[FoME] "Welttag gegen Internetzensur": Feinde des Internets
Christoph Dietz
christoph.dietz at CAMECO.ORG
Fr Mär 12 10:47:11 CET 2010
>>> "ROG / Presse" presse at reporter-ohne-grenzen.de> 12.03.2010 09:24 >>
( mailto:presse at reporter-ohne-grenzen.de )
"Welttag gegen Internetzensur": Liste der "Feinde des Internets"
unverändert / Türkei und Russland erstmals "unter Beobachtung"
Anlässlich des "Welttags gegen Internetzensur" am 12. März warnt
Reporter ohne Grenzen (ROG) vor zunehmenden Bedrohungen der Meinungs-
und Informationsfreiheit im Internet. "Das Internet hat sich zu einem
Austragungsort des Kampfes um den Zugang zu freien Informationen
entwickelt. Eine steigende Zahl von Staaten versucht, ihre
Online-Kontrolle auszudehnen. Gleichzeitig wächst die Gruppe
erfinderischer, solidarischer Internetnutzer, die gegen diese
Überwachung mobil macht", so ROG.
ROG hat den "Welttag gegen Internetzensur" im vergangenen Jahr erstmals
initiiert. Auch in diesem Jahr veröffentlicht die Organisation zum
Schutz der Medien- und Meinungsfreiheit wieder den Bericht "Feinde des
Internets", in dem Maßnahmen der Internet-Überwachung und Repressionen
gegen Blogger und Cyberdissidenten in mehr als 20 Staaten beschrieben
werden. Auf der Liste der "Feinde des Internets" stehen abermals die
zwölf Länder China, Iran, Birma, Nordkorea, Turkmenistan, Kuba,
Saudi-Arabien, Ägypten, Usbekistan, Syrien, Tunesien und Vietnam.
In diesen Staaten werden unliebsame Internetnutzer systematisch
verfolgt und "unerwünschte" Online-Informationen oft mit großem
technischen Aufwand zensiert. In einigen Ländern wie China und
Usbekistan schreiten Tendenzen voran, das Internet zu einer Art Intranet
zu machen. In Nordkorea, Birma und Turkmenistan ist ein Großteil der
Bevölkerung sogar komplett vom World Wide Web abgeschnitten.
Bei bevorstehenden Jahrestagen oder anderen Anlässen, die Proteste oder
Demonstrationen erwarten lassen, versuchen Regierungen wie im Iran oder
Birma mit technischen Störoffensiven die Verbreitung von Informationen
über das Internet zusätzlich zu erschweren. So drosseln die Behörden
beispielsweise die Geschwindigkeiten der Internetverbindung.
China besitzt nach wie vor das technologisch am weitesten entwickelte
Internetkontrollsystem. Aber auch in Tunesien sind Filtertechniken auf
dem Vormarsch: Die zwölf Internet-Provider des Landes stehen alle direkt
oder indirekt unter Kontrolle des Regimes, das Webseiten mit politisch
oppositionellen Inhalten oder Kritik von Menschenrechtsorganisationen
sperren lässt. In Usbekistan und Saudi-Arabien betreiben die Behörden
eine so starke Filterung von Online-Inhalten, dass Selbstzensur
gewöhnliche Praxis unter Usern ist. Aber auch im Iran ist die
technische Überwachung seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl im
Juni 2009 ausgebaut worden.
Neben den zwölf "Feinden des Internets" stellt ROG in dem Bericht
wieder eine Reihe von Staaten "unter Beobachtung". Es handelt sich um
Länder, in denen Maßnahmen ergriffen worden sind, die leicht zu
einschneidenden Zensurmaßnahmen missbraucht werden könnten. In diese
Gruppe fallen erstmals Russland und die Türkei. In der Russischen
Föderation zählt das Internet im Vergleich zu den konventionellen
Medien immer noch zu den freiesten Mitteln der Verbreitung von
unabhängigen Nachrichten und bietet den größten Raum für kontroverse
Diskussionen. Es bestehen allerdings Anzeichen, dass die russische
Regierung die Internetfreiheit zunehmend beschneiden wird. So wurden im
vergangenen Jahr zum Beispiel mehrere Blogger festgenommen und
unabhängige Websites wegen angeblich "extremistischer Inhalte" gesperrt.
In der Türkei wurden mehrere tausend Seiten gesperrt, weil sie
unabhängige Kommentare und Berichte zu Tabu-Themen wie Rechte von
Minderheiten wie Kurden und Armenier, Kritik an der Armee, hämische oder
witzige Darstellungen von Mustafa Kemal Atatürk enthielten. Die Blogger
und Autoren müssen eine juristische Verfolgung befürchten.
In die Kategorie der elf Staaten "unter Beobachtung" fällt in diesem
Jahr auch wieder Australien. Die Regierung kündigte im Dezember 2009 ein
neues Gesetz an, das weitere Filterungen des Internets zur Folge haben
würde.
Im Jahr 2009 haben insgesamt rund 60 Staaten Internetzensur ausgeübt.
Noch nie zuvor hat ROG eine so hohe Zahl von inhaftierten Bloggern,
Internetnutzern und -dissidenten dokumentiert: Derzeit sind fast 120 von
ihnen im Gefängnis, im vergangenen Jahr waren es zur gleichen Zeit rund
70. Die meisten Internetnutzer sind in China inhaftiert (72), gefolgt
von Vietnam (17) und dem Iran (12).
Lesen Sie hier den vollständigen 62-seitigen Bericht "Feinde des
Internets" (auf Englisch):
www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/rte/docs/2010/Feinde_des_Internets.pdf
Laden Sie hier das Online-Banner zum "Welttag gegen Internetzensur"
herunter:
www.reporter-ohne-grenzen.de/internet-freedom-day/welttag-gegen-internetzensur.html
Pressekontakt:
Anja Viohl
Tel.: 030 202 15 10-16
presse at reporter-ohne-grenzen.de
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