeigenverkauf für internationale Medien) habe ich immer wieder von den Großunternehmen gehört, dass sie weder eine Vermengung noch ein Junktim zwischen Redaktion und Werbung wünschen. Konsumenten von Medienprodukten sind nicht dumm. Sie merken, wenn Inhalte gekauft sind. Sie wenden sich ab, die Verbreitung der Medienprodukte sinkt. Nicht nur Medienhäuser florieren durch Seriosität und Glaubwürdigkeit, sondern auch werbenden Unternehmen ist das Image ihrer Marke wichtig.
Ein professioneller Umgang mit Werbekunden ist keine Zauberei, sondern ein Handwerk (wie der gute Journalismus), das man erlernen kann. Leider wissen auch in Deutschland nur wenige Journalisten, was ihre Kolleginnen und Kollegen in den Marketing und Sales Abteilungen ihrer Medienhäuser so alles drauf haben. Und das ist nicht wenig! Nicht zuletzt ist in Deutschland der Beruf der Medienkauffrau bzw. des Medienkaufmanns ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf.
Medienhäuser sind also keine Schokoladenfabriken. Die Geldbeschaffung für Medien funktioniert ganz anders als bei normalen Unternehmen. Hier sollten wir auf die Expertise unserer gut ausgebildeten und erfahrenen Medienprofis nicht verzichten. Durch Schulungen können sie ihren Kolleginnen und Kollegen in vielen Ländern den Rücken stärken, wenn es darum geht, Journalisten vor inhaltlicher Einflussnahme zu schützen und sie finanziell abzusichern.
Euer
Daniel Blank
(Bonn)
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