[FoME] Medien und finanzielle Nachhaltigkeit
Daniel Blank
Dan.Blank at gmx.de
Do Jan 10 21:47:38 CET 2013
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
ich freue mich sehr über diese wichtige Diskussion, die wir unbedingt weiterführen müssen. Was kann man den beiden sehr guten und richtigen Beiträgen von Sofie Jannusch und Christoph Spurk noch hinzufügen?
Vielleicht einen Eindruck, den ich vor nicht ganz einem Monat in Libyen gewonnen habe. Ich habe dort im Auftrag einer großen deutschen Einrichtung der MEZ insgesamt 12 Medienhäuser (TV, Radio, Print) besucht:
Die staatliche Finanzierung der libyschen Medien ist mit der Revolution zusammengebrochen. Veränderungswillige alte und neue Medienhäuser kämpfen jetzt um ihr Überleben. Viele Journalisten wurden bereits mit internationaler Hilfe gut ausgebildet, aber ihre Arbeit kann kaum finanziert werden. Vielleicht geben sie auf, vielleicht lassen sie sich kaufen, vielleicht wandern sie aus…
Die libyschen Medienhäuser versuchen daher ganz von sich aus – ohne dass wir sie dazu angestiftet hätten – mehr Abos zu verkaufen und sich über den Verkauf von Anzeigen und Werbesendungen zu finanzieren. Sie wollen ihre guten Journalisten bezahlen können. Oftmals haben sie daher bereits 2-3 junge Leute eingestellt, die sich nun um den Verkauf von Werbung kümmern sollen. Aber es fehlt ihnen die Erfahrung, es fehlt das Training.
In Europa haben wir gute und schlechte Erfahrungen mit dem ganzen Thema Werbung und freie Medien gemacht. Trotzdem finanzieren sich die meisten Medien in Europa über Werbung – auch viele kritische und freie. Der deutsche Pressekodex (Ziffer 7) sieht zudem eine strikte Trennung von Redaktion und Anzeigen vor. Hier können wir Erfahrungen und Wissen vermitteln:
Welche Abgrenzung besteht zwischen den Journalisten und den Verkäufern von Werbung? Was versteht man unter „conflict-sensitive marketing & sales“? Was beinhalten Mediadaten? Wie funktionieren Medienagenturen? Was ist ein Barter-Geschäft? Wie stelle ich gute Verkäufer ein? Wie kalkuliere ich meine Anzeigenpreise? Was sind Akquisitions-Zyklen? Wie spreche ich Kunden an?
Die libyschen Kolleginnen und Kollegen wollten unbedingt viel mehr über diese für sie so wichtigen Themen erfahren. Unser mehrtägiger Workshop zur „finanziellen Nachhaltigkeit“ war daher gut besucht und viele Fragen wurden diskutiert. Ich denke, wir sollten unsere Kolleginnen und Kollegen in dieser Situation nicht im Stich lassen. Ich denke, wir sollten Wege aufzeigen, wie man möglichst „sauberes“ Geld für guten und unabhängigen Journalismus verdienen kann.
Wie wäre es mal mit einem FoME-Symposium zu diesem Thema?
Euer
Daniel Blank
Liebe Kollegin, liebe Kollegen,
bevor ich inhaltlich etwas sage, möchte ich erst einmal betonen, dass ich große Freude daran habe, dass auf der FoME-Liste mal wieder diskutiert wird.
Grundsätzlich schließe ich mich Christoph Spurk an, schließlich habe ich täglich mit Medien zu tun, die am Tropf der Entwicklungskooperation hängen.
Die Idee von MICT, die wirtschaftliche Sustainability als Thema aufzugreifen, finde ich durchaus begeisternd, zumal viele Donors inzwischen das Vorhandensein einer entsprechenden Strategie zur Voraussetzung einer möglichen Finanzierung machen, und dies auch ein (positives Kriterium) bei Evaluierungen darstellt (siehe etwa die DAC-Kriterien).
Ich finde es auch legitim, dass man mögliche Kunden gerade mit der Integrität eines Mediums zu werben versucht. Dass Werbekunden danach fragen, welche Zielgruppe sie mit ihrer Werbung erreichen können ist doch irgendwie logisch und muss auch in unseren Ländern von den Medien beantwortet werden. Und vergeht derzeit kein Tag, an dem gejammert wird über die Gefährdung der Qualität traditioneller Medien durch Werbeeinbrüche?
Ob die MICT Ankündigung nun Werbung war, da bin ich nicht so kritisch. Etwas anders formuliert wäre es wohl auch nix anderes gewesen, als ein Hinweis auf einen verfügbaren Fortbildungskurs, und auf ein von MICT entwickeltes Instrument. Und das gehört zu den Informationen, die ich auf der Liste gerne finden möchte.
Viele Grüße
Sofie Jannusch
A. Sofie Jannusch
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>>> "Spurk Christoph (skcp)" <skcp at zhaw.ch> 01/10/13 6:17 PM >>>
Liebe Heike Janssen, lieber Manfred Oepen und Klaus Jürgen Schmidt,
jetzt wollen wir doch mal die Kirche im Dorf lassen. Es ist doch naiv zu glauben, dass guter Journalismus sich nur durch Beiträge der Leser finanziert. Bei allerbesten Qualitätszeitungen ist mehr als die Hälfte durch Werbung finanziert worden; und dass diese Werbung jetzt ins Internet abgewandert ist oder ins direct mailing geht, ist ein Teil des Problems des heutigen Journalismus. Uns wäre allen geholfen, die Unternehmen würden mehr werben. Und es ist doch völlig ok, wenn Unternehmen - als Werbung - ihre Interessen platzieren. Das ist viel besser, als wenn sie ihre Interessen durch Manipulation der Redaktionen durchsetzen. Das Problem ist doch nicht die Werbung, sondern die Unabhängigkeit der Redaktion, die erhalten bleiben muss.
Ich finde es eine gute Aktion, wenn in entstehenden Medienmärkten auch die ökonomische Seite berücksichtigt und bearbeitet wird. Sollen die Medien ewig von Entwicklungshilfegeldern abhängig bleiben???
Ob auf Fome Eigenwerbung erlaubt sein soll, ok - das ist eine offene Frage, die wir diskutieren müssen.
Beste Grüsse
Christoph Spurk
Christoph Spurk
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